Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.07.2007, Az. 5 StR 92/07

5. Strafsenat | REWIS RS 2007, 2874

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5 StR 92/07 [X.]IM NAMEN DES VO[X.]ES URTEIL vom 17. Juli 2007 in der Strafsache gegen wegen Misshandlung von [X.] u. a. - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 17. Juli 2007, an der teilgenommen haben: Vorsitzender [X.] [X.], [X.], [X.]in [X.], [X.] Dr. Brause, [X.] Prof. Dr. Jäger als beisitzende [X.], [X.]in am [X.]als Vertreterin der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger, Rechtsanwalt als Vertreter der Nebenklägerin, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, - 3 - für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 27. September 2006 mit den zugehö-rigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte verur-teilt worden ist. Davon ausgenommen bleiben die [X.] zum äußeren Tatgeschehen in den [X.]; diese bleiben aufrechterhalten. Die weitergehende Revision wird verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Jugendschutzkammer des [X.] zurückverwiesen. [X.] Von Rechts wegen [X.]
G r ü n d e Das [X.] hat den Angeklagten wegen Misshandlung von [X.] in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in fünf Fällen, Miss-handlung von [X.] in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, Miss-handlung von [X.] in drei Fällen und vorsätzlicher Körperverlet-zung in 24 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Von sieben weiteren Tatvorwürfen hat es den Angeklagten freigesprochen. Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt, so unter anderem die fehlende Prüfung einer Strafbarkeit wegen eines 1 - 4 - versuchten Tötungsdelikts und die Nichtanwendung des § 225 Abs. 1 und 3 StGB für einige Taten. Das vom [X.] vertretene Rechtsmittel hat weitgehend Erfolg. 1. Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen: a) Der Angeklagte ist der Vater der am 28. März 1999 geborenen [X.]. Seine Tochter lebte bis [X.] 2005 von ihm getrennt bei ihrer Mutter. Nachdem das Jugendamt die Mutter für überfordert erachtet hatte, das Kind zu erziehen, erklärte sich der Angeklagte bereit, [X.]zu sich zu nehmen. [X.] entwickelt zog sie am 17. Oktober 2005 zu ihrem Vater, der mit seiner Lebensgefährtin und den gemeinsamen ein und zwei Jahre alten Töchtern zu-sammenlebte. Während die jüngeren Kinder angemessen versorgt wurden, be-kam [X.] nur unzureichend zu essen, so dass sie Hunger litt. Sie erhielt hauptsächlich über mehrere Tage hinweg nur —Buchstabensuppefi. Auch wenn sie um weitere Nahrung bat, bekam sie nichts anderes zu essen. [X.]magerte sichtbar ab, sie wurde immer schwächer und apathisch. Schon kurze Zeit nach ihrem Einzug misshandelte der Angeklagte das Mädchen mindestens einmal täglich schwer. Er ließ sie Rechen- und Schreibübungen durchführen, welche die gerade erst eingeschulte [X.]nicht bewältigen konnte, was er zum Anlass für Misshandlungen und zur Nahrungsverweigerung nahm. [X.]ging nicht zur Schule; der Angeklagte hatte sie dort entschuldigt. Gegenüber seiner Lebens-gefährtin, die er mit Gewalttätigkeiten davon abhielt, [X.]zu helfen, äußerte er mehrfach, dass er —die Missgeburt am liebsten im Kanal versenken würdefi. 2 b) Im Einzelnen führte der Angeklagte zwischen dem 28. Oktober und 28. November 2005 folgende Handlungen aus, wobei er aus gefühlloser und fremdes Leiden missachtender Gesinnung seiner Tochter Schmerzen zufügen wollte: 3 - 5 - ([X.] 1. der Urteilsgründe) [X.] und einem Badeschuh schlug er so häufig auf das nackte Gesäß [X.] ein, dass die Haut an mehreren Stellen aufplatzte und blutete. 