Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.05.2010, Az. 8 AZR 734/08

8. Senat | REWIS RS 2010, 6454

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Gegenstand

Betriebsübergang - fehlende Unterrichtung - Widerspruch - Verwirkung - Treuwidrigkeit des Widerspruchs


Tenor

Auf die Revisionen der Beklagten und des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 19. August 2008 - 8 [X.] 1157/07 - in Ziffer 2 und 3 aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die [X.]che zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des gesamten Rechtsstreits, an das [X.] zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 19. August 2008 - 8 [X.] 1157/07 - zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen nach dem Widerspruch des [X.] gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses weiterhin ein Arbeitsverhältnis besteht und über Zahlungsansprüche des [X.].

2

Der Kläger war seit dem 1. Juli 1996 bei der [X.] im Bereich des Personalwesens beschäftigt. Zum 1. Juli 2005 wurde er in das Geschäftsgebiet „[X.] (Mobile Devices)“ versetzt und war dort „Leiter Arbeitsrecht“. Sein zuletzt bei der [X.] verdientes monatliches Grundgehalt betrug 6.493,00 Euro brutto.

3

Der Kläger war Mitglied des sog. „[X.] Personal“, das im Zuge der Ausgliederung des Geschäftsbereiches [X.] gegründet worden war. Zu den Aufgaben dieses Teams gehörte [X.]. die Erstellung eines [X.] an die Mitarbeiter des Geschäftsbereiches [X.] über den geplanten Betriebsübergang. Im Teilprojekt [X.] ([X.]) war der Kläger Mitglied verschiedener Teilprojekte und dabei deren Leitern unterstellt, die wiederum ihrerseits verschiedenen Vorgesetzten zu berichten hatten. Der Kläger hat sowohl an der Formulierung als auch an der inhaltlichen Gestaltung des von der [X.] zum Betriebsübergang allgemein versandten [X.] mitgewirkt. Bei den Akten befindet sich ein von der [X.] vorgelegter [X.]; danach gehörte es zu den Aufgaben des [X.], das Informationsschreiben sprachlich zu überarbeiten und zu verbessern. Der Kläger war aber nicht derjenige, der das Informationsschreiben letztendlich freigab.

4

Aufgrund eines Vertrages vom 6. Juni 2005 mit der [X.] (Sitz in [X.]) übertrug die Beklagte mit Wirkung vom 30. September 2005 die Vermögensgegenstände dieses Geschäftsbereiches in [X.] im Wege der Einzelrechtsübertragung („Asset Deal“) auf die [X.] (im Folgenden: [X.]). Diese Gesellschaft wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 30. August 2005 gegründet. Gesellschafter waren die [X.] und die [X.] Am 16. September 2005 wurde die [X.] in das Handelsregister beim [X.] eingetragen. Die beiden Gesellschafter der [X.] verfügten über ein Stammkapital von jeweils 25.000,00 Euro. Im Zusammenhang mit der Übertragung der Vermögensgegenstände von der [X.] auf die [X.] zahlte die Beklagte an die [X.] einen dreistelligen Millionenbetrag.

5

Die Beklagte informierte mit dem [X.]. durch die Mitarbeit des [X.] entstandenen Informationsschreiben vom 29. August 2005 die Mitarbeiter des Geschäftsbereiches „[X.]“ über die „Übertragung der Aktivitäten“ dieses „[X.]“. Auch der Kläger wurde unter dem 29. August 2005 informiert, allerdings mit einem in den Einzelheiten leicht abgewandelten Unterrichtungsschreiben. Dieses lautet:

        

„Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses           

        

Sehr geehrter Herr …

        

wie Ihnen bereits durch verschiedene [X.] bekannt ist, werden unsere Aktivitäten des Geschäftsgebietes [X.] (Mobile Devices) zum 01.10.2005 in die [X.] GmbH & Co. OHG (im Folgenden: [X.]) übertragen.

