Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.07.2017, Az. 18 W (pat) 4/15

18. Senat | REWIS RS 2017, 7598

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Fahrzeugsystemmodellerstellungssysteme und -verfahren" – zur Rückzahlung der Beschwerdegebühr – Begründungsmängel im Zurückweisungsbeschlusses


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2011 101 920.4

hat der 18. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juli 2017 durch die Vorsitzende Richterin [X.] sowie [X.], die Richterin Dipl.-Phys. [X.] und den Richter Dipl.-Ing. Altvater

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Die am 18. Mai 2011 beim [X.] eingereichte Patentanmeldung 10 2011 101 920.4 mit der Bezeichnung

2

„Fahrzeugsystemmodellerstellungssysteme und -verfahren“,

3

die die [X.] Prioritäten vom 24. Mai 2010 (61/347,629) und vom 23. August 2010 (12/861,176) in Anspruch nimmt, wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des [X.]s mit Beschluss vom 24. November 2014 zurückgewiesen, weil die gemäß dem Protokoll zur Anhörung vom 26. August 2014 diskutierten Mängel nicht beseitigt worden seien. In dem [X.] war ausgeführt worden, die Ansprüche gemäß Haupt- und Hilfsantrag ließen keine erfinderische Tätigkeit auf einem Gebiet der Technik erkennen; im Prüfungsverfahren waren die Druckschriften

4

[X.]: [X.] 2010/0082303 [X.] und

5

[X.]: WO 2010/004572 [X.]

6

genannt worden.

7

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

8

Mit Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2017 hat der Senat u. a. auf die Druckschrift

9

[X.]: [X.] 2006 / 0277010 [X.]

hingewiesen.

In der mündlichen Verhandlung begehrt die Anmelderin die Erteilung des Patents mit unveränderten Anspruchsfassungen nach Hauptantrag und nach Hilfsantrag 1 sowie einer geänderten Anspruchsfassung nach Hilfsantrag 2.

Die Anmelderin beantragt:

1. den Beschluss der Prüfungsstelle für [X.] des [X.]s vom 24. November 2014 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 10, eingegangen am 17. August 2011,

hilfsweise gemäß Hilfsantrag 1

Patentansprüche 1 bis 8, eingegangen am 26. August 2014,

hilfsweise gemäß Hilfsantrag 2

Patentansprüche 1 bis 7, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

Beschreibung Seiten 1 bis 32, eingegangen am 22. November 2013,

[X.]uren 1A, 1B, 2 bis 15, eingegangen am 17. August 2011,

2. die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.

Hauptantrag lautet:

M1 „Fahrzeugsimulationssystem, umfassend:

[X.]… ein Compiler-Modul,

[X.].1 das [X.], der mit einem ersten Typ von Betriebssystem kompatibel ist,

 [X.] auf der Grundlage von [X.] erzeugt,

[X.].2 der durch ein Fahrzeugsteuermodul ausgeführt werden kann und der mit einem zweiten Typ von Betriebssystem kompatibel ist;

[X.] ein Parser-Modul, das eine [X.] und eine Extensible Markup Language-Datei ([X.]) auf der Grundlage des [X.]s und des [X.]s erzeugt;

[X.] ein [X.], das eine Bibliotheksdatei auf der Grundlage des [X.]s und der [X.] erzeugt;

[X.] ein Modellerstellungsmodul, das einen modellbasierten [X.] für ein virtuelles Modell auf der Grundlage der [X.] und einer Benutzerkonfiguration des virtuellen Modells erzeugt; und

[X.] ein [X.], das den Betrieb einer Anlage eines Fahrzeugs mit dem virtuellen Modell simuliert.“

Wegen der abhängigen Ansprüche 2 bis 10 nach Hauptantrag wird auf die Akte verwiesen.

