Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.09.2008, Az. III ZR 331/07

III. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 2123

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 331/07 Verkündet am: 4. September 2008 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. September 2008 durch [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des [X.] vom 18. September 2007 wird [X.]. Die Kläger haben die Kosten des [X.] zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand Die Kläger nehmen den beklagten Notar auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Beurkundung eines Kauf-vertrags über eine Eigentumswohnung in Anspruch. Weiterhin haben sie von den vormaligen [X.]n zu 1 bis 3 Schadensersatz mit der Begründung [X.], diese hätten ihnen in betrügerischem Zusammenwirken die betreffende Wohnung zu einem sittenwidrig überhöhten Kaufpreis verkauft. Eigentümer war der frühere [X.] zu 2. Dieser hatte die Wohnung 2004 an den vormaligen [X.]n zu 1 verkauft. Die Eigentumsumschreibung war jedoch unterblieben. 1 - 3 - Ende Mai oder Anfang Juni 2004 riet der im Anlagegeschäft tätige [X.] [X.] zu 3 den Klägern, zum Zwecke der Vermögensanlage und der Steuerersparnis eine Eigentumswohnung zu erwerben. Am 14. Juni 2004 be-gaben sich diese in die Büroräume eines Unternehmens namens [X.]. Dort bot ihnen der frühere [X.] zu 3 die an den vormaligen [X.]n zu 1 verkaufte, angeblich vermietete Eigentumswohnung zum Erwerb an. Nachdem sich die Kläger - ohne die Wohnung zuvor besichtigt zu haben - hieran interes-siert gezeigt hatten, wurden noch am selben Tag ein Beurkundungstermin bei dem beklagten Notar vereinbart und der Kaufvertrag geschlossen. Verkäufer war der frühere [X.] zu 1, den der vormalige [X.] zu 3 vertrat. Als Kaufpreis waren 114.900 • vereinbart. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 des Kaufvertrags erfolgte die Übergabe der Wohnung vermietet. 2 Zur Finanzierung des Kaufpreises nahmen die Kläger einen Kredit in [X.] von 100.000 • auf. Später stellten sie fest, dass die Wohnung nicht vermietet war und sich auch in einem nicht vermietbaren Zustand befand. Im Mai 2005 erklärten die Kläger die Anfechtung des Kaufvertrages. Sie wurden daraufhin nicht mehr im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. 3 Die Kläger haben alle vier [X.]n gesamtschuldnerisch auf Freistel-lung von den Kreditverbindlichkeiten, Erstattung der bereits geleisteten [X.] sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht für alle weiteren [X.] aus dem Abschluss des Kaufvertrages vom 14. Juni 2004 in Anspruch ge-nommen. Die Klage gegen die vormaligen [X.]n zu 1 und 2 hatte Erfolg. Die gegen den früheren [X.]n zu 3 gerichtete Klage hat das Berufungsge-richt abgewiesen. Weiterhin hat es die vom [X.] ausgesprochene Ab-weisung der Klage gegen den beklagten Notar bestätigt. Soweit sich die Klage gegen diesen richtet, hat das Berufungsgericht die Revision zugelassen, weil 4 - 4 - sich die noch nicht geklärte Rechtsfrage stelle, ob der einen Immobilienkauf beurkundende Notar den Käufer danach befragen müsse, ob er sich über [X.] und Ausgestaltung der zu übernehmenden Mietverhältnisse Kenntnis verschafft habe, und ihn gegebenenfalls vor den Gefahren eines nicht beste-henden Mietverhältnisses warnen müsse, beziehungsweise ob der Notar we-nigstens danach zu fragen habe, ob der Käufer einen Mietvertrag gesehen ha-be. Mit ihrem Rechtsmittel verfolgen die Kläger ihr Begehren gegenüber dem beklagten Notar (im Folgenden: [X.]r) weiter. 5 Entscheidungsgründe Die zulässige Revision ist unbegründet. 