Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.06.2012, Az. 4 AZR 464/10

4. Senat | REWIS RS 2012, 5409

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Eingruppierung als Oberarzt nach TV-Ärzte - Übertragung medizinischer Verantwortung für einen Teilbereich einer Klinik - Übertragung einer Spezialaufgabe


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 13. April 2010 - 6 [X.] - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Eingruppierung des [X.] in der [X.] Ä 3 (Oberärztin/Oberarzt) des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken vom 30. Oktober 2006 ([X.]/[X.]).

2

Der Kläger ist Facharzt für Chirurgie und für Herzchirurgie. Er ist seit dem 1. Januar 1992 im [X.] in [X.] ([X.]) als Arzt beschäftigt. Nach § 3 seines schriftlichen Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag ([X.]) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Im Januar 1996 wurde dem Kläger die „Leitung des Bereichs Transplantationseinheit“ mit dem Hinweis übertragen, nach „allgemeinen Sprachgebrauch (sei eine) Anrede mit Oberarzt statthaft“. Mit Schreiben vom 17. Februar 1998 wurde er zum Oberarzt bestellt. Im Juli 1999 stellte ihm die [X.] eine Urkunde über das Recht aus, die Facharztbezeichnung Herzchirurg zu führen.

3

Das [X.] des [X.] ernannte ihn mit Beschluss vom 19. April 2000 zum Transplantationsbeauftragten. Von dieser Funktion wurde er mit Wirkung ab 1. Juni 2005 wieder entbunden. Im Oktober 2004 hatte der Kläger seine letzte verantwortliche Herztransplantation (Implantation) durchgeführt.

4

Nach dem Inkrafttreten des [X.]/[X.] vereinbarten der beklagte [X.] und der [X.] am 13. April 2007 einen „Tarifvertrag über die Einbeziehung der Ärztinnen und Ärzte am [X.] [X.] in den Geltungsbereich“ des [X.]/[X.] „und über die Ausdehnung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit bei Bereitschaftsdienst“ (TV [X.]), der am 1. Mai 2007 in [X.] trat.

5

Mit Schreiben vom 9. Oktober 2006 begehrte der Kläger erfolglos seine rückwirkende Eingruppierung ab 1. Juli 2006 als Oberarzt in der [X.] Ä 3 [X.]/[X.]. Mit seiner Klage hat er geltend gemacht, er sei Oberarzt im Sinne des [X.]/[X.]. Als Leiter der Transplantationseinheit im [X.] übe er die Aufsicht über das ärztliche und nichtärztliche Personal in diesem Teilbereich aus und sei für die Behandlung der Patienten verantwortlich. Mit den von ihm wahrgenommenen mindestens sechs bis acht monatlichen Hintergrunddiensten in der Fachabteilung für Herz- und Gefäßchirurgie sei ihm auch die medizinische Verantwortung für diesen Teilbereich der Klinik übertragen worden. Hiermit würden nur erfahrene Oberärzte betraut, die dem gesamten ärztlichen und nichtärztlichen Personal gegenüber weisungsbefugt seien. Sämtliche Oberärzte, die diesen Hintergrunddienst leisteten, seien in der [X.] Ä 3 [X.]/[X.] eingruppiert. Er habe zumindest einen Anspruch auf Gleichbehandlung. Schließlich sei ihm auch die Spezialfunktion „Facharzt für Herzchirurgie“ übertragen worden. Er, der seit 1995 mit Abstand die meisten Herztransplantationen im [X.] vorgenommen habe, habe diese Zusatzbezeichnung auf Anforderung des [X.] erwerben müssen, um weiter selbständig in der Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie operieren zu können. Bei zutreffender Eingruppierung stehe ihm für die [X.] bis zum 30. September 2009 eine monatliche Vergütungsdifferenz von 1.300,00 Euro zu.

6

Der Kläger hat zuletzt beantragt:

        

1.    

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihn seit dem 1. Oktober 2009 als Oberarzt nach § 12 [X.] Ä 3 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken vom 30. Oktober 2006 (TV-Ärzte/[X.]) zu vergüten.

