Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2009, Az. VII ZR 134/08

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 2355

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am:

23. Juli 2009

[X.]

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] §§ 635, 638 a.F. Die zur Sekundärhaftung des Architekten entwickelten Grundsätze sind nicht auf einen Architekten anwendbar, der lediglich mit den Aufgaben der Grundlagener-mittlung bis zur Vorbereitung der Vergabe (Leistungsphasen 1 bis 6 des § 15 Abs. 2 [X.]) beauftragt worden ist (Abgrenzung zu [X.], Urteil vom 11. Januar 1996 - [X.], [X.], 418 = [X.] 1996, 155). [X.], Urteil vom 23. Juli 2009 - [X.]/08 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juli 2009 durch [X.] Dr. [X.], [X.] Kuffer, [X.], die Richterin [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] werden das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 22. April 2008 und das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 25. Mai 2007 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits. Von Rechts wegen
Tatbestand: Der beklagte Architekt wendet sich gegen seine Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz. Im Revisionsverfahren geht es darum, ob er sich auf die Einrede der Verjährung berufen kann. 1 Der Beklagte wurde von den Klägern im Jahre 1992 mit den Grundleis-tungen der Phasen 1 bis 6 des § 15 Abs. 2 [X.] für die Errichtung des Hauses der Kläger beauftragt. Das Grundstück befindet sich 100 Meter von der [X.] 2 - 3 - entfernt. Die Planung des [X.] sah keine Abdichtung gegen drückendes Grundwasser vor. 3 Nach Abnahme des Hauses im Januar 1994 trat erstmals im April des Jahres 1994 Wasser in [X.] ein. Die Kläger wandten sich deswegen an die bauausführende Firma, die selbst nichts unternahm, jedoch den [X.] über den Wassereintritt und ihre Auffassung informierte, es liege kein [X.] vor. Der Beklagte blieb untätig. Nach einem neuen Wassereintritt im Jahre 2002 beauftragten die Kläger einen Sachverständigen mit der Ermittlung der Ursachen und der Prüfung, wel-cher Aufwand zur Beseitigung der Mängel erforderlich sei. Der Sachverständige stellte fest, dass eine fehlende Abdichtung gegen drückendes Grundwasser schadensursächlich war. 4 Die Kläger verlangen vom [X.] 45.583,46 • für die Schadensbesei-tigung. 5 Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des [X.] ist ohne Erfolg geblieben. 6 Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Be-gehren auf Klageabweisung weiter. 7 Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Abweisung der Klage. 8 - 4 - Auf das Schuldverhältnis finden die bis zum 31. Dezember 2001 gelten-den Gesetze Anwendung (Art. 229 § 5 EGBGB). 9 I. 10 Das Berufungsgericht meint, der Beklagte könne sich nicht auf die [X.] der Verjährung berufen. Ihn treffe eine Sekundärhaftung, die zum Aus-schluss der [X.] führe. Aufgrund seiner Sachwalterhaftung sei er mit dieser Einrede ausgeschlossen. Dem [X.] habe die objektive Un-tersuchung des in [X.] aufgetretenen Mangels und die Information der Bauherren über das Ergebnis der Untersuchung oblegen. [X.] Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht versagt dem [X.] zu Unrecht in Anwendung der Grundsätze der soge-nannten Sekundärhaftung des Architekten die Einrede der Verjährung. 