Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.08.2014, Az. 3 StR 315/14

3. Strafsenat | REWIS RS 2014, 3403

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 315/14
vom
20. August 2014
in der Strafsache
gegen

wegen
schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern
u.a.

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag
-
am 20.
August 2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 10.
Januar 2014

a)
im Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte schuldig ist

-
des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in [X.] mit sexuellem
Missbrauch von [X.] in zwei Fällen,
-
des versuchten schweren sexuellen Missbrauchs von [X.] in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbe-fohlenen und
-
des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem
Missbrauch von [X.] in drei Fällen;

b)
im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen auf-gehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückver-wiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
-
3
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen "sexuellen Missbrauchs von Personen unter 14 Jahren in sechs
Fällen, davon in zwei Fällen als [X.] sexuelle Misshandlung und in einem Fall als versuchte schwere [X.], in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von [X.]"
zu der Gesamtstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner
auf die Rügen
der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revision. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und schon deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Mit der Sachrüge hat das Rechtsmittel den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Jedoch fasst der [X.] den Schuldspruch entsprechend den Vorgaben des §
260 Abs.
4 Satz 1 und 2 StPO neu.

Der Strafausspruch hat keinen Bestand. Nach den Feststellungen miss-brauchte der Angeklagte
im Tatzeitraum zwischen dem 3. Juni 2004 und dem 2. Juni 2007 in sechs
näher bezeichneten Fällen seinen zwischen elf und [X.], dessen
Betreuung und Erziehung er zusammen mit der Mutter übernommen hatte. In zwei dieser Fälle übte er den
Oralverkehr an dem Kind aus,
einmal versuchte er den
Analverkehr. Im gesamten Tatzeitraum und darüber
hinaus bis zum [X.] sei es zudem zu einer Vielzahl von
sexuellen Übergriffen gekommen, deren Gesamtzahl sich nicht feststellen [X.]. Durchschnittlich zweimal die Woche habe der Angeklagte
seinen [X.] missbraucht, wobei er überwiegend bei dem Nebenkläger
masturbiert und [X.] häufig den Oralverkehr ausgeübt habe. Einen Analverkehr habe der An-geklagte
in maximal 40 Fällen versucht. Das [X.]
hat im Rahmen der Strafzumessung jeweils zulasten des Angeklagten den Zeitraum des [X.] und die Anzahl der Missbrauchstaten berücksichtigt. Die
angeklagten 1
2
-
4
-
Taten seien lediglich eine "Teilmenge einer Vielzahl von Übergriffen, die aber zeitlich nicht mehr zu konkretisieren waren".

Diese strafschärfende Erwägung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Zwar ist es grundsätzlich zulässig, bei der Strafzumessung zu be-rücksichtigen, dass der Angeklagte noch sonstige -
bisher nicht abgeurteilte -
Straftaten begangen hat; dies gilt allerdings nur, wenn diese Taten prozessord-nungsgemäß und so bestimmt festgestellt sind, dass sie in ihrem wesentlichen Unrechtsgehalt abzuschätzen sind und eine unzulässige Berücksichtigung des bloßen Verdachts weiterer Straftaten ausgeschlossen werden kann (vgl. [X.], Beschlüsse vom 12. Mai 1995 -
3 [X.], [X.]R StGB § 54 Serienstrafta-ten 2; vom 9. Oktober 2003 -
4 [X.], bei [X.] NStZ-RR 2004, 353, 359 Nr. 37; vom 2. Juli 2009 -
3 [X.], [X.], 306). Diesen [X.] genügen die pauschalen Feststellungen zu einer Vielzahl weiterer Missbrauchstaten im Tatzeitraum nicht. So kann den Darlegungen schon nicht hinreichend entnommen werden, in wie
viel weiteren Fällen es zu sexuellen Übergriffen gekommen ist. Das [X.] geht zwar von einem "durchschnitt-lich"
zweimal in der Woche stattgefundenen Missbrauch aus. Da es diese Missbrauchstaten jedoch "zeitlich nicht konkretisieren"
kann, ist auch das [X.] offensichtlich davon ausgegangen, dass der Angeklagte nicht im gesamten Zeitraum zwischen dem 3. Juni 2004 und dem [X.] an dem Nebenkläger zweimal wöchentlich sexuelle Handlungen vorgenommen hat. Darüber
hinaus lässt sich aufgrund der Feststellungen nicht ermessen, in wel-chem Umfang der Angeklagte sich nach welchen gesetzlichen Tatbeständen, denen jeweils ein unterschiedlicher Unrechtsgehalt zugrunde
liegt, strafbar ge-macht haben soll. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Nebenkläger am 2.
Juni 2007 vierzehn
Jahre und am 2.
Juni 2009 sechzehn
Jahre alt wurde. Auch sagt der Umstand, dass der Angeklagte in "maximal"
40 Fällen den [X.]
-
5
-
verkehr versucht haben soll, nichts darüber aus, in wieviel Fällen es vor dem 14. Geburtstag des [X.] wenigstens zu solchen Übergriffen kam. Die nicht näher eingrenzbare Möglichkeit weiterer, nicht angeklagter Taten durfte das [X.] deshalb bei der Strafzumessung nicht zu Lasten des Ange-klagten berücksichtigen.

Der [X.] kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch auf dieser rechtsfehlerhaften Erwägung beruht; die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe können deshalb nicht bestehen bleiben.

Für die neue Verhandlung weist der [X.] darauf hin, dass sexuelle Handlungen, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind, den [X.] des schweren sexuellen Missbrauchs nach § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB begründen. Dass solche Sexualpraktiken stattgefunden haben, darf deshalb als solches nicht
straferschwerend berücksichtigt werden (§ 46 Abs. 3 StGB).
Becker

[X.]

Ri[X.] [X.] befindet sich im

Urlaub und ist daher gehindert

zu unterschreiben.

Becker

Mayer

Spaniol
4
5

Meta

3 StR 315/14

20.08.2014

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.08.2014, Az. 3 StR 315/14 (REWIS RS 2014, 3403)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3403

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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