        

2.    

den Beklagten zu verurteilen, an ihn für die [X.] vom 1. Juli 2006 bis zum 30. September 2009 50.700,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

7

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, dass der Kläger zutreffend in der [X.] Ä 2 [X.]/[X.] eingruppiert sei. Über dessen Tätigkeit als Facharzt hinaus sei ihm kein funktionell abgegrenzter Verantwortungsbereich zugewiesen worden. Seit der Neuorganisation des [X.] im Jahre 1999 existiere eine Transplantationseinheit als eigenständiger Bereich mit eigenem Personal und abgetrennten Räumlichkeiten nicht mehr. Der Hintergrunddienst sei kein Teilbereich im tariflichen Sinne. Dem Kläger sei auch keine Spezialfunktion übertragen worden.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des [X.] ist unbegründet.

Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht den geltend gemachten Anspruch verneint. Es kann dahingestellt bleiben, ob, auf welcher Grundlage und ggf. in welchem Zeitraum der [X.]/[X.] auf das Arbeitsverhältnis der [X.]en anzuwenden ist, was das [X.] im Einzelnen nicht überprüft hat. Selbst wenn zugunsten des [X.] unterstellt wird, dass das Arbeitsverhältnis im gesamten Streitzeitraum, dh. seit dem 1. Juli 2006, dem [X.]/[X.] unterlegen hat, ist die Klage unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Vergütung nach der [X.] Ä 3 gemäß §§ 12, 16 Abs. 2 [X.]/[X.], da ihm vom Beklagten weder die medizinische Verantwortung für einen selbständigen Teil- oder Funktionsbereich einer Klinik oder Abteilung noch eine Spezialfunktion, für die er eine von dem Beklagten geforderte erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzausbildung nach der Weiterbildungsordnung absolviert hat, ausdrücklich übertragen worden ist.

I. Die zugunsten des [X.] als anzuwenden unterstellte, für die Eingruppierung maßgebende Tarifnorm des [X.]/[X.] lautet auszugsweise wie folgt:

        

„§ 12 

        

Eingruppierung

        

Ärzte sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit wie folgt eingruppiert:

        

[X.]

Bezeichnung

        

Ä 3     

Oberärztin/Oberarzt

                 

Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist.

                 

Oberarzt ist ferner der Facharzt in einer durch den Arbeitgeber übertragenen Spezialfunktion, für die dieser eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert.“

II. Die Tätigkeit des [X.] erfüllt die tariflichen Anforderungen an einen Oberarzt der [X.] Ä 3 [X.]/[X.] nicht.

1. Dem Kläger ist keine Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich einer Klinik oder einer Abteilung übertragen worden. Die „Leitung der Transplantationseinheit“ bezieht sich nicht auf einen Teil- oder Funktionsbereich im tariflichen Sinne.

a) Unter dem Begriff des Teilbereichs einer Klinik oder einer Abteilung iSv. § 12 [X.]/[X.] wird nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine organisatorisch abgrenzbare Einheit innerhalb der übergeordneten Einrichtung einer Klinik oder einer Abteilung verstanden, der eine bestimmte Aufgabe mit eigener Zielsetzung sowie eigener medizinischer Verantwortungsstruktur zugewiesen ist und die über eine eigene räumliche, personelle und sachlich-technische Ausstattung verfügt. Erforderlich ist eine tatsächliche organisatorische Verselbständigung dieser Einheit; es genügt nicht, dass aufgrund der Aufgabenstellung hierzu die Möglichkeit bestünde. Eine ausreichende organisatorische Verselbständigung wird regelmäßig anzuerkennen sein, wenn die Einheit auf unbestimmte Dauer angelegt und zum einen mit eigenem nichtärztlichem und ärztlichem Personal ausgestattet ist sowie zum anderen eigene Räume und sonstige Sachmittel zugewiesen worden sind. Eine bloße Aufgabenerfüllung mit wechselndem Personal genügt nicht. Der Teilbereich muss eine eigenständige Verantwortungsstruktur aufweisen. Nicht zwingend ist dagegen, dass es sich um [X.] unmittelbar unterhalb derjenigen der Klinik oder Abteilung handeln muss. Es ist aber regelmäßig davon auszugehen, dass ein Teilbereich im tariflichen Sinne über eine bestimmte Mindestgröße verfügen muss und nicht auf der untersten organisatorischen Hierarchieebene angesiedelt sein kann (vgl. ausführlich [X.] 9. Dezember 2009 - 4 [X.] - Rn. 29 ff., [X.] § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 9).

b) Der tarifliche Begriff des [X.] entspricht demjenigen, der schon früher von den Tarifvertragsparteien in der Vergütungsordnung zum [X.] (VergGr. [X.]. 10 iVm. Protokollnotiz Nr. 5) verwandt wurde (vgl. ua. [X.] 9. Dezember 2009 - 4 [X.] - Rn. 27 mwN, [X.] § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 9). Funktionsbereiche sind medizinisch definiert, dh. sie sind Untergliederungen eines Fachgebietes der Medizin, die wissenschaftlich anerkannte Spezialgebiete erfassen. Auch sie müssen organisatorisch abgegrenzt sein.

c) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe lässt sich die vom Kläger behauptete „Transplantationseinheit“ weder als ein Teil- noch als ein Funktionsbereich im tariflichen Sinne qualifizieren. Hierzu hat der darlegungs- und beweisbelastete Kläger keinen hinreichenden Vortrag geleistet.

aa) Der beklagte [X.] hat die Existenz einer sog. Transplantationseinheit im organisatorischen Sinne bestritten. Die Vorinstanzen haben zu Recht darauf verwiesen, der Kläger habe zwar eine sachliche, räumliche und personelle Ausstattung behauptet, diese jedoch nicht konkretisiert. Er hat in der Tat weder deutlich gemacht, in welchen Räumlichkeiten diese Einheit untergebracht sein soll, noch welches Personal für sie ausschließlich oder doch zumindest überwiegend tätig wird. Damit fehlt es an entscheidungserheblichem Vortrag zur Begründung einer tariflich relevanten Einheit iSd. [X.] Ä 3 [X.]/[X.].

bb) Soweit die Revision geltend macht, der beklagte [X.] spreche selbst von „unserem Transplantationszentrum“ und habe ihm in einem Schreiben vom 30. November 2007 mitgeteilt, [X.] sei zum „Leiter der Transplantationsmedizin“ bestellt worden, liegt darin noch kein schlüssiger Sachvortrag. Auch sein weiterer Hinweis, er habe bereits in der Berufungsinstanz „schlüssig dargelegt“, die „Transplantationseinheit“ sei eine selbständige Einrichtung mit [X.], Telefon und weisungsgebundenem Personal, ermöglicht es den Gerichten nicht, die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen für eine organisatorische Verselbständigung und eine eigene räumliche, personelle und sachliche Ausstattung feststellen zu können und die Existenz eines Teilbereichs von der bloßen Aufgabenerfüllung mit wechselndem Personal abzugrenzen. Der Kläger hat weder die Räumlichkeiten angegeben, die der Transplantationseinheit zur ggf. alleinigen Nutzung zugewiesen sind, noch einen einzigen ärztlichen oder nichtärztlichen Mitarbeiter benannt, der dieser Einheit zugeordnet und demgegenüber er weisungsbefugt gewesen sein soll.

cc) Auch wird die „Einheit“, auf die sich der Kläger in der Sache bezieht, an keiner Stelle organisatorisch abgegrenzt, sondern lediglich vage von der Aufgabenstellung her definiert. Schließlich erfolgt die Bezeichnung der „Einheit“ nicht durchgehend einheitlich; der Kläger spricht in der Sache gleichwertig von „Transplantationseinheit“, „Transplantationsteam“ oder „Transplantationszentrum“. Aus der Beschreibung der nach seiner Ansicht der Transplantationseinheit zugeordneten Aufgaben (ua. Durchführung der Transplantation, präoperative Diagnostik, postoperative medizinische Nachsorge einschließlich medizinischer Betreuung der jeweiligen Patienten auf der Intensivstation) wird deutlich, dass er damit den gesamten Aufgabenbereich im Zusammenhang mit Herztransplantationen anspricht. Damit erfüllt der Kläger jedoch nicht seine Darlegungslast hinsichtlich der erforderlichen organisatorischen Strukturen eines Teil- oder [X.] im Sinne der Tarifnorm.

dd) Der Kläger hat nicht in revisionsrechtlich relevanter Weise gerügt, dass das [X.] entscheidungserhebliches Vorbringen unberücksichtigt gelassen hat. Seine Verfahrensrüge, das Berufungsgericht hätte die von ihm benannten Zeugen zur Existenz der Transplantationseinheit und zur Übertragung von dessen Leitung auf ihn vernehmen müssen, ist unzulässig.

