Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.05.2011, Az. IX ZR 9/10

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6457

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 19. Mai 2011 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja[X.] § 130 Abs. 2 Eine an den Gläubiger gerichtete harte Patronatserklärung der Muttergesellschaft beseitigt weder die objektive Zahlungsunfähigkeit der Tochtergesellschaft noch die darauf bezogene Kenntnis des Gläubigers. [X.], Urteil vom 19. Mai 2011 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Mai 2011 durch [X.] [X.], [X.] Dr. Gehrlein, [X.], Grupp und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 26. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 6. Januar 2010 aufgehoben. [X.] wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 30. April 2002 über das Vermögen der [X.] (nachfolgend [X.]uldnerin) am 1. Juli 2002 eröffneten Insolvenzverfahren. [X.] der [X.]uldnerin ist die [X.] (nachfolgend [X.]), deren Grundkapital zu mehr als 75 v. H. von der D.

AG (nachfolgend [X.]) gehalten wird. 1 Die [X.]uldnerin und ihre Tochtergesellschaften unterhielten bei der [X.] in einem Cash-Pool zusammengefasste Kontokorrentkonten. Die [X.] räumte der [X.]uldnerin und ihren Tochtergesellschaften durch [X.] - vom 26. April/4. Mai 2001 eine Kreditlinie in Höhe von 5.112.918,81 • (10.000.000 DM) ein. [X.] Vorstand der [X.] war [X.]. . Dieser erteilte einem Vertreter der [X.] am 25. März 2002 fernmündlich eine Patronatserklärung, deren Reichweite zwi-schen den Parteien streitig ist. Wegen einer erheblichen Überschreitung der gewährten Kreditlinie kündigte die Beklagte am 29. April 2002 die Kontobezie-hung zu der [X.]uldnerin. Im unmittelbar davor liegenden Zeitraum war der [X.] der [X.]uldnerin durch zwei Zahlungseingänge vom 26. April 2002 um 13.575,50 • sowie um 1.479.375,35 • gemindert worden. Mit vorliegender Klage verlangt der Kläger - soweit für das [X.] noch von Bedeutung - im Wege der Anfechtung Erstattung dieser Beträ-ge von insgesamt 1.492.950,85 •. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewie-sen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Be-gehren weiter. 3 Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 4 - 4 - [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es gehe abweichend von dem [X.] davon aus, dass die [X.]uldnerin zum [X.] am 26. April 2002 zahlungsunfähig gewesen sei. Den zu diesem Zeitpunkt offenen Verbindlichkeiten von 4.200.613,33 • habe eine Barliquidität von allenfalls 2.634.804,29 • gegenübergestanden. Da durch die von der [X.] vorge-nommene Verrechnung bereits fällige Verbindlichkeiten zurückgeführt worden seien, richte sich die Anfechtung nach § 130 [X.]. Der [X.] seien bereits vor der von dem Zeugen [X.]als Leiter ihrer Kreditabteilung und dem Zeugen [X.]. als alleinvertretungsberechtigtem Vorstandsmitglied der [X.] geführten Unterredung Tatsachen bekannt gewesen, die offensichtlich auf eine bestehende Zahlungsunfähigkeit der [X.]uldnerin hingedeutet hätten. Die [X.] habe grundsätzlich zu beweisen, dass sie aufgrund neuer, objektiv ge-eigneter Tatsachen zu der Ansicht gelangt sei, die [X.]uldnerin sei wieder zah-lungsfähig geworden. Diesen Beweis habe sie zur Überzeugung des Senats geführt. Der Zeuge [X.]. habe am 25. März 2002 mündlich eine harte Patronatserklärung zugunsten sämtlicher Gesellschaften der [X.] und damit auch der [X.]uldnerin erteilt. Eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit könne nicht daraus hergeleitet werden, dass die Beklagte nach dem Widerruf [X.]atserklärung am 25. April 2002 mit Wirkung zum 26. April 2002 die Konten der [X.]uldnerin für belastende Verfügungen geschlossen habe. Das Verlangen nach Ausgleich nicht besicherter, nur geduldeter Überziehungen stel-le, zumal die Kontensperre nicht konsequent durchgeführt worden sei, kein An-erkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der [X.]uldnerin dar. 5 - 5 - I[X.] Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision in einem ent-scheidenden Punkt nicht stand. 6 1. Das Berufungsgericht hat keinen entscheidungserheblichen Vortrag entgegen § 286 ZPO außer [X.] gelassen. 7 a) Ohne Erfolg wendet sich der Kläger gegen die Feststellung des [X.], der Zeuge [X.].