4 ([X.] 2.) Mit einem harten, länglichen Gegenstand schlug er auf die Hände seiner Tochter, wodurch diese stark anschwollen. Schließlich biss er ihr kräftig in die linke Hand, so dass eine später vereiterte Fleischwunde entstand. 5 (I[X.] 3. [X.] 5.) In drei Fällen duschte er die nackte [X.]mit kaltem Wasser ab und sperrte sie ungeschützt, der kalten Witterung ausgesetzt, für mindestens jeweils 30 Minuten auf den Balkon, wobei er sie zwischendurch noch mit kaltem Wasser begoss. In einem Fall fasste er ihr anschließend an die Schamlippen und verdrehte diese, um ihr besondere Schmerzen zu bereiten und sie zu [X.]. In zwei Fällen versetzte er ihr mehrere Faustschläge in den [X.]. 6 7 ([X.] 6.) Er hob [X.]an den Haaren hoch, ließ sie auf den Fußboden fal-len und versetzte ihr mehrere Schläge mit dem Ellenbogen gegen den Kopf. ([X.] 7. und 8.) Nachdem [X.]Schreibübungen an zwei aufeinander fol-genden Tagen nicht zu seiner Zufriedenheit erledigen konnte, bestimmte er sie jeweils dazu, eine Tasse mit heißer Flüssigkeit über mehrere Minuten auf dem Kopf zu balancieren. Infolge der Druck- und Hitzeeinwirkung starb das Kopfge-webe auf einer Fläche von 15 Zentimetern Durchmesser. Die Wunde infizierte sich, und es kam zur Eiterbildung zwischen Schädel und Kopfhaut; bei unge-hinderter Entwicklung hätte diese Verletzung zum Tod geführt. 8 ([X.] 9. [X.] 31.) In 23 Fällen schlug der Angeklagte kräftig, wahllos und teil-weise auch mehrfach auf seine Tochter ein, wodurch diese zahlreiche, teilweise großflächige Hämatome und Hautverfärbungen, Rötungen, Schwellungen, Ver-narbungen, Einblutungen der Augen und [X.] erlitt. 9 - 6 - ([X.] 32.) Er fesselte die Hände seiner auf dem Boden liegenden Tochter eine ganze Nacht hindurch mit Handschellen an das Bein eines Sofas und band ihre Beine an einem Tisch fest. 10 ([X.] 33.) Mehrere Tage vor dem 28. November 2005 gab der Angeklagte in Kenntnis des durch die mangelhafte Versorgung und die zahlreichen Verlet-zungen schlechten und ausgezehrten Zustands seiner Tochter ihr nichts mehr zu essen und zu trinken, um ihr weitere Leiden zuzufügen. Dadurch verschlech-terte sich ihr Gesundheitszustand dramatisch, sie konnte sich nicht mehr ihre Schlafanzughose anziehen und später nicht mehr alleine stehen. Der Angeklag-te erkannte, dass sich [X.]in schwerer, ihr Leben beeinträchtigender Gefahr befand, wenn er ihr weiterhin Nahrung und Getränke versagen würde. Dennoch bestimmte er, dass sie weder etwas zu essen noch etwas zu trinken bekam; dadurch litt das Mädchen ständig großen Hunger und Durst. 11 12 c) Am 28. November 2005 erschien eine Familienhelferin, die den schlechten Zustand [X.] erkannte und sie dem Zugriff des Angeklagten ent-zog. [X.]litt infolge der mangelnden Versorgung an borkigen [X.] mit [X.] an den [X.], ihre Leberenzymwerte waren erhöht, [X.] und [X.] herabgesetzt und die Gallenflüssigkeit verdickt. Ihr Zustand war sowohl wegen der Unterversorgung als auch wegen der [X.] potentiell lebensbedrohlich. Sie wurde bis zum 17. Dezember 2005 intensivmedizinisch und noch weitere zwei Wochen stationär behandelt. Auf-grund des Gesamtgeschehens war [X.]psychisch stark beeinträchtigt und traumatisiert. Mit Hilfe mehrerer Hauttransplantationen konnte der Umfang der Kopfverletzung verringert werden. 