Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.10.2015, Az. 3 StR 334/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 3296

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Gegenstand

Strafbare Unterstützung einer terroristischen Vereinigung: Unterstützungsleistung durch Zusage einer Geldzuwendung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 27. März 2015 aufgehoben,

a) soweit der Angeklagte im Falle [X.]. der Urteilsgründe verurteilt worden ist,

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe; die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.

2. Im Falle [X.]. der Urteilsgründe wird der Angeklagte freigesprochen; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.

Im Umfang der Aufhebung im Übrigen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an einen anderen Strafsenat des Oberlandesgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Verurteilung des Angeklagten im Falle [X.]. der Urteilsgründe hat keinen Bestand.

3

a) Nach den Feststellungen hatte sich der Bruder des Angeklagten in [X.] der dort bestehenden terroristischen Vereinigung "Jaish al-muhajirin [X.]" angeschlossen. Auf dessen Bitte veranlasste der Angeklagte die Überweisung von 1.000 USD an einen Mittelsmann in der [X.], die zur Förderung der Zwecke der Vereinigung bestimmt waren. Da die Auszahlung des überwiesenen Betrags an den Mittelsmann scheiterte, kam der Angeklagte mit seinem Bruder überein, die Summe zurückzubuchen. Sie sollte stattdessen vom Angeklagten anlässlich eines ins Auge gefassten Besuchs in [X.] bar übergeben werden. Auch dazu kam es indes nicht.

4

b) Dies trägt entgegen der Annahme des [X.]s nicht den Schuldspruch wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland außerhalb der Mitgliedstaaten der [X.] (§ 129a Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 StGB).

5

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschlüsse vom 11. Juli 2013- AK 13 und 14/13, [X.], 318; vom 20. September 2012 - 3 [X.], [X.]R StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 4) ist unter einem Unterstützen im Sinne von § 129a Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich jedes Tätigwerden zu verstehen, durch das ein Nichtmitglied der [X.] und ihren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten - wenn auch nicht unbedingt maßgebend - erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt (s. etwa auch [X.], Urteil vom 14. August 2009 - 3 [X.], [X.]St 54, 69, 117). Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche Betätigungsakte eines Angehörigen der Vereinigung fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe zur Mitgliedschaft (vgl. etwa [X.], Urteile vom 30. Oktober 1964 - 3 StR 45/64, [X.]St 20, 89; vom 3. Oktober 1979 - 3 [X.], [X.]St 29, 99, 101). Zum anderen greift der Begriff des Unterstützens einer Vereinigung über ein im strengeren Sinne des § 27 Abs. 1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds beschränktes Verständnis hinaus; denn er bezieht sich auch und - wie schon der Wortlaut des Gesetzes zeigt - sogar in erster Linie auf die Vereinigung als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des [X.] zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss (vgl. Beschluss vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, [X.]St 51, 345, 350 f.; Urteil vom 14. August 2009 - 3 [X.], [X.]St 54, 69, 117 f.). Auch muss das Wirken des [X.] nicht zu einem von diesem erstrebten Erfolg führen, es genügt, wenn [X.] für die Organisation objektiv nützlich ist, ohne dass ein messbarer Nutzen für diese eintritt ([X.], Urteile vom 14. August 2009 - 3 [X.], [X.]St 54, 69, 116; vom 25. Juli 1984 -3 [X.], [X.]St 33, 16, 17; vom 25. Januar 1984-3 StR 526/83, [X.]St 32, 243, 244).

6

bb) Die dargestellten Maßstäbe schließen es zwar nicht von vornherein aus, dass im Einzelfall allein schon die Zusage eines Außenstehenden, zugunsten der Vereinigung oder eines ihrer Mitglieder Geld- oder Sachleistungen zu erbringen oder sich sonst in bestimmter Weise zu verhalten, als Unterstützungshandlung im Sinne von § 129a Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB zu bewerten ist, auch wenn es letztlich nicht zur Erfüllung der Zusage kommt oder der zugesagte Erfolg aus anderen Gründen ausbleibt. In Abgrenzung zum bloßen straflosen Versuch der Unterstützung ist jedoch stets an dem Erfordernis festzuhalten, dass [X.] des [X.] für die Vereinigung objektiven Nutzen entfaltet. [X.] es sich - wie hier - in der Zusage einer Unterstützungshandlung bzw. in nachfolgendem erfolglosem Bemühen, muss sich somit bereits dies für sich allein auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung oder eines ihrer Mitglieder in irgendeiner Weise positiv auswirken.

7

Solche Auswirkungen hat das [X.] nicht festgestellt.

8

c) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen zum objektiven Nutzen der Zusage des Angeklagten für die Vereinigung oder für mitgliedschaftliche Betätigungshandlungen des Bruders getroffen werden können. Er spricht den Angeklagten deshalb insoweit mit der entsprechenden Kostenfolge frei (§ 354 Abs. 1, § 467 Abs. 1 StPO).

9

2. Der Wegfall der Einzelstrafe im Falle [X.]. der Urteilsgründe führt zur Aufhebung des Urteils auch im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Die zugehörigen Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können deshalb aufrechterhalten bleiben. Der neue Tatrichter kann insoweit ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch treten.

[X.]

                  [X.]

Meta

3 StR 334/15

27.10.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Stuttgart, 27. März 2015, Az: 6 - 2 StE 4/14

§ 129a Abs 5 S 1 StGB, § 129b Abs 1 S 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.10.2015, Az. 3 StR 334/15 (REWIS RS 2015, 3296)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3296

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