Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.03.2024, Az. 29 W (pat) 509/21

29. Senat | REWIS RS 2024, 2275

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2020 025 590.2

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 18. März 2024 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] und die Richterin Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Schwarz-Weiß-Fotografie

Abbildung

2

ist am 23. November 2020 zur Eintragung als Bildmarke in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister für nachfolgende Waren angemeldet worden:

3

[X.]: [X.]; Fotografien; Schreibwaren; Büroartikel; Buchbinderartikel; Lehr- und Unterrichtsmaterial;

4

Klasse 18: Reisegepäck; Tragetaschen;

5

Klasse 21: Glaswaren, Porzellan und Steingut; Geräte und Behälter für Haushalt und Küche;

6

Klasse 25: Bekleidungsstücke.

7

Mit Beschluss vom 18. Februar 2021 hat die Markenstelle für [X.] des [X.] die Anmeldung unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid vom 7. Dezember 2020 wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 37 Abs. 1 [X.] zurückgewiesen.

8

Zur Begründung ist ausgeführt, Gegenstand der Markenanmeldung sei das Foto „Sprung in die Freiheit“, das seit 2011 zum [X.] UNESCO-Weltdokumentenerbe gehöre. Dieses zeige den 19-jährigen [X.] [X.], der am 15. August 1961 an der [X.] in [X.] mit einem Sprung über den Stacheldrahtverhau in den Westen flüchtete. Es handele sich um ein sehr häufig und vielfältig eingesetztes, allgemein bekanntes Motiv, durch das die Aufmerksamkeit des Publikums geweckt und letztlich der Kaufanreiz gefördert werden solle. Die angesprochenen breiten Verkehrskreise sähen in dem Anmeldezeichen ausschließlich die Wiedergabe dieses bekannten Fotos und damit nur ein Werbemittel, aber keinen Werbemittel, aber keinen betrieblichen Herkunftshinweis. Soweit die Anmelderin darauf verweise, dass die Nutzungsrechte an der Fotografie von deren Urheber, dem Fotografen [X.], vor seinem Ableben im Jahre 2008 seiner Ehefrau [X.] und von dieser wiederum vor ihrem Ableben im Jahr 2019 ihrer Enkeltochter, der Anmelderin der vorliegenden Bildmarke, übertragen worden seien, so sei dies für die Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens nicht relevant. Die angemeldete Bildmarke beinhalte eine untrennbar mit den geschichtlichen Ereignissen in [X.] verbundene Aussage und die Abbildung sei so stark im kollektiven Bewusstsein der angesprochenen [X.] Verkehrskreise verankert, dass sie, wenn sie auf Waren angebracht werde, stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werde. Die von der Anmeldung umfassten Waren könnten als Andenken-/Merchandisingartikel, bei denen vorstellbar sei, dass sie im Umfeld touristischer Sehenswürdigkeiten wie dem [X.] in [X.] vertrieben würden, das Bild als Motiv aufweisen. In Bezug auf die medialen Waren „[X.]; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmaterial“ komme für das angesprochene Publikum zudem ein themenbezogener Sachhinweis in Betracht.

9

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.] vom 18. Februar 2021 aufzuheben.

