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PDF anzeigen[X.] DES VOLKESURTEIL3 [X.]/01vom24. Oktober 2001in der [X.] versuchten Totschlags u.a.- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 24. [X.], an der teilgenommen haben:Richterin am [X.]. [X.]als Vorsitzende,[X.] am [X.]. [X.],[X.],von [X.],[X.]als beisitzende Richter,Staatsanwältin als Vertreterin der [X.],Rechtsanwalt als Vertreter des Nebenklägers [X.],[X.]als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -Auf die Revision des [X.] wird das [X.] [X.] vom 23. Februar 2001 mitden zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweitder Angeklagte freigesprochen worden ist.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuerVerhandlung und Entscheidung, auch über die Ko-sten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkam-mer des [X.] zurückverwiesen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen gewerbsmßigen [X.] Handeltreibens mit Betsmitteln in 78 Fllen und wegen [X.] Handeltreibens mit Betsmitteln in nicht geringer Menge in26 Fllen zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckunges zur Bewrung ausgesetzt hat. Vom Vorwurf des versuchten Totschlags(zum Nachteil des [X.]) in Tateinheit mit fahrlssiger Körperverlet-zung (zum Nachteil des [X.]) hat es den Angeklagten dagegen frei-gesprochen. Gegen den [X.]eispruch vom Vorwurf des versuchten Totschlagswendet sich die Revision des [X.], mit der dieser die Verletzung for-mellen und materiellen Rechts rügt. Die Verfahrensbeschwerde ist nicht aus-geführt und daher unzulssig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Jedoch hat [X.] mit der Sachrüge [X.] 4 -1. Nach den getroffenen Feststellungen hatte der Angeklagte albani-schen Drlern verraten, daß der [X.] Hintermann eines [X.] war, bei dem den Albanerrende Betsmittel entwendet [X.] waren. [X.] wollte sich der [X.] am Angeklagten rchen. [X.], der wußte, daß der [X.] eine scharfe Schußwaffe besaß,frchtete daher um sein Leben. Am Abend des 11. Juni 1999 besuchte der An-geklagte das Stadtfest in [X.]. Er hatte ein Anglermesser mit 9 cm lan-ger Klinge bei sich. Der Angeklagte hatte bereits [X.] Alkohol sowie [X.] konsumiert und setzte diesen [X.] auf dem Fest fort. [X.] Uhr erschien der [X.] mit einer Gruppe von etwa zehn Beglei-tern. Er entdeckte den Angeklagten, schaute aus einigen Metern [X.] wieder und langandauernd zu diesem hin und sprach wiederholt mit sei-nen Begleitern, wrend er auf den Angeklagten hinwies. Der Angeklagteflte sicr einen Zeitraum von fast zwei Stunden fixiert, geriet in [X.], ob er das Fest verlassen sollte. Er verwarf diesen Gedankenjedoch, weil er befrchtete, vom [X.] und seinen Leuten eingeholt zuwerden und ihnen dann ausgeliefert zu sein. Schließlich mußte der [X.] Austreten am [X.] vorbeigehen. Als er zurckkehrte stellte [X.] der [X.] in den Weg, packte ihn an der Schulter und versetzte ihmeinen Schlag ins Gesicht, wobei er schrie, jetzt wrden sie abrechnen. [X.]versuchte, die beiden zu trennen, wurde vom [X.] [X.] mit den Worten, das gehe ihn nichts an, weggestoßen. Danach ging der[X.] wieder auf den Angeklagten zu und griff dabei innen in [X.], in der sich - wie das [X.] zugunsten des Angeklagtenfeststellt - eine scharfe Schußwaffe befand. In seiner Angst dachte der Ange-klagte nunmehr sofort an die scharfe Waffe des [X.] und frchtete,daß dieser ihn erschießen wolle. Um sich vor dem weiteren Angriff zu wehren- 5 -und selbst zu sctzen, zog er aus seiner Jackentasche das mitgefrte [X.], klappte es mittels eines Hebels auf und [X.] es, um dem erwarteten [X.] "Schieûangriff" des [X.] zuvorzukommen, in diesen [X.]