Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.11.2013, Az. 4 BN 29/13

4. Senat | REWIS RS 2013, 1414

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Gegenstand

Erledigung bei einer auf grundsätzliche Bedeutung gestützten Nichtzulassungsbeschwerde


Gründe

I.

1

Die [X.]eteiligten streiten (noch) darüber, ob sich die [X.]eschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 21. Februar 2013 erledigt hat.

2

Auf den Normenkontrollantrag der Antragstellerin hat der Verwaltungsgerichtshof den [X.]ebauungsplan Nr. 34/2 "Am [X.]" der Antragsgegnerin für unwirksam erklärt, weil die maßgebliche Auslegungsbekanntmachung insoweit gegen § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.]auG[X.] verstoße, als sie keinerlei Angaben dazu enthalte, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar seien. Der bloße Hinweis, dass der Umweltbericht und bereits vorliegende umweltbezogene Stellungnahmen ausgelegt würden, ohne Angaben dazu, welche Themen betroffen seien, genüge nicht. Von einer Unbeachtlichkeit des Fehlers nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 Alt. 2 [X.]auG[X.] könne nicht ausgegangen werden. Das schlichte Unterlassen von Angaben zu den verfügbaren umweltbezogenen Informationen bleibe auch nach der sogenannten internen [X.] ein beachtlicher Mangel.

3

Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Antragsgegnerin [X.]eschwerde wegen grundsätzlicher [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) nachfolgender Rechtsfragen eingelegt:

Welche Verpflichtung trifft die Gemeinde, "soweit sie 'Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind', nach § 3 Abs. 2 Satz 1 [X.]auG[X.] (richtig: § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.]auG[X.]) ortsüblich bekannt zu machen hat?"

Unter welchen Voraussetzungen ist "ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Satz 1 [X.]auG[X.] (richtig: § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.]auG[X.]) nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 Alt. 2 [X.]auG[X.] unbeachtlich, weil nur 'einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind', gefehlt haben?"

4

Mit Urteil vom 18. Juli 2013 - [X.]VerwG 4 [X.]N 3.12 - (zur [X.] in der amtlichen Sammlung vorgesehen) hat der [X.] entschieden, dass § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.]auG[X.] die Gemeinden dazu verpflichtet, die in den vorhandenen Stellungnahmen und Unterlagen behandelten Umweltthemen nach Themenblöcken zusammenzufassen und diese in der Auslegungsbekanntmachung schlagwortartig zu charakterisieren. Das [X.] erstreckt sich auch auf solche Arten verfügbarer Umweltinformationen, die in Stellungnahmen enthalten sind, die die Gemeinde für unwesentlich hält und deshalb nicht auszulegen beabsichtigt. Ein pauschaler Hinweis auf den Umweltbericht genügt nicht (a.a.[X.] Rn. 22). Auf der Grundlage der Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs im angefochtenen Urteil hat es der [X.] bundesrechtlich für ausgeschlossen gehalten, im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 Alt. 2 [X.]auG[X.] von einem bloßen Fehlen einzelner Angaben auszugehen (a.a.[X.] Rn. 25).

5

Im Hinblick auf diese Entscheidung hat die Antragsgegnerin ihre [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision insgesamt für erledigt erklärt, weil die als rechtsgrundsätzlich erachteten Fragen nunmehr im Sinne der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs entschieden worden seien. Die Antragstellerin hat der Erledigung widersprochen. Sie ist der Auffassung, eine Erledigung sei vorliegend nicht eingetreten.

II.

6

1. Der zulässige Feststellungsantrag ist unbegründet. Die [X.]eschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 21. Februar 2013 hat sich nicht erledigt.

