Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2011, Az. IX ZR 106/09

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1491

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 106/09

vom

10. November 2011

in dem Rechtsstreit

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Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und die Richterin Möhring

am 10. November 2011
beschlossen:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 7.
Mai 2009 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 1.443.738,70

Gründe:

Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.

1. Soweit sich die Beklagte gegen die der Klägerin von den Vordergerich-ten nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation zuerkannte Aktivlegiti-mation
wendet, ist den [X.] der Nichtzulassungsbe-schwerde nicht genügt.
Überdies ist die aufgeworfene Rechtsfrage, weil der Klägerin tatsächlich ein eigener Schaden entstanden ist, nicht entscheidungs-erheblich.

a) Die von der Beklagten als rechtsgrundsätzlich unterbreitete [X.], ob eine Drittschadensliquidation bei einer Risikohaftung gemäß §
945 ZPO 1
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in Fällen in Betracht kommt, in denen der Adressat des später aufgehobenen Verfügungsverbots eine geschäftlich nicht operativ tätige, insbesondere keine Umsätze und demzufolge auch keine Gewinne und Verluste erzielende Toch-tergesellschaft eines Konzernunternehmens sei, bei dem allein der [X.] Schaden aufgrund eines [X.] eingetreten sei, er-weist sich bereits als in sich widersprüchlich und damit zur Klärung widerstrei-tender Rechtsauffassungen (vgl. [X.], Beschluss vom 1. Oktober 2002 -
XI ZR 71/02, [X.]Z 152, 182, 191) ungeeignet.

Sofern bei der Klägerin mangels einer operativen Tätigkeit ein Verlust überhaupt nicht entstehen konnte, scheidet die Möglichkeit aus, dass ein wirt-schaftlicher Schaden aufgrund eines [X.] auf ihre Muttergesellschaft übergegangen sein kann. Vielmehr müsste -
legt man die Rechtsansicht der Beklagten zugrunde
-
mangels einer operativen Tätigkeit der Klägerin ein Verlust ungeachtet des [X.] originär bei ihrer Muttergesellschaft entstanden sein. Bei dieser Sachlage ist nicht ersicht-lich, welche rechtliche Bedeutung dem Ergebnisübernahmevertrag im [X.] mit der zur Prüfung gestellten Rechtsfrage zukommen soll.

b) Davon abgesehen macht die Klägerin hier im Rahmen des § 945 ZPO einen eigenen Schaden geltend, so dass es des Rückgriffs auf die Grundsätze der Drittschadensliquidation nicht bedarf.
Mithin erweist sich die zur Prüfung gestellte Rechtsfrage auch als nicht entscheidungserheblich.

aa) Nach einhelligem Verständnis lässt der Abschluss eines [X.] (vgl. §
292 Abs.
1 Nr.
2 AktG) die Aktiv-
wie auch die Passiv-legitimation einer Tochtergesellschaft als Gläubigerin oder Schuldnerin von [X.] im Verhältnis zu [X.] unberührt. Weder sind Ansprüche der Toch-4
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tergesellschaft wegen ihrer Gewinnabführungspflicht von der Muttergesell-schaft, noch Ansprüche gegen die Tochtergesellschaft wegen der Verlustüber-nahmepflicht (vgl. §
302 Abs.
1 AktG) gegenüber der Muttergesellschaft gericht-lich zu verfolgen. Die Gewinnabführungspflicht der Tochtergesellschaft [X.] sich ebenso wie die Verlustübernahmepflicht der Muttergesellschaft
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abgesehen von hier nicht gegebenen Tatbeständen der Durchgriffshaftung
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auf das Innenverhältnis beider Gesellschaften; sie betrifft überdies das Ge-samtergebnis der Geschäftstätigkeit und nicht einzelne -
zudem im Streitfall gerichtlich schwebende
und darum ungeklärte
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Geschäftsvorfälle.

