Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.11.2002, Az. 5 StR 330/02

5. Strafsenat | REWIS RS 2002, 467

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5 [X.]/02BUNDESGERICHTSHOFIM [X.] DES VOLKESURTEILvom 28. November 2002in der Strafsachegegenwegen sexuellen Mißbrauchs von [X.] u.a.- 2 -Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 28. No-vember 2002, an der teilgenommen haben:Vorsitzende Richterin [X.],[X.],Richterin [X.],Richter Dr. Brause,Richter [X.] beisitzende Richter,[X.],Oberstaatsanwalt beim [X.] Schals Vertreter der [X.],Rechtsanwältin [X.] Verteidigerin,Rechtsanwältin [X.] Vertreterin der Nebenklägerin,[X.] Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,- 3 -für Recht erkannt:Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das [X.]eil [X.] vom 26. März 2002 mit den [X.]) soweit das [X.] von der Anordnung der Siche-rungsverwahrung abgesehen hat,b) im Strafausspruch.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine andere [X.] des [X.]szurückverwiesen.[X.] Von Rechts wegen [X.]G r ü n d e1. Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchswiderstandsunfähiger Personen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von[X.] zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt, vonder Anordnung der Sicherungsverwahrung jedoch abgesehen. Die [X.] hat ihr lediglich zu Ungunsten des Angeklagten eingelegtesRechtsmittel auf eine Verfahrensrüge sowie die Sachrüge gestützt und aufden Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Die [X.] vom Generalbundesanwaltvertretene [X.] Revision hat mit der Sachrüge [X.] 4 -2. Nach den Feststellungen wurde der Angeklagte im Jahre 1997 we-gen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexueller [X.] einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt, die erbis zum 6. November 2000 verbüßte. Etwa drei Monate nach seiner Haftent-lassung, im Februar 2001, führte er bei der 16 Jahre alten und geistig [X.] Geschädigten den Geschlechtsverkehr durch und schwängerte [X.] Das [X.] hat [X.] ohne nähere Ausführungen zu § 66 StGB zumachen [X.] die Voraussetzungen für eine Unterbringung des Angeklagten inder Sicherungsverwahrung verneint, weil bei ihm kein Hang zu erheblichenStraftaten vorliege. Diese Darlegungen halten rechtlicher Prüfung nichtstand.Nach den [X.]eilsgründen sind die formellen Voraussetzungen nach§ 66 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB gegeben.Wie die Revision zutreffend darlegt, ist es den [X.]eilsgründen [X.] ausgeschlossen, daß auch die in § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB genanntenmateriellen Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrungvorliegen. Die [X.] führt zwar aus, daß beim Angeklagten —[X.] zu erheblichen [X.] vorliege. Bei der der [X.] liegenden Tat sei der Angeklagte alkoholisiert gewesen; er lebeaber nunmehr abstinent. Bei der jetzigen Verurteilung handele es sich [X.] —innerhalb seiner Familiefi, in die er jetzt nicht mehr zurückkehrendürfe; zudem sei es trotz weiteren Zusammenlebens in den folgenden [X.] zu keiner weiteren Straftat gekommen. Doch läßt das angefochtene[X.]eil nicht hinreichend erkennen, ob das [X.] hierbei von einem zu-treffenden Verständnis der erwähnten Regelung ausgegangen ist.Möglicherweise hat die [X.] den Begriff des Hanges verkannt.Sie verweist zwar zu Recht auf die abhängige, asthenische Persönlichkeit- 5 -des Angeklagten hin, die sich —in