Bundesfinanzhof, Beschluss vom 04.11.2010, Az. VII B 60/10

7. Senat | REWIS RS 2010, 1675

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Gegenstand

Tarifierung von TFT-Farbmonitoren als solche "von der hauptsächlich in einem automatischen Datenverarbeitungssystem verwendeten Art" - Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des FG-Urteils revisionsrechtlich unbeachtlich


Leitsatz

1. NV: Die Feststellung, ob ein Monitor von der hauptsächlich in einem automatischen Datenverarbeitungssystem verwendeten Art ist, hängt von einer Einzelfallbewertung der verschiedenen Funktionen und Merkmale ab, die nach den Anmerkungen und Erläuterungen zu den Pos. 8471 und 8528 KN maßgeblich sind, wobei eine nicht der automatischen Datenverarbeitung dienende Funktion nicht von vornherein dazu führen darf, dass ein Gerät nicht als Teil eines automatischen Datenverarbeitungssystems angesehen wird .

2. NV: Welche der nach den ErlHS bei der Tarifierung der Monitore zu beurteilenden Kriterien im Einzelnen vorliegen (wie z.B. die Anschlussmöglichkeit zur Wiedergabe von Fernsehsignalen, das Vorhandensein von Audioschaltkreisen und bestimmter Übertragungsfrequenz-Standards, das Bildformat, die Auflösung und die Bildschirmgröße) obliegt der rechtlichen Beurteilung des FG. Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des finanzgerichtlichen Urteils einschließlich der Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls sind revisionsrechtlich aber grundsätzlich unbeachtlich. Denn die Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) meldete zwischen Januar 2007 und September 2008 aus [X.] eingeführte [X.] mit Flüssigkristallanzeigen (LCD) unter der [X.]. 8528 51 00 (Zollsatz: frei) der Kombinierten Nomenklatur ([X.]) zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an.

2

Auf eine Zollanmeldung vom 12. September 2008 hin untersuchte die [X.] Prüfungs- und Lehranstalt X die Monitore und kam in einem Gutachten vom 1. Dezember 2008 zu dem Ergebnis, dass die Waren in die [X.]. 8528 59 90 [X.] (Zollsatz: 14 %) einzureihen seien. Deshalb erhob der Beklagte und Beschwerdeführer (das Hauptzollamt --[X.]--) mit zwei Bescheiden vom 12. Dezember 2008 den Zoll nach.

3

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin gegen die Nacherhebung Klage. Weil die Mehrzahl der angemeldeten Monitore doch in die [X.]. 8528 51 00 [X.] einzureihen seien, erließ das [X.] in der Folge insoweit den Zoll; die Hauptsache wurde insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.

4

Bei den streitig gebliebenen Farbmonitoren handelt es sich um Flachbildschirme, die eine Bildschirmdiagonale von 21, 24, 26 oder 27 Zoll sowie ein [X.] von 16:10 aufweisen. Sie haben eine Auflösung von 1 920 x 1 200 bzw. 1 680 x 1 050 Pixel. Sie verfügen teilweise über eine PiP-Funktion (Bild in Bild-Darstellung) sowie über Audioanschlüsse und eingebaute Lautsprecher. Die Monitore sind mit [X.]möglichkeiten ausgestattet, die es gestatten, sowohl von einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine als auch von anderen Geräten, wie z.B. einem [X.], stammende Bilder wiederzugeben. Über einen [X.] zur Wiedergabe von Fernsehsignalen verfügen sie nicht. Einige Modelle sind in der Lage, über analoge Videoschnittstellen unter bestimmten Übertragungsfrequenzstandards zu arbeiten. Sämtliche noch in Rede stehenden Monitore haben geringe elektromagnetische Feldemissionen, verstellbare Drehgelenke und spiegelungsfreie Oberflächen, die eine flimmerfreie Darstellung ermöglichen.

5

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage statt und hob die [X.] auf. Die fraglichen Monitore seien zwar nicht von der ausschließlich, aber von der hauptsächlich in einem automatischen Datenverarbeitungssystem verwendeten Art im Sinne der [X.]. 8528 51 [X.]. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) vom 19. Februar 2009 [X.]/07 --Kamino-- (Slg. 2009, [X.], Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2009, 217) hielt es das [X.] für unschädlich, dass die Monitore sowohl von einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine als auch von anderen Geräten, wie z.B. einem [X.], stammende Bilder wiedergeben könnten. Auch die Art und die Anzahl der Anschlüsse seien nicht allein ausschlaggebend. Für die Entscheidung, ob Monitore hauptsächlich in einem automatischen Datenverarbeitungssystem verwendet würden, seien weitere technische Merkmale zu berücksichtigen. Im Einzelnen überprüfte das [X.] die Monitore anhand der vom [X.] gewürdigten und in den Erläuterungen zum Harmonisierten System ([X.]) zu [X.]. 8528 aufgeführten Merkmale. Insbesondere stünden danach die Audioanschlüsse und eingebauten Lautsprecher der Einreihung in die [X.]. 8528 51 00 [X.] nicht entgegen.