        

[X.] ist ein weltweit führender Anbieter von [X.], wie beispielsweise [X.], [X.], Kameras und Scannern. Und im Handygeschäft wird [X.], auch dank Ihrer Hilfe, in den nächsten Jahren zu einem führenden globalen Anbieter.

        

In seinem asiatischen Heimatmarkt zählt [X.] schon heute zu den am schnellsten wachsenden Anbietern im [X.]. Durch den Zusammenschluss mit [X.] kann [X.] seine ehrgeizigen internationalen Expansionspläne umsetzen. [X.] bietet [X.] eine globale Organisation mit führenden Marktpositionen in West- und Osteuropa sowie im Wachstumsmarkt Lateinamerika. Zudem erhält [X.] durch den Kauf einen starken, weltweit bekannten Markennamen, Mobiltelefontechnologie und Softwarekompetenz sowie globalen Zugang zu der breiten Kundenbasis von [X.]. Daneben bekommt [X.] einen auf drei Kontinenten hervorragend etablierten Fertigungsverbund von [X.].

        

Die Übertragung des Geschäftsgebietes erfolgt auf Grund eines Kaufvertrags im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf [X.]. Mit diesem Betriebsübergang wird gem. § 613a BGB [X.] Ihr neuer Arbeitgeber, der in alle Rechte und Pflichten Ihres Arbeitsverhältnisses mit der [X.] AG eintritt. Es wird also anlässlich des Betriebsübergangs - sofern nicht in den beigefügten Regelungen anderes entschieden wurde - unverändert mit [X.] fortgeführt.

        

Die Höhe und Zusammensetzung des bisherigen Jahreszieleinkommens bleibt anlässlich des Betriebsübergangs unverändert. Im Einzelnen gelten für Sie die beiliegenden Regelungen für den Übergang der [X.]/[X.].

        

[X.] haftet ab dem [X.]punkt des Betriebsübergangs unbeschränkt für alle, auch rückständigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

        

Zusätzlich haftet die [X.] AG für solche Verpflichtungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind und spätestens ein Jahr danach fällig werden; soweit sie nach dem 1.10.2005 fällig werden, haftet sie nur zeitanteilig.

        

Eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs ist gesetzlich gem. § 613a Abs. 4 BGB ausgeschlossen; das Recht zu Kündigungen aus anderen Gründen bleibt unberührt.

        

Dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf [X.] können Sie nach § 613 a Abs. 6 BGB schriftlich widersprechen. Ihr Widerspruch hätte zur Folge, dass Ihr Arbeitsverhältnis nicht auf [X.] übergeht. Wir möchten Sie jedoch bitten, von diesem Recht nur nach sorgfältiger Abwägung Gebrauch zu machen, denn Ihr Widerspruch sichert Ihnen keinen Arbeitsplatz bei der [X.] AG, da die Com MD - Aktivitäten vollständig auf [X.] übertragen werden und damit eine Beschäftigungsmöglichkeit bei der [X.] AG entfallen ist.

        

Sollten Sie trotz dieser Überlegungen dennoch widersprechen wollen, bitten wir darum, Ihren etwaigen Widerspruch unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von 1 Monat nach Zugang dieses Schreibens schriftlich an

        

Herrn R B, Com [X.] CG, M

        

oder   

        

Herrn Dr. V E, M

        

zu richten.

        

Für Fragen steht Ihnen Ihre Personalorganisation gerne zur Verfügung.

        

Wir würden uns freuen, wenn Sie mit gleichem Arbeitseinsatz und hoher Motivation Ihre Arbeit bei [X.] weiterführen und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.

        

...“   

6

Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die [X.] zunächst nicht und arbeitete für diese ab dem 1. Oktober 2005 weiter. Im Jan[X.]r 2006 erhielt er Handlungsvollmacht. Im Rahmen seiner Tätigkeit in der Abteilung [X.] schloss er als Vertreter der [X.] mehrere Betriebsvereinbarungen/[X.] mit dem Betriebsrat und dem Gesamtbetriebsrat ab.