7

Tritt nach Klageerhebung ein außerprozessuales Ereignis ein, das dem Klagebegehren die Grundlage entzieht, womit die Klage für den Kläger gegenstandslos wird, dann kann er den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären. Widerspricht der [X.]eklagte, so wird der Rechtsstreit als Erledigungsrechtsstreit fortgesetzt. In diesem Fall hat das Gericht gemäß dem [X.]egehren des [X.] jedenfalls noch die Frage zu prüfen, ob sich das ursprüngliche Klagebegehren durch ein nach Klageerhebung [X.] Ereignis außerhalb des Prozesses tatsächlich erledigt hat. Dabei ist die Umstellung vom ursprünglichen Klageantrag auf den Antrag, die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen, von den für Klageänderungen geltenden einschränkenden Voraussetzungen der §§ 91, 142 [X.] freigestellt. Hat das nachträgliche Ereignis der Klage die Grundlage entzogen, so ist dem Feststellungsantrag stattzugeben; anderenfalls ist die (Feststellungs-)Klage abzuweisen (stRspr; Urteile vom 14. Januar 1965 - [X.]VerwG 1 [X.] - [X.]VerwGE 20, 146 <149 ff.> = [X.] 310 § 161 Abs. 2 [X.] Nr. 12, vom 27. Februar 1969 - [X.]VerwG 8 [X.] 37.67 und 8 [X.] 38.67 - [X.]VerwGE 31, 318 <319 f.>, vom 24. Juli 1980 - [X.]VerwG 3 [X.] 120.79 - [X.]VerwGE 60, 328 <330 f.>, vom 22. Januar 1993 - [X.]VerwG 8 [X.] 40.91 - [X.] 310 § 161 [X.] Nr. 100 = juris Rn. 11 und vom 31. Oktober 1990 - [X.]VerwG 4 [X.] 7.88 - [X.]VerwGE 87, 62 = [X.] 406.401 § 29 [X.]NatSchG Nr. 2 = juris Rn. 19; [X.]eschlüsse vom 30. Oktober 1969 - [X.]VerwG 8 [X.] 219.67 - [X.]VerwGE 34, 159 <160>, vom 25. November 1981 - [X.]VerwG 1 W[X.] 131.80 - [X.]VerwGE 73, 312 <313>, vom 25. April 1989 - [X.]VerwG 9 [X.] 61.88 - [X.]VerwGE 82, 41 <42> und vom 24. Oktober 1997 - [X.]VerwG 4 N[X.] 35.96 - [X.] 310 § 47 [X.] Nr. 121 = juris Rn. 7). Auf die [X.]egründetheit der ursprünglichen Klage kommt es - außer im Fall eines besonderen Feststellungsinteresses der der Erledigung widersprechenden [X.] - dabei nicht an ([X.], in: [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl. 2010, § 161 Rn. 161, 162 ff. m.w.N.). Ob neben der Erledigung auch die Zulässigkeit der ursprünglichen Klage zu prüfen ist, wird nicht einheitlich beurteilt ([X.] a.a.[X.] § 161 Rn. 143 ff.; [X.], NVwZ 2003, 797), bedarf aber vorliegend - wie noch darzulegen ist - keiner Entscheidung.

