Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 09.06.2021, Az. 8 C 27/20

8. Senat | REWIS RS 2021, 5153

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Gegenstand

Fruchtreiferei ist kein produzierendes Gewerbe im Sinne des EEG 2012


Leitsatz

1. Eine Tätigkeit kann grundsätzlich nur dann dem produzierenden Gewerbe im Sinne von § 40 Satz 1, § 41 Abs. 1 i.V.m. § 3 Nr. 14 EEG 2012 zugeordnet werden, wenn sie die Ausgangsmaterialien in ein neues Produkt umwandelt. Das ist bei einer Bananenreiferei nicht der Fall.

2. Jede wirtschaftliche Tätigkeit ist genau einer der Kategorien der WZ 2008 zuzuordnen.

Tenor

Soweit die Klägerin ihre Klage in der Berufungsinstanz - durch Beschränkung auf einen [X.] - zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Insoweit ist das Urteil des [X.] vom 8. Juni 2016 wirkungslos.

Im Übrigen wird das Urteil des [X.] vom 7. November 2019 geändert und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 8. Juni 2016 zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Die Klägerin betreibt im [X.] mehrere Fruchtreifereien. Darin werden in ihren [X.] grün geerntete und zu diesem Zeitpunkt für den Menschen ungenießbare, anschließend gekühlt nach [X.] transportierte Bananen künstlich gereift, so dass sie verzehrbar werden und den vom jeweiligen Endabnehmer gewünschten Reifegrad erlangen. Dabei werden die Bananen in Druckreifekammern einem Reifegas ausgesetzt. Hierdurch wird das Stärke-Zucker-Verhältnis des Fruchtfleisches umgekehrt und dessen Säure- und Tanningehalt verringert. Außerdem erlangen die Bananen ihre gelbe Farbe.

2

Unter dem 28. Juni 2013 beantragte die Klägerin für drei Abnahmestellen eine Begrenzung der EEG-Umlage für das [X.] nach §§ 40 f. [X.]. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 17. Dezember 2013 ab. Widerspruch und Klage blieben erfolglos.

3

In der Berufungsinstanz hat die Klägerin ihr Klagebegehren auf die Neubescheidung ihres Antrages beschränkt. Der [X.]hof hat das Berufungsverfahren teilweise eingestellt, das Urteil des [X.] geändert und die Beklagte unter Aufhebung der ergangenen Bescheide zur Neubescheidung des Antrages verpflichtet. Die Klägerin sei ein Unternehmen des produzierenden Gewerbes im Sinne von § 41 Abs. 1 i.V.m. § 3 Nr. 14 [X.]. Ihre Tätigkeit sei der Unterklasse 10.39.0 "Sonstige Verarbeitung von Obst und Gemüse" des Abschnitts C "Verarbeitendes Gewerbe" der Klassifikation der Wirtschaftszweige des [X.], Ausgabe 2008 ([X.] 2008) zuzuordnen. Dieser Abschnitt setze eine Umwandlung und damit eine mehr als geringfügige Verarbeitung von Stoffen oder Teilen in Waren voraus. Eine ganz andere Ware müsse dabei jedoch nicht zwangsläufig geschaffen werden. Die Umwandlung von rohen, ungenießbaren Bananen in reife, genießbare Bananen bestimmter Art und Güte mit Hilfe eines physikalisch-chemischen Prozesses stelle eine mehr als nur geringfügige Verarbeitung dar.

4

Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Revision hat die Beklagte im Wesentlichen vorgetragen, die Zuordnung zum verarbeitenden Gewerbe im Sinne des [X.] setze voraus, dass die Tätigkeit des Unternehmens eine neue Ware oder ein neues Erzeugnis hervorbringe. Das sei nur bei einer wesentlichen Änderung oder Neugestaltung des Roh- oder Grundstoffes der Fall. Der Gegenstand der Bananenreiferei bleibe jedoch vor und nach dem Reifeprozess derselbe. Die Klägerin steuere lediglich zeitlich die ansonsten auch auf natürlichem Wege stattfindende Reifung. Richtigerweise sei ihre Tätigkeit der Unterklasse 46.31 "Großhandel mit Obst, Gemüse und Kartoffeln" des Abschnitts G der [X.] 2008 zuzuordnen.

5

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Hessischen [X.]hofs vom 7. November 2019 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] Frankfurt am Main vom 8. Juni 2016 zurückzuweisen, soweit das Verfahren nicht wegen der Klagebeschränkung einzustellen ist.