Hilfsantrag 1 entspricht dem Anspruch 1 nach Hauptantrag unter Anfügung der folgenden Merkmale:

[X.] „wobei das Modellerstellungsmodul umfasst: ein Modul einer grafischen Benutzerschnittstelle ([X.]-Modul), das ein konfigurierbares Modul in einer ersten [X.] anzeigt und das eine zweite [X.] anzeigt, wenn das konfigurierbare Modul ausgewählt ist;

M8 ein Datenabrufmodul, das Daten für das virtuelle Modell aus der [X.] abruft und das selektiv Menüs der zweiten [X.] auf der Grundlage der abgerufenen Daten füllt,

[X.] wobei das Modellerstellungsmodul ferner umfasst:

ein Konfigurationsmodul, das den modellbasierten [X.] auf der Grundlage der [X.] und des Benutzerkonfigurationseingangs über die zweite [X.] erzeugt; und

[X.] ein [X.], das das konfigurierbare Modul, das in der ersten [X.] angezeigt wird, auf der Grundlage des Benutzerkonfigurationseingangs über die zweite [X.] aktualisiert.“

Wegen der abhängigen Ansprüche 2 bis 8 nach Hilfsantrag 1 wird auf die Akte verwiesen.

Hilfsantrag 2 entspricht dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unter Anfügung der nachfolgend aufgeführten Merkmale [X.], [X.] und [X.]:

[X.] „wobei das Modellerstellungsmodul [X.] erzeugt, wobei das Modellerstellungsmodul ein Modell der Anlage erzeugt;

[X.] wobei ein Anlagenmodellauswahlmodul ein [X.] des Modells der Anlage auswählt, wobei sich das [X.] darauf bezieht, wie präzise die Simulation des Modells der Anlage erfolgt;

[X.] wobei sich das erste und das zweite Betriebssystem unterscheiden.“

Wegen den nach Hilfsantrag 2 geltenden abhängigen Ansprüchen 2 bis 7 wird auf die Akte verwiesen.

Die Beschwerdeführerin macht hierzu geltend, dass die geänderten Anspruchsfassungen zulässig seien, die Gegenstände der Ansprüche neu seien und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen würden und dem Patentschutz zugänglich seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Denn die Gegenstände des jeweiligen Anspruchs 1 nach Hauptantrag sowie nach den [X.] 1 und 2 beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 [X.]). Die Fragen der Zulässigkeit der geltenden Ansprüche nach Hauptantrag und nach den [X.] 1 und 2 sowie der Neuheit der [X.] können somit dahinstehen (vgl. [X.], Urteil vom 18. September 1990 - [X.], [X.], 120, Abschnitt II. 1. - Elastische Bandage).

1. Die Anmeldung betrifft [X.]- und Fahrzeugsoftwaresimulationssysteme und -verfahren (vgl. [X.] 2011 101 920 [X.], Abs. [0003]). [X.] und [X.] könnten vor der Produktion in einer simulierten Umgebung getestet werden, um eine Komponenten- und Systemgenauigkeit sicherzustellen. Es existierten [X.] für ein Hardware in the [X.] ([X.]), wobei eingebettete Software verwendet werde, die an einem Zielsteuermodul ausgeführt werde, das eine Schnittstelle mit physikalischen und mit simulierten Lasten bilde. Beim [X.] würden Hardwareeinrichtungen wie etwa Fahrzeugsteuermodule verwendet, weswegen das Testen teuer sei und erst in einem späten Entwicklungsstadium möglich sei (vgl. [X.], Abs. [0005], [0006]).

Aufgabe ist in der Anmeldung nicht explizit angegeben. In der Beschwerdebegründung (vgl. S. 6, [X.]. Abs.) ist als Aufgabe genannt, das Testen von [X.] zu beschleunigen und zugleich Ressourcen, nämlich ein reales Steuermodul einzusparen.

Fachmann zur Lösung dieser Aufgabe sieht der Senat einen Ingenieur der Fachrichtung Fahrzeugtechnik oder Informationstechnik an, der bspw. bei einem Fahrzeughersteller mit der Entwicklung und Anwendung von softwarebasierten Simulationssystemen betraut ist.

