Bundesfinanzhof, Beschluss vom 24.01.2012, Az. I B 34/11

1. Senat | REWIS RS 2012, 9856

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Hinzurechnung von Gewinnausschüttungen zur Ermittlung des Gewerbeertrags


Leitsatz

NV: Gewinnausschüttungen sind bei der Ermittlung des Gewerbeertrages auf der Grundlage des § 8 Nr. 5 GewStG 2002 auch dann hinzuzurechnen, wenn die ausschüttenden Gesellschaften wegen ihrer Tätigkeit (hier: Betrieb von Altenheimen nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG) steuerbefreit sind .

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Gewinnausschüttungen bei der Ermittlung des [X.] gemäß § 8 Nr. 5 des [X.] ([X.] 2002) hinzuzurechnen sind.

2

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, war im Streitjahr 2004 (u.a.) zu jeweils 100 % an der [X.] und der Y-GmbH beteiligt. Beide Tochtergesellschaften betrieben Altenheime und waren nach § 3 Nr. 20 Buchst. c [X.] 2002 von der Gewerbesteuer befreit. Im Streitjahr kam es zu Gewinnausschüttungen dieser Gesellschaften (505.000 €), die die Klägerin in ihrem Jahresabschluss als Ertrag erfasste. Bei der Ermittlung des körperschaftsteuerrechtlichen Einkommens ließ sie 95 % dieser Gewinnausschüttungen nach § 8b Abs. 1 des [X.] ([X.] 2002) außer Ansatz. Das auf diese Weise ermittelte Einkommen (21.033 €) setzte sie in ihrer Gewerbesteuererklärung zugleich als Gewinn aus Gewerbebetrieb bzw. als Gewerbeertrag an.

3

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) rechnete dem Gewinn die Gewinnausschüttungen davon abweichend in Höhe von 95 % gemäß § 8 Nr. 5 [X.] 2002 hinzu; eine Kürzung gemäß § 9 Nr. 2a [X.] 2002 komme nicht in Betracht. Die dagegen erhobene Klage, in der die Klägerin die Meinung vertrat, dass sachliche Steuerbefreiungen dem sog. Schachtelprivileg des § 9 Nr. 2a [X.] 2002 nicht entgegenstünden, blieb erfolglos ([X.], Urteil vom 13. Januar 2011 13 K 4376/08).

4

Die Klägerin beantragt unter Hinweis auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Alternative 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Revision zuzulassen.

5

Das [X.] beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Ein Klärungsbedürfnis für die von der Klägerin dargelegten Rechtsfragen --als Grundvoraussetzung für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 Alternative 1 [X.]O-- besteht nicht. Die [X.]ragen, ob eine Hinzurechnung bei der Ermittlung des [X.] unterbleibt, wenn die Steuerbefreiung nicht an die ausschüttende Kapitalgesellschaft selbst, sondern an die Tätigkeit dieser Gesellschaft anknüpft, und ob die Gewerbesteuerbefreiung des § 3 Nr. 20 Buchst. c [X.] 2002 bei einer Ausschüttung an eine Muttergesellschaft, die selber ebenfalls dem Betrieb von Altenheimen dient, für die ausgeschütteten Gewinne erhalten bleibt, sind so zu beantworten, wie es das [X.] im angefochtenen Urteil getan hat.

7

1. Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist nach § 6 [X.] 2002 der Gewerbeertrag. Gewerbeertrag ist nach § 7 Satz 1 [X.] 2002 der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des [X.] zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 [X.] 2002 bezeichneten Beträge. Gemäß § 8 Nr. 5 [X.] 2002 werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (u.a.) die nach § 8b Abs. 1 [X.] 2002 außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) und die diesen gleichgestellten Bezüge und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des [X.], soweit sie nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder Nr. 7 [X.] 2002 erfüllen, nach Abzug der mit diesen Einnahmen, Bezügen und erhaltenen Leistungen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben, soweit sie nach § 8b Abs. 5 [X.] 2002 unberücksichtigt bleiben, wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

