Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.04.2014, Az. VII ZR 144/12

7. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6346

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Gegenstand

VOB-Vertrag: Zusätzliche Vergütung für bauzeitliche Verbaue


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 4. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Gegenstandswert: 118.562,58 €

Gründe

I.

1

Die Klägerin verlangt von den Beklagten eine zusätzliche Vergütung für Verbaumaßnahmen.

2

Mit Bauvertrag vom 18. Juli 2006, dem eine Ausschreibung der Beklagten vorausgegangen war, verpflichtete sich die Klägerin zu Bauleistungen für die Grunderneuerung einer [X.], u.a. auch zu Kabeltiefbauleistungen, die im Zusammenhang mit der Erneuerung von Kabeltrassen und Gleisquerungen zu erbringen waren. Die Geltung der VOB/B 2002 und der VOB/[X.] waren vereinbart. Die Kabeltiefbauarbeiten sind im Leistungsverzeichnis unter Titel 4 aufgeführt. In der [X.] 4.1 "Kabeltiefbauarbeiten im Bereich der [X.]überbauung B." finden sich zunächst [X.]en zur Baustelleneinrichtung und zur Technischen Bearbeitung. Sodann enthält die Leistungsbeschreibung nach der [X.] 4.01.50 einen Vermerk, wonach in "[X.]itionen dieses [X.]es" u.a. bauzeitliche [X.] einzurechnen sind. Es folgen sodann [X.]itionen zu weiteren Leistungen für den Bereich [X.]überbauung B. Unter den [X.]en 4.4 "Kabeltiefbauarbeiten im Bereich der [X.]", 4.7 "Kabeltiefbauarbeiten im Bereich der [X.]überbauten Br." und 4.10 "Kabeltiefbauarbeiten im Bereich der [X.]." sind die vertraglichen Leistungen ausgeschrieben, ohne dass der Verbau erneut erwähnt wird.

3

Die Klägerin macht geltend, die für die Arbeiten nach den Untertiteln 4.4, 4.7 und 4.10 notwendig gewesenen [X.] seien besondere, im Leistungsverzeichnis nicht besonders erwähnte Leistungen, die gesondert zu vergüten seien, und verlangt eine zusätzliche Vergütung in Höhe von 118.562,58 €.

4

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihren [X.] weiter.

II.

5

Das Berufungsgericht führt aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung des geforderten [X.], weil die streitgegenständlichen Verbaumaßnahmen zu den [X.]. 4.4, 4.7 und 4.10 des Leistungsverzeichnisses vom ursprünglichen [X.] umfasst und von dem vereinbarten Preis abgegolten seien. Für die Abgrenzung zwischen vertraglich geschuldeten und zusätzlichen Leistungen komme es allein auf den Inhalt der Leistungsbeschreibung und nicht auf die Unterscheidung in den [X.]-Vorschriften zwischen Nebenleistungen und Besonderen Leistungen an. Welche Leistungen durch die Leistungsbeschreibung erfasst seien, sei gemäß §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei sei das gesamte Vertragswerk zugrunde zu legen. Hierzu gehörten auch die [X.] VOB/[X.], wenn diese vereinbart sei. Das Leistungsverzeichnis sei dahin auszulegen, dass die Klägerin den Verbau für sämtliche in Titel 4 ausgeschriebenen Baugruben schuldete und deshalb keine zusätzliche Vergütung dieser Leistungen verlangen könne. Dies ergebe sich aus der Bemerkung nach [X.]. 4.01.50. Der Begriff "[X.]" beziehe sich auf die unter Ziffer 4 des Leistungsverzeichnisses genannten Kabeltiefbauarbeiten. Die Regelungen des Vertrags und des Leistungsverzeichnisses gingen den an letzter Stelle genannten Regelungen der VOB/[X.] insoweit vor. Es handele sich bei der Klausel um eine Vorbemerkung für die nachfolgend aufgeführten [X.]itionen. In ihr werde klar gestellt, dass der Verbau insgesamt einzukalkulieren sei.

6

Falls die Klägerin Zweifel am Umfang der geforderten Leistung gehabt hätte, hätte sie dies zum Ausdruck bringen müssen, weil es sich nicht um einen "versteckten Hinweis" gehandelt habe. Ein Auftragnehmer, der bei für ihn erkennbar lückenhaftem Leistungsverzeichnis ohne vernünftigen Bezug zur Ausschreibung mehr oder weniger "ins Blaue hinein" kalkuliere und damit die Gefahr späterer Nachforderungen heraufbeschwöre, um daraus Vorteile zu ziehen, ohne seine Aussichten auf Erteilung des Zuschlags aufs Spiel zu setzen, könne sich nicht auf enttäuschtes Vertrauen berufen.

7

Da die streitgegenständlichen Verbaumaßnahmen zum ursprünglichen [X.] gehörten, könne in der Freigabe der Ausführungspläne seitens der Beklagten keine Anordnung nach § 2 Nr. 6 VOB/B gesehen werden. Ebenso wenig liege ein Anerkenntnis der Beklagten vor, das einen Anspruch der Klägerin nach § 2 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B zur Folge haben könnte.

III.