Die Aufgabe soll durch ein Fahrzeugsimulationssystem gelöst werden, das gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag ein Compiler-Modul, ein Parser-Modul, ein [X.], ein Modellerstellungsmodul und ein [X.] und deren jeweiligen Funktionen umfasst. Beim Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 sind ein Modul einer grafischen Benutzerschnittstelle, ein Datenabrufmodul, ein Konfigurationsmodul und ein [X.] und deren jeweiligen Funktionen ergänzt. Beim Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist u. a. das Modellerstellungsmodul näher spezifiziert und ein Anlagenmodellauswahlmodul und dessen Funktion ergänzt.

2. Einige der im jeweiligen Anspruch 1 nach Hauptantrag und nach den [X.] 1 und 2 aufgeführten Merkmale bedürfen der Auslegung.

Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist auf ein Fahrzeugsimulationssystem gerichtet und soll gemäß Merkmal [X.] ein [X.] umfassen, das den Betrieb einer Anlage - etwa eines Getriebes oder einer Maschine - eines Fahrzeugs mit einem virtuellen Modell simuliert (vgl. [X.], Abs. [0033]). Bei diesem [X.] kann es sich um reine Software handeln, etwa eine Kraftfahrzeugsteuersystemsimulation, also um ein simuliertes Steuermodul (vgl. Abs. [0028] u. [0095] der [X.]). Als virtuelles Modell wird in der Anmeldung das Software in the Loop-Modul zusammen mit seinen Ein- und Ausgängen bezeichnet (vgl. [X.], Abs. [0062]).

Das Fahrzeugsimulationssystem umfasst weitere Software-Module (vgl. auch Abs. [0009] der [X.]), welche als Eingangsgröße [X.] (vgl. Merkmal [X.]) und eine Benutzerkonfiguration eines virtuellen Modells (vgl. Merkmal [X.]) haben. Der [X.] kann automatisiert oder auch von Hand entworfen worden sein (vgl. Abs. [0043] der [X.], le. Satz); bei der Benutzerkonfiguration handelt es sich um Eingabewerte, die der Benutzer über eine grafische Benutzerschnittstelle ([X.]) eingibt (vgl. Abs. [0098] der [X.]). Abgesehen von dem [X.] (vgl. Merkmal [X.]) wird im Anspruch ein Bezug zu einem Fahrzeugsteuermodul und damit zu technischen Gegebenheiten dadurch hergestellt, dass der von einem Compilermodul auf der Grundlage des eingehenden [X.]s zu erzeugende [X.] durch ein Fahrzeugsteuermodul ausgeführt werden können soll (vgl. Merkmale [X.] bis [X.].2). Der [X.] ist dabei mit einem ersten und mit einem - gemäß Hauptantrag nicht notwendigerweise davon verschiedenen - zweiten Betriebssystem kompatibel (vgl. Merkmale [X.].1, [X.].2). Merkmal [X.] legt fest, dass ein Parser-Modul auf der Grundlage des [X.]s und des [X.]s zwei verschiedene Dateien ([X.] und [X.]) erzeugt; dabei beinhaltet bereits die Verarbeitung von [X.], welcher auf der Grundlage von [X.] erzeugt wurde, dass die Dateien „auf der Grundlage“ des [X.]s erzeugt werden. Unter dem in Merkmal [X.] benannten [X.] ist eine [X.] zu verstehen, die auf Basis des [X.]s und der [X.] eine Bibliotheksdatei erzeugt. Ein Modellerstellungs-Modul erzeugt für das virtuelle Modell einen modellbasierten [X.], wobei als Eingangsdaten die [X.] und eine Benutzerkonfiguration eingehen (vgl. Merkmal [X.]).

Bei dem Fahrzeugsimulationssystem gemäß Hilfsantrag 1 ist für das Modellerstellungsmodul (vgl. Merkmal [X.]) angegeben, dass der Benutzer über eine grafische Benutzerschnittstelle ([X.]-Modul) die gewünschte Konfiguration eingeben kann, wozu ein Datenabrufmodul, ein Konfigurationsmodul und ein [X.] mit der [X.] interagieren (vgl. Merkmale [X.] bis [X.]; [X.], Abs. [0048] - [0050]).

In Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist präzisiert, dass das Modellerstellungsmodul als virtuelle Modelle der Anlage des Fahrzeugs (vgl. Merkmale [X.] und [X.]) [X.], also Software in the Loop-Modelle erzeugt, dass also bei der Kraftfahrzeugsteuersimulation das Verhalten des Steueralgorithmus durch Ausführen der Software in einer virtuellen Simulationsumgebung erhalten wird, so dass keine mit der Anlage in Verbindung stehende Hardware erforderlich ist (vgl. Abs. [0027] der [X.]). Merkmal [X.] stellt dabei klar, dass sich das erste und das zweite Betriebssystem unterscheiden; darunter fällt etwa die Ausgestaltung, dass der von dem Compiler erzeugte [X.] mit dem Betriebssystem des zu [X.] kompatibel ist, wie auch mit dem Betriebssystem des Computers, auf dem das [X.] läuft.

Gemäß Merkmal [X.] soll ein Anlagenmodellauswahlmodul ein [X.] des Modells der Anlage auswählen; dabei soll sich das [X.] darauf beziehen, wie präzise die Simulation des Modells der Anlage erfolgt. Dies betrifft etwa die Komplexität des Modells, beispielsweise die Anzahl der bei der Simulation zu berücksichtigenden Komponenten der Anlage (vgl. [X.], Abs. [0036]).

Hauptantrag beruht für den Fachmann in Kenntnis von Druckschrift [X.] nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

M1 (vgl. Abs. [0002] i. V. m. Abs. [0013] u. [0032]). Beschrieben wird, dass das simulierte Modell, das dem virtuellen Modell der vorliegenden Anmeldung entspricht, in [X.] transferiert wird, dann kompiliert wird und auf einer Simulations-Hardware implementiert werden kann (vgl. Abs. [0014]). Damit ist ein Compiler-Modul offenbart, welches auf der Grundlage von [X.] ([X.], [X.].1); der [X.] wird letztlich auf einer Fahrzeugsteuereinheit ([X.].2) Die offenbarten Entwicklungswerkzeuge, mit denen eine Parametrisierung der virtuellen Modelle erfolgt, verwenden [X.]en und ermöglichen die Eingabe von Benutzerkonfigurationen und erzeugen daraus wiederum einen modellbasierten [X.]; sie stellen somit ein Modellerstellungsmodul gemäß Merkmal [X.] dar (vgl. Abs. [0014], [0015] u. [0034]). Die automatische Generierung einer deskriptiven Datei, bei der es sich auch um eine [X.] handeln kann, anhand des virtuellen Modells ist als ein Parsen anzusehen (vgl. Abs. [0062], [0063], [0034], [0066]); dafür wird das virtuelle Modell analysiert (vgl. Abs. [0062], [0066]), was somit zumindest mittelbar auf der Grundlage von Source- und [X.] erfolgt (Merkmal [X.]). Druckschrift [X.] offenbart nicht explizit ein [X.]; es wird aber beschrieben, dass bestimmte [X.]n zur Verfügung gestellt werden müssen, womit ein Hinweis auf Bibliotheksdateien gegeben ist (vgl. Abs. [0014] / teilweise Merkmal [X.]). Als eine Variante offenbart Druckschrift [X.], dass auch das Fahrzeugsteuermodul simuliert wird und das simulierte Modell zur Ausführung auf einen Prozessor verlagert wird (vgl. Abs. [0052], [0053] u. [0012]: … [X.]).

Der Argumentation der Anmelderin, Druckschrift [X.] offenbare allein Hardware in the Loop-Verfahren, bei denen die erstellten Simulationsmodelle auf einer Simulations-Hardware ausgeführt werden, kann nicht beigetreten werden. Denn die Druckschrift beschreibt neben den [X.] (vgl. Abs. [0011]) als eine Variante auch sogenannte Off-Line Simulationen, bei denen das virtuelle Modell zur Ausführung auf eine simulierte Steuereinheit übertragen wird, so dass auf aufwendige [X.] verzichtet werden kann (vgl. Abs. [0052], [0053]:

[X.] vorsehen.

Somit ist dem Fachmann in Kenntnis von Druckschrift [X.] ein Fahrzeugsimulationssystem mit den Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag nahegelegt, so dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist somit nicht patentfähig.

