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PDF anzeigenNachschlagewerk: ja[X.]St: jaVeröffentlichung: jaStPO §§ 395 ff, 414 [X.] ist auch im Sicherungsverfahren zulässig (Aufgabe der [X.], Beschluß vom 18. Dezember 2001 - 1 [X.] - [X.] - [X.] - RottweilBUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSS1 [X.]vom18. Dezember 2001in dem [X.] 2 -- 3 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 18. Dezember 2001 be-schlossen:1. Der Antrag des Beschuldigten, ihm zur weiteren [X.] Revision gegen das Urteil des [X.] vom 2.Oktober 2000 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu ge-währen, wird [X.] Die Revision des Beschuldigten gegen das vorbezeichneteUrteil wird verworfen. Der Beschuldigte hat die Kosten seinesRechtsmittels und die dem Nebenkläger im [X.] notwendigen Auslagen zu tragen.[X.]ünde:I.1. Der Beschuldigte hat in [X.] schuldunfähigem Zustand ver-sucht, den Geschädigten mit einem Messer zu töten. Das [X.] hat des-halb im Sicherungsverfahren (§§ 413 ff. StPO) seine Unterbringung in einempsychiatrischen Krankenhaus angeordnet (§ 63 StGB).2. Die Revision des Beschuldigten ist mit Schriftsatz des [X.] [X.]vom 4. Dezember 2000 form- und fristgerecht auf die [X.] gestützt. Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2001 hat [X.]als weiterer Verteidiger gemeldet und [X.] den vorigen Stand zur Nachholung einer von Rechtsanwalt [X.] nicht ange-- 4 -brachten [X.]. Diese ist darauf gesttzt, daß der [X.] als Nebenklr und als dessen Vertreter ein Rechtsanwalt an [X.] teilgenommen haben. [X.] das [X.] durch [X.] vom 12. September 2000 einen entsprechenden Antrag zurckgewie-sen hatte, hatte das [X.] auf die Beschwerde des [X.] diesen Beschluß aufgehoben und den Gescigten als Nebenkl-ger zugelassen (Beschluß vom 29. September 2000 = Justiz 2001, 33).3. Die Revision ist mit der Sachrrechtzeitig und ordnungsgemß be-grt worden. Der Beschuldigte hat daher keine Frist versmt. [X.] in den vorigen Stand zur Nachholung einer zuvor nicht an-gebrachten Verfahrensrist regelmßig kein Raum (st. Rspr., vgl. zusam-menfassend [X.]/[X.], StPO 45. Aufl. § 44 Rdn. 7 m.w.[X.] Fallgestaltung, bei der ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte (vgl.hierzu aaO Rdn. 7a m.w.[X.]), liegt nicht vor.4. Die auf [X.]und der [X.] des Urteils hatkeinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beschuldigten ergeben (§ 349 Abs. 2StPO).II.Vor der Kostenentscheidung hatte der [X.] wegen die Be-rechtigung zum Anschluß der Nebenklage zrprfen ([X.] [X.], 74; [X.] in [X.]. § 473 Rdn. 9); an den Beschluß, durch den [X.] als Nebenklr zugelassen wurde (vgl. oben I 2.), ist der [X.] nicht gebunden ([X.], Beschluß vom 31. Juli 1985 - 2 StR 352/85;BayOb[X.]St 71, 56, 58). Wre der Gescigte zu Unrecht als Nebenklr- 5 -zugelassen worden, könnten dem Beschuldigten die notwendigen Auslagendes [X.] nicht auferlegt werden (BayOb[X.]St [X.] hat dem Beschuldigten die durch sein erfolgloses Rechtsmit-tel dem Nebenklr entstandenen notwendigen Auslagen auferlegt (§ 473Abs. 1 Satz 2 StPO), da Nebenklage auch im Sicherungsverfahren zulssig ist(§ 414 Abs. 1 StPO, hier [X.]