7

Nach Antrag vom 29. September 2006 wurde zum 1. Jan[X.]r 2007 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] eröffnet. Für Oktober 2006 bis Dezember 2006 erhielt der Kläger Insolvenzgeld iHv. 14.416,20 Euro netto. Er widersprach gegenüber der [X.] mit Schreiben vom 17. November 2006 dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die [X.]. Dabei stellte er der [X.] ausdrücklich seine Arbeitskraft zur Verfügung und verlangte seine Weiterbeschäftigung.

8

Der Kläger meint, er sei auch noch im November 2006 berechtigt gewesen, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen, weil die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB durch die Unterrichtung der [X.] über den Betriebsübergang nicht in Gang gesetzt worden sei. Diese Unterrichtung habe nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprochen.

9

Wegen des infolge seines Widerspruchs fortbestehenden Arbeitsverhältnisses zur [X.] hafte diese unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges - hilfsweise des Schadensersatzes - auch für die Vergütungsansprüche des [X.] in der [X.] vom 1. Oktober 2005 bis 31. Dezember 2006. Unter Berücksichtigung des Grundgehalts, von Gehaltserhöhungen nach den Bedingungen des [X.], der variablen Vergütung sowie des [X.] für das Geschäftsjahr 2005/2006 (durchschnittliche Zielerreichung 177,40 %) ergebe sich ein Gesamtvergütungsanspruch des [X.] iHv. [X.] Euro brutto. Davon sei das von der [X.] bezogene Gehalt iHv. 79.440,00 Euro brutto abzuziehen, sodass noch [X.] iHv. 81.309,75 Euro brutto bestünden. Gegen diese sei das erhaltene Insolvenzgeld iHv. 14.416,20 Euro netto zu verrechnen.

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch den Betriebsübergang des Geschäftsgebietes [X.] auf die [X.] GmbH & Co. OHG zum 1. Oktober 2005 beendet worden ist, sondern aufgrund des Widerspruchs des Klägers über diesen [X.]punkt hinaus mit der [X.] fortbesteht,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 81.309,75 Euro brutto abzüglich 14.416,20 Euro netto nebst Zinsen aus 66.893,55 Euro iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Febr[X.]r 2007 zu zahlen.

Zur Begründung ihres Antrages auf Klageabweisung hat die Beklagte die Ansicht vertreten, den Kläger mit Schreiben vom 29. August 2005 ordnungsgemäß nach § 613a Abs. 5 BGB über den beabsichtigten Betriebsübergang unterrichtet zu haben. Daher sei sein Widerspruch wegen Ablaufs der einmonatigen Widerspruchsfrist verspätet. Außerdem sei das Recht des [X.] zum Widerspruch verwirkt. Darüber hinaus stelle sich gerade der vom Kläger erhobene Widerspruch als treuwidrig dar, da er an der Erarbeitung des fehlerhaften [X.] selbst beteiligt gewesen sei. Ansprüche aus Annahmeverzug bestünden schon dem Grunde nach nicht, da der Kläger seine Arbeitskraft nicht bei der [X.] angeboten habe, jedenfalls nicht vor Zugang seines [X.]. Die Gehaltsentwicklung des [X.] bei der [X.] sei für etwaige [X.] nicht maßgeblich. Eine Gehaltserhöhung zum 1. Oktober 2006 habe dem Kläger bei der [X.] nicht zugestanden. Ebenso habe er keinen [X.]anspruch für das Geschäftsjahr 2005/2006; ein solcher sei jedenfalls nicht auf der Grundlage einer „Zielerreichung“ iHv. 177,40 % zu berechnen.

Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag stattgegeben, die Zahlungsklage jedoch abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] die Beklagte verurteilt, [X.] für die [X.] ab Zugang des [X.] bis 31. Dezember 2006 zu zahlen. Im Übrigen blieben die Berufungen beider Parteien ohne Erfolg. Mit seiner Revision will der Kläger auch die restlichen Zahlungsansprüche durchsetzen, wogegen die Revision der [X.] auf die Abweisung der Klage insgesamt abzielt.