4. Die in den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 zusätzlich aufgenommenen Merkmale können eine erfinderische Tätigkeit ebenfalls nicht begründen.

Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 nach Hauptantrag darin, dass das Modellerstellungsmodul (vgl. Merkmal [X.]) ein Modul einer grafischen Benutzerschnittstelle ([X.]-Modul), ein Datenabrufmodul, ein Konfigurationsmodul und ein [X.] umfassen soll (vgl. Merkmale [X.] bis [X.]), wobei u. a. in einer ersten [X.] die Anzeige eines konfigurierbaren Moduls erfolgt und eine zweite [X.] mit Menüs auf Basis der [X.] befüllt wird und dem Benutzer die Eingabe einer Konfiguration erlaubt.

Ob es sich bei den in den Merkmalen [X.] bis [X.] aufgeführten Angaben zur Befüllung von Menüs der [X.] mit Daten und zur Aktualisierung der angezeigten Module um technische Mittel zur Lösung eines technischen Problems handelt, kann dahingestellt bleiben, da diese Merkmale für den Fachmann sämtlich ebenfalls aus Druckschrift [X.] entnehmbar sind.

[X.]). Dabei analysiert ein Parametrisierungsprogramm, welches ein Modellerstellungsmodul im Sinne der Anmeldung darstellt, das virtuelle Modell und befüllt die [X.] nur mit den benötigten Komponenten, welche aus der [X.] entnommen werden (vgl. Abs. [0071] u. [0067]), dieses Parametrisierungsprogramm stellt somit ein Datenabrufmodul wie in Merkmal M8 beansprucht dar. Für den Fachmann ist dabei klar, dass der modellbasierte [X.] auf Grundlage des Benutzerkonfigurationseingangs, welcher über die (zweite) [X.] letztlich auf Grundlage der [X.] erfolgt, erzeugt wird (vgl. Abs. [0015] i. V. m. Abs. [0044] u. [0058] u. [X.]. 4 / Merkmal [X.]). Die in den [X.]s gezeigten Module werden ständig aktualisiert und miteinander abgeglichen; diese Verwaltung der virtuellen Modelle ([X.] dar (vgl. Abs. [0045], [0046], [0061] u. [0072]).

Somit ist dem Fachmann auch der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 in Kenntnis von Druckschrift [X.] nahegelegt.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist damit ebenfalls nicht patentfähig.

5. Auch die Präzisierung gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.

Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 darin, dass in Merkmal [X.] klargestellt wird, dass das Modellerstellungsmodul (vgl. Merkmal [X.]) [X.], also Software in the Loop-Modelle erzeugt, wobei es sich bei dem Modell um ein Modell der Anlage eines Fahrzeugs (vgl. Merkmal [X.]) handelt. [X.] ist auch, dass sich die in den Merkmalen [X.].1 und [X.].2 aufgeführten Betriebssysteme voneinander unterscheiden (vgl. Merkmal [X.]). Zusätzlich soll mit einem Anlagenmodellauswahlmodul ein [X.] des Modells der Anlage ausgewählt werden können, welches sich darauf bezieht, wie präzise die Simulation erfolgt (vgl. Merkmal [X.]).

[X.]).

[X.] führt.

[X.]).

Dem Fachmann ist daher in Kenntnis von Druckschrift [X.] auch der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 nahegelegt.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist somit ebenfalls nicht patentfähig.

6. Mit dem nicht patentfähigen Anspruch 1 nach Hauptantrag und nach den [X.] 1 und 2 sind auch die auf diese Ansprüche direkt oder indirekt rückbezogenen jeweiligen [X.] nicht schutzfähig, da auf diese Ansprüche kein eigenständiges Patentbegehren gerichtet war (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Juni 2007 - [X.], [X.], 862, Abschnitt [X.] 3. a) aa) – Informationsübermittlungsverfahren II).

7. Nachdem die jeweiligen Anspruchssätze nach Hauptantrag und nach den [X.] 1 und 2 nicht schutzfähig sind, war die Beschwerde zurückzuweisen.

[X.]