Zur Begründung trägt die Beschwerdeführerin vor, die Zurückweisung der Markenanmeldung sei grob rechtswidrig. Nach der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] könnten Portraits grundsätzlich als Marke eingetragen werden, und zwar auch dann, wenn die abgebildete Person eine Person der Zeitgeschichte sei. Das angemeldete Lichtbildwerk sei eine Aufnahme einer solchen Person der Zeitgeschichte, nämlich des Volkspolizisten [X.]. Das Foto sei weltbekannt und genieße als Lichtbildwerk urheberrechtlichen Schutz bis 70 Jahre nach dem Tod seines Urhebers. Das Bild werde lizenziert für Veröffentlichungen in Zeitschriften und Zeitungen, für Schulbuchverlage auf der ganzen Welt, für die Nutzung auf Postkarten, Briefmarken, Postern, Kunstprints, T-Shirts, Tassen, Taschen, u. v. m. Es werde in diesen Publikationen bzw. auf diesen Handelsprodukten mit einem Copyright-Vermerk auf den Urheber verwendet. Da eine Zunahme unautorisierter Verwendungen festzustellen sei, sollten der Anmelderin durch die Markenanmeldung noch besondere Ansprüche auf Schadensersatz und Unterlassung bei Verwendung gleicher oder ähnlicher Marken für gleiche oder ähnliche Waren verschafft werden. Der Sprung über den Stacheldraht bezeichne keine Merkmale der hier relevanten Waren. Diese Waren würden erworben, weil die maßgeblichen Verkehrskreise das Bild schätzen würden, ob auf T-Shirts, Taschen, Tassen, Postern, Postkarten oder Ähnlichem. Dies sei ebenso wie bei Werken berühmter Künstler wie [X.]. Die Waren würden ausschließlich des bekannten Bildes wegen gekauft, nämlich einer Medienikone, die den Soldaten genau im Scheitelpunkt seines Sprunges zeige und eine besondere Qualität aufweise. Demgegenüber erfolge der Kauf nicht aufgrund der Ware, auf der das Bild aufgebracht sei, also beispielsweise wegen der Baumwollqualität eines T-Shirts oder der Porzellanqualität einer Kaffeetasse. Die Waren würden zudem nicht lediglich im Umfeld touristischer Sehenswürdigkeiten verkauft, sondern weltweit, auch online, und zwar aufgrund entsprechender Lizenzen der Anmelderin und ihrer Rechtsvorgänger. Es gehe vorliegend nicht um ein Allgemeininteresse an einem Schutz vor ungerechtfertigten Monopolen, vielmehr müsse die Allgemeinheit das bereits bestehende Monopol der Anmelderin berücksichtigen. Anders als beispielsweise das Bild der [X.] werde das angemeldete Foto nicht allgemein üblich im Verkehr werbend verwendet. Wenn die Anmelderin eine rein werbliche Verwendung gestatte, so nur mit einem Urheberrechtsvermerk. Durch die Verweigerung des Markenschutzes würden die Rechte der Anmelderin grundrechtsrelevant verweigert und verkannt.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den am 12. Februar 2024 versandten Hinweis des Senats und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

[X.].

Die zulässige, insbesondere nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 [X.] statthafte und gem. § 66 Abs. 2 [X.] fristgerecht eingelegte Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der Eintragung des angemeldeten [X.] Abbildung

1. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden ([X.] [X.] 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/[X.] [[X.] DAS [X.]]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 608 Rn. 66 f. – [X.]/[X.] [[X.]]; [X.], 216 Rn. 10 – [X.]; GRUR 2020, 411 Rn. 10 – #darferdas? [X.]; [X.], 301 Rn. 11 – [X.]; [X.], 934 Rn. 9 – [X.]; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] a. a. O. – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] a. a. O. – [X.]; a. a. O. – #darferdas? [X.]; a. a. O. – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] a. a. O. – [X.]; a. a. O. – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 2004, 428 Rn. 53 – [X.]; [X.] a. a. O. Rn. 15 – [X.]; a. a. O. Rn. 10 – [X.]; GRUR 2014, 872 Rn. 13 – Gute Laune Drops).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] GRUR 2013, 1143 Rn. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] GRUR 2019, 1194 Rn. 20 – AS/[X.] [#darferdas?]; a. a. O. 67 – Eurohypo; [X.], 411 Rn. 24 – [X.]/[X.] [[X.]]; [X.] a. a. O. – [X.] m. w. N.).

Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird ([X.] GRUR 2004, 674 Rn. 86 – [X.]/[X.] [Postkantoor]; [X.] a. a. O. Rn. 14 – [X.]). Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht ([X.] a. a. O. Rn. 15 – [X.]; a. a. O. Rn. 10 – [X.]; a. a. O. Rn. 9 – [X.]; GRUR 2009, 952 Rn. 10 – [X.]Card).

Die Unterscheidungskraft von Bildmarken bemisst sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Soweit die Elemente eines [X.] nur die typischen Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen darstellen oder sich in einfachen dekorativen Gestaltungsmitteln erschöpfen, an die sich der Verkehr etwa durch häufige Verwendung gewöhnt hat, wird einem Zeichen im Allgemeinen wegen seines bloß beschreibenden Inhalts die konkrete Eignung fehlen, die mit ihm gekennzeichneten Produkte von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden ([X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 14. Aufl. 2024, § 8 Rn. 349 ff.). [X.] das in Rede stehende Zeichen darüberhinausgehende charakteristische Merkmale auf, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht, kann die Unterscheidungskraft jedoch nicht verneint werden (vgl. [X.], Beschluss vom 06.02.2014, 30 W (pat) 14/12 m. w. N.).