6

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie verteidigt das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

8

Soweit die Klägerin ihre Klage in der [X.]erufungsverhandlung durch [X.]eschränkung ihres Klagebegehrens teilweise zurückgenommen hat, ist das Verfahren einzustellen (§ 141 Satz 1, § 125 [X.]bs. 1 Satz 1 i.V.m. § 92 [X.]bs. 3 Satz 1 VwGO) und das erstinstanzliche Urteil für wirkungslos zu erklären (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 [X.]bs. 3 Satz 1 ZPO). Im Übrigen ist die Revision zulässig und begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs beruht auf einer unrichtigen [X.]nwendung von § 40 Satz 1, § 41 [X.]bs. 1 i.V.m. § 3 Nr. 14 des [X.] in der Fassung vom 17. [X.]ugust 2012 - gültig ab 1. [X.]pril 2012 - ([X.] [X.] 1754) - [X.] 2012. Es stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 137 [X.]bs. 1, § 144 [X.]bs. 4 VwGO). Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden; dies führt zur Änderung des [X.]erufungsurteils und zur Zurückweisung der [X.]erufung.

9

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat zutreffend das [X.] 2012 als rechtlichen Maßstab für den [X.]ntrag der Klägerin auf [X.]egrenzung der [X.]-Umlage herangezogen. Die Vorschriften dieses Gesetzes sind zwar außer [X.] getreten, stellen aber weiterhin die Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte [X.]egrenzung der Umlage für das [X.] dar (vgl. § 103 [X.]bs. 1 [X.] 2017; [X.]VerwG, Urteile vom 31. Mai 2011 - 8 [X.] 52.09 - [X.] 451.178 [X.] Nr. 1 Rn. 15 und vom 23. Januar 2019 - 8 [X.] 1.18 - [X.] 451.178 [X.] Nr. 7 Rn. 9).

2. Nach § 40 Satz 1 [X.] 2012 begrenzt das [X.] auf [X.]ntrag für eine [X.]bnahmestelle die [X.]-Umlage, die von Elektrizitätsversorgungsunternehmen an Letztverbraucher, die stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes mit hohem Stromverbrauch oder Schienenbahnen sind, weitergegeben wird, entsprechend §§ 41 und 42 [X.] 2012. Zu den Unternehmen des produzierenden Gewerbes gehört jedes Unternehmen, das an der zu begünstigenden [X.]bnahmestelle dem [X.]ergbau, der Gewinnung von Steinen und Erden oder dem verarbeitenden Gewerbe in entsprechender [X.]nwendung der [X.]bschnitte [X.] und [X.] der Klassifikation der Wirtschaftszweige des [X.], [X.]usgabe 2008 (im Folgenden: [X.] 2008) zuzuordnen ist (§ 3 Nr. 14 [X.] 2012). Mit der [X.]ezugnahme des § 3 Nr. 14 [X.] 2012 auf die [X.]bschnitte [X.] und [X.] der [X.] 2008 hat der Gesetzgeber diese in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise in das [X.] 2012 inkorporiert. Sie sind der [X.]eurteilung einer Unternehmenstätigkeit zugrunde zu legen und nach Maßgabe der üblichen Methoden der Gesetzesauslegung anzuwenden. Dabei ist in systematischer Hinsicht zu berücksichtigen, dass die [X.] 2008 nach ihren für alle [X.]bschnitte geltenden Vorbemerkungen einander ausschließende Kategorien enthält und jedes Element nur in eine Kategorie eingeordnet werden darf (vgl. zu alledem [X.]VerwG, Urteil vom 23. Januar 2019 - 8 [X.] 1.18 - [X.] 451.178 [X.] Nr. 7 Rn. 11 f.). Gleichzeitig erfasst die [X.] 2008 die Gesamtheit der Elemente vollständig. Deshalb ist jedes Element genau einer Kategorie zuzuordnen (vgl. Vorbemerkungen zur [X.] 2008, S. 7).