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war nach § 80 Abs. 3 [X.] anzuordnen.

Nach dieser Vorschrift kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dies kommt insbesondere bei Verfahrensfehlern oder unsachgemäßer Sachbehandlung in Betracht (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 80 Rdn 113 f. und § 73 Rdn 134 ff.; Busse/[X.] - [X.], [X.], 8. Aufl., § 80 Rdn 85 ff. u. Rdn. 92 ff.).

Im angefochtenen Beschluss liegen Verfahrensfehler vor ([X.]/[X.], a. a. O., § 73 Rdn 146, 148). Die von der Prüfungsstelle herangezogene Begründung im [X.] vom 26. August 2014 weist Mängel auf, da sie nicht nachvollziehbar und unvollständig ist.

nicht auf einem sinnvollen technischen Verständnis beruhe. In einer zweiten Auslegungsvariante sei die Prüfungsstelle von einem sinnvollen technischen Verständnis ausgegangen, eine detaillierte Analyse und Würdigung der einzelnen Merkmale sei jedoch nicht erfolgt. Eine Prüfung der tatsächlich beanspruchten Gegenstände habe folglich nicht stattgefunden.

In einem ersten Prüfungsbescheid wurde von der Prüfungsstelle die Druckschrift [X.] pauschal genannt und der Anmelder - ohne inhaltlich auf den Anspruch oder die Druckschrift einzugehen - aufgefordert, „gemäß seiner Mitwirkungspflicht“ einen technischen Effekt im Anspruch 1 aufzuzeigen und sich dabei gegenüber der Druckschrift [X.] abzugrenzen. Nachdem die Anmelderin ausführlich zur Technizität und erfinderischen Tätigkeit gegenüber Druckschrift [X.] Stellung genommen hat und die Patentansprüche unverändert aufrechterhielt, fand am 26. August 2014 eine Anhörung statt; zuvor war in einem kurzen Zusatz zur Ladung sinngemäß ausgeführt worden, der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe gegenüber Druckschrift [X.] nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, wiederum ohne [X.] mit den beanspruchten Merkmalen. In der Anhörung hat die Anmelderin eine Erteilung mit den ursprünglichen Ansprüchen als Hauptantrag und mit veränderten Ansprüchen gemäß Hilfsantrag beantragt. Im Protokoll der Anhörung wird zur Auslegung ausgeführt:

Abbildung

Abbildung

Die Prüfungsstelle fährt damit fort, dass aus [X.] eine Modellerstellung und Konfiguration seiner Eingangsparameter über ein [X.] bekannt sei. Weiter macht die Prüfungsstelle Ausführungen dazu, was für den Fachmann selbstverständlich wäre oder beliebig sei. Die Ansprüche 1 bis 10 gemäß Hauptantrag ließen „so verstanden“ keine erfinderische Tätigkeit auf einem Gebiet der Technik erkennen. Gestalterische Überlegungen zur Ausgestaltung eines [X.]s, soweit sie in den Patentansprüchen anklängen, lägen nicht auf einem Gebiet der Technik.

Zum Hilfsantrag 1 wird lediglich aufgeführt, dass dieser die Merkmale der Ansprüche 1 bis 3 nach Hauptantrag umfassen würde, die bei der Interpretation des Anspruchs 1 nach Hauptantrag bereits eingeflossen seien.

Mit Schreiben vom 18. November 2014 bat die Anmelderin um den Erlass eines beschwerdefähigen Beschlusses. Darauf erfolgte am 24. November 2014 die Zurückweisung, da die im [X.] diskutierten Mängel nicht beseitigt worden seien.

Die Ausführungen im [X.] sind widersprüchlich und unvollständig. Die Prüfungsstelle behauptet zunächst, „ein Patentanspruch sei mit Hilfe der Beschreibung nicht so auszulegen, dass er sinnvoll wird“ und „dies bedeutet auch nicht, dass der beanspruchte Gegenstand ausführbar sein muss“, um dann festzustellen, der Anspruch 1 nach Hauptantrag lasse als technische Lösung eines technischen Problems die Kompilierung eines Quellcodemoduls erkennen, welche sich für den Fachmann in naheliegender Weise ergebe.

