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PDF anzeigen BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 293/09 Verkündet am: 22. Juli 2010 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BeurkG § 17 Abs. 1 Satz 1; BNotO §§ 14, 19 Abs. 1 Zum Umfang und Schutzzweck der notariellen Belehrungspflicht bei Be-urkundung eines Bauträgervertrags, wenn zum Zeitpunkt der Niederschrift ein Zwangsversteigerungsvermerk zu Lasten des Verkäufers/Bauträgers im Grundbuch eingetragen ist. BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - III ZR 293/09 - OLG Düsseldorf LG Krefeld - 2 - Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juli 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und Seiters für Recht erkannt: Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. Oktober 2009 aufgeho-ben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand Die am 8. Dezember 2003 gegründete O. P. GmbH be-zweckte, den von ihr am selben Tag erworbenen Grundbesitz O. zu sanieren, in Wohnungseigentumseinheiten aufzuteilen und entsprechend zu veräußern. Von der P.I.T. AG, einer ihrer Gründungsgesellschafterinnen, erhielt sie ein Darlehen über 450.000 •, zu dessen Sicherung eine erstrangige Grund-schuld an diesem Objekt bestellt und im Grundbuch eingetragen wurde. Der beklagte Notar beurkundete sowohl den Gesellschaftsvertrag als auch den Kaufvertrag und die Bestellung dieser Grundschuld. Nachdem es zu Unstim-1 - 3 - migkeiten zwischen den genannten Unternehmen gekommen war, ordnete das Amtsgericht K. auf Antrag der P.I.T. AG am 7. März 2005 die Zwangs-versteigerung des gesamten Grundbesitzes O. an. Der daraufhin in das Grundbuch eingetragene Zwangsversteigerungsvermerk wurde aufgrund eines zwischen der P.I.T. AG und der O.
P. GmbH geschlosse-nen Vergleichs am 4. April 2005 wieder gelöscht. Auf die gleiche Weise kam es am 18. August 2005 zur Löschung eines weiteren auf Betreiben der P.I.T. AG am 15. Juli 2005 für acht Kaufobjekte eingetragenen Zwangsversteigerungs-vermerks; die für sie bestellte Grundschuld über 450.000 • wurde am 13. Sep-tember 2005 gelöscht. Am 25. November 2005 bewirkte die P.I.T. AG abermals die Eintragung eines Zwangsversteigerungsvermerks zu Lasten von noch zwei Wohnungseigentumseinheiten. Am 6. Dezember 2005 beurkundete der Beklagte den Kaufvertrag zwi-schen den Klägern und der O. P. GmbH über eine dieser beiden Eigentumswohnungen zu einem Preis von 349.562 •. Die Verkäuferin verpflich-tete sich dabei, das Objekt bis zum 30. November 2006 bezugsfertig herzustel-len. Der Kaufpreis sollte nach Maßgabe eines der Makler- und Bauträgerver-ordnung entsprechenden Ratenzahlungsplans entrichtet werden. Auf den zum Zeitpunkt der Beurkundung noch im Grundbuch eingetragenen Zwangsverstei-gerungsvermerk wies der Beklagte nicht gesondert hin und bezeichnete diesen im Kaufvertrag in Teil A (1) unter "lfd. Nr. 8" bei Aufzählung der Grundbuchbe-lastungen in Abteilung II lediglich als "Vermerk". Am 20. Dezember 2005 zahl-ten die Kläger die erste Kaufpreisrate in Höhe von 104.868,60 • auf ein Notar-anderkonto des Beklagten. Am 5. Januar 2006 wurde zu ihren Gunsten eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Nachdem auch der zuletzt noch bestehende Zwangsversteigerungsvermerk nach Maßgabe eines erneu-ten zwischen der P.I.T. AG und der O. P. GmbH zustande ge-2 - 4 - kommenen Vergleichs am 8. Februar 2006 gelöscht worden war, kehrte der Beklagte die erste Kaufpreisrate nach Maßgabe der ihm erteilten Anweisungen aus. Da die Verkäuferin ihren vertraglichen Verpflichtungen wegen finanzieller Schwierigkeiten nicht mehr nachkommen konnte, kündigten die Kläger am 5. Mai 2006 den Bauträgervertrag und ließen zusammen mit anderen Woh-nungseigentümern die noch ausstehenden Sanierungsarbeiten auf eigene Kos-ten ausführen. Am 12. September 2006 wurde für die O. P. GmbH ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Die Eröffnung des Insolvenz-verfahrens erfolgte am 24. September 2007. 