Das [X.]erufungsgericht hat die Zuordnung der Klägerin zu dem hier einzig in [X.]etracht kommenden [X.]bschnitt [X.] der [X.] 2008 mit der Erwägung bejaht, auch ein Unternehmen, das an der betreffenden [X.]bnahmestelle aus den [X.]usgangsstoffen keine andere Ware herstelle, könne dem verarbeitenden Gewerbe im Sinne dieses [X.]bschnitts angehören. Diese [X.]nnahme ist mit § 40 Satz 1, § 41 [X.]bs. 1 i.V.m. § 3 Nr. 14 [X.] 2012 nicht vereinbar, weil sie nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Verarbeitung grundsätzlich zu einem neuen Produkt führen muss. Eine verarbeitende Tätigkeit im Sinne der [X.] 2008 erfasst die Transformation von Materialien, Substanzen oder Komponenten in neue Produkte. Materialien, Substanzen oder Komponenten sind Roh- oder Grundstoffe aus Land- und Forstwirtschaft, Fischerei oder [X.]ergbau sowie Fertigerzeugnisse oder Halbwaren anderer verarbeitender Tätigkeiten ([X.] 2008, [X.] und dazu [X.]VerwG, Urteil vom 23. Januar 2019 - 8 [X.] 1.18 - [X.] 451.178 [X.] Nr. 7 Rn. 15).

Das Erfordernis einer Umwandlung in neue Produkte wird bereits in der Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 14 [X.] 2012 hervorgehoben. Sie geht davon aus, das in der [X.]egriffsbestimmung des § 3 Nr. 14 [X.] 2012 genannte produzierende Gewerbe zeichne sich im Wesentlichen durch die Herstellung eines anderen Produkts im Sinne einer substanziellen Veränderung von Materialien oder durch die Veredelung von Erzeugnissen aus. Es erfolge regelmäßig eine mechanische, physikalische oder chemische Umwandlung von Stoffen oder Teilen in Waren, wobei bei der Herstellung von Waren Rohstoffe in Waren umgewandelt würden. Entscheidendes Kriterium sei, dass das Unternehmen durch seine wirtschaftliche Tätigkeit aus den [X.]usgangsmaterialien tatsächlich eine neue Ware herstelle (vgl. [X.]T-Drs. 17/6071 [X.]). Mit diesem Erfordernis ist, wie sich aus der Verwendung der Formulierungen "im Wesentlichen" und "regelmäßig" entnehmen lässt, der Regelfall des produzierenden Gewerbes bezeichnet. Spezielle, davon ausnahmsweise abweichende Zuordnungen einzelner Tätigkeiten mögen den Grundsatz durchbrechen, stellen ihn aber nicht als solchen in Frage (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 23. Januar 2019 - 8 [X.] 1.18 - [X.] 451.178 [X.] Nr. 7 Rn. 19).

[X.]us der mit dem [X.] 2012 vorgenommenen Erweiterung des [X.] der in die besondere [X.]usgleichsregelung der §§ 40 f. [X.] 2012 einbezogenen Unternehmen durch [X.]bsenkung der Einstiegsschwellen des jährlichen Stromverbrauchs und des Verhältnisses der Stromkosten zur [X.]ruttowertschöpfung (vgl. [X.]T-Drs. 17/6071 [X.], 84) folgt entgegen der [X.]uffassung der Klägerin keine großzügige [X.]uslegung des [X.]egriffs des produzierenden Gewerbes. Der Gesetzgeber hat diesen [X.]egriff mit dem [X.] 2012 vielmehr konkretisiert, um eine mögliche missbräuchliche Inanspruchnahme der Vorteile der besonderen [X.]usgleichsregelung zu unterbinden (vgl. ebd. [X.]). Diese Zwecksetzung spricht daher für ein enges, ausschließlich an die ausdrücklichen Vorgaben der [X.] 2008 anknüpfendes Verständnis des [X.]egriffs, zu denen die Neuheit des Produkts gehört.