8

2. § 9 Nr. 2a [X.] 2002 sieht eine Kürzung bei der Ermittlung des Gewerbeertrages nur vor für Gewinne aus Anteilen an einer nicht (gewerbe-)steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft. Normzweck ist es, eine doppelte Besteuerung ausgeschütteter Gewinne mit Gewerbesteuer sowohl beim Anteilseigner als auch bei der Kapitalgesellschaft zu verhindern, nicht hingegen, die einmalige Erhebung von Gewerbesteuer auf [X.] zu vermeiden. Gewinnausschüttungen aus Vermögen, dessen Erwirtschaftung nicht zu einer Belastung mit Gewerbesteuer (bei der ausschüttenden Kapitalgesellschaft) geführt hat, sind diesem Normzweck --soweit das Gesetz nicht wiederum ausdrücklich eine Rückausnahme vorsieht (so für [X.] [X.] des § 3 Nr. 23 [X.] 2002)-- nicht zuzuordnen (s. z.B. auch [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 9 Nr. 2a [X.]). In Einklang damit und dem eindeutigen Regelungswortlaut werden sowohl die Gewinne aus Anteilen an unbeschränkt persönlich von der Gewerbesteuer befreiten Kapitalgesellschaften als auch solchen Kapitalgesellschaften von der Kürzung ausgenommenen, die auf der Grundlage einer bestimmten Tätigkeit ("insoweit") einer lediglich beschränkt persönlichen bzw. sachlichen Steuerbefreiung unterliegen (zur Terminologie z.B. Senatsbeschluss vom 10. März 2010 [X.]/09, [X.], 358, [X.], 181; Senatsurteil vom 22. Juni 2011 [X.]/10, [X.], 61; s. zu § 3 Nr. 20 Buchst. c [X.] 2002 ausdrücklich Urteil des [X.] --B[X.]H-- vom 29. März 2006 [X.]/00, [X.], 50, [X.], 661, zu [X.] cc der Gründe). Dass die Klägerin auf dieser Grundlage mit Erträgen aus einer sog. Schachtelbeteiligung in gleicher Weise steuerpflichtig ist, wie mit Erträgen aus sog. Streubesitz, widerspricht dem nicht; faktisch ist eine Doppelbelastung der Erträge mit Gewerbesteuer hier wie dort ausgeschlossen. Aus dem Senatsbeschluss in [X.], 358, [X.], 181, der von dem Gedanken getragen ist, bei der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft eine Einmalbesteuerung zu gewährleisten, ergibt sich nichts anderes.

9

3. Die beschränkt persönliche bzw. sachliche Steuerbefreiung des § 3 Nr. 20 Buchst. c [X.] 2002, die den konkreten Betreiber einer dort genannten Einrichtung begünstigt (z.B. Senatsbeschluss in [X.], 358, [X.], 181; s.a. Senatsbeschluss vom 8. September 2011 [X.]/10, [X.], 44), entwickelt auf dieser Grundlage auch keine "[X.]ernwirkung", wonach sie einem nicht entsprechend begünstigten [X.] zugutekäme. Die gesellschaftsrechtliche Verbindung der Gesellschaften, die nicht der sachlichen und personellen Verknüpfung nach der Art einer Betriebsaufspaltung gleichsteht (s. insoweit B[X.]H-Urteil in [X.], 50, [X.], 661), reicht für eine solche Annahme nicht aus. Der [X.] selbst "betreibt" keine im vorgenannten Sinne begünstigte Einrichtung, auch dann nicht, wenn er die Ausschüttungen voraussichtlich in weitere Beteiligungen investiert (vgl. insoweit zur nicht ausreichenden sog. Tätigkeitsergänzung Senatsurteil vom 4. Juni 2003 [X.], [X.], 171, [X.], 244; s.a. [X.] Münster, Urteil vom 18. November 2010  3 K 1272/08 G,[X.], Entscheidungen der [X.]inanzgerichte 2011, 722; [X.] Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Mai 2011  2 K 2720/08, juris). Zwar könnte der Zweck des § 3 Nr. 20 [X.] 2002, die bestehenden Versorgungsstrukturen bei der Behandlung kranker und pflegebedürftiger Personen zu verbessern und die Sozialversicherungsträger von Aufwendungen zu entlasten (Senatsurteile vom 22. Oktober 2003 [X.], B[X.]HE 204, 278, [X.], 300; vom 22. Juni 2011 [X.]/10, B[X.]HE 233, 551, [X.], 892) es rechtfertigen, die Befreiungswirkung auf solche [X.] auszuweiten, die --wie nach ihrem Vortrag die [X.] zur [X.]inanzierung weiterer begünstigter Betriebe ansammeln. [X.]ür eine derartige Ausweitung bietet jedoch der insoweit eindeutige Gesetzeswortlaut keinen Anhalt.

Meta

I B 34/11

24.01.2012

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

vorgehend FG Köln, 13. Januar 2011, Az: 13 K 4376/08, Urteil

§ 3 Nr 20 Buchst c GewStG 2002, § 8 Nr 5 GewStG 2002, § 9 Nr 2a GewStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 24.01.2012, Az. I B 34/11 (REWIS RS 2012, 9856)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9856

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I R 14/07 (Bundesfinanzhof)

Rückwirkende Hinzurechnung von Dividenden aus Auslandsbeteiligungen nach § 8 Nr. 5 GewStG 1999 i.d.F. des …


I R 9/15 (Bundesfinanzhof)

Kein gewerbesteuerrechtlicher Korrespondenzausgleich bei Teilwertaufholung


I R 109/08 (Bundesfinanzhof)

(Gewerbesteuerliche Hinzurechnung der über ein Wertpapier-Sondervermögen bezogenen steuerfreien Dividenden - Rechtsgrundverweisung und Rechtsfolgenverweisung in § …


I R 92/10 (Bundesfinanzhof)

(Investmentanteile: Nichtabziehbarkeit des sog. negativen Aktiengewinns auch bei verdeckter Einlage - Hinzurechnung von Investmenterträgen gemäß …


I B 62/11 (Bundesfinanzhof)

Nichtzulassungsbeschwerde: Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.