2. Das [X.] hat die Taten zu [X.] 1., 2., 7., 8. und 33. seiner Ur-teilsgründe als Misshandlung von [X.] in Tateinheit mit gefährli-cher Körperverletzung gewertet. Die Voraussetzungen des § 225 Abs. 3 StGB hat es nicht als erfüllt angesehen, da das Leben der Geschädigten noch nicht konkret gefährdet gewesen sei und die Kopfverletzung durch ärztliches [X.] - 7 - fen nicht zu einer dauerhaften Entstellung geführt habe. Zudem sei zwar der körperliche und seelische Zustand des Kindes durch die Tathandlungen schwer geschädigt, diese Folgen seien aber dem Gesamtgeschehen und nicht einer einzelnen Tat zuzuordnen. Die Taten zu [X.] 3. bis 5. und 32. hat die [X.] als Misshandlung von [X.], bei der Tat zu [X.] 32. in Tateinheit mit Freiheitsberaubung gewertet. Die Taten zu [X.] 6. und 9. bis 31. hat es jeweils als vorsätzliche Körperverletzung gewürdigt. 3. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft ist auf die [X.] beschränkt. Zwar hat die [X.] einen umfassenden Aufhebungsantrag gestellt. Der ausgeführten Sachrüge ist indes im Einvernehmen mit dem [X.] zu ent-nehmen, dass der Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft nur die [X.] erfasst und die in der Revisionsbegründung an keiner Stelle erwähn-ten [X.] nicht angegriffen sind (vgl. [X.], 112, 113 m.w.N.). 14 15 4. Die Revision der Staatsanwaltschaft greift durch, soweit es das Land-gericht in [X.] unterlassen hat, seine Kognition auf das Vorliegen eines ver-suchten Tötungsdelikts [X.] wie angeklagt und zur Hauptverhandlung [X.] zu erstrecken. Angesichts der getroffenen Feststellungen hätten sich Ausführungen zu einem möglichen Tötungsvorsatz aufgedrängt. Insbesondere das Maß der ob-jektiven Gefährlichkeit der Tathandlung, die vom Angeklagten erkannten Folgen seines Handelns, die geradezu systematisch anmutende Misshandlung des Mädchens in einem wenige Wochen betragenden Zeitraum sowie die [X.] hätten in die gebotene Gesamtbetrachtung zum [X.] eines Tötungsvorsatzes miteinbezogen werden müssen. 16 a) So hätte erwogen werden müssen, dass der Angeklagte in Kenntnis seiner Garantenstellung der durch seine Handlungen in wenigen Wochen [X.] - 8 - reits abgemagerten, geschwächten und an zahlreichen Verletzungen leidenden Tochter mehrere Tage weder Nahrungs- noch Flüssigkeitsaufnahme ermöglich-te, obwohl sie danach verlangte. Den Angaben der Zeugen und Sachverständi-gen, denen die [X.] uneingeschränkt folgt, lassen sich gewichtige [X.] dafür entnehmen, dass dieser Zeitraum vier bis fünf Tage betragen hat. Die medizinischen Sachverständigen haben hierzu ausgeführt, dass die Verdickung der Flüssigkeit in der Gallenblase und der Zustand der [X.] der Geschädigten darauf schließen lassen, dass diese vier bis fünf Tage vor der Untersuchung am 28. November 2005 keine Nahrung und über längere Zeit hinweg wenig oder mitunter gar keine Flüssigkeit zu sich genommen habe; bei kleineren Kindern, wie der hier geschädigten [X.], könnten eine unzureichen-de Flüssigkeitszufuhr und ein Gewichtsverlust viel schneller gesundheitsschä-digende Folgen haben als bei Erwachsenen. Dem entspricht, dass sich [X.]am 28. November 2005 durch die mangelnde Versorgung in einem potentiell lebensbedrohlichen Zustand befand. 