. In seiner panischen Angst davor, [X.] der [X.] noch an die [X.] und [X.], [X.] der Angeklagte danach wiederholt [X.], bis er den [X.] zu Boden gebracht hatte. Er hielt den [X.],der noch nicht mit dem ganzen Krper lag, mit der linken Hand und stand seit-lich in dessen Rcken, wrend er in unverminderter Angst von hintrden [X.] gebeugt mit Wucht auf diesen einstach. Der [X.] warnicht mehr in der Lage, etwas gegen den Angeklagten zu unternehmen undsich ihm zu widersetzen. In seiner starken Angst vor dem vermeintlichenSchuûwaffenangriff vermochte der Angeklagte indessen "auch unter der [X.] des Alkohols" die Situation nicht mehr richtig einzusctzen. [X.] war so groû, [X.] er den Tod des [X.] billigend in Kauf nahm.Er bemerkte auch nicht, [X.] der Zeuge [X.], der nochmals versuchte, [X.] und den [X.] zu trennen, sich durch das Messer des [X.] eine bis auf den Knochen reichende Schnittverletzung am linkenDaumenballen mit Durchtrennung der Sehne zuzog. Der [X.] sackteschlieûlich, im Gesicht, am Hals und im Brustbereich getroffen, ganz zu Boden.Der Angeklagte, der nun auf den [X.] eintrat, wurde [X.] Helfern weggerissen und floh.Der [X.] erlitt durch die Stiche lebensgefrliche Verletzungen,dirztliche Versorgung zum Tode gefrt tten. Er wurde operiert [X.] tagelang in Lebensgefahr. Er wird auch in Zukunft aufgrund der [X.] -2. Das [X.] hat den Angeklagten vom Vorwurf des [X.] freigesprochen, weil er sich in einem den Vorsatz ausschlieûendenIrrtum r sein Notwehrrecht befunden habe. Er sei in seiner Angst, die durchVorflle vor dem [X.] sowie durch das Verhalten des [X.] aufdem Stadtfest und schlieûlich den krperlichen Angriff ausgelst worden sei,irrig davon ausgegangen, ein Schuûwaffenangriff des [X.] stehe un-mittelbar bevor. Gegen diesen vermeintlich lebensbedrohlichen Angriff habe ersich durch Einsatz des Messers verteidirfen, denn dieser sei das erfor-derliche und geeignete Mittel gewesen, um die angenommene Gefahr zu [X.]. Dies gelte [X.] fr die Stiche, die der Angeklagte dem Nebenkl-ger versetzt habe, bevor dieser zu Boden ging. Zwar habe der Angeklagte da-nach aus seiner Sicht keine Lebensbedrohung mehr zu befrchten brauchen.[X.] er gleichwohl [X.], kihm jedoch nicht vorgeworfen werden,denn da er aus Verwirrung und Angst handelte, sei er nach § 33 StGB entla-stet. [X.] sei nicht [X.], [X.] er wegen aufgehobener [X.] ohne Schuld gehandelt habe (§ 20 StGB).a) Diese Wrdilt rechtlicher Prfung nicht stand. Dabei kann da-hinstehen, ob die Auffassung des [X.] frei von [X.] ist, [X.] kicht wegen der Messerstiche bestraft werden, die er dem[X.] versetzte, bis er diesen zu Boden gebracht hatte. Jedenfalls so-weit das [X.] den Angeklagten [X.] § 33 StGB wegen der [X.] entschuldigt lt, die er frte, als der [X.] bereits am Bodenlag und nicht mehr in der Lage war, etwas gegen den Angeklagten zu unter-nehmen und sich diesem zu widersetzen, ist seine rechtliche Beurteilung [X.] fehlerhaft. In diesem Zeitpunkt lag kein gegenwrtiger rechtswid-riger Angriff des [X.] gegen den Angeklagten mehr vor. Es entschul-- 7 -digt den Angeklagten nicht, [X.] er dies aus panischer Angst und Verwirrungnicht erkannte. § 33 StGB kommt dem [X.], der aus einem der dort genanntenasthenischen Affekten handelt, nur so lange zugute, bis die [X.] undAngriffsgefahr ltig beseitigt sind ([X.], 189 ff.; 54, 36, 37; 62, 76, 77;BGH NJW 1968, 1885; [X.], 20; BGH NStE Nr. 3 zu § 33 StGB).Da der Angeklagte infolge seiner unverminderten Angst und Verwirrungdie Situation aber immer noch verkannte und auch auf den bereits am Bodenliegenden [X.] einstach, um den vermeintlichen Schuûwaffenangriff zuverhindern, befand er sich zwar in einem Erlaubnistatbestandsirrtum, der seineBestrafung wegen versuchten Totschlags (§§ 212, 22, 23 StGB) oder gefrli-cher Krperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5 StGB) ausschlieût (§ 16 Abs.1 Satz 1 StGB). Aber dies allein rechtfertigt seinen [X.]eispruch nicht. Denn [X.] diese weiteren Stiche eine Entschuldigung nach § 33 StGB ausscheidet,kommt insoweit zumindest eine Verurteilung des Angeklagten wegen fahrlssi-ger Krperverletzung in Betracht, wenn der Angeklagte seinen Irrtum r denmlicherweise unmittelbar bevorstehenden Schuûwaffenangriff des [X.] vermeiden k(§ 16 Abs. 1 Satz 2 StGB). Das [X.]tte daher prfen mssen, ob der Angeklagte trotz seines psychischen [X.] in der Lage war zu erkennen, [X.] ihm von dem am Boden liegenden[X.] keine Gefahr mehr drohte. Allein seine Feststellung, der Ange-klagte habe wegen der Angst und der Einwirkung des Alkohols "die reale Si-tuation nicht mehr richtig einzusctzen" vermocht ([X.]), belegt nicht,[X.] es dem Angeklagten unmlich war, die tatschliche Sachlage zutreffendeinzusctzen, zumal diese Feststellung nicht im Hinblick auf die Vermeidbar-keit des Irrtums des Angeklagten