Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2004, Az. IX ZR 157/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 1457

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 157/03
Verkündet am: 28. September 2004 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. September 2004 durch [X.] [X.], die [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.]

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 18. Juni 2003 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 22. Januar 2003 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelzüge. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Rückzahlungsanspruch aus Insolvenzanfechtung geltend. Die [X.] (fortan: Schuldnerin) [X.] sich Ende 1998 in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Mit [X.] vom 28. April 1999 wandte sich die Schuldnerin an insgesamt 101 Gläubiger, darunter auch die Beklagte. In dem Schreiben hieß es unter anderem, die Schuldnerin sei "durch erhebliche [X.] sowie durch den Preisverfall der Baustoffe, der Transportleistungen und der erheblich gestiegenen Lohnnebenkosten unverschuldet in wirtschaftliche Schwierigkeiten - 3 - geraten. [...] Die erheblichen Forderungsausfälle und die, die bis Mitte 1999 noch zu erwarten sind, konnten bzw. können wir nicht kurzfristig verkraften. [...] Obwohl eine vollständige Zahlung der Verbindlichkeiten aus Lieferung und Lei-stung nicht möglich ist, freuen wir uns, Ihnen eine dreißigprozentige Ablösung der einzelnen Hauptforderungen anbieten zu können. Um aber die Liquiditäts-situation des Unternehmens nicht zu gefährden, erlauben Sie uns, die Zah-lungsquote von 30 % der Hauptforderung in Raten [...] zu begleichen. [...] Soll-ten allerdings nicht alle Gläubiger den vorgeschlagenen Maßnahmen zustim-men und auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten, ist ein Insolvenzverfah-ren zu erwarten. Ein hundertprozentiger Forderungsausfall der einzelnen Gläubiger ist in diesem Fall zu befürchten."

Unter dem 11. Mai 1999 übersandte die Schuldnerin den einzelnen Gläubigern einschließlich der Beklagten eine "Vereinbarung über einen Forde-rungsverzicht", in der jeweils die bestehenden Hauptforderungen gegenüber der Schuldnerin sowie die Höhe des [X.] angegeben war. In der Folgezeit unterzeichnete die Beklagte die Vereinbarung, wonach sich die Schuldnerin dazu verpflichtete, einen Betrag in Höhe von 6.000 DM an die [X.] zu bezahlen. Am 23. November 1999 stellte die Schuldnerin der [X.] einen Verrechnungsscheck über diese Summe aus, den die Beklagte einlö-ste. Auf einen am 14. Februar 2000 eingegangenen Antrag hin eröffnete das [X.] am 4. April 2000 das Insolvenzverfahren über das Vermö-gen der Schuldnerin und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter.

Mit einem am 2. April 2002 beim [X.] eingegan-gen Schriftsatz beantragte der Kläger, ein gemeinsames Gericht für eine Klage gegen 68 Gläubiger der Schuldnerin - darunter die Beklagte - zu bestimmen, - 4 - von denen der Kläger Beträge im Wege der Insolvenzanfechtung [X.]. Das [X.] wies den Antrag mit Beschluß vom 6. Mai 2002 [X.], weil seiner Ansicht nach weder die Voraussetzungen für eine notwendige noch für eine einfache Streitgenossenschaft vorlagen. Der Beschluß ging dem Kläger am 16. Mai 2002 zu. Gegenüber der vom Kläger am 14. August 2002 eingereichten und der Beklagten am 20. August 2002 zugestellten Klage beruft sich die Beklagte auf Verjährung.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das [X.] sie wegen Verjährung abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des [X.] führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

[X.]

Das Berufungsgericht meint, der [X.] sei gemäß § 146 [X.] verjährt. Der Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung beim [X.] habe die Verjährung nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 13 BGB hem-men können, weil das [X.] keine Sachentscheidung getroffen, sondern eine Gerichtsstandsbestimmung mangels Vorliegens der Vorausset-zungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO abgelehnt habe. Nach dem Wortlaut des - 5 - § 204 Abs. 1 Nr. 13 BGB hemme ein Zuständigkeitsbestimmungsantrag die Verjährung nur, wenn das angerufene Gericht "das zuständige Gericht zu bestimmen hat". Zwar sei die Entscheidung des Gerichts in den Fällen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht immer sicher vorhersehbar, doch habe der Ge-setzgeber dieses Risiko für den Fall, daß doch kein [X.], dem Gläubiger zugewiesen.