Introvertiertheit, Willensschwäche, Passivi-tät, Ambivalenz, Durchsetzungsunfähigkeit, Abhängigkeitsverhalten, Selbst-unsicherheit, Kontaktschwäche, schnelle Reiz- und Verletzbarkeit sowie un-genügend ausgeprägte Selbstreflexionfi äußere. Indes setzt sie sich nichtausdrücklich damit auseinander, daß einen Hang (§ 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB)auch haben kann, wer [X.] ist, aus innerer Haltlosigkeit Tatanrei-zen nicht genügend widerstehen kann und so jeder neuen Versuchung [X.] fällt. Daß sich der Täter [X.] wofür die Umstände des vorliegenden Fallessprechen [X.] aus Willensschwäche zu Straftaten hinreißen läßt, steht infolge-dessen der Annahme eines kriminellen Hanges im Sinne der genannten Vor-schrift nicht entgegen ([X.]St 24, 160, 161 f.; [X.], [X.]. vom 20. Febru-ar 2002 [X.] 2 StR 486/01, insoweit in [X.]R StGB § 72 [X.] abgedruckt). Mit diesem Aspekt hätte sich die [X.] unter Be-rücksichtigung der hohen Rückfallgeschwindigkeit näher befassen müssen.Zu besorgen ist ferner, die [X.] könne einen Hang des Ange-klagten auch deshalb verneint haben, weil bei ihm —keine besondere Neigungzu jungen [X.] bestehe. Das wäre eine zu enge Betrachtungsweise,die dem festgestellten Sachverhalt nicht hinreichend gerecht wird. Bei [X.] hatte er von einem 13 Jahre alten Mädchen den [X.]. Bei der jetzigen Tat war die im Juli 1984 geborene Geschädigtenicht [X.] wie das [X.] bei der Erörterung dieser Frage ([X.]) meint [X.]17 Jahre, sondern erst 16 Jahre alt. Sie verfügt zudem aufgrund ihrer geisti-gen Behinderung lediglich —über die Intelligenz einer 7 bis 8jährigenfi. [X.] konnte das [X.] bei der Beurteilung der Persönlichkeit des Tätersund der Tat zwar berücksichtigen, daß er mit seiner zwei Jahre älteren ge-schiedenen Ehefrau sexuelle Kontakte hatte, die —für ihn voll befriedigendfiwaren. Bei der Würdigung, ob die Tat des Angeklagten symptomatisch fürden Hang zur Begehung gleichartiger Taten und für die Gefährlichkeit ist,muß aber auch bedacht werden, daß die Bindung an die geschiedene Ehe-frau bereits zur [X.] bestand und die Schlußfolgerung des Tatrichtersnicht ohne weiteres zu stützen [X.] 6 -4. Über die Anordnung von Sicherungsverwahrung muß nach [X.] befunden werden.Der neue Tatrichter wird einen weiteren Sachverständigen zu [X.] der §§ 63 und 66 StGB zu hören haben (§ 246a StPO).Sollte sich dabei ergeben, daß der im Rahmen von § 66 StGB vorausge-setzte Hang auf Umstände zurückgeht, welche gleichzeitig die erheblichverminderte Schuldfähigkeit begründen, ist die Unterbringung nach § 63StGB vorrangig und deren alleinige Anordnung im Regelfall auch ausrei-chend (vgl. [X.]R StGB § 72 Sicherungszweck 6).Auch bei Annahme eines Hangs im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGBund der sonstigen Voraussetzungen für die Anordnung von Sicherungsver-wahrung stünde diese gemäß § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB im Ermessen [X.] (vgl. [X.]R StGB § 66 Abs. 3 Begründung 1; [X.] NStZ 1985, 261m. w. N.).- 7 -5. Angesichts der vom [X.] angestellten Strafzumessungser-wägungen kann der Senat nicht ausschließen, daß die [X.], hättesie die Sicherungsverwahrung angeordnet, eine geringere Strafe verhängthätte (vgl. [X.] NJW 1980, 1055, 1056; [X.] StV 2002, 480). Der Ausspruchüber die verhängte Strafe wird deshalb aufgehoben.[X.] Häger [X.]

Meta

5 StR 330/02

28.11.2002

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.11.2002, Az. 5 StR 330/02 (REWIS RS 2002, 467)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 467

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