In einer zweiten Interpretation, die die Prüfungsstelle „entgegen obiger Maßgabe“ offenbar so vorgenommen haben will, dass ein sinnvoller technischer Gegenstand umschrieben wird, werden zwei verschiedene Quellcodes gefordert. Die weitere Argumentation - ohne Angabe jeglicher [X.] - dürfte so zu verstehen sein, dass aus Druckschrift [X.] einzelne der aufgeführten Merkmale bekannt seien, weitere Merkmale für den Fachmann selbstverständlich seien. Daran schließt sich im [X.] der eigentliche Zurückweisungsgrund an, dass die Ansprüche 1 nach Hauptantrag und nach Hilfsantrag 1 keine erfinderische Tätigkeit auf einem Gebiet der Technik erkennen lassen würden, offensichtlich unter Nichtberücksichtigung nichttechnischer Merkmale.

Eine solch verworrene Argumentation kann nicht als die in § 45 [X.] geforderte Angabe der Anmeldungsmängel angesehen werden, auf die ein Anmelder reagieren könnte. Schon die beiden aufgeführten [X.] lassen den Anmelder im Unklaren, in welcher Weise die Prüfungsstelle einen gegebenenfalls neu eingereichten Anspruch auslegen würde. Zudem werden beide von der Prüfungsstelle vorgenommenen Auslegungen dem Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht gerecht. Insbesondere hat die Prüfungsstelle, die angibt, den Blick auf die technische Funktion des beanspruchten Gegenstands gerichtet zu haben, ein Großteil der Merkmale des Anspruchs 1 nach Hauptantrag nicht gewürdigt. So ist im gesamten [X.] weder das beanspruchte Fahrzeugsimulationssystem (vgl. Merkmal M1), noch das Fahrzeugsteuermodul, das letztlich den [X.] ausführen soll (vgl. Merkmal [X.].2), oder das [X.], das den Betrieb einer Anlage eines Fahrzeugs simulieren soll (vgl. Merkmal [X.]), erwähnt.

Die einzelnen Merkmale des Anspruchs 1 nach Hauptantrag werden, wie die Anmelderin korrekt rügt, nicht gewürdigt und keiner Prüfung gegenüber dem Stand der Technik unterzogen. Ein konkreter [X.] mit Druckschrift [X.], welche wohl die Druckschrift sein soll, gegenüber der der Gegenstand des Anspruchs nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, hat im gesamten Prüfungsverfahren nicht stattgefunden. Ferner sind im Protokoll keine [X.] genannt und auch bei der erstmaligen Nennung der Druckschrift [X.] im [X.] wird kein Bezug zu einer schneller ablaufenden Umgebung hergestellt. Daher ist bei der Nennung von Druckschrift [X.] auf Seite 2 des [X.]s nicht nachvollziehbar, ob es sich möglicherweise um einen Tippfehler handelt und Druckschrift [X.] gemeint sein sollte, oder doch Druckschrift [X.] inhaltlich gemeint ist. Die von der Prüfungsstelle vorgenommene Argumentation, welche einen Großteil der technischen Merkmale des Anspruchs 1 nach Hauptantrag nicht berücksichtigt, ist insgesamt als nicht nachvollziehbar und unvollständig zu bezeichnen.

Zum Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 findet sich ebenfalls keine Begründung mit einem konkreten [X.].

Der Senat sieht diese nicht nachvollziehbare und unvollständige Begründung und die neben der Sache liegende Auslegung des Patentanspruchs als eine mangelhafte Begründung und mängelbehaftete Sachbehandlung der Anmeldung durch die Prüfungsstelle an, so dass eine Einbehaltung der Beschwerdegebühr unbillig erschiene ([X.]/[X.], a. a. O., § 73 Rdn 140, 146, 148 und Busse/[X.] - [X.], a. a. O., § 80 Rdn 97, 129).

Meta

18 W (pat) 4/15

21.07.2017

Bundespatentgericht 18. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.07.2017, Az. 18 W (pat) 4/15 (REWIS RS 2017, 7598)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7598

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