habe eine harte Patronatserklärung für alle Gesellschaften der [X.] und damit auch zugunsten der [X.]uldne-rin erteilt. 8 Die grundsätzlich dem Tatrichter obliegende Beweiswürdigung kann vom Revisionsgericht lediglich daraufhin überprüft werden, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Streitstoff und den Beweis-ergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Be-weiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen [X.] und Erfahrungssätze verstößt ([X.], Urteil vom 24. Juni 2008 - [X.], [X.], 2910 Rn. 18 mwN). Die Revision erschöpft sich insoweit in einer tatsächlichen Auseinandersetzung mit der Beweiswürdigung des [X.], ohne revisible Rechtsfehler aufzuzeigen. Das Berufungsgericht hat ersichtlich sämtliche Zeugenaussagen zur Kenntnis genommen und ist auf-grund einer umfassenden tatrichterlichen Würdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die mündlich abgegebene harte Patronatserklärung auch auf die [X.]uldnerin erstreckte. Da sich leitende Mitarbeiter der [X.] wegen Liqui-ditätsschwierigkeiten der [X.]uldnerin an die Konzernmutter wandten, wurde ersichtlich eine auf die [X.]uldnerin bezogene Erklärung erwartet. [X.] sich 9 - 6 - das Verlangen einer Patronatserklärung auf die [X.]uldnerin und wollte ihm der Zeuge [X.]. nicht folgen, so wäre es unverständlich, wenn er statt einer unmissverständlichen Ablehnung eine nicht erbetene Patronatserklärung für eine andere Konzerngesellschaft abgegeben hätte. Diese Umstände stützen die Würdigung des Berufungsgerichts, dass mit dem Begriff [X.] auch die [X.]uldnerin als deren Tochtergesellschaft gemeint war. b) Ebenso macht die Revision ohne Erfolg geltend, die Beklagte habe nicht dargelegt, auf die Patronatserklärung vertraut und deswegen Zahlungen der [X.]uldnerin zugelassen zu haben. 10 Das Berufungsgericht ist ersichtlich davon ausgegangen, dass die [X.] im Vertrauen auf die Patronatserklärung weitere Zahlungen der [X.]uld-nerin zugelassen hat. Es war mit Rücksicht auf das Prozessgrundrecht des Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet, alle Einzelpunkte des Klägervortrages in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden ([X.], Beschluss vom 27. März 2003 - [X.], [X.] 154, 288, 300). Im Übrigen wurde der Zeuge [X.], seinerzeit Direktor in der Geschäftsleitung der [X.], von sei-nen Mitarbeitern aus einem gerade angetretenen Urlaub zurückgerufen, um am 25. März 2002 in einem fernmündlichen Gespräch den Zeugen [X.]. zur Abgabe einer harten Patronatserklärung zugunsten der [X.]uldnerin zu veran-lassen. Wurde die Patronatserklärung tatsächlich erteilt, so deutet das an-schließende Verhalten des Zeugen [X.], der nunmehr in den Urlaub abgereist ist, nachdrücklich darauf hin, dass er als maßgeblicher Vertreter auf die Patro-natserklärung vertraut hat. Da er aus seiner Warte durch das bei der [X.] erzielte Ergebnis die Interessen der [X.] gewahrt hatte, brauchte er in dieser Angelegenheit keine weiteren Tätigkeiten zu entfalten. Auch das [X.]reiben der [X.] vom 24. April 2002 spricht nicht dagegen, dass die 11 - 7 - Beklagte auf die mündliche Patronatserklärung vertraut hat. Das [X.]reiben diente - wie das Berufungsgericht nachvollziehbar ausführt - lediglich dem Zweck, nachträglich für eine schriftliche Fixierung des mündlich Vereinbarten Sorge zu tragen. 2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist hingegen die Würdigung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft, die Voraussetzungen für eine Anfech-tung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] seien nicht gegeben. 