Entscheidungsgründe

Die zulässigen Revisionen der Parteien sind zum Teil begründet. Das Urteil des Berufungsgerichts ist zum Teil aufzuheben und der Rechtsstreit insoweit an das [X.] zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Revision der [X.]n ist im Übrigen unbegründet. Aufgrund des Widerspruchs des [X.] gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses besteht zwischen den Parteien auch ab dem 1. Oktober 2005 ein Arbeitsverhältnis. Sein Recht zum Widerspruch hat der Kläger weder verwirkt noch stellt sich sein Widerspruch nach allgemeinen Grundsätzen als treuwidrig dar. Die Revision des [X.] ist daher begründet. Nach der neueren Rechtsprechung des [X.]s kann sein Widerspruch auf [X.] ab dem 1. Oktober 2005 nicht mehr mit der vom [X.] gegebenen Begründung abgewiesen werden. Die Höhe der Ansprüche des [X.] ist vom Berufungsgericht noch zu ermitteln.

A. Das [X.] hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Das Informationsschreiben der [X.]n vom 29. August 2005 erfülle nicht die Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB. Es fehlten Informationen über den „negativen Kaufpreis“ und zur Abspaltung erheblichen Betriebsvermögens. Daher habe der Kläger auch noch im November 2006 dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die [X.] widersprechen können. Der Kläger habe sein Recht zum Widerspruch nicht verwirkt, da es jedenfalls am Umstandsmoment fehle. Die bloße Weiterarbeit stelle keinen ausreichenden Umstand dar. Dass der Kläger von der [X.] Handlungsvollmacht erhalten und Betriebsvereinbarungen abgeschlossen habe, gehöre zu den üblichen Bestandteilen der Funktion, die der Kläger auszufüllen habe. Ein unzulässiger kollektiver Massenwiderspruch liege nicht vor. Auch durch eine Mitwirkung des [X.] an der Erstellung des fehlerhaften [X.] ergebe sich nicht, dass der Kläger sich nur treuwidrig auf eben diese Fehler berufen könne. Der Kläger sei weder in verantwortlicher Position an der Erstellung und Freigabe des [X.] beteiligt gewesen noch habe er auch nur fahrlässige Unkenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Schreibens gehabt. Dies ergebe sich aus seiner Position innerhalb des [X.]. Zudem sei der Kläger erst zum 1. Juli 2005 zu [X.] gewechselt, die entscheidenden Verträge von [X.] mit [X.] seien aber schon am 6. Juni 2005 geschlossen worden. Der Kläger habe also weder den Informationsstand der [X.]n gehabt noch habe diese konkret vorgetragen, was er habe erfragen müssen.

Ab dem Zugang seines [X.]s bei der [X.]n könne der Kläger Zahlungsansprüche unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges gegen sie geltend machen. Denn im [X.] habe er seine Arbeitskraft wörtlich angeboten, was ausreiche, da die [X.] im Informationsschreiben die Leistung des [X.] ab 1. Oktober 2005 bereits abgelehnt habe. Die [X.] habe die geltend gemachten Gehaltsansprüche der Höhe nach nicht substanziiert bestritten. Da somit von der Geltung des [X.] sowohl bei der [X.]n als auch bei der [X.] auszugehen sei, habe der Kläger die Höhe des Anspruchs für die [X.] vom 22. November 2006 bis zum 31. Dezember 2006 nachvollziehbar dargestellt. In Ermangelung eines wörtlichen Angebotes stünden dem Kläger jedoch für die [X.] vor dem Zugang seines [X.]s [X.]ansprüche nicht zu.