18 b) Diese Gefährlichkeit war für den Angeklagten auch erkennbar. Das sechsjährige Mädchen war nach den [X.] nur noch Haut und Knochen, sie konnte nicht mehr allein stehen und sich kaum aufrecht halten oder bewegen. [X.] hat die [X.] hieraus den nahe [X.] Schluss gezogen, dass der Angeklagte die schwere, das Leben beeinträch-tigende Gefahr, in der sich [X.]befand, erkannte, sie aber dennoch von [X.] und Flüssigkeit abhielt, um ihr weitere Leiden zuzufügen, sie zu [X.] und zum Objekt seiner Willkür zu machen. c) Darüber hinaus hätten aus dem Gesamtverhalten des Angeklagten seiner Tochter gegenüber, auch wenn die meisten der gravierenden [X.] für sich gesehen nicht lebensbedrohlich waren, sowie aus der [X.], die [X.] wie festgestellt [X.] durch einen besonderen Man-gel an Empathie, vollständige Abwesenheit eines moralischen Wertesystems und ein seine Selbstwertdefizite kompensierendes Dominanzstreben gekenn-19 - 9 - zeichnet ist, weitere Rückschlüsse auf die subjektive Tatseite gezogen werden können. d) Angesichts dieser Tatsachen ist das gänzliche Fehlen einer Erörte-rung, ob der Angeklagte den Tod seiner Tochter geistig vorweggenommen und gebilligt hat [X.] auch unter Berücksichtigung, dass die Billigung der Tötung des eigenen Kindes naturgemäß die Überschreitung höchster Hemmschwellen vor-aussetzt (vgl. [X.]R StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 50; [X.], Beschluss vom 13. März 2007 [X.] 5 StR 320/06) [X.] rechtsfehlerhaft, da sie die Besorgnis begründet, das Tatgericht habe die Möglichkeit einer Strafbarkeit gemäß §§ 211, 212, 22, 13 StGB nicht hinreichend bedacht. 20 21 e) Sollte das neue Tatgericht zur Annahme eines Tötungsvorsatzes ge-langen, so wird es Gelegenheit haben, das Vorliegen von [X.], na-mentlich der Grausamkeit (vgl. dazu [X.] NStZ 2007, 402, 403), zu prüfen. 22 5. Auch die rechtliche Bewertung im Übrigen begegnet durchgreifenden Bedenken. a) Zu Recht beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass das [X.] den festgestellten Sachverhalt nicht erschöpfend rechtlich gewürdigt hat, soweit es die Voraussetzungen des qualifizierten Tatbestandes des § 225 Abs. 3 Nr. 2 StGB abgelehnt hat. Die Ausführungen, zwar habe der Angeklagte eine erhebli-che Schädigung der körperlichen und der seelischen Entwicklung bei der [X.] verursacht, dies könne aber keiner einzelnen Tat, sondern nur dem Gesamtgeschehen zugeordnet werden, lassen besorgen, dass das [X.] die Deliktsstruktur des § 225 StGB verkannt und dadurch dem Unrechtsgehalt des festgestellten Geschehens nicht ausreichend Rechnung getragen hat. [X.] gilt für die Würdigung, die Feststellungen zu [X.] 6. und 9. bis 31. führten lediglich zur Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung in 24 Fällen, wobei eine Strafbarkeit nach § 225 StGB unerörtert bleibt. 23 - 10 - Die [X.] hat jeden Einzelakt der schmerzhaften Einwirkung auf die Geschädigte isoliert betrachtet, eine rechtliche Zusammenfassung der Ein-zelakte zu einer deliktischen Einheit im Sinne einer tatbestandlichen Hand-lungseinheit (vgl. [X.]St 43, 1, 3; [X.]R StGB § 99 Ausüben 6; zu § 225: War-da, FS-[X.], S. 391 ff.; [X.] in [X.], 11. Aufl. § 225 Rdn. 12) hat es indes nicht erwogen. Dazu hätte aber angesichts der tatbestandlichen Unrechtsum-schreibung des § 225 Abs. 1 StGB [X.] in der Tatbestandsvariante des Quälens [X.] sowie der zeitlichen, situativen und subjektiven Zusammengehörigkeit der Ein-zelakte Anlass bestanden. Für den Fall einer zusammenfassenden rechtlichen Bewertung drängen sich auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen die Voraussetzungen der Qualifikation des § 225 Abs. 3 Nr. 2 StGB auf. 24 25 aa) Quälen im Sinne des § 225 Abs. 1 StGB bedeutet das Verursachen länger dauernder oder sich wiederholender erheblicher Schmerzen oder Leiden ([X.]R StGB § 225 Misshandlung 1; [X.]