Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2016, Az. IX ZR 57/15

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 7750

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:210716UIXZR57.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL

IX ZR 57/15

Verkündet am:

21. Juli 2016

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
VV [X.] [X.]. 3 Abs. 6
a) Nach einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht wird die bereits entstandene Verfahrensgebühr dann nicht auf die Verfahrensgebühr für das [X.] Berufungsverfahren angerechnet, wenn die [X.] sich von einem anderen Anwalt vertreten lässt.
b) Hatte sich die [X.] im ersten Berufungsverfahren von einer Sozietät vertreten lassen und lässt sie sich im zweiten Berufungsverfahren aufgrund eines neuen [X.] von einem Einzelanwalt vertreten, findet eine Anrechnung der Verfahrensgebühr auch dann nicht statt, wenn der Einzelanwalt im ersten Beru-fungsverfahren der Sozietät angehört und die Sache namens der Sozietät bearbei-tet hatte.

[X.], Urteil vom 21. Juli 2016 -
IX ZR 57/15 -
[X.] am Main

[X.]

-
2
-

Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juli 2016
durch [X.] [X.], den
Richter
Vill, die Richterin [X.], die Richter [X.] und Dr. Schoppmeyer

für Recht erkannt:

Die Revisionen
des [X.] und der [X.] gegen
das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 3. März 2015 werden
zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger und die Dritt-widerbeklagte als Gesamtschuldner 37 v.H. und der Kläger allein weitere 63 v.H.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt aus eigenem Recht sowie aus abgetretenem Recht der [X.] die [X.]ckzahlung geleisteten [X.]; der [X.] Rechtsanwalt macht widerklagend restliche
Gebühren geltend. Der [X.] hatte den Kläger und die Drittwiderbeklagte (fortan auch: Eheleute
[X.]

) in einer Bausache vor dem [X.] vertreten. Er war seinerzeit Mitglied einer Sozietät. Nach Erlass des Berufungsurteils
am 3.
April 2007
wurde die Sozietät durch Gesellschafterbeschluss aufgelöst. Sie 1
-
3
-

befindet sich seither in Liquidation.
Der [X.] gründete unter der [X.] "E.

Rechtsanwälte"
eine eigene Kanzlei.

Auf das Rechtsmittel
der Eheleute [X.]

hob der [X.] mit Beschluss vom 10. Januar 2008 das klagabweisende Berufungsurteil auf und verwies die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurück.
Die Eheleute [X.]

beauftragten nunmehr die neu gegründete Kanzlei des [X.]n mit ihrer Vertretung im zweiten Berufungsverfahren. Der [X.] stellte ihnen dafür am

Rechnung wies eine Verfahrens-
und eine Termingebühr zuzüglich Nebenkos-ten und Umsatzsteuer aus. Die Eheleute sollten diesen Betrag in zehn Raten à

2009 kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den [X.]en. Mit Schreiben vom 3. Februar 2009,
dem eine Besprechung vom 5. Dezember 2008, ein Schreiben des [X.]n vom 15. Dezember 2008 und eine Schrei-ben der Eheleute vom 27. Januar 2009 vorangegangen waren,
kündigte der [X.] das Mandat. Er forderte die Eheleute [X.]

auf, restliche 31.528,29

zlich eine Mehrvertretungs-gebühr enthalten. Im Zeitpunkt der Kündigung war das zweite Berufungsverfah-ren noch nicht abgeschlossen. Die Eheleute mussten sich anderweitig vertreten lassen.

Der Kläger verlangt [X.]ckzahlung der gezahlten sieben Raten von [X.]. Der [X.] hat gegen beide Eheleute Widerklage auf Zahlung der restli-e-wiesen. Die Berufung der Eheleute ist erfolglos geblieben. Auf die Berufung des 2
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-

nebst Zinsen verurteilt. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision wollen die Eheleute die Abweisung der Widerklage erreichen. Der Kläger verfolgt
außer-dem den Anspruch auf [X.].

Entscheidungsgründe:

Die Revisionen
bleiben
ohne Erfolg.

[X.] Klage aus eigenem Recht des [X.]

1. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet gehalten, weil die Honorarzahlungen nicht ohne rechtlichen Grund geleistet worden seien. Zwar habe der beklagte Rechtsanwalt das Mandat durch Kündigung beendet, was in der Regel einen Vergütungsanspruch entfallen lasse. Die Kündigung
sei jedoch durch das vertragswidrige Verhalten der Eheleute verursacht worden. Diese hätten sich geweigert, die noch ausstehenden drei Raten der Rechnung vom 24. April 2008 zu begleichen. Die Rechnung sei nicht überhöht gewesen. Der [X.] habe eine weitere Verfahrensgebühr verlangen können. Eine
[X.] sei nicht in Betracht gekommen, weil die Eheleute im ersten Berufungs-verfahren nicht von der Kanzlei "E.

Rechtsanwälte", sondern von der Sozi-etät vertreten worden seien. Zudem hätten sich die Eheleute in einem Schieds-vergleich mit ihrem
Prozessfinanzierer zur [X.]ckforderung des Honorars ver-pflichtet. Sie hätten damit versucht, Konflikte mit dem Prozessfinanzierer zu Lasten des [X.]n zu lösen. Schließlich hätten die Eheleute in einem Schreiben der [X.] vom 27. Januar 2009 die Mandatsniederle-gung regelrecht herausgefordert.

4

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5
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2. Diese
Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

a) Grundlage des Begehrens des [X.] ist § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB. Der Kläger hat

[X.]n gezahlt. Die [X.] erfolgten jedoch nicht ohne rechtlichen Grund. Der [X.] hat das Mandatsverhältnis zwar gemäß § 627 Abs. 1 BGB gekündigt. Nach § 628 Abs.
1 Satz 1 BGB, der neben den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungs-gesetzes auf den Honoraranspruch des Rechtsanwalts anwendbar ist ([X.], Urteil vom 26. September 2013 -
IX ZR 51/13, [X.], 89 Rn. 9),
kann er jedoch einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. Diesen Anspruch hätte er gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2
Fall 1
BGB nur dann verloren, wenn er gekündigt hätte, ohne dass er durch ein vertrags-widriges Verhalten des anderen Teils dazu veranlasst worden ist, und wenn seine
bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den Kläger und die Dritt-widerbeklagte kein Interesse mehr gehabt hätten.
Die letztgenannte
Vorausset-zung war erfüllt, weil der Kläger und die
Drittwiderbeklagte einen anderen Rechtsanwalt beauftragen mussten, der sämtliche abgerechneten Gebühren nochmals verdient hat
(vgl. hierzu [X.],
Urteil vom 29. September 2011 -
IX [X.], [X.], 2110 Rn. 13). Der insoweit darlegungs-
und beweispflichtige Kläger (vgl. [X.], Urteil vom 17. Oktober 1996 -
IX ZR 37/96, NJW 1997, 188, 189; vom 12. Mai 2011 -
III ZR 107/10, [X.], 1524 Rn. 31; Beschluss vom 6.
Dezember 2012 -
IX ZR 6/11, [X.], Rn. 2) hat die Voraussetzungen des Aus-nahmetatbestandes des § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB jedoch nicht dargelegt und bewiesen.

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6
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b) Ein vertragswidriges, die Kündigung des Vertragspartners veranlas-sendes Verhalten
im Sinne des § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB setzt eine schuldhafte Verletzung einer Vertragspflicht voraus ([X.], Urteil vom 26. September 2013
-
IX ZR 51/13, [X.], 89 Rn. 10).
Objektiv vertragswidrig war es, den
in Rechnung gestellten Vorschuss (§ 9 [X.])
nicht vollständig zu entrichten
(vgl. [X.], Urteil vom 6. Dezember 2007 -
IX ZR 113/06, [X.], 229 Rn. 22; [X.],
[X.] 2012, 584; [X.]/[X.], 6. Aufl., § 628 Rn. 25). Gemäß § 9 [X.] ist der Rechtsanwalt berechtigt, Vorschüsse bis zur Höhe
der gesamten voraussichtlich entstehenden Vergütung zu fordern. Entge-gen der Ansicht des [X.] war die Rechnung vom 24. April 2008 nicht über-höht. Insbesondere hatte
der [X.] Anspruch auf eine
Verfahrensgebühr
für das zweite Berufungsverfahren. Eine
Anrechnung der Verfahrensgebühr aus dem ersten Berufungsverfahren fand
nicht statt.