B. Die Entscheidung des [X.]s hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

I. Die Revision der [X.]n ist im Wesentlichen nicht begründet.

1. Die Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis des [X.] aufgrund seines Widerspruchs nicht zum 1. Oktober 2005 auf die [X.] Mobile OHG übergegangen ist, sondern mit der [X.]n über diesen [X.]punkt hinaus fortbesteht, ist begründet.

a) In einer Reihe von gleichgelagerten Fällen hat der [X.] entschieden, dass das Unterrichtungsschreiben der [X.]n vom 29. August 2005 über den beabsichtigten Betriebsteilübergang auf [X.] Mobile OHG den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB nicht genügt (23. Juli 2009 - 8 [X.] - [X.] § 613a Unterrichtung Nr. 10 = [X.] 2002 § 613a Nr. 114).

b) Die unzulängliche Unterrichtung durch die [X.] hatte die einmonatige Widerspruchsfrist für den Kläger (§ 613a Abs. 6 Satz 1 BGB) nicht in Lauf gesetzt (st. Rspr., vgl. [X.] 22. Januar 2009 - 8 [X.] - mwN, [X.] § 613a Unterrichtung Nr. 4 = [X.] 2002 § 613a Nr. 105).

c) Der Kläger hat sein Recht zum Widerspruch im [X.]punkt seiner Ausübung am 17. November 2006 nicht verwirkt.

aa) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt grundsätzlich den [X.]en, die den ihnen zur Begründung des [X.] vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben (vgl. [X.] 17. Januar 2007 - 7 [X.] - [X.] AÜG § 10 Fiktion Nr. 116). Das Berufungsurteil ist vom Revisionsgericht jedoch darauf zu überprüfen, ob das [X.] die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet sowie alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird ([X.] 12. Dezember 2006 - 9 [X.] - mwN, [X.] 2002 § 242 Verwirkung Nr. 1).

bb) Es kann dahinstehen, ob bei der Erklärung des Widerspruchs am 17. November 2006 das [X.]moment bereits erfüllt war. Jedenfalls fehlt es am Umstandsmoment, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei erkannt hat.

Könnte allein die widerspruchslose Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebserwerber ein Umstandsmoment für die Verwirkung darstellen, so würde das Ziel, falsch unterrichteten Arbeitnehmern das Widerspruchsrecht zu erhalten, unterlaufen ([X.] 24. Juli 2008 - 8 [X.] - Rn. 43, [X.] § 613a Nr. 349 = [X.] 2002 § 613a Nr. 94). Davon ist rechtsfehlerfrei auch das [X.] im Falle des [X.] ausgegangen. Bei der [X.]n war der Kläger vor seinem Wechsel zu [X.] am 1. Juli 2005 Personalleiter im Bereich [X.] und [X.]. Bei [X.] war er Leiter Arbeitsrecht. Dass er als solcher von der [X.] Handlungsvollmacht bekam und am Abschluss von Betriebsvereinbarungen oder [X.] beteiligt war, entspricht seiner Funktion, wie schon das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei erkannt hat.

2. Dass das [X.] den Widerspruch des [X.] nicht nach allgemeinen Grundsätzen als treuwidrig befunden hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

a) Die Auffassung der [X.]n, der Kläger könne sich nicht ohne Verstoß gegen § 242 BGB auf die Fehler des [X.] berufen, an dessen Erstellung er „maßgeblich“ beteiligt gewesen sei, vermag nicht zu überzeugen. Es ist bereits nach dem Vorbringen der [X.]n unklar, welchen Anteil der Kläger an der Erarbeitung des [X.] gehabt haben soll. Einerseits soll es zu seinen Aufgaben gehört haben, das Informationsschreiben „sprachlich“ zu überarbeiten und zu verbessern. Andererseits soll er sich in einer „beratenden Funktion“ befunden und dadurch auch „eine Verantwortung“ gehabt haben. „Ebenso wenig wie ein Rechtsanwalt gegenüber seinen Mandanten“ soll er sich nunmehr gegenüber der [X.]n nicht darauf berufen können, nicht über die nötigen Informationen verfügt zu haben. Diese hätte er erfragen müssen.

b) Demgegenüber hat das [X.] ohne Rechtsfehler den Tatsachenstoff dahingehend gewürdigt, dass dem Kläger nur wenig Verantwortung für das Informationsschreiben vom 29. August 2005 zukommt.