3 Die Kläger werfen dem Beklagten die Verletzung seiner notariellen Amtspflichten vor, weil er sie im Beurkundungstermin nicht über den noch im Grundbuch eingetragenen Zwangsversteigerungsvermerk und die ihm nach ihrer Behauptung im Einzelnen bekannten wirtschaftlichen Schwierigkeiten der O. P. GmbH unterrichtet habe. Sie machen deshalb einen Scha-densersatzanspruch in Höhe von 173.345,13 • geltend und begehren darüber hinaus die Feststellung seiner Verpflichtung, ihnen alle Schäden zu ersetzen, die auf diese Pflichtverletzung zurückzuführen seien. 4 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, die Berufung der Kläger ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre bisherigen Klageanträge weiter. 5 - 5 - Entscheidungsgründe Die Revision der Kläger ist begründet; sie führt zur Aufhebung des Beru-fungsurteils und Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz. 6 I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung unter anderem ausgeführt: Der Beklagte habe zwar seine gegenüber den Klägern bestehende notarielle Amtspflicht aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG dadurch ver-letzt, dass er bei Beurkundung des Kaufvertrags nicht auf den zu diesem Zeit-punkt noch eingetragenen Zwangsversteigerungsvermerk und dessen rechtli-che Folgen hingewiesen habe. Dennoch könne ein Schadensersatzanspruch darauf nicht gestützt werden, weil der geltend gemachte Schaden außerhalb des Schutzzwecks der verletzten Amtspflicht liege. Vorliegend habe sich nicht ein von dem Zwangsversteigerungsvermerk ausgehendes, sondern lediglich das wirtschaftliche Risiko verwirklicht, dass die Verkäuferin in der Folgezeit fi-nanziell nicht in der Lage gewesen sei, die geschuldeten Leistungen zu erbrin-gen. Die Kläger beriefen sich gerade darauf, dass sie den Kaufvertrag nicht ab-geschlossen hätten, wenn ihnen der noch eingetragene Zwangsversteigerungs-vermerk bekannt gewesen wäre, weil sie dann an der wirtschaftlichen Leis-tungsfähigkeit der Bauträgerin gezweifelt hätten. Die Belehrungspflicht des No-tars über im Grundbuch eingetragene Belastungen diene nicht dazu, es dem Grundstückskäufer zu ermöglichen, sich ein Bild über die wirtschaftliche Leis-tungsfähigkeit des Verkäufers zu machen. Darüber hinaus hätten die Kläger auch keine ungesicherte Vorleistung erbracht; der Beklagte habe sich an die ihm erteilten Auflagen gehalten. Letztlich könne dahingestellt bleiben, ob er 7 - 6 - verpflichtet gewesen wäre, die Kläger auf wirtschaftliche Schwierigkeiten der Verkäuferin hinzuweisen, wenn er gesicherte Erkenntnisse über eine bestehen-de Insolvenzreife bereits zum Zeitpunkt der Beurkundung gehabt hätte, oder ob er in diesem Fall die Beurkundung sogar hätte ablehnen müssen. Denn es sei nicht schlüssig dargetan, dass bereits Insolvenzreife gegeben gewesen sei, und die Kläger könnten zudem nicht beweisen, dass der Beklagte hiervon Kenntnis gehabt habe. Zwar möge sich für ihn der Verdacht ergeben haben, dass die Verwirklichung des Bauvorhabens sowohl durch die Streitigkeiten mit der P.I.T. AG als auch infolge finanzieller Engpässe bei der Bauträgerin gefähr-det sein könne. Eine Verpflichtung, darauf hinzuweisen, habe jedoch auch im Rahmen der so genannten erweiterten betreuenden Belehrungspflicht des No-tars nicht bestanden. II. Das angefochtene Urteil hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. 