aa) Gemäß § 21 [X.] ist das Verfahren nach einer Zurückverweisung an ein untergeordnetes Gericht -
hier: nach der Aufhebung des ersten [X.] im Vorprozess durch den [X.] und der Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts
-
ein neuer Rechts-zug. Alle Gebühren fallen also nochmals an
([X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., §
21 Rn.
21). Gemäß [X.].
3 Abs.
6 VVG [X.] ist in einem solchen Fall die vor dem Berufungsgericht bereits entstandene Verfahrensgebühr auf die Verfah-rensgebühr für das erneute Verfahren anzurechnen.

bb)
Voraussetzung einer Anrechnung nach [X.]. 3 Abs. 6 VV [X.] ist jedoch, dass der Rechtsanwalt bereits im ersten Berufungsverfahren tätig ge-wesen ist und die erste Verfahrensgebühr verdient hat. Für die vergleichbare Anrechnungsvorschrift gemäß [X.]. 3 Abs. 4 VV [X.], welche die [X.] der Verfahrensgebühr
aus dem selbständigen Beweisverfahren
auf die 8
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7
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Verfahrensgebühr des Hauptsacheverfahrens
betrifft, hat der [X.] bereits entschieden, dass eine
Anrechnung nur dann erfolgen kann, wenn der Rechtsanwalt zum Zeitpunkt des Entstehens der Verfahrensgebühr schon einen Anspruch auf eine Geschäftsgebühr aus seinem vorprozessualen [X.] erlangt hatte. Eine Anrechnung scheidet daher aus, wenn die erstge-nannte Verfahrensgebühr von einem anderen Rechtsanwalt verdient worden war
([X.], Beschluss vom 10. Dezember 2009 -
VII ZB 41/09,
MDR 2010, 293, 294;
vom 27. August 2014 -
VII ZB 8/14, NJW 2014, 3518 Rn. 19). Für die [X.], die vor und nach der Zurückverweisung an ein im Rechtszug nachgeordnetes Gericht entstehen, kann nichts anderes gelten. Die [X.] nach [X.]. 3 Abs. 6
VV [X.] setzt voraus, dass kein [X.] stattgefunden hat.
Entsprechend hat der Senat bereits zur Vorgängervorschrift
§
15 Abs. 1
BRAGO entschieden ([X.], Urteil vom 29. September 2011
-
IX [X.], [X.], 2110 Rn. 20).

cc) Ein [X.] hat dann stattgefunden, wenn ein neuer Bera-tungsvertrag mit einem Anwalt geschlossen worden ist, der nicht identisch ist mit demjenigen Anwalt, welcher das erste Berufungsverfahren geführt hat. Auf die jeweils handelnde Person kommt es nicht an. Sinn der Anrechnungsvor-schriften ist es allerdings, die Honorierung annähernd gleicher Tätigkeiten zu verhindern und der Erleichterung einer Einarbeitung oder Vorbereitung des [X.] wegen bereits vorhandener Kenntnisse und dem damit verbundenen ge-ringerem Aufwand Rechnung zu tragen (vgl. OLG München NJW 2009, 1220). Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit wird entscheidend davon beeinflusst, ob der Rechtsanwalt durch eine frühere Tätigkeit bereits mit der Angelegenheit befasst war
oder nicht
(BT-Drucks. 15/1971, [X.] zu [X.]. 3 Abs. 4 VV [X.]). Dies spricht dafür, auf die jeweils handelnde Person abzustellen.