(1) Wird das Übergehen eines Beweisantritts gerügt, muss die Revision nach Beweisthema und Beweismittel angeben, in welchem Punkt das [X.] eine an sich gebotene Beweisaufnahme unterlassen haben soll. Zugrunde zu legen sind die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen des [X.]s. Ferner muss grundsätzlich dargelegt werden, dass die Unterlassung der Beweiserhebung kausal für die Entscheidung gewesen ist ([X.] 10. Mai 2005 - 9 [X.]/05 - [X.]E 114, 295; 18. Oktober 2000 - 2 [X.] - [X.]E 96, 123; 29. Juli 1992 - 4 [X.] - [X.]E 71, 56; 11. April 1985 - 2 [X.] - [X.]E 49, 39). Gegenüber einem vom [X.] als unschlüssig gewerteten Sachvortrag kann nicht schlicht gerügt werden, es habe einen angebotenen Beweis für diesen nicht erhoben.

(2) Diesen Anforderungen genügt die Verfahrensrüge des [X.] nicht. Soweit das [X.] ausgeführt hat, der Kläger habe seine Behauptung zur Existenz einer „Transplantationseinheit“ nicht hinreichend konkretisiert, kann die Revision dem nicht allein entgegenhalten, das Berufungsgericht habe diesbezüglich angebotene Beweise nicht erhoben. Es fehlt bereits an einem schlüssigen Sachvortrag des [X.]. Ein Beweisantritt dient der Beweisführung von streitig gebliebenen Tatsachen, die von der darlegungs- und beweisbelasteten [X.] vorgetragen worden sind. Dies verkennt die Revision, die offenbar rechtsirrig davon ausgeht, ein Beweisantritt könne den Vortrag von Tatsachen ersetzen oder ergänzen (so zu einer vergleichbaren Revisionsrüge bereits [X.] 25. August 2010 - 4 [X.] - Rn. 46, [X.] 240 § 12 [X.]/[X.] Eingruppierung Ä 3 Nr. 5).

d) Entgegen der Auffassung des [X.] liegt in der Teilnahme am Hintergrunddienst keine Ausübung der medizinischen Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich.

aa) Ein fach- oder oberärztlicher Hintergrunddienst in einer Klinik ist als solcher kein Teilbereich im tariflichen Sinne. Es fehlt an einer eigenen, bereichsbezogenen medizinischen Verantwortungsstruktur. Wie der Kläger in der [X.] klargestellt hat, bezieht sich die von ihm angenommene Leitungstätigkeit nicht auf die Organisation des Hintergrunddienstes.

bb) Die bloße Teilnahme am Hintergrunddienst und die damit - im Heranziehungsfalle - verbundene Verantwortlichkeit für bestimmte medizinische Maßnahmen erfüllt den tariflichen Begriff der „medizinischen Verantwortung“ nicht. Die medizinische Verantwortung für den jeweiligen Teil- oder Funktionsbereich muss ungeteilt bestehen. Sie betrifft nicht lediglich einzelne zu erfüllende Aufgaben oder Aufgabenbereiche und kann nicht bei mehreren Ärzten liegen. Das folgt aus dem von den Tarifvertragsparteien gewählten bestimmten Artikel „die“, mit dem eine einheitliche Verantwortung bezeichnet ist, die innerhalb des zugewiesenen Bereichs einheitlich und allein wahrzunehmen ist. Eine nur teil- oder zeitweise ausgeübte medizinische Verantwortung innerhalb der organisatorischen Einheit reicht regelmäßig nicht für eine Eingruppierung nach der ersten Fallgruppe der [X.] Ä 3 [X.]/[X.] aus ([X.] 9. Dezember 20094 [X.] - Rn. 31). Dies verdeutlicht der Streitfall, in dem sieben Ärzte am Hintergrunddienst teilnehmen, was allein bereits gegen eine ungeteilte medizinische Bereichsverantwortung spricht.

cc) Im Übrigen haben die [X.]en des [X.]/[X.] durch die gesonderte Regelung der Arbeitszeit in § 7 Abs. 6 und der Ausgleichsleistungen für Rufbereitschaft in § 9 deutlich gemacht, dass eine Rufbereitschaft als solche eingruppierungsrechtlich nicht bedeutsam werden kann. Dies zeigt die Bezugnahme der entsprechenden Zuschlagsregelung auf die „jeweilige [X.]“. Diese wird von der Vergütung der Rufbereitschaft vorausgesetzt und schließt deshalb eine konstitutive Bedeutung für die Eingruppierung selbst aus.

dd) Die vom Kläger im Zusammenhang mit den [X.] erhobene Verfahrensrüge, das [X.] habe die von ihm benannten Zeugen nicht gehört, die die „besondere und spezifische Struktur der Hintergrunddienste im [X.]“ hätten bestätigen können, ist unzulässig. Der Kläger hat nicht nur das Beweisthema völlig unzureichend bezeichnet, sondern auch die Entscheidungserheblichkeit der angeblich rechtsfehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme nicht darlegt. Das Berufungsgericht ist nach seinen Entscheidungsgründen vielmehr davon ausgegangen, die Hintergrunddienste würden zwar auch von Oberärzten wahrgenommen, wegen der lediglich zeitweiligen medizinischen Verantwortung reiche dies aber für die tariflich vorgesehene „ungeteilte medizinische Verantwortung“ nicht aus.