6 [X.] Das Berufungsgericht hat, soweit hier noch von Bedeutung, ausgeführt, der [X.] habe keine ihm als Notar obliegenden Belehrungs- oder [X.] verletzt. Insbesondere habe er sich nicht bei den Klägern danach erkundigen müssen, ob diese überprüft hätten, ob das in § 4 Abs. 1 Satz 2 des Kaufvertrages erwähnte Mietverhältnis tatsächlich bestehe und ob sie den [X.] eingesehen hätten. Ebenso wenig sei ein Hinweis auf die Risiken erfor-derlich gewesen, die mit dem Unterlassen einer solchen Prüfung verbunden gewesen seien. Der [X.] habe keine Anhaltspunkte dafür gehabt, dass sich 7 - 5 - die Kläger über wesentliche Umstände des Vertragsgegenstandes nicht im Kla-ren gewesen seien. Der [X.] habe nicht damit rechnen müssen, dass die Erklärung, die Übergabe der Wohnung erfolge vermietet, falsch sei. Vielmehr habe er annehmen dürfen, dass sich die Kläger bereits im Vorfeld der Beurkun-dung aus eigenem Antrieb ein Bild von dem Kaufobjekt und den für ihre Kauf-entscheidung maßgeblichen wirtschaftlichen Faktoren gemacht und sich somit auch über die an der Immobilie bestehenden Mietverhältnisse unterrichtet [X.]. Hieran ändere die Kurzfristigkeit des anberaumten [X.] nichts. Es sei auch nicht ersichtlich, dass den Klägern durch die unterlassene Übersendung des [X.] der von ihnen geltend gemachte Scha-den entstanden sei. I[X.] [X.] ist, wie sich aus ihrer Begründung ergibt (vgl. zur Beschränkung der Rechtsmittelzulassung aufgrund der [X.]: [X.], Beschluss vom 14. Mai 2008 - [X.]/07 - NJW 2008, 2351 f, Rn. 15 f m.w.N.), beschränkt auf die [X.], die die Kläger dem [X.]n im Zusammenhang mit der Beurkundung des Kaufvertrags vorwerfen. Der weiteren - von der [X.] verneinten - Frage, ob der [X.] auch im Zusammenhang mit der Auszahlung der bei ihm hinterlegten Darlehensvaluta ihm den Klägern gegen-über obliegende Amtspflichten verletzt hat, ist deshalb nicht mehr nachzuge-hen. 8 Soweit das angefochtene Urteil der revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegt, hält es ihr stand. Auf der Grundlage des für die Beurteilung durch das 9 - 6 - Revisionsgericht maßgeblichen [X.]vortrags bis zur letzten mündlichen Ver-handlung vor dem Berufungsgericht (§ 559 Abs. 1 ZPO) scheidet ein Scha-densersatzanspruch der Kläger gegen den [X.]n wegen einer Amtspflicht-verletzung als Notar (§ 19 Abs. 1 [X.]) aus. 1. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch des [X.] wegen eines Verstoßes gegen seine aus § 17 Abs. 1 BeurkG folgenden Pflichten verneint. 10 Allerdings ist der Notar verpflichtet, die [X.] darauf hinzu-weisen, dass durch einen Grundstücksverkauf Miet- und Pachtverhältnisse nicht erlöschen ([X.], [X.], 16. Aufl., § 17 Rn. 230), und abzuklären, ob noch Regelungsbedarf im Zusammenhang mit dem Übergang der Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag (§§ 566 ff BGB), etwa im Hinblick auf den Zeitpunkt der Übertragung der Mietzinsansprüche im Innenverhältnis der Kaufvertragsparteien oder der Übergabe von [X.], besteht (vgl. auch [X.] in Reithmann/[X.], Handbuch der notariellen Vertragsgestal-tung, 8. Aufl., Rn. 527; [X.] in [X.], 4. Aufl., [X.] Rn. 10 Buchstabe (d), Rn. 131). Zweck dieser Amtspflicht ist es, zu gewährleis-ten, dass die Kaufvertragsparteien die Möglichkeit erhalten, sich über die im Einzelfall auf sie zukommenden Rechtsfolgen des Übergangs der Mietverhältnisse im Klaren zu werden. Ungeachtet der Frage, ob der hier gel-tend gemachte Schaden, der auf die Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse (Leerstand) zurückzuführen ist, in den Schutzzweck dieser Pflicht des Notars fällt, hätten die Kläger jedenfalls vortragen müssen, dass sie entsprechende Hinweise des [X.]n zum Anlass für weitere Nachfragen genommen hätten, daraufhin der Leerstand aufgedeckt worden wäre und sie sodann von einem Kaufvertragsabschluss abgesehen hätten. Hierzu hat das Berufungsgericht kei-11 - 7 - ne Feststellungen getroffen; die Revision hat insoweit auch keinen übergange-nen Sachvortrag zu rügen vermocht. 