Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.09.2013, Az. X ZR 1/13

X. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 3078

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X [X.]
X ZR 2/13
vom
3.
September 2013
in den
Patentnichtigkeitssachen
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Kostenbegünstigung III
[X.] § 144 Abs. 1
a)
Ein nicht aktiv am [X.] beteiligtes Unternehmen, das nicht über nennenswerte Vermögensgegenstände verfügt, wird in seiner wirtschaftli-chen Lage nicht zusätzlich im Sinne von §
144 [X.] gefährdet, wenn es mit einer Prozesskostenforderung belastet wird, die angesichts seiner Vermö-genssituation ohnehin nicht beitreibbar ist (Bestätigung von [X.], Beschluss vom 24.
Februar 1953

I
ZR
106/51,
[X.] 1953, 284

Kostenbegünsti-gung
I).
b)
Wenn ein Patentinhaber beim Abschluss einer Vereinbarung über die [X.] von Prozesskosten eine Vertragsgestaltung wählt, die ihm und dem finanzierenden [X.] alle mit dem Rechtsstreit verbundenen Chancen si-chert, das Kostenrisiko eines [X.]s wirtschaftlich aber der Gegenseite auferlegt, ist es in der Regel nicht angemessen, ihn von diesem Kostenrisiko durch eine Kostenbegünstigung gemäß §
144 [X.] noch wei-tergehend zu entlasten.
[X.], Beschluss vom 3. September 2013 -
X [X.], X
ZR
2/13 -
[X.]
-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat am 3.
September 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Meier-Beck, die Richter Dr.
Grabinski, Dr.
Bacher und [X.] sowie die Richterin Schuster
beschlossen:
Der Kostenbegünstigungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beklagte
wurde
am 30.
November 2007 gegründet und ist mit einem
Stammkapital von einem Pfund Sterling ausgestattet. In ihrer Bilanz zum 30.
November 2012 weist sie Aktiva und Passiva lediglich in der genannten Hö-he aus.
Die Beklagte ist Inhaberin eines [X.] und eines [X.] Pa-tents. Die Schutzrechte
betreffen einen [X.]. Sie wurden
in den Jahren 2001 bzw. 2002 angemeldet und im [X.] auf die Beklagte übertragen. Diese
nimmt die Klägerin wegen Verletzung beider Patente gerichtlich auf Schadensersatz und Auskunft in Anspruch. Die Klägerin hat gegen die Patente
in zwei separaten Verfahren Nichtigkeitsklage erhoben. Das Patentgericht hat die
Patente für nichtig erklärt.
Die Beklagte hat in beiden Verfahren Berufung eingelegt.
Die Beklagte trägt vor, sie habe aufgrund der beobachteten Patentverlet-zungen und der daraus resultierenden negativen wirtschaftlichen Prognosen für eigene Produkte den Geschäftsbetrieb ruhen lassen. Die Kosten für den [X.] habe sie bislang aufbringen können, weil sie dort [X.] sei. Dies gelte für die beiden [X.] nicht.
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2
3
-
3
-
Die Beklagte beantragt
in beiden Verfahren, den Streitwert gemäß §
144 [X.] zu ihren Gunsten auf 50.000 Euro festzusetzen. Die Klägerin tritt dem [X.] jeweils entgegen.
II.
Der Antrag auf Kostenbegünstigung
ist in beiden Verfahren unbe-gründet.
1.
Die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert kann nicht zu einer erheblichen Gefährdung der wirtschaftlichen Lage der [X.]n
führen.
Der [X.] hat bereits entschieden, dass ein nicht aktiv am [X.] beteiligtes Unternehmen, das nicht über nennenswerte [X.] verfügt, in seiner wirtschaftlichen Lage nicht zusätzlich im Sinne von §
144 [X.] gefährdet wird, wenn es mit einer Prozesskostenforde-rung belastet wird, die angesichts seiner
Vermögenssituation ohnehin nicht bei-treibbar ist ([X.], Beschluss vom 24.
Februar 1953

I
ZR
106/51, [X.] 1953, 284

Kostenbegünstigung
I).
Dieser Grundsatz ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch im Streitfall einschlägig. Die Beklagte verfügt nach ihrem Vortrag neben den ihr zustehenden Patenten nicht über nennenswertes Vermögen und entfaltet außer der Geltendmachung von Rechten aus diesen Patenten keine Geschäftstätig-keit.
Dass die Beklagte nach ihrem
Vortrag im Falle eines Unterliegens
in In-solvenzgefahr gerät, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Ursache der Insolvenz wäre gegebenenfalls nicht die Belastung mit Prozesskosten, son-dern der Umstand, dass sich die beiden Streitpatente im Falle ihrer [X.] als wirtschaftlich wertlos erweisen würden. Die Festsetzung eines niedrigeren Streitwerts könnte an diesem Kausalablauf
nichts ändern. Das 4
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4
-
Vermögen der Beklagten würde nach ihrem Vortrag unabhängig von der Höhe des Streitwerts zur Deckung der Prozesskosten nicht ausreichen.
Dass die [X.] zur Tragung der Prozesskosten auch dann nicht in der Lage wäre, wenn sich zumindest eines der Patente als werthaltig erweisen sollte, ist weder gel-tend gemacht noch sonst ersichtlich.
2.
Unabhängig davon erschiene eine Begünstigung der Beklagten
auch deshalb unangemessen, weil die Beklagte für eine Finanzierung des Verlet-zungsrechtsstreits gesorgt hat, ohne die Finanzierung des Nichtigkeitsverfah-rens zu sichern.
Der Umstand, dass die Beklagte einen [X.] gefunden hat, der bereit ist, das wirtschaftliche Risiko eines [X.] in voller Höhe zu tra-gen, belegt, dass den beiden Streitpatenten
jedenfalls in ihrer Summe ein wirt-schaftlicher Wert zukommt. Wenn ein Patentinhaber in einer solchen [X.] eine Vereinbarung über die Finanzierung des Rechtsstreits trifft, obliegt es ihm, auch für den Fall einer Nichtigkeitsklage Sorge zu tragen. In der Regel besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass es nach Erhebung der [X.] zu einem solchen Verfahren kommt. Ein besonnener und wirtschaftlich denkender Patentinhaber hat deshalb Anlass, die Finanzierungs-vereinbarung
auch auf diese Kosten zu erstrecken. Wenn er dennoch eine [X.] wählt, die ihm und dem finanzierenden [X.]
alle mit dem Rechtsstreit verbundenen Chancen sichert, das Kostenrisiko des Nichtigkeits-verfahrens wirtschaftlich aber der Gegenseite auferlegt, erschiene es nicht [X.], ihn von diesem Kostenrisiko durch eine Kostenbegünstigung gemäß

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-
5
-

§
144 [X.] noch weitergehend zu entlasten. Besondere Umstände, die aus-nahmsweise eine andere Beurteilung nahelegen könnten, sind weder vorgetra-gen noch sonst ersichtlich.
Meier-Beck
Grabinski
Bacher

[X.]
Schuster
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.10.2012 -
5 Ni 40/10 -

[X.], Entscheidung vom 02.10.2012 -
5 Ni 41/10 (EP) -

Meta

X ZR 1/13

03.09.2013

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.09.2013, Az. X ZR 1/13 (REWIS RS 2013, 3078)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3078

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