2. Dem Kläger ist auch keine Spezialfunktion übertragen worden, für die er eine von dem Beklagten geforderte Schwerpunkt- oder Zusatzqualifikation nach der Weiterbildungsordnung benötigt.

a) Die zweite Fallgruppe der Tarifregelung stellt auf die [X.] und deren gezielte Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber ab. Sie setzt zunächst eine Facharztqualifikation und darüber hinaus den erfolgreichen Abschluss einer Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach den einschlägigen Weiterbildungsordnungen der [X.] voraus ([X.] 9. Dezember 2009 - 4 [X.] 827/08 - Rn. 29, [X.] § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 7 und - 4 [X.] 841/08 - Rn. 32; [X.]/[X.]/[X.]/[X.] TV-L Stand Mai 2012 Teil IIa § 12 [X.] - Eingruppierung Rn. 72). Weiter muss diese [X.] nach den tariflichen Anforderungen für den Arbeitgeber Anlass gewesen sein, diesem eine Spezialfunktion zu übertragen. Dabei genügt es nicht, dass die herausgehobene Qualifikation des Arztes für dessen Tätigkeit nützlich ist. Das [X.] verlangt vielmehr ausdrücklich, dass der Arbeitgeber diese besondere Qualifikation für die auszuübende Tätigkeit gefordert und damit festgelegt hat, dass aus seiner Sicht die Weiterbildung für die Tätigkeit einschlägig ist (vgl. auch [X.]/[X.]/[X.]/[X.] aaO). Die Darlegung der entsprechenden Tatsachen für die Übertragung einer Spezialfunktion obliegt nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln dem Arzt.

b) Der Kläger hat die Voraussetzungen für die Erfüllung des [X.] nicht hinreichend dargelegt.

Sein Vortrag, der beklagte [X.] habe eine Facharztqualifikation als Herzchirurg als Spezialfunktion gefordert und er sei deshalb Oberarzt im Sinne der [X.] Ä 3 [X.]/[X.], ist unzureichend. Die Qualifikation als Facharzt in einem Fachbereich ist nach dem Tarifvertrag Grundvoraussetzung für den Erwerb einer zusätzlichen Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung, nicht jedoch bereits diese selbst. Es hätte daher im Rahmen der Facharztausbildung zum Herzchirurgen der Absolvierung einer ggf. dort vorgesehenen Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung bedurft, um überhaupt die Wahrnehmung einer Spezialfunktion erfüllen zu können. Eine - weitere - Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung hat der Kläger nicht dargetan.

III. Der beklagte [X.] ist nicht nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet, den Kläger nach der [X.] Ä 3 [X.]/[X.] zu vergüten.

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern in einer bestimmten Ordnung. Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung also für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtungsweise als willkürlich anzusehen ist. Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt, der Grundsatz der Vertragsfreiheit hat Vorrang. Etwas anderes kann ausnahmsweise angenommen werden, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausnehmen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift jedoch nur ein bei einem gestaltenden Verhalten des Arbeitgebers, hingegen nicht beim bloßen - auch vermeintlichen - [X.]. Deshalb gibt es keinen Anspruch auf „Gleichbehandlung im Irrtum“ (st. Rspr., vgl. nur [X.] 27. August 2008 - 4 [X.] 484/07  - Rn. 40 mwN, [X.]E 127, 305 ).

2. Ein derart gestaltendes Verhalten des Beklagten liegt im Streitfall nicht vor.

a) Die Kläger hat sich darauf berufen, die neben ihm im Hintergrunddienst tätigen Ärzte seien jeweils einzelnen aufgeführten Teil- oder Funktionsbereichen zugeordnet und erhielten alle ein Entgelt nach der [X.] Ä 3 [X.]/[X.].

b) Dieser Vortrag vermag einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu begründen.