12 a) Noch zutreffend hat das [X.] angenommen, dass hier infolge einer kongruenten Befriedigung nur eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] in Betracht kommt. Ein Anspruch der Bank, Gutschriften mit dem Saldo eines debitorisch geführten Girokontos zu verrechnen und insoweit ihre eigene Forderung zu befriedigen, besteht immer dann, wenn sie zum jeweiligen Zeitpunkt der Verrechnung Rückzahlung des Kredits verlangen kann. Handelt es sich - wie im Streitfall - um eine lediglich geduldete Überziehung ohne ver-tragliche Grundlage, die dem Kunden kein Recht zur Inanspruchnahme der Kreditsumme gibt, kann die Bank Rückzahlung verlangen, ohne zuvor kündigen zu müssen ([X.], Urteil vom 13. Januar 2005 - [X.] ZR 457/00, [X.], 319, 320). Die Verrechnung ist hier innerhalb der [X.] erfolgt. Nach den revisionsrechtlich zugrundezulegenden Feststellungen des Berufungsgerichts war die [X.]uldnerin im Zeitpunkt der Verrechnungen am 26. April 2002 zah-lungsunfähig. 13 b) Die Vorschrift des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] setzt weiter voraus, dass der Gläubiger Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des [X.]uldners im Zeitpunkt der Rechtshandlung, also grundsätzlich bei Eintritt ihrer Rechtswir-kungen (§ 140 Abs. 1 [X.]), gehabt hat. Dies kann entgegen der Würdigung 14 - 8 - des Berufungsgerichts nicht wegen der zugunsten der [X.]uldnerin erteilten Pat-ronatserklärung verneint werden. [X.]) Ebenso wie eine der Rechtshandlung nachfolgende Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit ist eine zuvor gegebene Kenntnis des [X.]s unschädlich, falls er im Zeitpunkt der Rechtshandlung nicht mehr "bösgläubig" ist ([X.], Urteil vom 27. März 2008 - [X.] ZR 98/07, [X.], 840 Rn. 13). [X.] muss die [X.]lussfolgerung des [X.]s, wonach die [X.] des [X.]uldners zwischenzeitlich behoben ist, von einer ihm nachträglich bekannt gewordenen Veränderung der Tatsachengrundlage und nicht von einem bloßen "Gesinnungswandel" getragen sein ([X.], [X.]O Rn. 15). Als erstes dürfen die Umstände, welche die Kenntnis des [X.]s begründen, nicht mehr gegeben sein. Der Fortfall der die unwiderlegliche [X.] nach § 130 Abs. 2 [X.] begründenden Umstände allein bewirkt nicht zwingend den Verlust der Kenntnis. Vielmehr hat der Tatrichter als zweiten [X.]ritt aufgrund aller von den Parteien vorgetragenen Umstände des Einzelfalls zu würdigen, ob eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bei Vornahme der Rechtshandlung nicht mehr bestanden hat ([X.], [X.]O Rn. 17). 15 bb) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der [X.] bereits vor der am 25. März 2002 zwischen den Zeugen [X.]und [X.]. geführten fernmündlichen Unterredung wegen der Entwicklung des [X.] der [X.]uldnerin Umstände bekannt waren, die zwingend auf ihre [X.] schließen ließen (§ 130 Abs. 2 [X.]). Bei dieser Sachlage müssen die Umstände, welche die Annahme der Zahlungsunfähigkeit gebieten, nachträglich entfallen sein. Allein eine Patronatserklärung beseitigt jedoch nicht die Kenntnis von Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit [X.] - 9 - ßen lassen ([X.], Urteil vom 11. Februar 2010 - [X.] ZR 104/07, [X.], 711 Rn. 48). (1) [X.] wird zwischen der Erteilung von —weichenfi und —hartenfi Patronatserklärungen unterschieden. Weiche Patronatserklärungen, bei denen es sich um bloße Informationen über die Zahlungsfähigkeit einer Tochtergesell-schaft oder um allenfalls moralisch verpflichtende Good-will-Erklärungen han-delt, haben keinen rechtsgeschäftlichen Charakter und begründen damit keine irgendwie geartete Verbindlichkeit des Patrons ([X.]