. § 395 Abs. 1 Nr. 2 StPO).1. a) Der [X.] geht bisher von der [X.] der [X.] im Sicherungsverfahren aus, da die Nebenklage "ihrem Wesen nach"auf die Bestrafung des [X.]s abziele (NJW 1974, 2244 [X.]). An dieser Rechtsprechung hat sich auch durch das [X.] vom 18. Dezember 1986 ([X.] 2496) im Ergebnis nichts rt(vgl. nur [X.], 312). [X.] ist dies damit, [X.] der Gesetzgeber inKenntnis der langjrigen Rechtsprechung die Zulssigkeit der Nebenklage imSicherungsverfahren weder im [X.] noch bei einer nachfolgen-den Änderung von §§ 395 ff. StPO festgeschrieben habe.b) Allerdings hat der [X.] bereits in NJW 1974, 2244schon "einige Bedenken" gegen das gefundene Ergebnis ûert. Auch inder Folgezeit ist in einigen - vor und nach dem Inkrafttreten des [X.]es ergangenen Entscheidungen - die Frage nach der Zulssigkeit [X.] im Sicherungsverfahren [X.] offen gelassen worden, wo-bei "beachtliche [X.]" fr eine Änderung der bisherigen [X.] wurden (NStZ 1996, 244; vgl. auch [X.] vom 3. Mai 1983 -4 [X.] und 24. September 1997 - 2 StR 452/97). [X.] hinaus war ineinem Strafverfahren, in dem der Angeklagte wegen [X.] freige-- 6 -sprochen worden war, die Revision des [X.] fr zulssig erklrt wor-den, die sich [X.] nicht gegen den Freispruch wendete und allein [X.] des Angeklagten [X.] § 63 StGB erstrebte (NStZ 1995, 609).2. Der [X.] hat [X.] § 132 Abs. 3 GVG einen Anfragebeschluû andie anderen Strafsenate des [X.] gerichtet, in dem er die [X.] Rechtsprechung des [X.] ebenso im einzelnen dargelegthat, wie die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und [X.]e undden gegenwrtigen Meinungsstand in der Literatur, wo jeweils rwiegend dieZulssigkeit der Nebenklage im Sicherungsverfahren bejaht wird (NJW 2001,3489 ff.). Hierauf nimmt der [X.] Bezug.Das Anfrageverfahren hat ergeben, [X.] kein Strafsenat des Bundesge-richtshofs an der bisherigen Rechtsprechung festlt. Der [X.] kann [X.] beabsichtigt entscheiden, ohne [X.] die Sache dem [X.]oûen [X.] [X.] vorgelegt werden mûte ([X.]St 43, 66, 76 m.w.[X.]).3. Die Bejahung der Zulssigkeit der Nebenklage auch im Sicherungs-verfahren folgt aus den [X.]undgedanken des [X.]es vom 18. [X.] 1986 ([X.] 2496).a) Generelles Ziel dieses Gesetzes ist es, den Opfern bestimmterschwerer Straftaten eine "gesicherte Beteiligungsbefugnis" und eine "Verbes-serung des Schutzes vor [X.] durch das Verfahren selbst" zuverschaffen (BTDrucks. 10/5305 S. I). Dementsprechend werde auch [X.] der Nebenklage weitgehend umgestaltet, wobei "Maûstab" hierfr war,die "spezifischen, vorrangig auf Schutz vor Verantwortungszuweisungen durch- 7 -den Beschuldigten gerichteten Brfnissen des Verletzten" zu bercksichti-gen (aaO S. 9, 11).Gemû § 414 Abs. 1 StPO gelten fr das Sicherungsverfahren die Vor-schriften fr das Strafverfahren sinn[X.], soweit nichts anderes bestimmt ist.In diesem Zusammenhang ist die mit dem [X.] verbundenestrukturelle nderung des [X.] zu bercksichtigen. [X.] § 395 StPO aF fr die Zulassung der Nebenklage erforderlich, [X.] [X.] wegen eines Privatklagedelikts zu erwarten war, so reicht [X.] die Zulassung der Nebenklage eine Anklage wegen einer der in § 395StPO nF aufgezlten rechtswidrigen Taten aus; darauf, ob diese Tat auchschuldhaft begangen wurde, kommt es dabei nicht an (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 5StGB). Zugleich stellt § 414 Abs. 2 Satz 1 StPO die Erhebung einer Anklagedem Antrag im Sicherungsverfahren [X.] gleich. Mit diesen nderun-gen hat das Gesetz die frre Vorstellung von der im Nebenklageverfahren"doppelt besetzten Anklagerolle" aufgegeben (vgl. [X.], Jura 1987, 286). [X.], [X.] die Nebenklage ihrem Wesen nach auf die Bestrafung [X.] abziele (NJW 1974, 2244) kann daher nicht mehr maûgeblich sein.b) Der Zulassung der Nebenklage im Sicherungsverfahren steht auchnicht der Gesichtspunkt entgegen, [X.] das Interesse des Verletzten [X.] durch einen Schuldunfigen relativiert sei und im rigenin diesem Verfahren der kftige Schutz der Allgemeinheit und weniger [X.] des Verletzten im Vordergrund st(so O[X.] Mchen, [X.], [X.] wird am vorliegenden Fall exemplarisch [X.] Beschuldigte hat sich dahin eingelassen, [X.] ihm