getroffen wurde. Auch die vom [X.]nicht ausschlieûbare Schuldunfigkeit des Angeklagten (s. dazu unten b) lût- 8 -keine tragfigen Schlsse auf das Maû der Erkenntnisfigkeit des Ange-klagten im Tatzeitpunkt zu. Das Fehlen der [X.] hat fr sichkeine Aussagekraft zu den kognitiven [X.] des [X.]s, da es geradevoraussetzt, [X.] der [X.] in Bewertung der objektiven Tatumsts Un-recht seiner Tat einsieht und lediglich nicht in der Lage ist, nach dieser Einsichtzu handeln.b) Auch soweit das [X.] den [X.]eispruch erzend noch daraufsttzt, es sei nicht [X.], [X.] die [X.] des Ange-klagten zum Tatzeitpunkt aufgehoben war, lt das Urteil rechtlicher Überpr-fung nicht stand. Denn die Urteilsgrrlauben dem Senat nicht die Pr-fung, ob die dieser Annahme zugrunde liegende Beweiswrdigung des Land-gerichts frei von [X.] ist. Die [X.] sich bei [X.] der Schuldfigkeit des Angeklagten dem von ihr rten [X.] an, teilt im Urteil aber lediglich mit, der Angeklagte habe sich ineinem seelischen Ausnahmezustand befunden, durch das als existenzielle Be-drohung empfundene Auftreten des [X.] habe sich bei ihm - verstrktdurch Wirkungen des Alkohols und der Drogen - panische Angst und Wut [X.] und die Blutalkoholkonzentration des Angeklagten habe zur Tatzeit bei2,6 %o gelegen.Dies wird den Anforderungen an die Darstellung der Beweiswrdigungim Urteil nicht gerecht. [X.] sich der Tatrichter - wie hier - ohne eigene Er-wm Ergebnis einer sachverstigen Begutachtung an, [X.] er [X.] die wesentlichen Ankfungstatsachen und Darlegungen des [X.] wiedergeben, um dem Revisionsgericht die rechtliche Prfung [X.] zu ermlichen (BGHSt 12, 311, 314 f.; 34, 29, 31; [X.] 1991, 596 m.w.Nachw.). Daran fehlt es hier. Es wird schon nicht [X.] 9 -welchem der biologischen Merkmale des § 20 StGB der Sachverstige diedurch Alkohol und Drogen verstrkte Angst und Wut des Angeklagten zuord-net. Auch bleibt offen, auf welche [X.] Beurteilungskriteriender Sachverstige seine Beurteilung des "seelischen Ausnahmezustandes"und dessen Auswirkungen auf die [X.] des Angeklagten sttzt.[X.] es um so mehr bedurft, als sich aus dem mitgeteilten [X.] Angeklagten vor, wrend und nach der Tat trotz der erheblichen Alkoholi-sierung und des zustzlichen Drogenkonsums keinerlei Anzeichen fr irgend-welche Ausfallerscheinungen des Angeklagten ergeben.3. Da das [X.] eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen fahrls-siger Krperverletzung nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen hat, hat die Revi-sion des [X.] Erfolg. Denn unter Bercksichtigung der Schwere dervom [X.] erlittenen Verletzungen und deren Folgen handelt es sich beidiesem Vergehen hier um ein [X.] (§ 395 Abs. 3 StPO), so [X.]der [X.] seine Revision auf die unterbliebene Verurteilung des Ange-klagten nach § 229 StGB sttzen kann (§ 400 Abs. 1 StPO). Der Generalbun-desanwalt hat in der mlichen Verhandlung vor dem Senat das besondereInteresse an der Strafverfolgung bejaht (§ 230 Abs. 1 StGB).Die Teilaufhebung des Urteils erstreckt sich auch auf den [X.] Angeklagten vom Vorwurf der fahrlssigen Krperverletzung zum Nachteildes [X.] , die als tateinheitliche Straftat mit dem versuchten [X.] zum Nachteil des [X.] angeklagt ist (vgl. [X.] in [X.]. § 353 Rdn. 10).4. [X.] das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, [X.] die [X.] zur Entscheidung berufene [X.] sich eingehender mit der [X.]a-- 10 -ge wird befassen mssen, ob der [X.] tatschlich eine scharfeSchuûwaffe bei sich frte und diese bei dem [X.] [X.] beabsichtigte. Denn hiervt maûgeblich ab, wann durch [X.] des Angeklagten der Angriff des [X.] ltig [X.] und damit eine Entschuldigung weiterer Verletzungshandlungen nach § 33StGB nicht mehr in Betracht kam. Bei seiner diesbezlichen Überzeugungs-bildung wird der neue Tatrichter zu beachten haben, [X.] der [X.] esnicht gebietet, zugunsten des Angeklagten Umstzu unterstellen, fr derenVorliegen das Beweisergebnis keine durch tatschliche Anhaltspunkte konkre-tisierte Mlichkeit aufzeigt.[X.] [X.] [X.] von [X.] [X.]
Meta
24.10.2001
Bundesgerichtshof 3. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2001, Az. 3 StR 272/01 (REWIS RS 2001, 885)
Papierfundstellen: REWIS RS 2001, 885
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