8

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem angefochtenen Urteil hat keinen Erfolg. Es besteht kein Grund, die Revision zuzulassen.

9

Die Entscheidung des Berufungsgerichts weicht entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht von der Rechtsprechung des [X.]s ab. Der Beschwerde ist allerdings zuzugeben, dass das Berufungsgericht einleitend missverständlich formuliert, wenn es meint, für die Abgrenzung zwischen unmittelbar vertraglich geschuldeten und zusätzlichen Leistungen komme es allein auf den Inhalt der Leistungsbeschreibung und nicht auf die Unterscheidung in den [X.]-Vorschriften zwischen Nebenleistungen und Besonderen Leistungen an. Diesen Rechtssatz hat es der Entscheidung des [X.] vom 28. Februar 2002 - [X.], [X.], 935, entnommen. Es wendet diesen Rechtssatz aber nicht in der Weise an, dass es allein auf die Leistungsbeschreibung ankäme und die Regelungen zu den Besonderen Leistungen in den Abschnitten 4 der [X.] 18299 ff. keine Rolle spielten. Vielmehr erkennt es, dass der [X.] seine Rechtsprechung im Urteil vom 27. Juli 2006 - [X.], [X.], 368, 374 dahin klargestellt hat, dass bei der Prüfung, welche Leistungen von der Vergütungsvereinbarung erfasst sind, das gesamte Vertragswerk zugrunde zu legen ist und insoweit auch Abschnitt 4 der [X.] zu berücksichtigen ist.

Demgemäß befasst sich das Berufungsgericht folgerichtig mit der Frage, ob der Verbau, der gemäß Abschnitt 4.2.12 der [X.] 18300 eine Besondere Leistung ist, in der Leistungsbeschreibung besonders erwähnt und deshalb von der Vergütungsvereinbarung erfasst ist. Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, die Leistungsbeschreibung bringe klar und unmissverständlich zum Ausdruck, dass die nach [X.]. 4.01.50 des Leistungsverzeichnisses enthaltene Formulierung, wonach in [X.]itionen "dieses [X.]es" auch bauzeitliche [X.] einzukalkulieren sind, als umfassende Vorbemerkung auch die [X.]itionen 4.4, 4.7 und 4.10 erfasst.

Die gegen diese Auslegung vorgebrachten Einwendungen können die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Insbesondere können sie nicht belegen, dass keine klare vertragliche Regelung vorliegt, wonach der gesamte, für die [X.]ition "Kabeltiefbauarbeiten" erforderliche Verbau in die Preise einzukalkulieren ist. Zu Recht hebt das Berufungsgericht hervor, dass der Auftragnehmer gehalten ist, das gesamte Leistungsverzeichnis zur Kenntnis zu nehmen. Das zeugt nicht von [X.], wie die Beschwerde meint, sondern ist unabdingbare Voraussetzung für eine vertragsgerechte Kalkulation. Die Beschwerde kann auch nicht darlegen, dass die Voraussetzungen einer besonderen Erwähnung der Besonderen Leistungen gemäß Abschnitt 4 der [X.] 18299 nicht vorlägen. Nach der revisionsrechtlich nicht angreifbaren Auffassung des Berufungsgerichts war der Hinweis dazu, dass der Verbau einzukalkulieren ist, systematisch als Vorbemerkung zu verstehen, die die nachfolgenden einschlägigen [X.]itionen erfasst. Das ist eine ausreichende besondere Erwähnung im Sinne des Abschnitts 4 der [X.] 18299. Ein Klärungsbedarf ist insoweit nicht erkennbar und wird von der Beschwerde auch nicht geltend gemacht.

Soweit das Berufungsgericht erwähnt, die Klägerin hätte Zweifel über das Verständnis der Vorbemerkung nach [X.]. 4.01.50 zum Ausdruck bringen müssen, ist das für das Ergebnis ohne Belang. Denn die Ausschreibung ist nach dem Verständnis des Berufungsgerichts klar, so dass die Klägerin ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen konnte. An diesem Ergebnis hätte auch ein Hinweis der Klägerin über ihr Verständnis der Ausschreibung nichts geändert. Der [X.] hat mehrfach darauf hingewiesen, dass das Ergebnis einer objektiven Auslegung nicht davon abhängt, ob der Auftragnehmer auf bestehende oder angenommene Unklarheiten hingewiesen hat (vgl. zuletzt [X.], Urteil vom 12. September 2013 - [X.], [X.], 2017). Auch die Erwägungen des Berufungsgerichts dazu, dass ein Auftragnehmer keinen Vorteil daraus ziehen kann, dass er mehr oder weniger "ins Blaue" kalkuliert hat, treffen diesen Fall nicht. Sie ändern aber nichts an dem zutreffenden Ergebnis des Berufungsgerichts.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO.

Kniffka                           Eick                            Halfmeier

                 Jurgeleit                     Graßnack

Meta

VII ZR 144/12

10.04.2014

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 4. Mai 2012, Az: 7 U 108/11, Urteil

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 2 Nr 6 VOB B, VOB C

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.04.2014, Az. VII ZR 144/12 (REWIS RS 2014, 6346)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6346

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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