8 1. Das Berufungsgericht geht im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass der Beklagte seine Amtspflichten als Notar verletzt hat, weil er die Kläger im Beurkundungstermin vom 6. Dezember 2005 nicht auf den zu diesem Zeit-punkt noch für die P.I.T. AG im Grundbuch eingetragenen Zwangsversteige-rungsvermerk, der neben einer anderen Wohnungseigentumseinheit auch das von den Klägern erworbene Objekt betraf, und die damit verbundenen Folgen hingewiesen hat. 9 Damit hat er gegen seine aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG folgende Amts-pflicht verstoßen, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des beurkunde-10 - 7 - ten Kaufvertrags, zu der auch der Hinweis auf die bestehenden Belastungen und deren Bedeutung gehört, sowie über die unmittelbaren rechtlichen Bedin-gungen für den Eintritt des beabsichtigten Rechtserfolgs zu belehren (vgl. Se-natsurteil vom 4. März 2004 - III ZR 72/03 - NJW 2004, 1865, 1866; BGH, Urteile vom 2. November 1995 - IX ZR 15/95 - NJW 1996, 522, 523 und vom 19. Dezember 1991 - IX ZR 8/91 - NJW-RR 1992, 393, 394; Frenz in Eylmann/Vaasen, BNotO/BeurkG, 2. Aufl. 2004, § 17 BeurkG Rn. 8 ff; Sand-kühler in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 6. Aufl. 2008, § 14 Rn. 130, 145; Winkler, BeurkG, 16. Aufl. 2008, § 17 Rn. 219, 224 f; Ganter in Ganter/Hertel/ Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, 2. Aufl. 2009, Rn. 1075, 1077). Der zum Zeitpunkt der Beurkundung des vorliegenden Kaufvertrags noch im Grundbuch eingetragene Zwangsversteigerungsvermerk war in rechtlicher Hin-sicht deshalb von maßgeblicher Bedeutung, weil die Anordnung der Zwangs-versteigerung zugunsten der P.I.T. AG die Beschlagnahme des Grundstücks und damit ein Veräußerungsverbot zur Folge hatte (vgl. § 20 Abs. 1, § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG). Damit bestand bis auf weiteres ein Hindernis für den beab-sichtigten Erwerb lastenfreien Eigentums. Darüber und über mögliche Siche-rungsmaßnahmen hätte der Beklagte deshalb belehren müssen. Die Aufnahme eines Hinweises im Kaufvertrag lediglich auf einen in Abteilung II des Grund-buchs eingetragenen "Vermerk" wurde demgegenüber seinen Verpflichtungen zur Belehrung über die rechtliche Tragweite der noch bestehenden Belastung in keiner Weise gerecht, zumal der Inhalt dieses "Vermerks" weder besprochen noch erläutert wurde. 2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, ein auf diese Pflichtverletzung des Beklagten gestützter Schadensersatzanspruch aus § 19 Abs. 1 BNotO sei deshalb nicht begründet, weil der von den Klägern geltend gemachte Schaden nicht in den Schutzbereich dieser verletzten notariellen Amtspflicht aus § 17 11 - 8 - Abs. 1 Satz 1 BeurkG falle und deshalb dem Beklagten nicht zugerechnet wer-den könne, ist jedoch nicht frei von Rechtsfehlern. a) Zwar ist es richtig, dass auch im Notarhaftungsrecht - wie allgemein im Schadensersatzrecht - nur für solche Schadensfolgen Ersatz verlangt werden kann, die innerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm liegen. Es muss sich um Folgen handeln, die in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwil-len die Rechtsnorm erlassen wurde. Deswegen muss zwischen der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage und dem Schaden ein innerer Zusam-menhang bestehen. Eine bloß zufällige äußere Verbindung genügt dabei nicht (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2008 - III ZR 255/07 - NJW-RR 2008, 1644, 1645 Rn. 15). 12 b) Diese Maßgaben sind jedoch im Streitfall erfüllt. Die rechtliche Wer-tung des Berufungsgerichts, dass sich ein von dem zum Zeitpunkt der Beur-kundung des Kaufvertrags im Grundbuch noch eingetragenen Zwangsverstei-gerungsvermerk ausgehendes Risiko nicht verwirklicht habe und die Vertrags-durchführung nicht an dieser Grundbucheintragung gescheitert sei, greift zu kurz und zieht die Grenzen des Schutzzwecks der zutreffend angenommenen Belehrungspflicht über den Zwangsversteigerungsvermerk zu eng. 13 Im Rechts- und Geschäftsverkehr wird die Eintragung eines Zwangsver-steigerungsvermerks zulasten eines Vertragspartners regelmäßig als Warnhin-weis auf mögliche bestehende finanzielle Schwierigkeiten angesehen mit der Folge, dass im Allgemeinen vor Abschluss eines mit wirtschaftlichen Risiken verbundenen Vertrags die Leistungsfähigkeit dieses Vertragspartners "hinter-fragt" wird. Dies belegt, dass in der Rechtswirklichkeit durch die Eintragung ei-nes Zwangsversteigerungsvermerks sehr wohl ein - für die Haftungszurechnung 14 - 9 - ausreichender - Zusammenhang zwischen der rechtlichen und der wirtschaftli-chen Durchführbarkeit des Vertrags hergestellt wird. 3. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht den Umfang der einem Notar obliegenden Belehrungspflichten zu gering bestimmt. Jedenfalls bei der hier vorliegenden Fallkonstellation hätte es der Beklagte nicht mit einem Hinweis auf den eingetragenen Zwangsversteigerungsvermerk und dessen rechtliche Aus-wirkungen bewenden lassen dürfen. Vielmehr hätte er angesichts der mit dem Abschluss eines Bauträgervertrags im Vergleich zu allgemeinen Grundstücks-geschäften verbundenen erhöhten wirtschaftlichen Risiken für die Käufer die Kläger darüber belehren müssen, dass ein derartiger Vermerk als ein Warnsig-nal für bestehende finanzielle Schwierigkeiten des Grundstückseigentümers zu verstehen ist. 15 a) Die dem Notar nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG obliegende Pflicht zur Rechtsbelehrung soll zwar in erster Linie die Errichtung einer rechtswirksamen Urkunde über den wahren Willen der Beteiligten gewährleisten; diesem Zweck entsprechend reicht diese Pflicht grundsätzlich nur soweit, als eine Belehrung für das Zustandekommen einer formgültigen Urkunde erforderlich ist, die diesen Willen der Beteiligten vollständig und unzweideutig in der für das beabsichtigte Rechtsgeschäft zutreffenden Form rechtswirksam enthält (BGH, Urteil vom 3. Juli 1986 - IX ZR 51/85 - NJW-RR 1987, 84, 85; Sandkühler aaO Rn. 134; Ganter aaO Rn. 992). Dagegen bezieht sich die Belehrungspflicht nach dieser Vorschrift grundsätzlich nicht auf die wirtschaftliche Tragweite des Rechtsge-schäfts, um dessen wirtschaftliche Zweckmäßigkeit sich der Notar nicht zu kümmern braucht. Da er nicht Wirtschaftsberater der Beteiligten ist, besteht in der Regel keine Verpflichtung, über die wirtschaftlichen Folgen, die wirtschaftli-che Durchführbarkeit des beabsichtigten Geschäfts oder mögliche finanzielle 16 - 10 - Schwierigkeiten eines Vertragspartners zu belehren, weil es sich insoweit nicht um Rechtsfolgen handelt. Die Beurteilung der wirtschaftlichen Auswirkungen eines Geschäfts ist in erster Linie Sache der Parteien, wie ihnen auch die Beur-teilung der Zuverlässigkeit des Vertragspartners überlassen bleibt (vgl. Senats-urteil vom 2. Juni 2005 - III ZR 306/04 - NJW 2005, 3495; BGH, Urteil vom 22. November 1966 - VI ZR 39/65 - NJW 1967, 931, 932; Ganter aaO Rn. 1103, 1104, 1106; Winkler aaO § 17 Rn. 237, 238; Armbrüster in Arm-brüster/Preuß/Renner, BeurkG und DONot, 5. Aufl. 2009, § 17 BeurkG Rn. 38, 66). b) Auch wenn an diesen Grundsätzen festzuhalten ist, hat der Notar bei Wahrnehmung seiner Hinweis- und Belehrungspflichten den bei einem im Grundbuch eingetragenen Zwangsversteigerungsvermerk (typischerweise) be-stehenden Zusammenhang zwischen der rechtlichen und wirtschaftlichen Durchführbarkeit des Vertrags zu berücksichtigen. Dies bedeutet, dass der No-tar jedenfalls bei Beurkundung eines Bauträgervertrags, der - wovon hier aus-zugehen ist - zwischen einem Unternehmer und Verbrauchern abgeschlossen wird (Verbrauchervertrag im Sinne des § 310 Abs. 3 BGB), wegen der mit dem Abschluss eines solchen Vertrags verbundenen wirtschaftlichen Risiken und der gegenüber Verbrauchern bestehenden besonderen Schutz- und Belehrungs-funktion der Beurkundung (vgl. § 17 Abs. 2a BeurkG; siehe dazu Winkler aaO § 17 Rn. 76) verpflichtet ist, nicht nur auf die durch einen solchen Vermerk für die rechtliche, sondern auch auf die für die wirtschaftliche Durchführbarkeit des Vertrags entstehenden Gefahren hinzuweisen. Diese Pflicht ist Ausfluss der sich aus § 14 BNotO ergebenden so genannten erweiterten Belehrungspflicht, die sich in Ausnahmefällen auch auf die wirtschaftlichen Folgen eines Rechts-geschäfts erstrecken kann (vgl. nur Senatsurteil vom 26. Februar 2009 - III ZR 135/08 - BeckRS 2009, 08360 Rn. 6 m.w.N.). 