In systematischer Hinsicht bestätigen die Vorbemerkungen der [X.] 2008 zu [X.]bschnitt [X.], dass die Wirtschaftszweige dieses [X.]bschnitts grundsätzlich die Umwandlung von Stoffen in neue Waren vornehmen und das Ergebnis ein neues Erzeugnis ist ([X.] 2008, [X.]). Zwar ordnet die [X.] 2008 die wesentliche Änderung oder Neugestaltung von Waren generell dem verarbeitenden Gewerbe zu. Ihr zufolge liegt darin aber noch keine Herstellung von Waren (vgl. [X.] 2008, [X.]). [X.]us den [X.]eispielen für [X.]bschnitt [X.] zuzuordnende Tätigkeiten lässt sich ebenfalls nicht ableiten, dass die [X.] 2008 eine Herstellung neuer Produkte beim verarbeitenden Gewerbe nicht für erforderlich hielte. Die in den jeweiligen Erläuterungen der Unterklassen aufgeführten Tätigkeiten beschreiben diese nicht vollständig, sondern führen typische Tätigkeiten oder Institutionen mit deren Tätigkeiten auf (vgl. [X.] 2008, Vorbemerkungen S. 63). Von diesen [X.]eispielen ließe sich allenfalls die zur Unterklasse 16.10.0 "Säge-, Hobel- und Holzimprägnierwerke" aufgeführte Holztrocknung als [X.]usnahme zum Erfordernis der Transformation in ein neues Produkt nennen. Die [X.] 2008 stellt diese Tätigkeit systematisch in den Kontext zahlreicher anderer holzverarbeitender Tätigkeiten, die zweifelsfrei der Herstellung eines neuen Produkts dienen. Sie wäre damit allenfalls eine [X.]usnahme vom gesetzlichen Regelerfordernis der Umwandlung in eine neue Ware, ohne dieses Erfordernis für andere Tätigkeiten des produzierenden Gewerbes in Frage zu stellen. Das gilt auch für die [X.]bschnitt [X.] Unterklasse 12.00.0 "Tabakverarbeitung" zugeordnete Tätigkeit des "[X.]". Mit diesem [X.]eispiel für eine verarbeitende Tätigkeit nimmt die [X.] 2008 eine [X.]bgrenzung zu den [X.]bschnitt [X.] zugeordneten Tätigkeiten des [X.]nbaus und der Trocknung von Tabak vor. Weil sie für die Zuordnung zum verarbeitenden Gewerbe nicht schon die Trocknung genügen lässt, sondern auf den Eingriff in die Substanz durch das Entrippen abstellt, ist aus ihr kein [X.]rgument gegen das Regelerfordernis der Umwandlung in ein neues Produkt zu gewinnen.

3. Das [X.]erufungsurteil beruht auf einer Verletzung revisiblen Rechts, weil es annimmt, die Tätigkeit eines Unternehmens des produzierenden Gewerbes im Sinne des § 3 Nr. 14 [X.] 2012 müsse nicht zur Herstellung neuer Produkte führen. Es trifft auch im Ergebnis nicht zu (§ 144 [X.]bs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen [X.]nspruch auf Neubescheidung ihres [X.]egrenzungsantrages, weil sie kein neues Produkt herstellt und daher kein Unternehmen des produzierenden Gewerbes im Sinne von § 40 Satz 1, § 41 [X.]bs. 1 i.V.m. § 3 Nr. 14 [X.] 2012 ist. Ihre Tätigkeit als [X.]ananenreiferei ist somit nicht [X.]bschnitt [X.] der [X.] 2008 und der dort einzig in [X.]etracht kommenden Unterklasse 10.39.0 "Sonstige Verarbeitung von Obst und Gemüse" zuzuordnen.

a) Die vom [X.]erufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht festgestellte [X.]ehandlung der unreif angelieferten [X.]ananen mit [X.] in den Reifekammern transformiert die [X.]ananen nicht in ein neues Produkt, sondern manipuliert lediglich einen in ihnen bereits angelegten Reifeprozess. Neu ist ein Produkt nur, wenn sich die Identität des [X.]usgangsmaterials durch Umwandlung geändert hat. Dagegen kommt es nicht darauf an, mit welchem technischen oder sonstigen [X.]ufwand eine die Identität wahrende [X.]ehandlung betrieben wird. Danach genügt zur Herstellung eines neuen Produkts nicht, dass ein im [X.]usgangsmaterial ansonsten auf natürlichem Wege ablaufender Vorgang im konkreten Fall unterbunden und durch eine künstliche [X.]ehandlung ersetzt wird. [X.]ei der [X.]ananenreiferei fehlt es an der Veränderung der Identität der [X.]ananen, weil diese das Potential einer Reifung bereits in sich tragen und die künstlich manipulierte Reifung sie lediglich makelloser und zum für ihre hiesige Vermarktung gewünschten Zeitpunkt verzehrbar macht. Dadurch, dass die Klägerin einen dem [X.]usgangsstoff immanenten Vorgang der Reifung nach den jeweiligen Wünschen der Endabnehmer perfektioniert, stellt sie kein anderes, neues Erzeugnis her. Vielmehr behandelt sie ein und dasselbe landwirtschaftliche Erzeugnis so, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt vermarktungsgerecht angeboten werden kann.

