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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Gewerbsmäßiger Schmuggel: Gesetzeskonkurrenz zur Steuerhinterziehung
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] (Oder) vom 29. November 2016 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte [X.] in den Fällen II.1. bis [X.] der Urteilsgründe verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil
aa) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte [X.] des gewerbsmäßigen Schmuggels in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 23 Fällen schuldig ist,
bb)soweit es den Mitangeklagten [X.]betrifft, im Schuldspruch dahin abgeändert, dass in den [X.] bis [X.] der Urteilsgründe die tateinheitliche Verurteilung wegen Steuerhinterziehung entfällt, und
cc)hinsichtlich beider Angeklagter im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten [X.] wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.
Das [X.] hat den Angeklagten [X.] und den Mitangeklagten [X.] jeweils wegen gewerbsmäßigen Schmuggels in Tateinheit mit Steuerhinterziehung und mit Urkundenfälschung in 61 Fällen verurteilt. Gegen den Angeklagten [X.] hat es deswegen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten festgesetzt. Gegen den Mitangeklagten [X.] hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verhängt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Im Hinblick auf eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung hat das [X.] hiervon bei beiden Angeklagten jeweils acht Monate Freiheitsstrafe für vollstreckt erklärt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte [X.] mit seiner auf Verfahrensrügen und sachlich-rechtliche Beanstandungen gestützten Revision. Der Mitangeklagte [X.] hat kein Rechtsmittel eingelegt. Die Revision des Angeklagten [X.] führt nach einer Teileinstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO zu einer Abänderung des Schuldspruchs und hat im Übrigen zum Strafausspruch Erfolg; die weitergehende Revision des Angeklagten [X.] ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Gemäß § 357 StPO ist die Schuldspruchänderung und in der Folge auch die Aufhebung des Strafausspruchs auf den Mitangeklagten [X.] zu erstrecken.
1. Aus prozessökonomischen Gründen wird das Verfahren, soweit es den Angeklagten [X.] betrifft, auf Antrag des [X.] in den Fällen II.1. bis [X.] der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
2. In den (verbleibenden) Fällen [X.] bis [X.] der Urteilsgründe ist der Schuldspruch - gemäß § 357 StPO auch hinsichtlich des Mitangeklagten [X.] - dahin abzuändern, dass die Verurteilung jeweils wegen tateinheitlich begangener Steuerhinterziehung entfällt.
a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen verkürzten der Angeklagte [X.] und der Mitangeklagte [X.] in diesen Fällen jeweils dadurch Zoll und Einfuhrumsatzsteuer, dass sie bei der Einfuhr von Honig aus der [X.] im Rahmen der Abgabe von Zollanmeldungen durch eine Zollspedition einen erheblich unter dem Einkaufspreis liegenden Warenwert anmelden ließen und dabei von gefälschten Rechnungen Gebrauch machten. Das [X.] hat diese Taten jeweils als gewerbsmäßigen Schmuggel in Tateinheit mit Steuerhinterziehung und mit Urkundenfälschung gewertet.
b) Die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) entfällt, weil es sich bei Schmuggel (§ 373 [X.]) um einen [X.] handelt, der den Grundtatbestand des § 370 [X.] verdrängt. Dies gilt für vor dem 1. Januar 2008 begangenen Taten selbst dann, wenn - was hier nicht der Fall ist - die Voraussetzungen eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung im Sinne des § 370 Abs. 3 [X.] gegeben sind ([X.], Beschlüsse vom 2. September 2015 - 1 StR 11/15, [X.], 47 und vom 5. November 2014 - 1 StR 267/14, [X.], 285, jeweils mwN). Neben dem Zoll stellt auch die Einfuhrumsatzsteuer eine Einfuhrabgabe dar, die vom [X.] des § 373 Abs. 1 [X.] erfasst wird (vgl. [X.], [X.], 13. Aufl., § 373 Rn. 25). Der Angeklagte ist damit - nach Teileinstellung des Verfahrens - des gewerbsmäßigen Schmuggels in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 23 Fällen schuldig.
3. Gemäß § 357 StPO ist die Schuldspruchänderung in den Fällen [X.] bis [X.] der Urteilsgründe auch auf den als Mittäter verurteilten Mitangeklagten [X.] zu erstrecken. Soweit das Verfahren gegen den Angeklagten [X.] gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist, greift § 357 StPO für den Mitangeklagten nicht ein.
4. Die Einzelstrafen in den Fällen [X.] bis [X.] der Urteilsgründe haben - gemäß § 357 StPO auch hinsichtlich des Mitangeklagten [X.] - keinen Bestand. Denn das [X.] hat ausdrücklich zum Nachteil beider Angeklagter berücksichtigt, dass diese mit jeder Tat jeweils drei Straftatbestände verwirklichten. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Es liegt ein Fall der [X.] vor, bei der das verdrängte Delikt nur dann bei der Strafzumessung berücksichtigt werden darf, wenn und soweit Umstände, die die erhöhte Schuld begründen sollen, nicht schon - wie aber hier - zu den Merkmalen des vorrangigen Tatbestands gehören (vgl. [X.], 12. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 95). Damit hat das [X.] in allen Fällen gegen das [X.] (§ 46 Abs. 3 StGB) verstoßen. Der [X.] kann nicht ausschließen, dass das [X.] in diesen Fällen ohne diesen [X.] jeweils niedrigere Einzelstrafen verhängt hätte. Da hinsichtlich des Angeklagten [X.] - nach Teileinstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO - alle verbliebenen Einzelstrafen betroffen sind, kann auch die Gesamtstrafe keinen Bestand haben. Hinsichtlich des Mitangeklagten [X.] hebt der [X.] den Strafausspruch ebenfalls insgesamt auf, um dem neuen Tatgericht eine neue und widerspruchsfreie Strafzumessung zu ermöglichen.
5. Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da diese von dem [X.] nicht betroffen sind.
6. Die weitergehende Revision des Angeklagten [X.] ist aus den in der Antragsschrift des [X.] vom 11. Mai 2017 genannten Gründen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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09.11.2017
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Beschluss
Sachgebiet: StR
vorgehend LG Frankfurt (Oder), 29. November 2017, Az: 22 Wi KLs 7/15
§ 370 Abs 1 Nr 1 AO, § 373 Abs 1 AO
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.11.2017, Az. 1 StR 204/17 (REWIS RS 2017, 2580)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 2580
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
1 StR 204/17 (Bundesgerichtshof)
1 StR 403/19 (Bundesgerichtshof)
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