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8
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Eine Anrechnung setzt jedoch
jedenfalls
voraus, dass die Gebühr, [X.] angerechnet werden soll, von dem nunmehr mit der Sache befassten Rechtsanwalt verdient worden ist. Anspruch auf die jeweilige Gebühr hat (nur) die
Vertragspartei, nicht eine von dieser verschiedene Einzelperson, die als de-ren Erfüllungsgehilfe tätig wird. Nur auf die jeweilige Vertragspartei kann es [X.] ankommen. Für diese Lösung spricht zudem der Gedanke der Rechtssi-cherheit. Innerhalb einer Sozietät oder einer [X.] mit angestellten [X.] oder freien Mitarbeitern kann es immer wieder aus ganz unterschiedli-chen Gründen zu einem Wechsel des Sachbearbeiters oder zu Vertretungsfäl-len
kommen. Es handelt sich hierbei um interne Vorgänge, auf die der Mandant
-
anders als auf den Abschluss eines [X.]
-
kaum oder keinen Ein-fluss hat und deren Notwendigkeit er nicht beurteilen kann. Auch ein [X.] Verhalten der auf Seiten des Rechtsanwalts handelnden Personen
könnte kaum ausgeschlossen werden. Der Abschluss eines neuen [X.] mit einem anderen Vertragspartner ist dagegen ohne Wissen und Wollen der [X.] nicht möglich. Diese wäre überdies grundsätzlich darauf
hinzuwei-sen, dass der Wechsel des Vertragspartners eine ansonsten nicht erforderliche Verdoppelung der Verfahrensgebühr nach sich zieht.

dd) [X.] des nach der Zurückverweisung geschlossenen [X.] ist der [X.] persönlich, der
jetzt in einer [X.]
mit angestell-ten Anwälten
tätig ist.
Mit der Sozietät, die Vertragspartei des für das erste Be-rufungsverfahren maßgeblichen [X.] war, ist er nicht identisch. Entgegen der Ansicht des [X.] schließt ein sozietätsangehöriger Anwalt [X.] nicht in eigenem Namen und zugleich im Namen aller Sozien (so noch [X.], Urteil vom 6. Juli 1971 -
VI [X.], [X.]Z 56, 355, 359). Seit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der [X.] ([X.], Urteil vom 29. Januar 2001 -
II ZR 331/00, [X.]Z 146, 341 ff) kann der 12
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Anwaltsvertrag auch unmittelbar zwischen der Sozietät und dem Mandanten geschlossen werden ([X.], Urteil vom 10. Mai 2012 -
IX ZR 125/10, [X.]Z 193, 193 Rn. 14 ff). So lag der Fall hier. Der Kläger selbst hat einen Vertragsschluss mit der aus den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten K.

P.

, Dr. H.

P.

, Dr. J.

P.

, dem [X.]n Dr.

E.

, Dr. [X.]

P.

,
Dr.

W.

und Dr.

R.

bestehenden "Kanzlei P.

", einer
[X.], vorgetragen.
Entsprechend weist der vom Berufungsgericht in Bezug genommene Tatbestand des landgerichtlichen Ur-teils die ehemalige "Rechtsanwaltskanzlei P.

"
als Beauftragte aus.

Der
[X.]
war
auch nicht Rechtsnachfolger der nach Erlass des [X.] Berufungsurteils aufgelösten Sozietät. Der [X.] persönlich hat
damit
im ersten Berufungsverfahren keine Verfahrensgebühr verdient. Eine nicht ver-diente
Gebühr kann nicht auf die im zweiten Berufungsverfahren erneut ange-fallene Gebühr angerechnet werden.

ee) Der Kläger beanstandet, dass der [X.] ihn bei Abschluss des [X.] für das zweite Berufungsverfahren nicht auf die zweite [X.] hingewiesen habe. Der unterbliebene Hinweis kann sich jedoch nicht nachteilig auf die Vermögenslage des [X.] ausgewirkt haben, nach-dem die Sozietät aufgelöst worden war und es keinen Rechtsnachfolger gab, welcher die Vertretung der Eheleute im zweiten Berufungsverfahren
kosten-günstiger
hätte übernehmen können. Entgegen der Ansicht der Revision [X.] kein Mandatsverhältnis zur [X.] mehr, das noch hätte abgewickelt werden müssen. Die Sozietät war ausweislich des vorgelegten [X.] nur mit der Vertretung im Berufungsverfahren 18
U 31/01 vor dem [X.] beauftragt worden. Das Mandat war mit dem Berufungsurteil und der Erfüllung der sich hieran anschließenden Hinweis-
und Beratungspflichten be-14
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10
-

endet. Hätten die Eheleute statt des [X.]n einen anderen Rechtsanwalt beauftragt, hätten sie ebenfalls eine weitere Verfahrensgebühr entrichten müs-sen.