Sofern es sich um originalgetreue Abbildungen einer – ohne weiteres identifizierbaren – Person handelt, sind diese grundsätzlich wie Personennamen zu behandeln, deren Unterscheidungskraft regelmäßig zu bejahen ist (vgl. Schuhmacher in [X.] [X.], 36. Edition, § 8 Rn. 441). Etwas Anderes gilt in Bezug auf Bilder bekannter Persönlichkeiten, denen die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, soweit der Verkehr mit der betreffenden Person lediglich einen thematischen oder sonstigen sachlichen Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen herstellt oder die Person als bloßes Werbemittel auftritt (vgl. [X.] [X.], 1093 Rn. 15 – [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. O. § 8 Rn. 337).

Der bildlichen Wiedergabe von Kunstwerken kann nicht bereits aufgrund ihrer Gemeinfreiheit jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden; die Unterscheidungskraft ist jedoch zu verneinen, wenn dem Verkehr solche Darstellungen gewöhnlich als bloße Werbemotive begegnen (vgl. [X.] GRUR 1998, 1021, 1022 – [X.]; Beschluss vom 06.02.2014, 30 W (pat) 14/12 – [X.] und [X.]: Unterscheidungskraft der Kombination zweier Kunstwerke bejaht; [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, a. a. O. § 8 Rn. 339 m. w. N.).

2. Nach diesen Grundsätzen ist die Unterscheidungskraft des angemeldeten [X.] im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren zu verneinen, da die angesprochenen inländischen Verkehrskreise dieses nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen werden.

a) Die beanspruchten Waren wenden sich an die allgemeinen Verkehrskreise und insbesondere den Durchschnittsverbraucher.

b) Wie bereits im angegriffenen Beschluss ausgeführt, handelt es sich bei der als Bildmarke angemeldeten Schwarz-Weiß-Fotografie um ein Werk des verstorbenen Fotografen [X.], das den [X.] Hans [X.] am 15. August 1961, zwei Tage nach Beginn des Mauerbaus, bei seiner Flucht über einen Stacheldraht nach [X.] zeigt (vgl. Anlage 1 zum Hinweis des Senats vom 12. Februar 2024, dort auch zu einer Skulptur an der [X.] in [X.]). Das Bild ist unter der Bezeichnung „Sprung in die Freiheit“ bekannt geworden (vgl. Anlage 2, Bezeichnung als „weltberühmtes Foto“ auf [X.]) und hat seine Aktualität nicht verloren, wie sich beispielsweise aus einem Virtual-Reality-Projekt am [X.]er Flughafen im Jahr 2023 ergibt (vgl. Anlage 3). Die Beschwerdeführerin hat ihrerseits umfangreich zur Bekanntheit des Bildes und zu seiner Verwendung vorgetragen. Unter Zugrundelegung des Vortrags der Beschwerdeführerin, der Recherchen der Markenstelle und des Senats sowie der eigenen Kenntnisse des Senats als Teil des angesprochenen Verkehrs ist davon auszugehen, dass das angemeldete Lichtbild und seine Entstehungsgeschichte bzw. sein Motiv dem Durchschnittsverbraucher bekannt sind.

c) Die angesprochenen Verkehrskreise werden, wenn ihnen das angemeldete Bildzeichen im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren begegnet, in diesem das ihnen bekannte Lichtbildwerk erkennen und es lediglich als Motiv bzw. Sachangabe und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen.

aa) Im Zusammenhang mit den in [X.] beanspruchten Waren „[X.]; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmaterial“ werden sie in dem Bildzeichen einen rein beschreibenden Hinweis dahingehend sehen, dass das Lichtbild selbst sowie die dargestellte Szene, der Sprung des [X.] [X.] in die Freiheit, Thema oder Gegenstand dieser Waren sind.

Die vorgenannten Waren können einen gedanklichen Inhalt aufweisen. Wenn das angemeldete Zeichen den angesprochenen Verkehrskreisen im Zusammenhang mit diesen Waren begegnet, so werden diese hierin schlicht den Gegenstand der Fotografie, beispielsweise eines Posters, oder einen Sachhinweis auf Thema bzw. Gegenstand der [X.], beispielsweise eines ([X.], sehen.

Fotografien historischer Momente und bekannter Persönlichkeiten werden oftmals als großformatige Fotografie bzw. als Poster angeboten, vgl. [X.] 4 mit den Motiven

- „[X.]s [X.] am 7. Dezember 1970“,

- Boxkampf zwischen [X.] und [X.] Frazier,

- Sprung der Sporttaucherin [X.] sowie

- [X.] auf dem [X.] bei der [X.]landung der [X.] 11.