17 - 11 - aa) Die mit einem Bauträgervertrag, wie er auch im Streitfall zugrunde-liegt, einhergehenden besonderen Risiken bestehen für den Erwerber vor allem darin, dass er gehalten ist, an den Bauträger bereits während der Bauphase Abschlagszahlungen für das erworbene Objekt und die fortschreitende Bausub-stanz vorzunehmen, ohne jedoch zunächst das Eigentum an dem Grundstück bzw. der Wohnung und der bereits bezahlten Baumasse zu erhalten. Der Er-werber erbringt folglich finanzielle Vorleistungen gegenüber dem Bauträger, Besitz und Eigentum an dem Kaufobjekt erhält er erst, nachdem das vertraglich Geschuldete fertiggestellt und die geschuldete Vergütung vollständig gezahlt wurde. Dabei sieht die typische, auch hier gewählte, Gestaltung eines Bauträ-gervertrags die Einbeziehung der gewerberechtlichen Regelungen der Makler- und Bauträgerverordnung vor, wonach bereits die erste Zahlung bis zu 30 % der Vertragssumme betragen kann (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 MaBV). Die Absicherung des insoweit vorleistenden Erwerbers richtet sich im Wesentlichen nach den Bestimmungen der §§ 3 und 7 MaBV; diese bezwecken allerdings nur einen Mindestschutz des Käufers (vgl. Senatsurteil vom 17. Januar 2008 - III ZR 136/07 - NJW 2008, 1321, 1322 Rn. 11). Dadurch wird sein primäres Interesse an der vollständigen und mangelfreien Fertigstellung des Kaufobjekts jedoch nicht abgesichert. Zwar ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 MaBV für die geleistete Vorauszahlung eine Vormerkung im Grundbuch einzutragen. Diese schützt aber nur vor einer Fremdverfügung und sichert den Anspruch des Erwerbers auf Übereignung, nicht aber die Rückzahlung der bereits erbrachten Beträge im Leistungsstörungsfall und die Fertigstellung des Kaufobjekts. Umso mehr be-stehen für den Erwerber erhebliche wirtschaftliche Risiken, weil er für den Fall der Zahlungsunfähigkeit oder der Insolvenz des Bauträgers und damit eintre-tendem Baustillstand keine Gewähr dafür hat, dass das Kaufobjekt überhaupt, rechtzeitig und mangelfrei fertiggestellt wird (vgl. zu den Risiken beim Bauträ-18 - 12 - gervertrag bei Insolvenz des Bauträgers, auch hinsichtlich der Geltendmachung von Gestaltungsrechten, z.B. Blank, BauR 2010, 4 ff; Basty, Der Bauträgerver-trag, 6. Aufl. 2009, Rn. 88, 295 ff; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl. 2008, 11. Teil, Rn. 22, 68 ff). bb) Da der Notar nicht ohne weiteres davon ausgehen kann, dass dem (privaten) Käufer eines Hauses oder einer Eigentumswohnung die wirtschaftli-che Dimension der Eintragung eines Zwangsversteigerungsvermerks bewusst ist, ist der Notar regelmäßig gehalten, ihn vor Abschluss finanziell riskanter Ver-träge auf die "faktische Warnfunktion" eines Zwangsversteigerungsvermerks hinzuweisen. Auf diese Weise wird der Kaufinteressent in die Lage versetzt, die für ihn bestehenden wirtschaftlichen Risiken (besser) abzuschätzen und gege-benenfalls weitere Erkundigungen anzustellen. 19 cc) Im konkreten Fall kommt hinzu, dass dem beklagten Notar der Dau-erstreit zwischen der Verkäuferin und der für ihr wirtschaftliches Überleben un-verzichtbaren P.I.T. AG bekannt war und, so die unangegriffenen Feststellun-gen des Berufungsgerichts, ihm darüber hinaus klar sein musste, dass die Ver-käuferin die erste Kaufpreisrate der Kläger zur Tilgung anderweitiger Verbind-lichkeiten verwenden würde, mithin keine liquiden Mittel mehr übrig blieben, die sie zur Erfüllung der vertraglich übernommenen Bauverpflichtung hätte einset-zen können. Aufgrund dieses Kenntnisstands war der Beklagte zumindest gehalten, die Kläger besonders nachdrücklich auf die "Indizwirkung" der Eintra-gung eines Zwangsversteigerungsvermerks für eine wirtschaftliche Schieflage der O. P. GmbH hinzuweisen. 