c) Der Kläger verweist darauf, dass die Frage der Anrechnung der [X.] in einem Fall wie dem vorliegenden streitig und höchstrichterlich noch nicht geklärt war.
Ein u[X.]erschuldeter Rechtsirrtum kann den Vorwurf der schuldhaften Vertragspflichtverletzung ausschließen.
Das Berufungsgericht hat das vertragswidrige Verhalten der Eheleute jedoch nicht allein in der Weigerung gesehen, die noch ausstehenden Raten
zu zahlen, sondern
vor allem und maßgebend
in dem Schreiben der [X.]n vom 27. Januar 2009 und den in diesem enthaltenen, auf eine Niederlegung des Mandates durch den [X.]n abzielenden Formulierungen.

aa) Die
Würdigung
des Schreibens vom
27. Januar 2009
kann vom [X.] nur daraufhin überprüft werden, ob sie vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt. Das ist nicht der Fall. Die Einwände der Revision sind unbegründet. Die Eheleute ha-ben in dem genannten Schreiben eine Vereinbarung des Inhalts behauptet, die ausstehenden Raten würden bis zu einer Erstattung durch den [X.] nicht eingefordert. Die Revision rügt fehlende Feststellungen zur [X.] dieser vom [X.]n schon vorab bestrittenen Be-hauptung, weist aber keinen übergangenen Beweisantritt des insoweit darle-gungs-
und beweispflichtigen [X.] nach. Aus dem vom [X.]n -
nicht vom Kläger
-
in Abschrift vorgelegten Schreiben vom 15. Dezember 2008 ergibt sich gerade, dass der [X.] auf der Zahlung der letzten drei Raten bestand und ausdrücklich darum bat, sein Mandat von den Auseinandersetzungen mit dem Prozessfinanzierer getrennt zu halten.
16
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11
-

bb) Das Berufungsgericht hat auch nicht verkannt, dass die Frage der Anrechnung der Verfahrensgebühr offen war, dass sie vertretbar auch anders hätte beantwortet werden können
und dass die Eheleute sich den [X.] zu eigen gemacht hatten.
Die Eheleute
hatten sich aber
-
worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat
-
in einem Schiedsvergleich mit dem Prozessfinanzierer vom 19. November 2008 diesem gegenüber verpflichtet, eine etwa entstandene weitere Verfahrensgebühr selbst zu tragen.
Die Auseinandersetzung mit dem [X.]n betraf damit ihr eigenes Geld, nicht dasjenige des Prozessfinanzierers und auch nicht etwaige vertragli-che Obliegenheiten der Eheleute gegenüber dem Prozessfinanzierer. Gegen-über dem [X.]n haben die Eheleute zudem nicht etwa Zahlungen unter Vorbehalt geleistet. Sie haben
die ausstehenden Zahlungen
auch
nicht von einer gerichtlichen Klärung der Streitfrage abhängig gemacht
und für den Fall, dass die Entscheidung gegen sie ergehen würde, eine vollständige Zahlung der Rechnung in Aussicht gestellt.
Vielmehr
haben
sie dem [X.]n für den Fall, dass eine Einigung nicht zustande kommen werde, die Niederlegung des [X.] nahegelegt. Die Würdigung des Berufungsgerichts, dass der [X.] nach alledem die angestrebte Einigung nur im
Sinne eines Verzichts auf sein restliches Honorar verstehen konnte, liegt angesichts aller Umstände nahe und ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht der Revision war der [X.] dann auch nicht gehalten, vor einer Kündigung des Mandates noch den Ausgang des für den 3.
Februar 2009 verabredeten [X.] abzuwarten, nachdem die Eheleute ihren Standpunkt derart festgelegt hatten.

18
-
12
-

I[X.] Klage aus abgetretenem Recht der [X.]