Ebenso werden Fotos von Geschehnissen der Zeitgeschichte zur Illustration von (geschichtlichen) Büchern verwendet (vgl. beispielhaft Anlage 5, Cover des Buchs „Der [X.] 17. Juni 1953“ von [X.]). Auch das verfahrensgegenständliche Lichtbild wird bereits nach dem eigenen Vortrag der Beschwerdeführerin vielfach in Schulbüchern sowie in einer Vielzahl von Publikationen wie Zeitungen, Zeitschriften etc. wiedergegeben. Die Recherche des Senats hat insoweit beispielsweise eine illustrierende Verwendung ergeben (vgl. Anlage 6, Auszug aus dem „Zeitreise [X.] 3“ des [X.]; Anlage 7 Rezension des Buchs „[X.]" von Peter Schneider).

Im Zusammenhang mit den vorgenannten Waren der [X.] werden die angesprochenen Verkehrskreise in dem angemeldeten Bildzeichen daher lediglich eine Inhalts- bzw. Themenangabe sehen, so dass durch das Zeichen zumindest ein enger beschreibender Bezug zu diesen Waren hergestellt wird (vgl. [X.] in: [X.]/[X.]/Thiering, a. a. O. § 8 Rn. 316).

bb) In Bezug auf die übrigen Waren der [X.], die Waren der Klasse 18 „Reisegepäck; Tragetaschen“, der Klasse 21 „Glaswaren, Porzellan und Steingut; Geräte und Behälter für Haushalt und Küche“ und der Klasse 25 „Bekleidungsstücke“ werden die angesprochenen Verkehrskreise in dem angemeldeten Bildzeichen das ihnen bekannte Lichtbild „Sprung in die Freiheit“ erkennen und in diesem lediglich ein dekoratives Element sehen.

(1) Bei der Prüfung, ob das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft besteht, ist auf die Kennzeichnungsgewohnheiten im maßgeblichen Waren- und Dienstleistungssektor abzustellen (vgl. [X.] GRUR 2019, 1194 Rn. 24 – AS/[X.] (#darferdas?); [X.] GRUR 2020, 411 Rn. 13 – #darferdas? [X.]). Die Antwort auf die Frage, ob der Verkehr ein auf einer Ware angebrachtes Zeichen als Hinweis auf deren Herkunft oder als bloßes dekoratives Element auffasst, kann nach der Art und der Platzierung des Zeichens variieren (vgl. [X.] a. a. O. – #darferdas? [X.]). Dabei muss die Unterscheidungskraft eines als Marke angemeldeten Zeichens unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände, einschließlich sämtlicher wahrscheinlicher Verwendungsarten der angemeldeten Marke geprüft werden (vgl. [X.] a. a. O. Rn. 33 – AS/[X.] (#darferdas?); [X.] a. a. O. Rn. 15 – #darferdas? [X.]). Im [X.] und Löschungsverfahren erfordert es die Annahme der Unterscheidungskraft nicht, dass grundsätzlich jede denkbare Verwendung des Zeichens als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden muss. Es genügt, wenn es praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten gibt, das Zeichen bei den Waren und Dienstleistungen, für die es Schutz beansprucht, so zu verwenden, dass es vom Verkehr ohne weiteres als Marke verstanden wird (vgl. [X.], 216 Rn. 32 – [X.] Dom).

(2) In Bezug auf das angemeldete Lichtbild ist – aufgrund seiner ikonischen Bedeutung und Symbolkraft – eine deutlich sichtbare Platzierung auf der [X.] der vorgenannten Waren als einzig relevante praktisch bedeutsame Verwendungsform zugrunde zu legen. Derartige Lichtbilder werden nach dem eigenen Vortrag der Beschwerdeführerin zum angemeldeten Lichtbild sowie den Recherchen des Senats branchenüblich nur in dieser Form und nicht an einer nicht unmittelbar ins Auge fallenden Stelle wie beispielsweise dem Etikett eines Kleidungsstücks oder der Unterseite von Porzellanwaren angebracht.

Selbst wenn in Bezug auf das vorliegende Lichtbild nicht festgestellt werden kann, dass sich dieses zu einem allgemein werberelevanten Motiv entwickelt hat, hat es doch einen besonderen Symbolgehalt bzw. historische Wirkungskraft. Allgemein werden Lichtbilder von Personen oder Momenten der Zeitgeschichte vielfach auf den hier relevanten Waren ausschließlich als Motiv verwendet.