von "[X.], de-nen er zu gehorchen habe", befohlen worden sei, zum [X.] zu gehen, wo [X.] "[X.]" worden sei. Die Ar den Befehl der Teufel belegtoffensichtlich die Krankheit des Beschuldigten. Wenn dies die [X.] bei der Wrdigung der rigen Beweisergebnisse mitbercksichtigenkonnte, hatte sie dennoch [X.] Beweis zu erheben und sodann festzustel-len, ob der Beschuldigte tatschlich in Notwehr gehandelt hat. [X.](oder auch [X.]) hinsichtlich der Anlaûtatensind im Sicherungsverfahren nicht weniger sorgfltig oder genau zu prfen alsim Strafverfahren. [X.] hier der Beschuldigte in Notwehr gehandelt, wre [X.] [X.] § 63 StGB trotz seiner offensichtlichen Erkrankung [X.] gewesen (vgl. im einzelnen Hanack in [X.]. § 63 Rdn. 31 f.m.w.[X.]). Es ist unter diesen Umstkein [X.]und erkennbar, warum demGescigten die Mitwirkung am Verfahren und die Abwehr von [X.] durch den Beschuldigten versagt sein soll. Wie auch der Generalbun-desanwalt unter Hinweis auf die Rechtsprechung mehrerer Oberlandesgerichte(zuletzt [X.] 2001, 213, 214 mit zustimmender [X.]. [X.] aaO 215)zutreffend ausgefrt hat, hat der Verletzte vielmehr an der Überfrung [X.] und am Ausgang des [X.] ein berechtigtes Interesse,weil ihm nur die Anordnung einer Maûregel wirksamen Schutz vor erneutengleichartigen Angriffen durch den [X.] bietet. In dieser Hinsicht konkretisiertsich der Zweck des [X.] (Sicherung der Allgemeinheit) in [X.] der konkret beteiligten Person (in diesem Sinne auch die Entschei-dung [X.] NStZ 1995, 609, vgl. oben [X.]). Unter diesen [X.] nicht erkennbar, warum dem Gescigten die Mitwirkung am [X.] -ren allein deshalb verwehrt sein soll, weil die [X.] frzeitig undnicht erst im Laufe des Hauptverfahrens erkannt wurde.c) Die Auffassung, [X.] eine Zulassung der Nebenklage im Sicherungs-verfahren gleichwohl nicht in Betracht komme, weil der Gesetzgeber in [X.] der Rechtsprechung des [X.] diese Möglichkeit nicht aus-drcklich in das Gesetz aufgenommen habe ([X.] [X.], 312, vgl. oben [X.] a), lt der [X.] nicht aufrecht. Allerdings ist die Kenntnis des Gesetzge-bers von der bisherigen Rechtsprechung ein gewichtiger Gesichtspunkt bei [X.] neuer Gesetze, den der [X.] auch schon in anderem Zusammen-hang zur Auslegung des [X.]es herangezogen hat ([X.]St 38,93, 95). Hinsichtlich der [X.] der Nebenklage im Sicherungsverfah-ren liegt die Besonderheit jedoch darin, [X.] der [X.] hiergegenselbst "einige Bedenken" ûert, "beachtliche [X.]" fr eine nderungder Rechtsprechung anerkannt und die genannte Frage auch sonst wiederholtoffen gelassen hat (vgl. oben [X.]).Schlieûlich kann in diesem Zusammenhang auch nicht auûer [X.], [X.] in Artikel 1 Nr. 9 eines Gesetzentwurfs des [X.] vom29. September 2000 - Entwurf eines Gesetzes zur nderung der Strafprozeû-ordnung (Gesetz zur Strkung der Verletztenrechte), [X.]. 552/00 -, derauf eine Gesetzesinitiative der [X.] vom 3. Sep-tember 1999 zurckgeht ([X.]. 507/99) die Zulassung der Nebenklageim Sicherungsverfahren [X.] vorgesehen ist (zum [X.] vgl. auch [X.], [X.] 2001, 321 ff. m.w.[X.]). In der [X.] heiût es, diese Regelung diene der "Klarstellung" und solle getroffen- 10 -werden, um "der Intension des [X.]es vollstig gerecht zuwerden" ([X.]. 552/00 S. 12, 13).d) Nach alledem war unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung,entsprechend auch dem Antrag des [X.], auf [X.] Nebenklage im Sicherungsverfahren zu erkennen.[X.] Nack Wahl Boetticher Hebenstreit
Meta
18.12.2001
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.12.2001, Az. 1 StR 268/01 (REWIS RS 2001, 121)
Papierfundstellen: REWIS RS 2001, 121
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