/[X.], 5. Aufl., Rn. 54 vor § 765; [X.]/[X.], [X.], § 35 Rn. 73; [X.]/ [X.], [X.], 1110, 1111). Demgegenüber übernimmt [X.] durch eine harte, rechtsgeschäftliche Patronatserklärung entweder im Innenverhältnis zu seiner Tochtergesellschaft oder im Außenverhältnis zu deren Gläubiger die Verpflichtung, die Tochtergesellschaft in der Weise auszustatten, dass sie stets in der Lage ist, ihren finanziellen Verbindlichkeiten zu genügen ([X.], [X.], 13. Aufl. § 35 Rn. 168). 17 (2) Eine harte Patronatserklärung statuiert eine rechtsgeschäftliche Einstandspflicht des Patrons gegenüber dem Adressaten der Erklärung ([X.], Urteil vom 30. Januar 1992 - [X.] ZR 112/91, [X.] 117, 127, 132 ff; [X.]/[X.], [X.], 1427, 1430). 18 Eine von der Muttergesellschaft zugunsten ihrer Tochtergesellschaft [X.] konzerninterne Patronatserklärung, die auch als Verlustdeckungszu-sage oder Verlustübernahmeerklärung bezeichnet wird ([X.]/[X.], [X.]O Rn. 49 vor § 765; [X.], Urteil vom 8. Mai 2006 - [X.], [X.], 1202 Rn. 10), begründet auch in der Insolvenz der [X.] zu deren Gunsten einen eigenen von dem Insolvenzverwalter zu 19 - 10 - verfolgenden Ausstattungsanspruch gegen die Muttergesellschaft ([X.], Z[X.] 2004, 1040 ff; [X.]/[X.], [X.]O, § 35 Rn. 169; Allstadt-[X.]mitz in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 2. Aufl. [X.] Rn. 733; [X.], [X.] 2010, 1331; [X.]/[X.], [X.]O S. 1115). Die von der Muttergesellschaft dem Gläubiger ihrer Tochtergesellschaft erteilte externe Patronatserklärung verwandelt sich in der Insolvenz der [X.]uld-nerin in eine Pflicht zur Direktzahlung an diesen ([X.], Urteil vom 30. Januar 1992, [X.]O; vom 8. Mai 2003 - [X.] ZR 334/01, [X.], 1178, 1179 f; Münch-Komm-[X.]/[X.]/[X.], 2. Aufl., § 35 Rn. 405; [X.] in [X.]i-mansky/Bunte/[X.], Handbuch des [X.], 3. Aufl. § 98 Rn. 37; [X.]/[X.], [X.]O Rn. 52 vor § 765; Allstadt-[X.]mitz, [X.]O [X.] Rn. 730; [X.]/[X.], [X.]O S. 1114). Eine solche konzern-externe Patronatserklärung schafft jedoch keine eigenen Ansprüche der Toch-tergesellschaft gegen die Muttergesellschaft ([X.]/[X.], [X.]O Rn. 51 vor § 765; [X.]/[X.], [X.]O; [X.]/[X.], [X.]O; von [X.]/[X.], [X.] 2003, 641, 647; [X.]/[X.], [X.]O S. 1431; [X.]/[X.], [X.]O S. 1112). 20 (3) Mit Hilfe einer konzerninternen Patronatserklärung, durch die sich die Muttergesellschaft gegenüber ihrer Tochtergesellschaft verpflichtet, dieser die zur Erfüllung ihrer jeweils fälligen Forderungen benötigten Mittel zur Verfügung zu stellen, kann die Zahlungsunfähigkeit der Tochtergesellschaft vermieden werden. Dies setzt jedoch - falls nicht der Tochtergesellschaft ein ungehinderter Zugriff auf die Mittel eröffnet wird - voraus, dass die Muttergesellschaft ihrer Ausstattungsverpflichtung tatsächlich nachkommt (Ziemons, [X.], 411, 413; [X.], [X.]O). 21 - 11 - Im Streitfall wurde seitens der D.
AG gegenüber der [X.] als Gläu-bigerin eine harte Patronatserklärung für die [X.]uldnerin als ihre Tochtergesell-schaft erteilt. Diese konzernexterne Patronatserklärung vermag für sich ge-nommen mangels Begründung eigener Ansprüche weder eine Zahlungsunfä-higkeit noch eine Überschuldung der Tochtergesellschaft zu beseitigen. Dies kommt vielmehr erst in Betracht, wenn die Patronin ihre gegenüber dem Gläu-biger eingegangen Verpflichtungen durch eine Liquiditätsausstattung der Toch-tergesellschaft tatsächlich erfüllt (vgl. [X.], [X.]O § 98 Rn. 44). 