Dies gilt in besonderem Maße für die in Klasse 25 beanspruchte Ware „Bekleidungsstücke“. Derartige Fotos werden regelmäßig als dekorative Aufdrucke beispielsweise auf T-Shirts, Pullovern oder auch Mützen angebracht, vgl. [X.] 8 mit Fotografien folgender Motive auf Bekleidungsstücken:

- Kuss eines Soldaten und einer Krankenschwester mit dem Titel "[X.] in [X.], [X.], 14. August 1945" (Alfred Eisenstaedt)

- Boxkampf zwischen [X.] und [X.] Frazier

- [X.] Vater und Sohn

- Der Bruderkuss von [X.] und [X.] 1979

- Black Power-Protest bei den Olympischen Spielen 1968

- Treffen von [X.] mit schwarzen Athleten

- [X.] und [X.] „War is over“

- „Lunch atop a skyscraper“.

Ebenso sind beispielsweise das Bild „Der Bruderkuss“ oder andere Fotografien in dekorativer Form auf Waren der [X.] wie Schreibwaren oder Büroartikel nachweisbar (vgl. Anlage 9: Notizbuch, Radiergummi) und es werden sowohl bekannte Gemälde als auch Fotografien von historischer Bedeutung regelmäßig als großflächiges Motiv auf den Waren der Klasse 18 „Reisegepäck; Tragetaschen“ angebracht. Dementsprechend finden sich beispielsweise impressionistische Gemälde, ein bekanntes [X.] von [X.], auf dessen Werke die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdebegründung Bezug genommen hat, oder auch ein zeitgeschichtlich relevantes Foto von den [X.] auf Taschen abgebildet (vgl. [X.] 10). Schließlich werden Lichtbilder von Personen oder Momenten der Zeitgeschichte regelmäßig als Motiv auf Waren der der Klasse 21 „Glaswaren, Porzellan und Steingut; Geräte und Behälter für Haushalt und Küche“ verwendet (vgl. [X.] 11: Tassen mit den Fotografien „Der Bruderkuss“, „Lunch atop a skyscraper“, Fotos von der [X.]landung der [X.] 11 bzw. einem Portrait von [X.] sowie Gläser mit Bildern der Prohibitionsproteste).

Bei einer derartigen Verwendung des angemeldeten Lichtbilds als Motiv werden die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise diesem jedoch keinen Herkunftshinweis entnehmen, so dass die Unterscheidungskraft nicht bejaht werden kann.

d) An dieser Bewertung ändert weder die Tatsache, dass es sich um ein Lichtbild einer Person handelt, noch der Vortrag der Beschwerdeführerin zur Werkqualität des Lichtbildes und zum bestehenden Urheberrechtsschutz etwas.

aa) Auch, wenn Abbildungen von Personen, beispielsweise Portraits, regelmäßig wie Namen zu behandeln und damit unterscheidungskräftig sein können, so führt dies nicht zu einer abweichenden Bewertung im vorliegenden Fall. Wie im Einzelnen in Bezug auf die beanspruchten Waren ausgeführt, werden die angesprochenen Verkehrskreise in dem angemeldeten Bild lediglich eine Inhalts- oder Themenangabe bzw. ein Motiv sehen.

bb) Des Weiteren lassen etwaige Urheber-, Patent- oder Namensrechte an einem Zeichen grundsätzlich nicht zwangsläufig den Schluss auf dessen markenrechtliche Unterscheidungskraft zu; mit einem beantragten Markenrecht würde vielmehr ein zusätzliches Recht entstehen, das von Inhalt und Fortbestand dieser sonstigen Rechtspositionen unabhängig wäre (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Thiering a. a. O. § 8 Rn. 167). Selbst wenn sich die angesprochenen Verkehrskreise tatsächlich Gedanken über den urheberrechtlichen Schutz des auf den Waren angebrachten Lichtbildes machen sollten, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie aufgrund der Annahme eines solchen Schutzes dem Bild zugleich einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der vorgenannten Waren entnähmen. Die Beschwerdeführerin hat vielmehr selbst ausgeführt, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Waren aufgrund des gewählten Motivs und nicht aufgrund der Qualität der Waren erwerben würden. Aus dem Motiv schließen die angesprochenen Verbraucher jedoch wiederum nicht auf die betriebliche Herkunft beispielsweise des T-Shirts oder der Tasse.

3. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] vorliegt, kann dahinstehen, ob das Anmeldezeichen darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] für die fraglichen Waren freihaltebedürftig ist.

4. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beschwerdeführerin die Durchführung einer solchen nicht beantragt (§ 69 Nr. 1 [X.]) und der Senat sie auch nicht für geboten erachtet hat (§ 69 Nr. 3 [X.]).

Meta

29 W (pat) 509/21

18.03.2024

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.03.2024, Az. 29 W (pat) 509/21 (REWIS RS 2024, 2275)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 2275

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