1. Das Berufungsgericht hat die
Klage aus abgetretenem Recht der [X.] abgewiesen, weil der Kläger weder die Abtretung bewiesen noch ein Recht zur Prozessführung schlüssig dargelegt habe. Der [X.] ha-be die Abtretung bereits in der ersten Instanz bestritten. Im Termin zur mündli-chen Verhandlung habe der Kläger lediglich ein Abbild der Urkunde auf einem Laptop vorweisen können, was kein zugelassenes Beweismittel sei. Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Urkunde sei als neues An-griffsmittel gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ausgeschlossen. Die ebenfalls erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung aufgestellte Behauptung, der Kläger sei
Prozessstandschafter der [X.], stehe im Widerspruch zur behaupteten Abtretung. Der Kläger sei schließlich auch nicht gemäß § 428 BGB zur Geltendmachung der gesamten Klageforderung berechtigt.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hätte die nach Schluss der mündlichen Verhandlung ein-gereichte Urkunde nicht nach § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zurückweisen dürfen.

a) Der Kläger hatte in erster Instanz
die Abtretung der (vermeintlichen)
Forderung der [X.] an sich behauptet, Beweis durch Anträge auf [X.]vernehmung der [X.] und des
[X.] angetreten sowie die Vorlage einer schriftlichen Bestätigung über die mündliche Abtretung der Forderung angeboten.
Das [X.], nach dessen Lösung es auf die Abtre-tung nicht ankam, hatte die angebotenen Beweise nicht erhoben. In seiner Be-rufungsbegründung
hat der Kläger auf seinen gesamten erstinstanzlichen Vor-trag Bezug genommen. Die Abtretung ist sodann erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht zur Sprache gekommen.

19
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13
-

b) Der bereits in erster Instanz angebotene [X.] stellt kein neues Angriffs-
oder Verteidigungsmittel im Sinne von § 531 Abs. 1 ZPO dar. "Neu"
sind solche Angriffs-
oder Verteidigungsmittel, die erstmals in der [X.] vorgebracht werden.
Selbst wenn es sich bei dem Angebot, eine Urkunde über die erfolgte Abtretung vorzulegen, um ein neues Angriffs-
oder Verteidigungsmittel gehandelt hätte, wäre die Zurückweisung zudem nicht ge-rechtfertigt gewesen. Die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO waren zwar nicht erfüllt. Die Urkunde ist nicht infolge eines Verfahrensfehlers des erstinstanzlichen Gerichts nicht vorgelegt worden. Jedoch lagen die Vor-aussetzungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO vor. Nach der Lösung des [X.]s kam es auf die Wirksamkeit der Abtretung nicht an.

c) [X.] eine [X.] nach einem nicht ordnungsgemäßen, weil gegen Art. 103 Abs. 1 GG
verstoßenden
Verfahren des Gerichts einen
nicht nachge-lassenen Schriftsatz
ein, ist das Gericht gehalten, diesen Schriftsatz zur Kennt-nis zu nehmen und dann, wenn er erhebliches Vorbringen enthält, die mündli-che Verhandlung wieder zu eröffnen ([X.], Beschluss vom 4.
Juli 2013 -
V
ZR 151/12, NJW-RR 2014, 177 Rn. 8 mwN). Das gilt unabhängig davon, ob die benachteiligte [X.] einen Schriftsatznachlass gemäß § 139 Abs. 5 ZPO [X.] hat oder nicht ([X.], Beschluss vom 4. Juli 2013, aaO Rn. 13).

3. Das Urteil stellt sich jedoch
aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der [X.] stand aus den
unter [X.] genannten
Gründen kein Anspruch auf [X.]ckzahlung der auf den Honoraranspruch des [X.]n geleis-teten Raten zu.

22
23
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-

II[X.] Widerklage

Das Berufungsgericht hat dem [X.]n die ausstehenden Raten sowie die erstmals mit der Schlussrechnung vom
29. Januar
2009 abgerechnete Gesonderte Einwände erheben der Kläger und die [X.] insoweit nicht mehr.

Kayser
Vill
[X.]

Pape
Schoppmeyer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.02.2014 -
2-17 O 34/12 -

[X.] am Main, Entscheidung vom 03.03.2015 -
11 [X.] -

25

Meta

IX ZR 57/15

21.07.2016

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.07.2016, Az. IX ZR 57/15 (REWIS RS 2016, 7750)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 7750

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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