11 Nach der Rechtsprechung des [X.]s obliegt dem umfassend beauftrag-ten Architekten im Rahmen seiner [X.] nicht nur die Wahrung der Auftraggeberrechte gegenüber den Bauunternehmern, sondern auch und zunächst die objektive Klärung der Mängelursachen, selbst wenn zu diesen ei-gene Planungs- oder [X.] gehören. Eine Vertragsverletzung durch pflichtwidrige Unterlassung jeglicher Untersuchung und Beratung, mit der der Architekt möglicherweise die Verjährung der gegen ihn selbst bestehenden [X.] herbeiführt, begründet - nicht anders als eine falsche Beratung - einen weiteren Schadensersatzanspruch dahin, dass die Verjährung der gegen ihn 12 - 5 - gerichteten Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche als nicht eingetre-ten gilt ([X.], Urteil vom 16. März 1978 - [X.] ZR 145/76, [X.] 71, 144, 148; Urteil vom 27. September 2001 - [X.] ZR 320/00, [X.], 108 = [X.] 2002, 61 = NZBau 2002, 42). 13 Anknüpfungspunkt für die Sekundärhaftung des Architekten ist der über-nommene Aufgabenkreis. Eine Pflicht zur Aufklärung über eigene Fehler muss sich aus den übernommenen [X.]n ergeben. Derartige [X.] folgen für den umfassend beauftragten Architekten daraus, dass er die Objektüberwachung und die Objektbetreuung übernommen hat. Er ist verpflichtet, für die Mängelfreiheit des Bauwerks zu sorgen und dem Besteller auch nach Fertigstellung des Bauwerks bei der Untersuchung und Behebung des Baumangels zur Seite zu stehen. Mit der umfassenden Beauftragung eines Architekten räumt der Besteller diesem eine zentrale Stellung bei der Planung und Durchführung des Bauwerks ein. Er ist der primäre Ansprechpartner des Bestellers, wenn es zu Problemen bei der Bauabwicklung kommt. Dies setzt sich auch nach der Fertigstellung des Bauvorhabens fort. Deshalb ist der Archi-tekt auch nach der Fertigstellung des Bauvorhabens Sachwalter des Bestellers, der ihm bei der Durchsetzung der Ansprüche gegen die anderen Bau- und Pla-nungsbeteiligten behilflich sein muss ([X.], Urteil vom 27. September 2001 - [X.] ZR 320/00, aaO m.w.[X.]). Ist ein Architekt mit den Aufgaben der Grundlagenermittlung bis zur [X.] der Vergabe betraut, hat er zwar einen erheblichen Teil der [X.] übernommen. Seine Aufgaben gehen auch über die reine Pla-nung hinaus, weil er grundsätzlich die Leistungen anderer Planer integrieren und die Leistungsbeschreibungen der an der Planung fachlich Beteiligten ab-stimmen und koordinieren muss. Er ist auch derjenige, der - abhängig von dem Inhalt des Auftrages - gehalten ist, mit den Behörden und anderen an der [X.] - 6 - nung fachlich Beteiligten die Verhandlungen über die Genehmigungsfähigkeit zu führen. Das alles belegt, dass die Aufgabe des Architekten für das Gelingen des Bauwerks von hoher Wichtigkeit ist. 15 Es belegt jedoch entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (Weise, Baurechtliche Schriften Bd. 38, [X.]) keine derartige zentrale Stellung bei der Durchführung des gesamten Bauwerks, die es rechtfertigt, die Grund-sätze über die Sekundärhaftung anzuwenden. Denn mit der Errichtung des Bauwerks ist der lediglich mit den Leistungsphasen 1 bis 6 des § 15 Abs. 2 [X.] beauftragte Architekt in keiner Weise befasst. Weder wirkt er bei der [X.] mit, noch obliegen ihm die Aufgaben der Objektüberwachung und [X.]. Der [X.] hat bereits in seinem Urteil vom 27. September 2001 ([X.] ZR 320/00, aaO) herausgestellt, dass die die Sekundärhaftung rechtferti-genden Betreuungspflichten sich insbesondere aus der Objektüberwachung und Objektbetreuung ergeben. Erst die Realisierung der Planung in der Errich-tung des Bauwerks begründet die besondere Vertrauensstellung des Architek-ten, aus der sich seine Sachwalterhaftung ableitet. Der lediglich planende Archi-tekt steht, soweit es um die Betreuung des Bauvorhabens geht, anderen Fach-planern und auch dem Bauunternehmer gleich. Seine qualifizierte Stellung als Planer allein rechtfertigt es nicht, ihn in dem Sinne als Sachwalter des Bauherrn anzusehen, dass er verpflichtet wäre, unabhängig von seinen Aufgaben im Rahmen der Mängelhaftung, Maßnahmen zu ergreifen, die dazu führen, dass der Anspruch gegen ihn nicht