20 - 13 - 4. Die vom Revisionsbeklagten gegen die Annahme einer die Haftung des Beklagten begründenden Amtspflichtverletzung vorgebrachten Bedenken grei-fen nicht durch. 21 a) Der Einwand des Beklagten, die im notariellen Kaufvertrag enthalte-nen Fälligkeitsabreden hätten eine Auszahlung des Kaufpreises an die Verkäu-ferin vor Löschung des Zwangsversteigerungsvermerks ausgeschlossen, so dass zu keinem Zeitpunkt die Gefahr einer ungesicherten Vorleistung bestan-den hätte, greift nach dem zuvor Gesagten zu kurz. Dass den Klägern im Ver-trag keine ungesicherte Vorleistung abverlangt wurde, machte einen entspre-chenden Hinweis auf den Zwangsversteigerungsvermerk und die damit mögli-cherweise im Zusammenhang stehenden Gefahren jedoch nicht entbehrlich. Denn den Käufern verblieb, wie ausgeführt, das sich vor allem im Falle der In-solvenz verwirklichende Fertigstellungsrisiko. 22 b) Nicht zu folgen ist auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Auffassung des Beklagten, einem Hinweis auf den Vermerk und dessen wirtschaftliche Bedeutung habe die sich aus § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO ergebende Neutralitätspflicht des Notars entgegen gestanden. Zwar hat sich ein Notar grundsätzlich nicht mit Bedenken gegen eine bestimmte Person als Vertragspartner zu befassen; auch muss er auf Zweifel an der Vertrauens-würdigkeit eines Beteiligten, die sich aus dem Notar konkret bekannten Um-ständen, etwa einer Vorstrafe, ergeben könnten, nur in Ausnahmefällen auf-merksam machen, weil er anderenfalls mit solchen Hinweisen in einen Interes-senkonflikt geraten würde (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 22. November 1966 aaO S. 932). Indes war im Streitfall der Beklagte nicht gehalten, die Kläger über die Einzelheiten der bestehenden Streitigkeiten zwischen der P.I.T. AG und der O. GmbH sowie die Ursachen der bereits mehrfach eingetragenen 23 - 14 - Zwangsversteigerungsvermerke und die offenbar latent vorhandenen wirtschaft-lichen Engpässe der GmbH zu informieren. Vielmehr wäre es ausreichend, aber auch erforderlich gewesen, nachdrücklich auf den Zwangsversteigerungsver-merk und die sich daraus ergebenden Indizien für etwaige bestehende wirt-schaftliche Schwierigkeiten sowie mögliche Auswirkungen für die geplante Ver-wirklichung des Bauvorhabens hinzuweisen. Schutzwürdige Belange des Bau-trägers wären dadurch nicht berührt worden, zumal ohnehin kein berechtigtes Interesse daran bestehen konnte, den Zwangsversteigerungsvermerk uner-wähnt zu lassen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 1991 aaO S. 394; Ganter aaO Rn. 1078). 5. Weil vorliegend die notarielle Amtspflicht, über den noch eingetragenen Zwangsversteigerungsvermerk und seine Bedeutung zu belehren, auch dazu diente, den Klägern als Käufer einer noch herzustellenden Eigentumswohnung die Gelegenheit zu geben, die Frage der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ihres Vertragspartners und damit der Durchführbarkeit des Vertrags näher zu prüfen, stellt die festgestellte Verletzung dieser Verpflichtung die Grundlage für einen Schadensersatzanspruch aus § 19 Abs. 1 BNotO dar. 24 Da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerich-tig - keine weiteren Feststellungen zu den Voraussetzungen und zur Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruches aus § 19 Abs. 1 BNotO getrof-fen hat, ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif. Sie ist deshalb unter Auf- 25 - 15 - hebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO). Schlick Herrmann Wöstmann Hucke Seiters Vorinstanzen: LG Krefeld, Entscheidung vom 19.11.2008 - 2 O 347/07 - OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 14.10.2009 - I-18 U 245/08 -
Meta
22.07.2010
Bundesgerichtshof III. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2010, Az. III ZR 293/09 (REWIS RS 2010, 4510)
Papierfundstellen: REWIS RS 2010, 4510
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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