b) Die [X.] 2008 sieht für die Verarbeitung von Obst auch keine [X.]usnahme vom Regelerfordernis der Umwandlung in ein neues Erzeugnis vor. Die zur Unterklasse 10.39.0 des [X.]bschnitts [X.] aufgeführten [X.]eispiele für verarbeitende Tätigkeiten transformieren ausnahmslos Obst und Gemüse in ein anderes, dauerhaft vom [X.]usgangserzeugnis abweichendes Produkt, und zwar entweder durch Herstellung eines anderen Nahrungsmittels oder durch identitätsändernde, über die Manipulation natürlicher Entwicklungen hinausgehende Vorgänge des Konservierens oder Röstens. Die [X.]ananenreiferei wird in [X.]bschnitt [X.] auch nicht eigens aufgeführt, so dass keine ausnahmsweise ausdrückliche Zuordnung unter Verzicht auf die Herstellung einer neuen Ware vorliegt.

4. a) [X.]uf der Grundlage der auf Vollständigkeit der Zuordnungen angelegten [X.] 2008 ist die [X.]ananenreiferei dem nach § 3 Nr. 14 [X.] nicht dem produzierenden Gewerbe zugehörigen [X.]bschnitt [X.] "Land- und Forstwirtschaft, Fischerei" Gruppe 01.6 "Erbringung von landwirtschaftlichen Dienstleistungen" Unterklasse 01.63.0 "Nach der Ernte anfallende Tätigkeiten in der pflanzlichen Erzeugung" zuzuordnen. Diese Gruppe umfasst nach ihren Erläuterungen Tätigkeiten, die mit der landwirtschaftlichen Produktion verbunden sind, sowie der Landwirtschaft ähnelnde Tätigkeiten, die nicht zu [X.] im Sinne der Gewinnung landwirtschaftlicher Erzeugnisse unternommen werden, im Lohnauftrag (vgl. [X.] 2008, [X.]). Sie schließt Tätigkeiten, die der [X.]ufbereitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse für den Rohstoffmarkt dienen, zwar ein (vgl. [X.] 2008, [X.], 167), setzt eine [X.]ufbereitung zu diesem Zweck aber entgegen der [X.]uffassung der Klägerin nicht für alle ihr zuzuordnenden Tätigkeiten voraus. Ebenso wenig verlangt sie eine räumliche Nähe der jeweiligen Tätigkeit zum Ort des landwirtschaftlichen [X.]nbaus. Für ein solches Näheerfordernis liefern weder der Wortlaut der Kategorien und ihrer Erläuterungen noch die Systematik oder der Sinn und Zweck des [X.]bschnitts [X.] [X.]nhaltspunkte. Soweit die Klägerin es aus dem von ihr herausgestellten [X.]odenbezug der Landwirtschaft ableiten möchte, überzeugt dies gerade nicht für die zahlreichen zu [X.]bschnitt [X.] ausdrücklich aufgeführten [X.]eispiele für nach der Ernte anfallende Dienstleistungen, die keinen engen räumlichen [X.]ezug zum Ort der Ernte voraussetzen. Das trifft auf sämtliche [X.]eispiele der hier einschlägigen Unterklasse 01.63.0 wie auch diejenigen der Unterklasse 01.64.0 "Saatgutaufbereitung" zu.

Die Tätigkeit der künstlichen [X.]ananenreiferei nach der Ernte ist mit der landwirtschaftlichen Produktion verbunden im Sinne der Gruppe 01.6 der [X.] 2008 (vgl. die Erläuterungen [X.]), denn sie ersetzt in modifizierter Form den durch die frühzeitige Ernte und den temperaturregulierten Transport der [X.]ananen unterbundenen Prozess einer natürlichen Reifung. Sie ist damit den als typische [X.]eispiele der Unterklasse 01.63.0 aufgeführten Tätigkeiten der [X.]ufbereitung von Tabakblättern oder Kakaobohnen vergleichbar, mit denen das jeweilige Ernteerzeugnis ebenfalls - ortsunabhängig - nachbehandelt wird.

b) Dagegen lässt sich die [X.]ananenreiferei keiner der anderen Kategorien der [X.] 2008 zuordnen.

