Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2015, Az. VI ZR 343/13

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 15763

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

10. Februar 2015

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 138
1.
Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten [X.] kann eine se-kundäre Darlegungslast treffen, wenn die nähere Darlegung der primär dar-legungsbelasteten [X.] nicht möglich oder zumutbar ist, während der [X.] alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nä-here Angaben zu machen.
2.
Diese Grundsätze gelten auch bei Schadensersatzansprüchen wegen [X.] eines strafrechtlichen Schutzgesetzes. Dabei spielt keine Rolle, ob ein entsprechender Auskunftsanspruch gegen den Schädiger besteht.
[X.], Urteil vom 10. Februar 2015 -
VI [X.] -
KG [X.]

LG [X.]

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Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Februar
2015
durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin [X.], den
Richter Pauge, die Richterin von [X.] und den Richter
Offenloch
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger
wird das
Urteil des
26. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 19. Juni 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagten sind Geschäftsführer der inzwischen insolventen W. N. Grundstücks-
und Vermögensverwaltungen GmbH (im Folgenden: N-GmbH), die Kläger Rechtsnachfolger der im September 2006
verstorbenen D. S.
(im Folgenden: Erblasserin). Von 1997 bis 2006 verwaltete die N-GmbH acht im Allein-
beziehungsweise
Miteigentum der Erblasserin
stehende Grundstücke. Die N-GmbH überwies von den für die Erblasserin geführten Konten auf [X.]
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lassung der Beklagten
in den Jahren 2003 bis 2007 insgesamt

und führte bei ihr eingegangene Zahlungen von Mietern der Erblasserin in Höhe serin ab.
In zwei vorangegangenen Verfahren nahm die N-GmbH die Kläger [X.] auf Ersatz von im Rahmen der Grundstücksverwaltung getätigten Auf-wendungen in Anspruch.
Die Kläger machen geltend, bei den im Namen der [X.] bzw. einbehaltenen Geldbeträgen
habe es sich um rechtswidrige Entnah-men bzw.
Verrechnungen gehandelt.
Mit ihrer Klage begehren sie Ersatz dieser Beträge sowie vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Kläger zurückgewiesen. Mit den
vom erken-nenden Senat zugelassenen
Revisionen
verfolgen
die Kläger ihr Begehren wei-ter.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat -
soweit im Revisionsverfahren von Interesse
-
ausgeführt:
Den Klägern
stehe ein Anspruch aus §
823 Abs.
2 [X.]V.m.
§
266 Abs.
1 StGB nicht zu.
Aus den unstreitigen Tatsachen ergebe sich nicht, dass die Beklagten als Geschäftsführer der N-GmbH die ihnen durch den [X.] vom 26. August 1997 eingeräumte Vermögensbetreuungspflicht verletzt hätten. Auch treffe die
Beklagten keine sekundäre Darlegungslast da-2
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hingehend, im Einzelnen darzutun, welche zu erstattenden Aufwendungen die N-GmbH aus eigenen Mitteln getätigt habe. Anders als bei der Geltendma-chung von Schadensersatz wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten
führe eine allgemeine sekundäre Darlegungslast bei einem Schadensersatzanspruch, der auf die Verletzung strafrechtlicher Normen gestützt werde, dazu, dass der mutmaßliche Schädiger letztlich einen Entlastungsbeweis zu führen habe. Bei nicht ausreichender Tatsachengrundlage obläge es ihm nämlich darzutun, dass ein Straftatbestand nicht verwirklicht sei. Die Geltendmachung eines delikti-schen Schadensersatzanspruchs wegen Untreue diene aber nicht dazu, auf diese Weise letztlich eine Auskunft und Abrechnung über die [X.] zu erhalten
und
darauf dann etwaige deliktische Ansprüche zu stützen.
Zudem setze ein auf die Verletzung von §
266 Abs.
1 StGB
gestützter Scha-densersatzanspruch voraus, dass die Beklagten -
was von den Klägern zu be-weisen sei
-
vorsätzlich gehandelt hätten. Der Umstand, dass
die N-GmbH in den Vorverfahren Aufwendungen dargelegt habe, die sie aus eigenen Mitteln erbracht habe, spreche dafür, dass die Beklagten sich als berechtigt angesehen hätten, entsprechende Entnahmen und Einbehalte vorzunehmen.
Schließlich fehle es am Nachweis eines konkret bezifferbaren Schadens.
Ein solcher
liege nämlich dann nicht vor, wenn die von der N-GmbH verrechneten Aufwendun-gen tatsächlich den Grundstücken der Erblasserin wirtschaftlich zugeflossen seien und deren Werterhalt gedient hätten.