Zu Recht haben die [X.] auf das Organigramm zur Projektstruktur verwiesen, aus dem sich ergibt, dass „[X.]“ nur ein Teilprojekt der [X.]-Überleitung war, die wesentlichen wirtschaftlichen Absprachen schon vor dem Wechsel des [X.] nach [X.] MD getroffen worden waren und dass der Kläger innerhalb des Teilprojekts [X.] nur auf [X.] tätig war. Aus dem von der [X.]n vorgelegten [X.] ergibt sich zudem, dass der Kläger für den „unternehmerischen Hintergrund“ auf eine Pressemitteilung zurückgreifen musste und sich dafür ausgesprochen hat, „reinen Wein“ einzuschenken.

Unstrittig ist der Kläger Arbeitnehmer und als solcher an die Weisungen der [X.]n gebunden. Für die Freigabe des [X.] war er nicht verantwortlich. Die [X.] hat weder allgemein noch im Einzelnen substanziiert vorgetragen, dass der Kläger bei der Mitarbeit an den Informationsschreiben oder bei durch ihn erarbeiteten einzelnen Formulierungen gegen Weisungen der [X.]n oder seiner Vorgesetzten verstoßen hätte. Nur bei einer derartigen Schlechtleistung wäre aber eine Treuwidrigkeit des Widerspruchs des [X.] in Betracht zu ziehen, weil er sich dann auf Fehler beriefe, die er selbst zuvor gemacht hätte. Anhaltspunkte dafür sind jedoch dem Vorbringen der [X.]n nicht zu entnehmen, wie das [X.] festgestellt hat und wogegen die Revision keine Verfahrensrügen erhoben hat.

3. Der auf den [X.]punkt des Betriebsübergangs zurückwirkende Widerspruch führt dazu, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 1. Oktober 2005 hinaus unverändert fortbesteht (st. Rspr. des [X.]s, vgl. 13. Juli 2006 - 8 [X.] - Rn. 41 mwN, [X.]E 119, 91 = [X.] § 613a Nr. 312 = [X.] 2002 § 613a Nr. 56). Ein unzulässiger Massenwiderspruch liegt ebenso wenig vor wie eine Veranlassung, dem [X.] Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen ([X.] 23. Juli 2009 - 8 [X.] - [X.] § 613a Unterrichtung Nr. 10 = [X.] 2002 § 613a Nr. 114).

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Wegen Annahmeverzuges kann der Kläger ab dem [X.]punkt des Betriebsübergangs Zahlungsansprüche geltend machen (§ 615 Satz 1 BGB). Über deren Höhe wird das [X.] zu befinden haben.

1. Nach der Rechtsprechung des [X.] gerät der Arbeitgeber sowohl bei einer ordentlichen als auch bei einer außerordentlichen Kündigung mit Beginn des Tages in Annahmeverzug, an dem das Arbeitsverhältnis nach dem Inhalt der Kündigung enden soll, soweit der Arbeitnehmer leistungsfähig und leistungsbereit ist. Der Arbeitgeber kommt bei einer Verweigerung der Weiterbeschäftigung seiner Pflicht zur Zuweisung der Arbeit und zur Bereithaltung eines funktionsfähigen Arbeitsplatzes nicht nach. Dies ist aber eine gemäß § 296 BGB nach dem Kalender bestimmte Mitwirkungshandlung, weil der [X.]punkt durch den Ablauf der Kündigungsfrist bzw. den Zugang der Kündigung aus wichtigem Grund festgelegt ist ([X.] 9. August 1984 - 2 [X.] - [X.]E 46, 234 = [X.] § 615 Nr. 34 = [X.] § 615 Nr. 43; 21. März 1985 - 2 [X.] - [X.] § 615 Nr. 35 = [X.] § 615 Nr. 44).

