Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.01.2016, Az. 3 StR 462/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 17929

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Gegenstand

Schweigen des verweigerungsberechtigten Zeugen: Zulässigkeit der Prüfung und Bewertung der Gründe des Aussageverhaltens des Zeugen


Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 27. Mai 2015 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den [X.] im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend zur Antragsschrift des [X.] bemerkt der [X.]:

1. Die in der Beweiswürdigung des [X.] enthaltene Erwägung, die den Angeklagten [X.]entlastenden Angaben seines Bruders [X.]     seien nicht glaubhaft, weil dieser sie erst zu einem Zeitpunkt gemacht habe, als der Angeklagte bereits mehrere Monate in Haft gewesen sei, begegnet grundsätzlich rechtlichen Bedenken. Der unbefangene Gebrauch des Schweigerechts gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO wäre nicht gewährleistet, wenn ein verweigerungsberechtigter Zeuge die Prüfung und Bewertung der Gründe für sein [X.] befürchten müsste. Deshalb dürfen weder aus der durchgehenden noch aus der nur anfänglichen Zeugnisverweigerung dem Angeklagten nachteilige Schlüsse gezogen werden. Letzterem steht es gleich, wenn es ein zur Zeugnisverweigerung Berechtigter - wie hier - zunächst unterlässt, von sich aus Angaben zu machen. Einer Würdigung zugänglich ist allein das nur teilweise Schweigen des [X.] (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 20. März 2014 - 3 [X.], [X.], 415 mwN). Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil indes nicht. Das [X.] hat die Angaben des Bruders des Angeklagten (und dessen Cousins) auch deshalb für unglaubhaft angesehen, weil diese im Widerspruch zu Angaben der beiden Angeklagten standen, der Zeuge B.    S.     bekundete, es habe von niemandem Tritte gegeben, was ebenfalls den Angaben des Angeklagten S.     sowie den des Mitangeklagten [X.]widersprach, und er seine Angaben während der Vernehmung geändert hatte.

2. Die im Schriftsatz des Verteidigers des Angeklagten S.     vom 21. September 2015 enthaltenen Einzelangriffe gegen die Beweiswürdigung des [X.] bleiben ohne Erfolg. Die Beweiswürdigung ist auch im Übrigen im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Insoweit gilt:

Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Diesem obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung hat sich darauf zu beschränken, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind, was in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall ist, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überhöhte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; vgl. zuletzt [X.], Urteil vom 27. Oktober 2015 - 3 [X.], juris Rn. 16 mwN). Daran gemessen unterliegt die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die [X.] erschöpfen sich im Wesentlichen in dem im Revisionsverfahren unbeachtlichen Versuch, die erhobenen Beweise anders als der Tatrichter zu würdigen. Dies kann dem Rechtsmittel regelmäßig und auch vorliegend nicht zum Erfolg verhelfen.

Der [X.] ist - anders als die Revision des Angeklagten S.     meint - nicht gehindert, im [X.] gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu entscheiden. Dessen Voraussetzungen liegen vor; im Übrigen hat der Schriftsatz des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Si.   vom 21. September 2015 nach dem Inhalt der Verfahrensakten und des [X.]sheftes dem [X.] vor der Zuleitung seiner Antragsschrift vom 9. November 2015 an den [X.] vorgelegen.

[X.]

                 [X.]Spaniol

Meta

3 StR 462/15

12.01.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Koblenz, 27. Mai 2015, Az: 2060 Js 36378/14 jug Ks

§ 52 Abs 1 StPO, § 261 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.01.2016, Az. 3 StR 462/15 (REWIS RS 2016, 17929)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17929

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Referenzen
Wird zitiert von

3 StR 86/16

3 StR 86/16

3 StR 462/15

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