I[X.]

Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Der [X.] ist nicht verjährt. Das Berufungsgericht hat zwar zu Recht das seit 1. Januar 2002 geltende Verjährungsrecht angewendet (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB), dabei jedoch § 204 Abs. 1 Nr. 13 BGB zu eng ausgelegt. Der Gerichtsstandsbestimmungsantrag hemmt nach dieser Vor-schrift die Verjährung auch dann, wenn er erfolglos bleibt. Zur näheren Be-gründung verweist der Senat auf sein heute verkündetes Urteil in der Sache [X.] ZR 155/03 (z.[X.]. in [X.]).

Die Verjährungsfrist des § 146 [X.] lief am 4. April 2002 ab. Der am 2. April 2002 eingegangene Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung war daher noch rechtzeitig. Die am 14. August 2002 eingereichte und demnächst zuge-stellte Klage (§ 167 ZPO) wahrte die Drei-Monats-Frist des § 204 Abs. 1 Nr. 13 BGB, weil der Beschluß des [X.]s dem Kläger erst am 16. Mai 2002 zugegangen ist. - 6 - II[X.]

Die Sache ist zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die maß-geblichen Tatsachen sind festgestellt; weiterer Sachvortrag ist nicht zu erwar-ten.

1. Allerdings dürfte die Zahlung der Schuldnerin nicht nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 [X.] anfechtbar sein. Die Erfüllung durch eigenen Scheck war kongruent (MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 131 Rn. 35). Für die Annahme des Amtsge-richts, daß die Schuldnerin unter dem Druck einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung gezahlt habe (vgl. hierzu [X.], Urt. v. 11. April 2000 - [X.] ZR 211/01, [X.], 1159, 1160 f), fehlen Feststellungen. Auch dem Sachvortrag der Parteien läßt sich nicht entnehmen, daß die Beklagte im Besitz eines Vollstreckungstitels war oder mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder einem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch nur gedroht hat. Der Kläger hat nur allgemein auf die Rechtsprechung zur Zahlung bei Zwangsvoll-streckungsmaßnahmen und darauf hingewiesen, daß andere Gläubiger einen Titel erstritten hatten.

2. Der Kläger hat aber einen [X.] nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 [X.]. Die Scheckzahlung ist innerhalb von drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt. Das Amtsgericht, auf dessen Ausführungen das Berufungsgericht insoweit Bezug genommen hat, hat [X.], daß die Schuldnerin zur [X.] am 23. November 1999 zahlungsunfähig war. Die Beklagte kannte zu diesem Zeitpunkt die Zah-lungsunfähigkeit der Schuldnerin. Eine falsche Deutung des Rechtsbegriffs der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 [X.]) durch das Amtsgericht ist nicht erkenn-- 7 - bar. Den schlüssigen Vortrag des [X.] zur Zahlungsunfähigkeit der Schuld-nerin hat die Beklagte nicht bestritten, so daß er als zugestanden anzusehen ist (§ 138 Abs. 3 ZPO). Die Beklagte hat sich vielmehr in beiden Instanzen aus-schließlich mit dem Verjährungseinwand verteidigt. Ein anderer Sachvortrag der Beklagten ist auch nach Zurückverweisung nicht zu erwarten, weil bereits das Berufungsgericht die Parteien darauf hingewiesen hat, daß der Anfech-tungstatbestand des § 130 Abs. 1 Nr. 1 [X.] wohl erfüllt sei. Die Beklagte hat hierauf nicht reagiert.

[X.] Raebel

[X.]

[X.]

[X.]

Meta

IX ZR 157/03

28.09.2004

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2004, Az. IX ZR 157/03 (REWIS RS 2004, 1457)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 1457

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