6

Mit der Beschwerde will das [X.] die Zulassung der Revision erreichen, da die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des [X.] erfordere und die Rechtssache darüber hinaus grundsätzliche Bedeutung habe. Zu klären sei die Rechtsfrage, welche Kriterien für die Einreihung von Monitoren relevant seien. Insbesondere sei das Vorhandensein eines Audioschaltkreises ein entscheidendes Kriterium, wie die [X.] im Rahmen der 17. Sitzung des [X.] vom 30. September bis 2. Oktober 2009 bestätigt habe. Klärungsbedarf bestehe deshalb, weil der [X.] sich zwar mit der Einreihung von Monitoren als Einheiten von der hauptsächlich in automatischen Datenverarbeitungssystemen verwendeten Art auseinandergesetzt, aber keine verbindlichen Aussagen über die Einreihungsrelevanz der hier in Rede stehenden Einreihungskriterien getroffen habe und weil aufgrund der Ausführungen der [X.] im Rahmen der 17. Sitzung des [X.] davon auszugehen sei, dass die Anwendung dieser Kriterien zu einer unterschiedlichen Einreihungspraxis innerhalb der [X.] führe.

7

Das [X.] habe entgegen der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden [X.] zu [X.]. 8528 (A) nicht sämtliche, sondern nur einzelne der dort aufgeführten Merkmale gewürdigt, während es die übrigen als nicht tarifierungserheblich bezeichnet habe. Bei gehöriger Prüfung (insbesondere der [X.]möglichkeit zur Wiedergabe von Fernsehsignalen, des Vorhandenseins von [X.] und bestimmter Übertragungsfrequenz-Standards, des Bildformats, der Auflösung und der Bildschirmgröße) sei aber gerade nicht festzustellen, dass es sich bei den Monitoren um solche handele, die hauptsächlich in automatischen Datenverarbeitungssystemen verwendet werden, sondern lediglich, dass die Monitore mehrere Funktionen erfüllen können. Das [X.] habe versäumt, zur Frage der [X.] bei mehreren Funktionsmöglichkeiten Stellung zu nehmen.

8

Die Klägerin ist der Beschwerde entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

9

II. [X.] ist unbegründet. Die aufgeworfenen Fragen sind weder von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) noch bedarf es insoweit der Rechtsfortbildung.

1. Geht es --wie im [X.] allein darum, ob die Zollverwaltung die betreffende Ware zutreffend in den [X.] eingereiht hat, beschränkt sich also die Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O zukommen soll, auf die Frage der zutreffenden Tarifierung, so kommt, wie der beschließende Senat in seinem Beschluss vom 11. Februar 2002 [X.]/01 ([X.], 242, [X.] 2002, 229) ausgeführt hat, der Klärungsbedürftigkeit der [X.] und ihrer Klärungsfähigkeit entscheidende Bedeutung zu.

2. Das [X.] will mit der Zulassung der Revision erreichen, dass der Senat die Einreihungsrelevanz der hier in Rede stehenden Einreihungskriterien --insbesondere die [X.]möglichkeit zur Wiedergabe von Fernsehsignalen, das Vorhandensein von [X.] und bestimmter Übertragungsfrequenz-Standards, das Bildformat, die Auflösung und die [X.] rechtsverbindlich und allgemein klärt, um zu vermeiden, dass die Anwendung dieser Kriterien zu einer unterschiedlichen Einreihungspraxis innerhalb der [X.] führt.