aa) Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass seine sechs benannten Kollegen ein Entgelt nach der [X.] Ä 3 [X.]/[X.] nur allein deshalb erhalten, weil sie am Hintergrunddienst teilnehmen. Die Eingruppierung als Oberarzt beruht schon nach dem Vortrag des [X.] offensichtlich nicht tragend auf dieser Teilnahme. Vielmehr ist davon auszugehen, dass eine Eingruppierung und eine damit entsprechende Vergütungsverpflichtung der anderen Ärzte aus anderen Gründen erfolgt ist und der Beklagte sie - unabhängig davon - im Hintergrunddienst einsetzt.

bb) Die Übertragung jeweils eines Teil- oder [X.] auf andere Ärzte begründet keinen Gleichbehandlungsanspruch des [X.] auf Zahlung von Entgelt nach der [X.] Ä 3 [X.]/[X.]. Soweit er diese Übertragung an jeweils einen der Oberärzte als Grund einer entsprechenden Eingruppierung in der [X.] Ä 3 [X.]/[X.] anführt, folgt daraus für ihn noch kein Vergütungsanspruch als Oberarzt, sondern allenfalls ein möglicher Anspruch auf Übertragung eines entsprechenden Bereichs. Im Übrigen trägt der Kläger mit seinem Vorbringen selbst einen [X.] für die aktuelle, unterschiedliche Vergütung vor und verdeutlicht, dass die Voraussetzungen für eine Einstufung in eine höhere [X.] bei ihm gerade nicht vorliegen. Im Übrigen hätte er bei einer grob tarifwidrigen fehlerhaften Eingruppierung eines seiner Kollegen als Oberarzt keinen eigenen Anspruch auf eine ebenso fehlerhafte Behandlung (dazu [X.] 15. Juni 2011 - 4 [X.] 465/09 - Rn. 47 f.).

cc) Die Verfahrensrüge des [X.], das [X.] habe seine richterliche Hinweispflicht verletzt, da es ihn nicht auf seinen unzureichenden Vortrag zur vergleichbaren Situation seiner nach [X.] Ä 3 [X.]/[X.] vergüteten Kollegen hingewiesen habe, ist unzulässig.

Der Kläger hat schon nicht dargelegt, was er auf einen entsprechenden Hinweis des [X.]s über den bisherigen Vortrag hinaus vorgetragen und wie sich dieser auf die Berufungsentscheidung ausgewirkt hätte (zu den Voraussetzungen einer solchen Revisionsrüge, vgl. dazu [X.] 14. November 2007 - 4 [X.] 861/06 - Rn. 22, [X.] 2008, 362; 23. März 2011 - 4 [X.] 268/09 - Rn. 71, [X.] 1972 § 77 Nr. 101). Die bloße Benennung von Zeugen für einen bereits vom [X.] erkennbar als unschlüssig bewerteten Vortrag stellt keinen Ersatz für einen vom Berufungsgericht gerade noch nicht bewerteten Vortrag dar, der nach einem entsprechenden Hinweis möglicherweise erbracht worden wäre. Aus diesem Grunde lässt sich schon die Entscheidungserheblichkeit eines möglichen Verfahrensfehlers des [X.]s nicht beurteilen.

IV. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Winter    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Dierßen    

        

    [X.]    

                 

Meta

4 AZR 464/10

20.06.2012

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG München, 22. September 2009, Az: 9 Ca 3569/08, Urteil

§ 12 Entgeltgr Ä3 TV-Ärzte, § 1 Abs 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.06.2012, Az. 4 AZR 464/10 (REWIS RS 2012, 5409)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5409

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 AZR 465/09 (Bundesarbeitsgericht)

Eingruppierung eines Facharztes für Kinderheilkunde als Oberarzt nach TV-Ärzte - Übertragung einer Spezialfunktion - arbeitsrechtlicher …


4 AZR 49/09 (Bundesarbeitsgericht)

Eingruppierung als Oberarzt nach § 12 TV-Ärzte - Übertragung medizinischer Verantwortung für einen Teilbereich - …


4 AZR 670/09 (Bundesarbeitsgericht)

Eingruppierung als Oberärztin nach dem TV-Ärzte - Übertragung einer Spezialfunktion - Forderung einer Schwerpunkt- oder …


4 AZR 847/09 (Bundesarbeitsgericht)

Eingruppierung als Oberarzt nach § 12 Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte Charité


4 AZR 115/09 (Bundesarbeitsgericht)

Eingruppierung einer Leiterin eines Schlaflabors mit einer Zusatzweiterbildung in Schlafmedizin als Oberärztin nach TV-Ärzte - …


Referenzen
Wird zitiert von

5 Sa 354/17

12 Sa 212/12

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.