Eine Zuordnung zu [X.]bschnitt G "Handel; Instandhaltung und Reparatur von [X.]fahrzeugen" Unterklasse 46.31.0 "Großhandel mit Obst, Gemüse und Kartoffeln" scheitert daran, dass dieser [X.]bschnitt Tätigkeiten des Verkaufs mit den im Handel üblichen Verfahren wie dem Sortieren, Klassieren und Zusammenstellen, Mischen, [X.]b-, [X.]us- und Umpacken sowie der Lagerung von Waren erfasst, denen die Tätigkeit der [X.]ananenreiferei nicht vergleichbar ist. Die Klägerin wird nach den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts zu keinem Zeitpunkt Eigentümerin der [X.]ananen und nimmt daher ohne eigene Verkaufstätigkeit eine Dienstleistung vor, die sich von einer derartigen handelsüblichen, mit dem Weiterverkauf von Waren verbundenen [X.]ehandlung deutlich unterscheidet. Soweit die [X.]eklagte sich darauf beruft, die [X.]ananenreiferei sei im Stichwortverzeichnis zur [X.] 2008 der Unterklasse 46.31.0 zugeordnet, trifft dies nur auf eine gesonderte Version dieses Verzeichnisses und nicht auf die hier maßgebliche Gesamtfassung der [X.] 2008 mit Erläuterungen zu, welche nur das Stichwort "[X.]ananen" der Unterklasse 01.22.0 zuweist. [X.]ußerdem stellen die Hinweise zur [X.] 2008 klar, dass das in [X.]nhang 6 beigefügte Stichwortverzeichnis nicht als alleiniges Zuordnungsinstrument, sondern lediglich als Hinweis zur erleichterten Handhabung der Klassifikation vorgesehen ist, der einer weiteren Überprüfung im Einzelfall bedarf (vgl. Hinweise für die [X.]enutzung der [X.] 2008, S. 65).

Ebenso wenig könnte eine Erwähnung der [X.]ananenreiferei als Stichwort zu einer den Großhandel umschreibenden Kategorie der Fassung der [X.] ISI[X.] Rev. 3.1 zur Einordnung in die [X.] 2008 beitragen. [X.]bgesehen davon, dass diese Fassung bereits zur [X.] der [X.] 2008 durch die seit 2006 geltende ISI[X.] Rev. 4 abgelöst worden ist, erstreckt sich die gesetzgeberische Inkorporierung einzelner [X.]bschnitte der [X.] 2008 nicht auf die internationale Klassifikation ISI[X.]. Diese wird zwar in den Vorbemerkungen zur [X.] 2008 als [X.]usgangspunkt der [X.] der Mitgliedstaaten der [X.] bei der Entwicklung von deren Klassifikation N[X.][X.]E erwähnt (vgl. Vorbemerkungen zur [X.] 2008, [X.]). Ihr kommt aber - anders als der unionsrechtlich vorgegebenen, von der [X.] 2008 übernommenen Klassifikation N[X.][X.]E Revision 2 (vgl. dazu [X.]VerwG, Urteil vom 23. Januar 2019 - 8 [X.] 1.18 - [X.] 451.178 [X.] Nr. 7 Rn. 24) - keine Verbindlichkeit für den [X.] Gesetzgeber zu.

Eine Zuordnung der [X.]ananenreiferei zu [X.]bschnitt [X.]" Unterklasse 52.10.0 "Lagerei" scheidet ebenfalls aus. Dieser [X.]bschnitt umfasst nach seiner Erläuterung Tätigkeiten der [X.]eförderung im Verkehr sowie damit verbundene Tätigkeiten wie den [X.]etrieb verkehrsbezogener Infrastruktur und die Lagerei (vgl. [X.] 2008, [X.]). Die Tätigkeit der Klägerin weist jedoch weder einen [X.]ezug zum Verkehr noch zur Lagerei auf, sondern verkürzt mit der Herbeiführung der Reife vielmehr den Zeitraum einer möglichen weiteren Lagerung und des Transports der [X.]ananen.

Da weitere Tatsachenfeststellungen nicht erforderlich sind, konnte der [X.] nach § 144 [X.]bs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO in der Sache selbst entscheiden und die [X.]erufung der Klägerin zurückweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 [X.]bs. 1 VwGO.

Meta

8 C 27/20

09.06.2021

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 7. November 2019, Az: 6 A 1008/17, Urteil

§ 3 Nr 14 EEG vom 17.08.2012, § 40 S 1 EEG vom 17.08.2012, § 41 Abs 1 EEG vom 17.08.2012, § 103 Abs 1 EEG vom 22.12.2016

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 09.06.2021, Az. 8 C 27/20 (REWIS RS 2021, 5153)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 5153

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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