8

Diese Grundsätze gelten auch für das Verfahren über die [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ([X.]eschlüsse vom 17. Dezember 1993 - [X.]VerwG 3 [X.] 134.92 - [X.] 310 § 161 [X.] Nr. 103 = juris Rn. 1 und vom 8. April 1998 - [X.]VerwG 4 [X.] 184.97 - [X.]auR 2000, 79 = juris Rn. 1). Ein solches Verfahren kann sich im Falle allein geltend gemachter grundsätzlicher [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) z.[X.]. dadurch erledigen, dass die vom [X.]eschwerdeführer als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete(n) Frage(n) durch eine Entscheidung des [X.]undesverwaltungsgerichts im Sinne der [X.]erufungsentscheidung geklärt wird/werden und damit der [X.]eschwerde insgesamt, d.h. bezüglich aller geltend gemachter Grundsatzfragen, die Grundlage entzogen wird, weil auch der Übergang zur Divergenzbeschwerde (siehe hierzu etwa [X.]eschlüsse vom 11. Februar 1986 - [X.]VerwG 8 [X.] 7.85 - [X.] 310 § 132 [X.] Nr. 240 = juris Rn. 3, vom 9. April 1999 - [X.]VerwG 9 [X.] 21.99 - juris Rn. 3 und vom 21. Februar 2000 - [X.]VerwG 9 [X.] 57.00 - juris Rn. 6) in dieser Konstellation ausgeschlossen ist (ebenso: [X.] a.a.[X.] § 133 Rn. 96; Pietzner/[X.]ier, in: [X.]/[X.]/[X.]ier, [X.], Stand August 2012, § 133 Rn. 105; siehe auch [X.]eschluss vom 24. Oktober 1997 a.a.[X.] juris Rn. 11 für eine Nichtvorlagebeschwerde nach § 47 Abs. 7 [X.] a.F.). Dagegen tritt keine, auch keine teilweise Erledigung einer solchen [X.]eschwerde ein, wenn lediglich eine einzige oder einzelne von mehreren vom [X.]eschwerdeführer für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage(n) durch eine Entscheidung des [X.]undesverwaltungsgerichts geklärt wird/werden, weil der [X.] des § 132 Abs. 2 Nr. 1 [X.] - bei nicht teilbarem Streitgegenstand - einheitlich zu sehen ist und nicht in einzelne Fragen und deren Erledigung aufgespaltet werden kann.

9

Dem entsprechend hat sich die [X.]eschwerde der Antragsgegnerin vorliegend nicht erledigt, weil jedenfalls die zweite von ihr als grundsätzlich klärungsbedürftig angesehene Frage zu den Voraussetzungen der Unbeachtlichkeit eines Verstoßes gegen § 3 Abs. 2 Satz 2 [X.]auG[X.] nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 Alt. 2 [X.]auG[X.] im Urteil vom 18. Juli 2013 - [X.]VerwG 4 [X.]N 3.12 - nicht entschieden worden ist. Das Urteil enthält keine rechtsgrundsätzlichen Ausführungen dazu, wann noch von "einzelnen Angaben" i.S.d. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 Alt. 2 [X.]auG[X.] auszugehen ist. Auf der Grundlage der Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat der [X.] lediglich ausgesprochen, dass die Nennung einer einzigen Quelle umweltbezogener Informationen nicht unter § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 Alt. 2 [X.]auG[X.] fällt, wenn im Umweltbericht zu zahlreichen weiteren Themen umweltbezogene Informationen zur Verfügung gestanden haben, die aber nicht genannt worden sind.

Liegt aber keine Erledigung hinsichtlich aller als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfragen vor, dann ist der Feststellungsantrag schon deshalb zurückzuweisen, ohne dass es noch darauf ankommt, ob er auch zulässig gewesen wäre.

Über den ursprünglichen Antrag auf Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung ist nicht mehr zu entscheiden, denn die Antragsgegnerin hat diesen Antrag nicht, auch nicht hilfsweise, weiter verfolgt (vgl. [X.]eschluss vom 3. Juli 2006 - [X.]VerwG 7 [X.] 18.06 - juris Rn. 16).

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 [X.]. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG. Er ist auf den (hier überschlägig ermittelten) [X.]etrag der Kosten festzusetzen, die bis zur Erledigungserklärung entstanden sind ([X.]eschluss vom 3. Juli 2006 - [X.]VerwG 7 [X.] 18.06 - Rn. 16).

3. Mit diesem [X.]eschluss wird das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Februar 2013 rechtskräftig (vgl. [X.]eschluss vom 8. April 1998, a.a.[X.] juris Rn. 6).

Meta

4 BN 29/13

06.11.2013

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 21. Februar 2013, Az: 4 C 1431/12.N, Urteil

§ 91 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 142 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.11.2013, Az. 4 BN 29/13 (REWIS RS 2013, 1414)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1414

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