Insoweit besteht kein Klärungsbedarf, weil durch die Entscheidung des [X.] in [X.]. 2009, [X.], [X.] 2009, 217 sowie durch das Senatsurteil vom 23. September 2009 [X.]/07 ([X.], 570, [X.] 2010, 51) klargestellt ist, dass Monitore, die sowohl Signale von einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine als auch von anderen Quellen darstellen können, Einheiten von der "hauptsächlich" in automatischen Datenverarbeitungssystemen verwendeten Art im Sinne der [X.]. 8528 51 [X.] ([X.]. 8471 60 90 [X.] in der vom [X.] anzuwendenden Fassung) sein können. Eine dem widersprechende Auslegung der [X.] zu [X.]. 8528 (damals zu 8471 [X.]) dahin, dass sie eine Einreihung aller solcher Monitore in die [X.]. 8471 60 90 [X.] ausschließt, müsse [X.] der [X.]-- zum Anwendungsausschluss dieser [X.] führen, weil diese Auslegung eine Einschränkung der Tragweite der Anmerkung 5 C (damals 5 B Buchst. a) zu [X.]. 84 [X.] bewirke. [X.] führt der [X.] dazu aus, dass die Anzahl und die Art der [X.]möglichkeiten, mit denen solche Monitore ausgestattet sind, nicht die allein ausschlaggebenden Kriterien für die Tarifierung sein können; bei dieser Tarifierung seien sowohl der Grad der Fähigkeit der Monitore, mehrere Funktionen auszuführen, als auch das von ihnen in Ausführung dieser Funktionen erreichte Leistungsniveau auch im Vergleich zu anderen Kriterien und unter Berücksichtigung ihrer objektiven Merkmale und Eigenschaften zu prüfen, wobei die [X.] zu [X.]. 8471 (im vorliegenden Streitzeitraum [X.] zu [X.]. 8528 (A), heranzuziehen seien.

Verallgemeinert und zusammengefasst heißt das: Die Feststellung, ob ein Monitor von der hauptsächlich in einem automatischen Datenverarbeitungssystem verwendeten Art ist, hängt von einer Einzelfallbewertung der verschiedenen Funktionen und Merkmale ab, die nach den genannten Anmerkungen und Erläuterungen zu den [X.]. 8471 und 8528 [X.] maßgeblich sind, wobei eine nicht der automatischen Datenverarbeitung dienende Funktion nicht von vornherein dazu führen darf, dass ein Gerät nicht als Teil eines automatischen Datenverarbeitungssystems angesehen wird.

Auch die [X.] geht ausweislich des vom [X.] vorgelegten [X.] davon aus, dass sich die Tarifierung eines auch in der Datenverarbeitung einsetzbaren Monitors nicht zwingend durch Abarbeitung einer den [X.] zu entnehmenden "[X.]" ergibt. Vielmehr sei eine umfassende Einzelfallbeurteilung der Ware "case by case" notwendig, wobei das Vorhandensein eines Audioschaltkreises nur eines unter mehreren Parametern darstelle, die jeder für sich genommen die Datenverarbeitungsfunktion weder bestimme noch ausschließe.

Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, welche grundsätzlichen Erwägungen der Senat zu dieser weitgehend auf den Einzelfall gerichteten Betrachtung hinzufügen könnte. Nach alledem ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht zu bejahen und es ist auch kein Rechtsfortbildungsbedarf ersichtlich.

3. Mit dem Vorbringen, das [X.] habe einzelne Kriterien, die nach den [X.] bei der Tarifierung der Monitore zu beurteilen gewesen seien, außer [X.] gelassen (die [X.]möglichkeit zur Wiedergabe von Fernsehsignalen, das Vorhandensein von [X.] und bestimmter Übertragungsfrequenz-Standards, das Bildformat, die Auflösung und die Bildschirmgröße) legt das [X.] keinen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 [X.]O dar, sondern rügt in der Art einer Revisionsbegründung fehlerhafte Rechtsanwendung des [X.]. Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des finanzgerichtlichen Urteils einschließlich der Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls sind revisionsrechtlich aber grundsätzlich unbeachtlich. Denn die Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten.

Im Übrigen ist der Vorhalt nicht gerechtfertigt. Das [X.] hat ausdrücklich festgestellt, dass die Monitore nicht über einen [X.] zur Wiedergabe von Fernsehsignalen verfügen. Mit den übrigen genannten Kriterien hat es sich mit der Feststellung befasst, dass sämtliche Merkmale auch bei den vom [X.] beurteilten Monitoren vorgelegen und dort nicht zur Ausweisung aus der [X.]. 8471 60 90 [X.] --im Streitzeitraum [X.]. 8528 51 00 [X.]-- geführt hätten ([X.]-Urteil S. 7, 8).

Meta

VII B 60/10

04.11.2010

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend FG Düsseldorf, 24. Februar 2010, Az: 4 K 1595/09 Z, Urteil

Art 20 ZK, Art 20 EWGV 2913/92, Pos 8471 KN, Pos 8528 UPos 5100 KN, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 04.11.2010, Az. VII B 60/10 (REWIS RS 2010, 1675)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1675

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