Diese Rechtsprechung ist auf den Streitfall übertragbar. Erklärt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor dem Betriebsübergang, dass eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit wegen des [X.] seines Arbeitsplatzes nicht mehr gegeben ist, so macht er damit deutlich, der ihm obliegenden Mitwirkungshandlung nicht nachkommen zu wollen. Er gerät damit in Annahmeverzug, ohne dass es noch eines Angebotes der Arbeitsleistung von Seiten des Arbeitnehmers bedürfte ([X.] 27. November 2008 - 8 [X.] -; 24. Juli 2008 - 8 [X.] 1020/06 -). Vorliegend hatte die [X.] bereits in ihrem Unterrichtungsschreiben an den Kläger vom 29. August 2005 erklärt, dass „die [X.] MD - Aktivitäten vollständig auf [X.] Mobile übertragen werden und damit eine Beschäftigungsmöglichkeit bei der [X.] AG entfallen ist“. Sie befand sich damit ab dem [X.]punkt des Betriebsübergangs in Annahmeverzug, eines Angebotes der Arbeitskraft durch den Kläger bedurfte es nicht.

Die gesetzlichen Regelungen des Annahmeverzuges gehen davon aus, dass durch die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bei einem anderen Arbeitgeber nicht zwangsläufig ein Unvermögen des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung iSd. § 297 BGB eintritt, welches den Annahmeverzug ausschließt. So bestimmt § 615 Satz 2 BGB, dass sich der Dienstverpflichtete den Wert desjenigen anrechnen lassen muss, was er durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt. Diese Regelung führt auch dazu, Doppelansprüche des Arbeitnehmers gegen den Betriebsveräußerer und den Betriebserwerber, für welchen der Arbeitnehmer vorübergehend eine Arbeitsleistung erbracht hat, auszuschließen.

Für die auf die [X.] ab Zugang des [X.]s vom 17. November 2006 bezogenen Zahlungsansprüche ergibt sich der Annahmeverzug der [X.]n aus § 295 Satz 1 BGB, da ihr der Kläger seine Arbeitsleistung in diesem Schreiben ausdrücklich angeboten hatte und die [X.] der ihr gemäß § 295 Satz 1 2. Alt. BGB obliegenden Mitwirkungshandlung, dem Kläger nach Zugang seines Schreibens einen neuen Arbeitsplatz innerhalb der von ihr geleiteten Unternehmensorganisation zuzuweisen, nicht nachgekommen ist.

2. Die Revision der [X.]n ist allerdings insoweit erfolgreich, als das [X.] mit der gegebenen Begründung nicht die Höhe des [X.]es des [X.] für die [X.] vom 22. November 2006 bis 31. Dezember 2006 auf 8.872,79 Euro brutto im Ausgangswert festsetzen durfte. Auch wenn die [X.] die Anwendung des [X.] bei der [X.] nicht bestritten hat, ergeben sich daraus nicht unstrittig die vom Kläger zugrunde gelegten Gehaltssteigerungen, die das [X.] insoweit übernommen hat. Die [X.] hat substanziiert auf das zuletzt bei ihr verdiente monatliche Grundgehalt von 6.493,00 Euro verwiesen. Ebenso hat sie mit Schriftsatz vom 18. August 2008 einen Bonusanspruch des [X.] dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Beides wird das [X.] aufzuklären haben, um die Höhe der Zahlungsansprüche, die dem Kläger vom 1. Oktober 2005 bis 31. Dezember 2006 zustehen, festzustellen. Daraus ist die Kostentragungspflicht einheitlich für den gesamten Rechtsstreit abzuleiten.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Döring    

        

    Schuckmann    

                 

Meta

8 AZR 734/08

20.05.2010

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG München, 24. Oktober 2007, Az: 7 Ca 18543/06, Urteil

§ 613a Abs 1 BGB, § 613a Abs 5 BGB, § 613a Abs 6 BGB, § 242 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.05.2010, Az. 8 AZR 734/08 (REWIS RS 2010, 6454)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6454

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

8 Sa 1154/15

8 Sa 538/16

8 Sa 539/16

8 Sa 540/16

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