2. Ebenfalls an der fehlenden Ursächlichkeit eines etwaigen Verstoßes des [X.]n gegen seine Amtspflichten für den geltend gemachten Schaden scheitert ein Anspruch der Kläger aus § 19 Abs. 1 [X.] wegen Verletzung seiner aus § 14 Abs. 3 [X.] folgenden Pflicht zur ordnungsgemäßen Gestal-tung des [X.], zu der nach Nummer II Satz 3 der [X.] für die Amtspflichten und sonstigen Pflichten der Mitglieder der Notarkammer vom 28. April 1999 und 3. Mai 2000 ([X.] 2000, 353) auch gehört, dass den Beteiligten ausreichend Gelegenheit eingeräumt wird, sich mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinander zu setzen. Auch insoweit fehlt jeder Tatsachenvortrag der Kläger dazu, dass sie bei Einhaltung einer angemessenen Frist vor der Beurkundung weitere Überlegungen ange-stellt, Erkundigungen über das angebliche Mietverhältnis eingeholt und darauf-hin von dem Vertragsschluss Abstand genommen hätten. 12 3. Aus denselben Gründen sind entgegen der Auffassung der Revision auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zu der aus § 14 Abs. 1 Satz 2 [X.] abgeleiteten sogenannten erweiterten [X.] jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. 13 4. An dieser Beurteilung der Sach- und Rechtslage ändert auch nichts das von den Klägern vorgelegte, während des Revisionsverfahrens ergangene Ur-teil der 15. Kleinen [X.] des [X.]s [X.] vom 12. März 2008. Zwar könnte diese Entscheidung den Vortrag der [X.]en zu den dem [X.]n vorgeworfenen Amtspflichtverletzungen in ein anderes Licht setzen als in den Tatsacheninstanzen. Die [X.] hat darin ein Urteil des [X.] - 8 - gerichts [X.] bestätigt, durch das der [X.] wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden war. Das [X.] hat es als erwiesen angesehen, dass der [X.] im Jahr 2004 über 100 von der [X.] vermittelte Beurkundungen vorgenommen habe. Die Geschäftslei-tung dieses Unternehmens habe, wie dem [X.]n bewusst gewesen sei, gezielt die Strategie verfolgt, den Kunden keine Bedenkzeit zu lassen. In dieses auf Überrumpelung ausgerichtete System sei der [X.] als sogenannter [X.] eingebunden gewesen. Allerdings darf der Senat dieses, eine andere als die hier [X.] Beurkundung betreffende Strafurteil nicht mehr berücksichtigen. Gemäß § 559 Abs. 1 ZPO unterliegt der Beurteilung des [X.] nur dasjeni-ge [X.]vorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Ferner können nur die Tatsachen berücksichtigt werden, aus [X.] sich ein Verfahrensverstoß ergibt. Hiervon hat die Rechtsprechung zwar aus prozesswirtschaftlichen Gründen nicht wenige Ausnahmen zugelassen, um zu verhindern, dass die vom Tatsachenausschluss betroffene [X.] einen [X.] Rechtsstreit, gegebenenfalls durch mehrere Instanzen, führen muss ([X.], Urteil vom 21. November 2001 - [X.] - NJW 2002, 1130, 1131 m.w.N.). Keiner dieser Ausnahmefälle (vgl. die Aufstellungen bei [X.] in Musie-lak, ZPO, 6. Aufl., § 559 Rn. 8-10 und [X.] in [X.], 3. Aufl., § 559 Rn. 25-31) liegt jedoch vor. 15 - 9 - Überdies würde die Berücksichtigung des Strafurteils nicht über den feh-lenden Sachvortrag zur Ursächlichkeit einer Amtspflichtverletzung des Beklag-ten für den geltend gemachten Schaden hinweg helfen. 16 [X.] [X.][X.] [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 20.12.2006 - 11 O 401/05 - [X.], Entscheidung vom 18.09.2007 - 16 U 16/07 -

Meta

III ZR 331/07

04.09.2008

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.09.2008, Az. III ZR 331/07 (REWIS RS 2008, 2123)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2123

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZR 293/09 (Bundesgerichtshof)

Notarhaftung: Umfang und Schutzzweck der notariellen Belehrungspflicht bei Beurkundung eines Bauträgervertrags


III ZR 121/12 (Bundesgerichtshof)


III ZR 121/12 (Bundesgerichtshof)

Notarhaftung: Abweichen von der Regelfrist von zwei Wochen zwischen Zurverfügungstellung des Vertragsentwurfs und der Beurkundung


III ZR 293/09 (Bundesgerichtshof)


III ZR 28/19 (Bundesgerichtshof)

Notarhaftung bei Beurkundung eines Wohnungskaufvertrags mit unbefristeter Fortgeltungsklausel - Notarhaftung, unbefristete Fortgeltungsklausel


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.