bb) Durch den Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrages mit der Muttergesellschaft bleibt also die Rechtsstellung einer Tochtergesellschaft als Gläubigerin wie auch Schuldnerin von vertraglichen und gesetzlichen Ansprü-chen im Verhältnis zu [X.] unangetastet. Deswegen handelt es sich hier um einen eigenen Schaden der Klägerin, soweit sie durch die von der Beklagten erwirkte Unterlassungsverfügung am Vertrieb ihres Präparats gehindert war und dadurch Vermögensnachteile erlitten hat. Folgerichtig bestand vorliegend -
wie die Beschwerdeerwiderung zutreffend ausführt
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entgegen der Auffassung der Vordergerichte für die Anwendung der Grundsätze der Drittschadensliquidation von vornherein keine Veranlassung.

c) Soweit die Beklagte eine Ersatzpflicht unter Hinweis auf eine fehlende operative Tätigkeit der Klägerin in Abrede stellt, wird ein Zulassungsgrund nicht dargelegt.

Den insoweit gestellten Beweisanträgen brauchten die Vordergerichte in Einklang mit Art.
103 Abs.
1 GG auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung, wonach ein Fall der Drittschadensliquidation gegeben ist, mangels Entschei-7
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dungserheblichkeit nicht nachzugehen ([X.] 69, 141, 143
f). Im Übrigen ist zwischen den [X.]en unstreitig, dass es sich bei der Klägerin um einen phar-mazeutischen Unternehmer handelt, der das fragliche Präparat in eigenem Namen vertreibt und sämtlichen aufsichtsrechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Sachlage ist kein rechtlicher Gesichtspunkt erkennbar, der es der Kläge-rin verböte, sich der Vorteile des Konzernverbundes -
ähnlich wie bei der [X.] eines Subunternehmers
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zu bedienen und ihrer Konzernmutter die Geschäftsabwicklung zu übertragen.

2. Im Blick auf den von der Beklagten behaupteten [X.] liegt ein Verstoß gegen das Willkürverbot (Art.
3 Abs.
1 GG) nicht vor.

Für die Annahme von Willkür ist erforderlich, dass die fehlerhafte Rechtsanwendung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägun-gen beruht; die Rechtslage muss mithin in krasser Weise verkannt sein ([X.], Beschluss vom 27.
März 2003 -
V
ZR 291/02, [X.]Z 154, 288, 299
f). Davon kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn sich das Gericht -
wie hier
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mit der Rechtslage auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt ([X.], Beschluss vom 3.
Februar 2011 -
IX
ZR 132/10, Rn.
7 mwN, insoweit unter [X.], 275 nicht abgedruckt).

3. Soweit die Beklagte dem Vordergericht anlastet, entgegen ihrem [X.] der Klägerin keine sekundäre Darlegungs-
und Beweislast auferlegt zu haben, scheidet eine Verletzung von Art.
103 Abs.
1 GG aus.

Das Prozessgrundrecht gibt keinen Anspruch darauf, dass sich das [X.] mit Vorbringen einer [X.] in der Weise auseinandersetzt, die sie selbst 10
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für richtig hält. Aus Art.
103 Abs.
1 GG folgt auch keine Pflicht des Gerichts, der von einer [X.] vertretenen Rechtsansicht zu folgen ([X.], Beschluss vom 21.
Februar 2008 -
IX
ZR 62/07, [X.], 328
Rn.
5; vom 19.
Mai 2011
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IX
ZB 214/10, [X.], 1087 Rn.
13). Die Nichtbeachtung der von der [X.] angeführten Entscheidung ([X.], Urteil vom 22.
November 2007 -
I
ZR 77/05, [X.], 625 Rn.
18, 19) stellt allenfalls einen allgemeinen Sub-sumtionsfehler dar, der keine Veranlassung für die Zulassung der Revision gibt.

Kayser
Raebel
Gehrlein

[X.]
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.08.2007 -
3/12 O 121/02 -

OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 07.05.2009 -
6 [X.]/07 -

Meta

IX ZR 106/09

10.11.2011

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2011, Az. IX ZR 106/09 (REWIS RS 2011, 1491)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1491

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