Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.02.2004, Az. VIII ZR 195/03

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4612

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/03Verkündet am:11. Februar 2004Kirchgeßner,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]: neinMHG § 4 Abs. [X.] keine besonderen Umstände vor, begeht der Vermieter keine Pflichtverlet-zung beim Vertragsschluß, wenn er mit dem Mieter Vorauszahlungen für Nebenko-sten vereinbart, die die Höhe der später anfallenden tatsächlichen Kosten nicht nurgeringfügig, sondern auch deutlich unterschreiten.[X.], Urteil vom 11. Februar 2004 - [X.]/03 -LG [X.] [X.] 2 -Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren [X.] bis zum 2. Januar 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. [X.] und die Richter [X.], Dr. Leimert, [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der [X.] vom 4. Juni 2003 aufgehoben.Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Mit Vertrag vom 4. Mai 1998 mietete die Beklagte ab 1. Juni 1998 die [X.] der Kläger stehende Dachgeschoßwohnung in der [X.]-straße in [X.]mit einer Größe von ca. 100 qm. Die Grundmiete betrug [X.] 1.690 DM monatlich, ab 1. Juni 2001 sollte sie sich in zwei Stufen erhö-hen. Die Beklagte verpflichtete sich darüber hinaus, monatlich 200 [X.] auf die von ihr übernommenen Betriebs- und Heizkosten zu leisten.Unter dem 1. Februar 2002 rechneten die Kläger die Betriebs- und Heiz-kosten für die Jahre 1999 und 2000 ab. Für das [X.] ergab sich ein Nach-- 3 -zahlungsbetrag von 3.011,01 DM, für das [X.] ein solcher von3.029,14 DM. Da die Beklagte trotz Aufforderung keine Zahlung leistete, [X.] Kläger diese Beträge nebst Zinsen mit ihrer Klage geltend gemacht. ImLaufe des Verfahrens hat die Beklagte das Mietverhältnis zum 31. Mai 2002gekündigt.Beide Vorinstanzen haben einen Anspruch der Kläger verneint. Mit [X.] Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Begeh-ren weiter.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hat ausgeführt:Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Bezahlung der von ihnen geltendgemachten Nachforderungen. Der Vermieter einer Wohnung sei verpflichtet, beider Vereinbarung einer Vorauszahlung für die vom Mieter übernommenen [X.] die Höhe der Vorauszahlungen überschlägig so zu kalkulieren, daßsie jedenfalls in etwa kostendeckend seien. [X.] dies nicht und weise [X.] den Mietinteressenten auch nicht darauf hin, daß die [X.] nicht kostendeckend kalkuliert seien bzw. daß eine seriöse Vorabkalkulati-on im vorgenannten Sinne gar nicht erfolgt sei, mache sich der Vermieter we-gen culpa in contrahendo schadensersatzpflichtig. Für den Mieter einer Woh-nung, der vor Vertragsschluß abschätze, ob er sich nach seinen [X.] wirtschaftlichen Verhältnissen die vom Vermieter verlangte Miete leisten- 4 -könne, komme es auf die Gesamtbelastung an, d.h. auf die Summe aus [X.] und Nebenkosten. Außerdem kenne der Vermieter üblicherweise die [X.] der von ihm angebotenen Wohnung und werde demgemäß regel-mäßig zu einer Vorabkalkulation der auf diese Wohnung entfallenden Nebenko-sten in der Lage sein. Da allerdings die Betriebskosten schwankten und [X.] nur in Grenzen beeinflußt werden könnten, bestehe zugunsten [X.] eine gewisse Toleranzbreite. Überstiegen die tatsächlich abgerech-neten Kosten die Summe der vereinbarten Vorauszahlungen allerdings ummehr als 40 %, sei die Toleranzgrenze überschritten. Im Streitfall betrage dieseÜberschreitung sogar mehr als 100 %. Die Kläger hätten auch schuldhaft ge-handelt. Ihnen sei jedenfalls vorzuwerfen, der Beklagten verschwiegen zu ha-ben, daß sie zur Abschätzung der zu erwartenden Nebenkosten nicht in derLage gewesen seien. Die Beklagte könne deshalb im Wege des [X.] von den geltend gemachten Nebenkostennachforderungeninsgesamt verlangen. Denn sie hätte, wie sie vorgetragen habe, die Wohnungnicht angemietet, wenn ihr die tatsächliche Höhe der Nebenkosten genanntworden wäre oder die Kläger ihr mitgeteilt hätten, nicht abschätzen zu können,ob die verlangten Nebenkostenvorauszahlungen ausreichen würden.[X.] Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung [X.]