verjährt. Zu Unrecht beruft sich das Berufungsgericht auf die Entscheidung des [X.]s vom 11. Januar 1996 ([X.], [X.], 418 = [X.] 1996, 155 = NJW 1996, 1278). In diesem Fall hatte der Architekt nicht die volle Objekt-überwachung übernommen, sich jedoch verpflichtet, neben der öffentlich-rechtlichen Bauleitung die "technische Oberleitung" zu übernehmen und im 16 - 7 - Rahmen dieses [X.] Ratschläge während der Bauausführung zu erteilen. In diesem Zusammenhang hat der [X.] entschieden, dass [X.], über eigene Fehler aufzuklären, nicht eine umfassende Beauftragung aller Leistungsphasen ist. Der Architekt sei im Rahmen seines jeweils übernommenen [X.] vielmehr gehalten, als Sachwalter tätig zu werden. Damit hat er nicht zum Ausdruck bringen wollen, dass der Architekt unabhängig von den übernommenen Aufgaben Sachwalter des Auftraggebers im dargestellten Sinne ist. Vielmehr hat er ergänzend darauf hingewiesen, dass sich der Umfang der Beratungspflicht nach der übernomme-nen Aufgabe richtet, und insofern im Auge gehabt, dass der Architekt in dem zu entscheidenden, besonders gelagerten Fall - wenn auch nicht umfassend - [X.]n übernommen hatte. I[X.] Das Berufungsurteil war danach aufzuheben. Der [X.] kann in der [X.] selbst entscheiden. 17 1. Nach den getroffenen Feststellungen war der Beklagte mit den Grund-leistungen der Phasen 1 bis 6 des § 15 Abs. 2 [X.] beauftragt. Diese Fest-stellungen sind entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung dahin zu verstehen, dass keine weiteren Leistungen der nachfolgenden Phasen [X.] worden sind. Die Kläger weisen zwar in dem Revisionsverfahren darauf hin, dass nach Ziffer 12 der zusätzlichen Vereinbarung des [X.] der Beklagte die Baubetreuung mit übernommen hat und im Bedarfsfall zur Verfügung stand. Dieser Vertragsteil ist jedoch nicht Gegenstand des klägeri-schen Vorbringens gewesen. Diese haben vorgetragen, der Beklagte sei mit den Leistungsphasen 1 bis 6 beauftragt gewesen. Sie haben diesen Vortrag 18 - 8 - bestätigt, nachdem der Beklagte vorgetragen hat, er sei mit der Objektüberwa-chung nicht beauftragt gewesen. Auf dieser Grundlage fehlt für die Annahme der Kläger, das Berufungsgericht habe hinsichtlich des Leistungsumfangs keine abschließende Feststellung treffen wollen, sondern offengelassen, ob der [X.] auch mit der Objektüberwachung beauftragt gewesen sei, jeder Anhalts-punkt. 2. Das [X.] ist davon ausgegangen, dass das Werk des [X.] am 2. Juli 1993 abgenommen worden ist und der Schadensersatzanspruch der Kläger wegen der mangelhaften Planungsleistung im Zeitpunkt der [X.] verjährt war. Davon geht ersichtlich auch das Berufungsgericht aus. Die Kläger haben das nicht in Frage gestellt und gehen auch in der Revisions-erwiderung noch von dieser Verjährung aus. Auf dieser Grundlage ist die [X.] der Verjährung begründet und die Klage durch den [X.] abzuweisen. 19 - 9 - [X.] 20 Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. [X.] Kuffer [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 25.05.2007 - 2 O 1129/02 - [X.], Entscheidung vom 22.04.2008 - 12 U 98/07 -

Meta

VII ZR 134/08

23.07.2009

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2009, Az. VII ZR 134/08 (REWIS RS 2009, 2355)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2355

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII ZR 4/10 (Bundesgerichtshof)


VII ZR 4/10 (Bundesgerichtshof)

Mängelhaftung im Werkvertragsrecht: Sekundärhaftung von Sonderfachleuten


I-23 U 14/07 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


VII ZR 220/12 (Bundesgerichtshof)

Architektenvertrag: Konkludente Abnahme einer Architektenleistung


VII ZR 220/12 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.