22 (4) Danach war allein die Erteilung der harten Patronatserklärung durch die [X.] nicht geeignet, die Kenntnis der [X.] von der Zahlungsunfähig-keit der [X.]uldnerin zu beseitigen. Mangels einer der [X.] erkennbaren Liquiditätszufuhr seitens der [X.] an die [X.]uldnerin bestanden die auf eine Zahlungsunfähigkeit hindeutenden Umstände weiter. Darum scheidet ein Weg-fall der Kenntnis der [X.] von vornherein aus ([X.], Urteil vom 11. Februar 2010 - [X.] ZR 104/07, [X.]O Rn. 48). Es bestanden vielmehr keine Anhaltspunkte, welche die Annahme der [X.] rechtfertigen konnten, die [X.]uldnerin habe die Zahlungen wieder aufgenommen (vgl. [X.], Urteil vom 20. Dezember 2007 - [X.] ZR 93/06, [X.], 452 Rn. 36; vom 27. März 2008, [X.]O Rn. 23). 23 II[X.] [X.] ist mangels Entscheidungsreife zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 24 - 12 - 1. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass - was die Revisionser-widerung zutreffend beanstandet - das Berufungsgericht eine Zahlungsunfähig-keit der [X.]uldnerin zum Stichtag des 26. April 2002 zugrundelegt, aber bereits von einer Kenntnis dieses Umstands durch die Beklagte am 25. März 2002 ausgeht. [X.] Zahlungsunfähigkeit erst am 26. April 2002 ein, kann der [X.] dieser Umstand nicht bereits am 25. März 2002 bekannt gewesen sein. Ge-genstand der Kenntnis kann nur eine tatsächlich bereits eingetretene Zahlungs-unfähigkeit sein; jede Kenntnis kann sich nur auf ein bereits verwirklichtes Er-eignis beziehen ([X.], 152, 154; [X.]/[X.], [X.] § 130 Rn. 118). Die bloße Vermutung oder billigende Inkaufnahme einer Zahlungsunfähigkeit durch den [X.] genügt nicht ([X.], 1115, 1118; Münch-Komm-[X.]/Kirchhof, 2. Aufl. § 130 Rn. 33). Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht sonach Gelegenheit, auf der Grundlage ergänzenden tatsäch-lichen Vorbringens der Parteien sowohl zum Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit der [X.]uldnerin und davon ausgehend zur Kenntnis der [X.] nähere Feststellungen zu treffen. 25 2. Auf den Stichtag des 25. März 2002 könnte abgestellt werden, falls die [X.]uldnerin bereits zu diesem Zeitpunkt die Zahlungen eingestellt hatte (§ 17 Abs. 2 Satz 2 [X.]), dieser Umstand bis zu dem Zeitpunkt der Verrechnung am 26. April 2002 fortdauerte und dies der [X.] bekannt war (§ 130 Abs. 2 [X.]). Kennt der Gläubiger die Zahlungseinstellung, ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 [X.] auch seine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit anzunehmen. Denn die dort formulierte Vermutung gilt auch im Rahmen des [X.] ([X.], Urteil vom 19. Februar 2009 - [X.] ZR 62/08, [X.] 180, 63 Rn. 13). Dabei ist davon auszugehen, dass eine einmal eingetretene Zahlungs-einstellung grundsätzlich fortwirkt und nur dadurch wieder beseitigt werden kann, dass die Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen werden ([X.], 26 - 13 - Urteil vom 20. November 2001 - [X.] ZR 48/01, [X.] 149, 178, 188). [X.] gilt für die Kenntnis des [X.]s (vgl. [X.], Urteil vom 27. März 2008 - [X.] ZR 98/07, [X.], 840 Rn. 17). Insoweit fehlen jedoch bislang jegliche Feststellungen. [X.] Fischer
Grupp [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 30.08.2007 - 21 O 253/06 - KG [X.], Entscheidung vom [X.] - 26 U 208/07 -

Meta

IX ZR 9/10

19.05.2011

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.05.2011, Az. IX ZR 9/10 (REWIS RS 2011, 6457)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6457

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