. Zu Recht wendet sich die Revision gegen die Annahme des Landge-richts, die Kläger hätten bei Vermietung der Wohnung vorvertragliche Neben-pflichten schuldhaft verletzt und seien der Beklagten daher aus dem Gesichts-punkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo) [X.] 5 -1. Vereinbaren die Parteien eines Mietvertrages, der Mieter habe [X.] bezeichnete Nebenkosten zusätzlich zur Kaltmiete zu tragen, steht esden Parteien frei, sich auf Vorauszahlungen auf diese Nebenkosten zu einigen.Sie können von Vorauszahlungen auch gänzlich absehen. § 4 Abs. 1 Satz 1des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe vom 18. Dezember 1974 (MHG;[X.]l. [X.] 3603), der auf den am 4. Mai 1998 geschlossenen Mietvertrag [X.] anwendbar ist (gleichlautend jetzt § 556 Abs. 2 Satz 2 [X.]), untersagtes lediglich, Vorauszahlungen in unangemessener Höhe, nämlich unangemes-sen überhöht ([X.] in: [X.], Mietrecht, 8. Aufl., § 556Rdnr. 275), festzusetzen. Ist es dem Mieter aber unbenommen, dem Mieter [X.] ihn umzulegenden Nebenkosten insgesamt zu kreditieren, kann es [X.] zum Nachteil gereichen, wenn er Vorauszahlungen verlangt, die in [X.] die tatsächlichen Kosten nicht nur geringfügig, sondern auch deutlich [X.]. Die Verwendung des Begriffs "Vorauszahlungen" drückt [X.] allgemeinem Verständnis lediglich aus, daß dem Mieter bei der [X.] die vorausbezahlten Beträge gutzubringen sind. Dieser Begriff legt [X.] die Annahme nahe, die Summe der Vorauszahlungen werde den voraus-sichtlichen Abrechnungsbetrag auch nur annähernd erreichen, und begründetfür den Mieter keinen entsprechenden Vertrauenstatbestand ([X.],[X.], NJW 1982, 2506 f.; kritisch [X.] aaO, § 556Rdnr. 392).Da die Vereinbarung von Vorauszahlungen nicht an eine bestimmte Hö-he gebunden ist, solange nur die aus § 4 Abs. 1 Satz 1 MHG sich ergebendeObergrenze beachtet wird, ist in der Regel kein Fehlverhalten des [X.] der Vereinbarung niedriger oder sehr niedriger Vorauszahlungen zu sehen.Der Vermieter ist demnach nicht grundsätzlich verpflichtet, Vorauszahlungenauf die umlegbaren Nebenkosten so zu kalkulieren, daß sie etwa kosten-deckend sind. Dies erscheint auch deshalb sachgerecht, weil zu den in Frage- 6 -kommenden Nebenkosten regelmäßig, wie auch hier, Heizkosten und [X.] zählen, die in ihrer Höhe verbrauchsabhängig sind, wesentlichenSchwankungen unterliegen können und daher vom Vermieter weder vorherzu-sehen noch zu beeinflussen sind.2. Eine Pflichtverletzung des Vermieters im Zusammenhang mit der [X.] von Vorauszahlungen bei Vertragsschluß ist deshalb nur dann zubejahen, wenn besondere Umstände gegeben sind ([X.], [X.], 591 unter 2 a; [X.], [X.], 479 f.; [X.]/[X.],[X.] (2003), § 535 Rdnr. 73; [X.]/[X.], [X.], 63. Aufl., § 535Rdnr. 95; vgl. aber [X.], NJW-RR 1988, 397 f.). Solche besonderenUmstände können etwa zu bejahen sein, wenn der Vermieter dem Mieter [X.] die Angemessenheit der Nebenkosten ausdrücklich zugesichertoder diese bewußt zu niedrig bemessen hat, um den Mieter über den [X.] tatsächlichen Mietbelastung zu täuschen und ihn auf diese Weise zur [X.] zu veranlassen (vgl. [X.], [X.], [X.] Derartige Umstände, die einen Vertrauenstatbestand für die Beklagtehätten begründen können, liegen im Streitfall nicht vor. Zwar hat die Beklagtevorgetragen, sie habe sich bei der Anmietung der Wohnung gedanklich einefinanzielle Obergrenze für die Gesamtbelastung gesetzt, die mit dem Mietzinszuzüglich der Vorauszahlungen erschöpft gewesen sei. Daß sie das den [X.] mitgeteilt und diese bei ihr die Vorstellung erweckt hätten, mit den [X.] würden die Nebenkosten im wesentlichen abgegolten, hat sie aberselbst nicht behauptet. Auch im übrigen sind Umstände, die auf ein pflichtwidri-ges Verhalten der Kläger hindeuten könnten, nicht ersichtlich. Eine vorvertragli-che Aufklärungspflicht (vgl. [X.] in: [X.] aaO, § 535 [X.]Rdnr. 135) haben die Kläger somit nicht verletzt. Auf die Frage, ob und inwie-- 7 -weit ein Schadensersatzanspruch des Mieters in den genannten [X.] von den die Vorauszahlungen überschreitenden, dem Vermietertatsächlich entstandenen Betriebskosten (vgl. [X.]/[X.] aaO, § 535Rdnr. 95; vgl. die Nachweise bei [X.] in: [X.], Mietrecht,7. Aufl., § 546 Rdnr. 362, [X.]. 628-631; [X.] in: [X.], [X.], 8. Aufl., § 556 Rdnr. 390 und 394 f.; [X.] in: [X.]/Sonnenschein, Miete, 8. Aufl., § 556 Rdnr. 43) oder auf Auflösung [X.] und Ersatz seiner nutzlosen Aufwendungen gerichtet ist (sonoch [X.] in: [X.], Mietrecht, 7. Aufl., § 546 Rdnr. 362),kommt es nach alledem nicht mehr an.[X.] ist das Berufungsurteil aufzuheben. Der [X.] kann nicht inder Sache selbst entscheiden, da es weiterer Feststellungen zu den von [X.] erhobenen Einwänden gegen die Ordnungsmäßigkeit der [X.]en bedarf. Die Ausschlußfrist des § 556 Abs. 3 Satz 3 [X.] für die Gel-tendmachung von Nachforderungen ist nach Art. 229 § 3 Abs. 9 EG[X.] im- 8 -Streitfall noch nicht anzuwenden. Nach alledem ist der Rechtsstreit an das Be-rufungsgericht zurückzuverweisen.Dr. [X.] den wegen Urlaubs an [X.] verhindertenRichter am Bundesgerichtshof[X.]Karlsruhe, den 9. Februar 2004[X.] [X.]

Meta

VIII ZR 195/03

11.02.2004

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.02.2004, Az. VIII ZR 195/03 (REWIS RS 2004, 4612)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4612

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.