II.
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die Annahme des Berufungsgerichts, ein Anspruch der Kläger gegen die 7
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Beklagten aus §
823 Abs.
2 [X.]V.m.
§
266 Abs.
1 StGB scheide aus, beruht auf Rechtsfehlern.
1.
Mit der Begründung des Berufungsgerichts lässt sich die Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht i.S.d.
§
266
Abs.
1
StGB durch die [X.] nicht verneinen.
a)
Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Be-klagten
eine Vermögensbetreuungspflicht i.S.d.
§
266
Abs.
1
StGB traf.
Dass der [X.] nicht zwischen der Erblasserin und den Beklagten persönlich, sondern zwischen der Erblasserin und der N-GmbH bestand, ist dabei unerheblich. Denn nach §
14 Abs.
1 Nr.
1 StGB ist die Vorschrift
des §
266 StGB in Ansehung der primär die N-GmbH treffenden [X.] auch auf die Beklagten als deren Geschäftsführer anzuwenden.
b)
Zu Unrecht nimmt
das Berufungsgericht
allerdings an, die Beklagten treffe deshalb
keine sekundäre Darlegungslast bezüglich der die einzelnen [X.] bzw. Verrechnungen rechtfertigenden Umstände, weil es sich bei
§
266 StGB
um eine strafrechtliche Norm handle.
Grundsätzlich muss
zwar
der Kläger alle Tatsachen behaupten und be-weisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Stützt er sich auf eine delikti-sche Haftung wegen Verletzung eines Schutzgesetzes, so hat er prinzipiell alle Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des Schutzgesetzes ergibt (Senatsurteile vom 17.
März 1987 -
VI
ZR 282/85, [X.]Z 100, 190, 195 mwN;
vom 19.
Juli 2011 -
VI
ZR 367/09, [X.], 1276 Rn.
13; vom 11. Dezember 2001 -
VI
ZR 350/00, [X.], 321; vom 24. November 1998 -
VI
ZR 388/97, [X.], 774, 775).
In bestimmten Fällen ist es aber Sache der Gegenpartei, sich im Rahmen der ihr nach §
138 Abs.
2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht
zu 8
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den Behauptungen der beweispflichtigen [X.] substantiiert
zu äußern. Eine solche sekundäre Darlegungslast, die die Verteilung der Beweislast unberührt lässt,
setzt voraus, dass
die nähere Darlegung dem Behauptenden nicht mög-lich oder nicht zumutbar ist, während der [X.] alle wesentlichen Tatsa-chen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (z.B. Senats-urteile vom 17. März 1987 -
VI
ZR 282/85, aaO, 195 f.; vom 3.
Juni 2014 -
VI
ZR 394/13, [X.], 1018 Rn.
20; vom 11. Februar 2001 -
VI
ZR 350/00, aaO; vom 24. November 1998 -
VI
ZR 388/97, aaO; [X.], Urteil vom 7. Dezember 1998 -
II
ZR 266/97, [X.]Z 140, 156, 158). Diese Grundsätze [X.] insbesondere bei Schadensersatzansprüchen zur Geltung, die aus der Veruntreuung anvertrauter Gelder hergeleitet werden (Senatsurteile vom 24.
November 1998 -
VI
ZR 388/97, aaO; vom 17. März 1987 -
VI
ZR 282/85, aaO). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spielt dabei weder eine Rolle, dass es sich bei dem
als verletzt in Rede stehenden Schutzgesetz
des §
266 StGB
um eine strafrechtliche Norm handelt, noch, ob ein entsprechender Auskunftsanspruch besteht (vgl. Senatsurteil vom 17.
März 1987 -
VI
ZR 282/85, aaO).
2.
Die angefochtene Entscheidung beruht auf dem dargestellten
Fehler.
a)
Der im Streitfall maßgeblichen
Frage nach der Berechtigung der von den Beklagten im Namen der N-GmbH vorgenommenen Überweisungen bzw. Verrechnungen liegen auf der Grundlage der berufungsgerichtlichen [X.] zugrunde, die sich im [X.] beider [X.] abgespielt haben. Dass die Voraussetzungen einer
sekundären
Darle-gungslast insoweit erfüllt sind, liegt deshalb zumindest nicht fern. Ob
und in-wieweit
die weitere Voraussetzung für die Annahme einer sekundären Darle-gungslast, nämlich die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit weiterer Darlegun-gen für die primär darlegungsbelasteten Kläger, ebenfalls gegeben ist
oder ob 12
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und inwieweit die Kläger, etwa aus den der Erblasserin erteilten Abrechnungen oder aus dem Vorprozess, über die für den weiteren Vortrag notwendigen [X.] verfügen, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben.

Bei Annahme einer sekundären
Darlegungslast obliegt es den Beklagten hinsichtlich jeder einzelnen von der Darlegungslast betroffenen Überweisung bzw. Verrechnung -
konkret und schlüssig
-
die Tatsachen vorzutragen, aus denen sie die Berechtigung der N-GmbH in der jeweiligen Höhe herleiten. Dies haben sie -
entgegen der Annahme der Revisionserwiderung
-
jedenfalls im vorliegenden Verfahren bislang nicht getan.
b)
Der dargestellte Fehler ist nicht deshalb unerheblich, weil sich das Berufungsgericht auch keine Überzeugung vom Vorliegen des für §
266 StGB erforderlichen Vorsatzes und des ebenfalls erforderlichen Vermögensschadens zu bilden
vermochte. Den diesbezüglichen Darlegungen
des Berufungsgerichts
entziehen die vorstehenden Erwägungen
nämlich ebenfalls die Grundlage. Ob die Überweisungen
bzw. Verrechnungen zu einem im Rahmen des §
266 StGB relevanten Vermögensschaden geführt haben und ob die Beklagten auch be-züglich der -
unterstellten
-
Pflichtverletzungen
vorsätzlich gehandelt haben, lässt sich erst dann abschließend beurteilen, wenn die Beklagten entsprechend der sie ggf. treffenden sekundären Darlegungslast weiter vorgetragen haben und eine danach unter Umständen erforderlich werdende Beweisaufnahme durchgeführt worden ist.
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3.
Im Übrigen wird das Berufungsgericht im Rahmen der erneuten [X.] auch Gelegenheit haben, das weitere wechselseitige Vorbringen der [X.]en in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen.
Galke
[X.]
Pauge

von [X.]
Offenloch

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 02.09.2011 -
31 O 22/11 -

KG [X.], Entscheidung vom 19.06.2013 -
26 [X.]/11 -

16

Meta

VI ZR 343/13

10.02.2015

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2015, Az. VI ZR 343/13 (REWIS RS 2015, 15763)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15763

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VI ZR 343/13

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