/[X.], StGB 54. Aufl. § 225 Rdn. 8a). Dieses Tatbestandsmerkmal wird typischerweise durch Vornahme mehrerer Handlungen verwirklicht; oft macht erst die ständige Wiederholung den besonderen Unrechtsgehalt aus ([X.]St 41, 113, 115; [X.]R StGB § 225 Misshandlung 1; Hardtung in MünchKomm-StGB 2003 § 225 Rdn. 14). [X.] stellt jedenfalls das auf Dauer angelegte Quälen als [X.] dar (Stree in [X.]/[X.], StGB, 27. Aufl. § 225 Rdn. 12). [X.]) Für eine Verknüpfung der Handlungen des Angeklagten zu Lasten seiner Tochter in diesem Sinne spricht die äußere und innere Geschlossenheit des Tatgeschehens. Neben der Identität des Opfers und der Kontinuität der Tatsituation [X.] sämtliche Taten spielten sich in der Wohnung des Angeklagten ab [X.] wird der [X.] vor allem durch die zeitliche Dichte der Miss-handlungen geprägt. So kam es mindestens jeden Tag zu körperlicher Miss-handlung, teilweise dauerten diese, wie die mangelhafte Versorgung, auch über den gesamten Tatzeitraum fort (anders im Tatsächlichen [X.] NStZ-RR 2006, 42). Ferner kommt dem Umstand wesentliche Bedeutung zu, dass das [X.] - 11 - samtgeschehen durch die durchgehend ablehnende Haltung des Angeklagten seiner Tochter gegenüber und seine ohne Zäsur vorhandene gefühllose, ihr Leiden missachtende Gesinnung ein einheitliches subjektives Gepräge erhält. Danach liegt sogar nahe, dass der Angeklagte einen den Tatzeitraum über-spannenden Vorsatz hatte, [X.]bei gegebenem Anlass erneut zu [X.]. b) Auch die Erwägungen des [X.], mit denen es eine Anwen-dung des § 225 Abs. 3 Nr. 1 StGB namentlich bezogen auf die Einzelfälle [X.] 7, 8 und 33 ausschließt, begegnen durchgreifenden Bedenken. 27 Eine schwere Gesundheitsbeschädigung im Sinne des § 225 Abs. 3 Nr. 1 zweite Variante StGB liegt schon dann vor, wenn die Gesundheit des Be-troffenen ernstlich, einschneidend oder nachhaltig beeinträchtigt ist (vgl. [X.] NJW 1998, 2861, 2865). Diese Voraussetzung ist jedenfalls immer dann zu bejahen, wenn intensivmedizinische Maßnahmen oder umfangreiche und langwierige Rehabilitationsmaßnahmen zur Wiederherstellung der Ge-sundheit und/oder zur sonstigen Beseitigung der [X.] notwendig sind (vgl. [X.], aaO). Solches war hier hinsichtlich der Kopfverletzungen und des durch Flüssigkeits- und Nahrungsverweigerung hervorgerufenen Allgemeinzu-standes der Fall. 28 6. Im [X.] an [X.] NStZ 2005, 268 verneint der Senat mit dem [X.] ein Sexualdelikt; allein insoweit bleibt die Revision der Staatsanwaltschaft erfolglos. 29 7. Dem Senat ist es auf der Grundlage der bisher getroffenen [X.] verwehrt, zum Schuldspruch durchzuentscheiden. Die hier an materiell-rechtliche Voraussetzungen geknüpfte Frage, ob insgesamt Tateinheit anzu-nehmen sein wird, und die Voraussetzungen eines Tötungsdeliktes [X.] wofür ins-besondere der Umstand, wie lange [X.]Nahrung und Flüssigkeit gänzlich [X.] wurden und der subjektive Tatbestand ergänzend aufzuklären sein 30 - 12 - werden [X.] sowie die die Qualifikationstatbestände des § 225 Abs. 3 StGB be-gründenden Umstände bedürfen neuer tatrichterlicher Aufklärung und Bewer-tung. Deshalb sind die bisherigen Feststellungen aufzuheben. Ausgenommen sind allerdings diejenigen zu den äußeren [X.], die auch von der Staatsanwaltschaft nicht angegriffen werden. Dadurch erscheint eine erneute Vernehmung des geschädigten Kindes vermeidbar. Darauf sollte das neue Tat-gericht Bedacht nehmen. Die noch näher aufzuklärenden zeitlichen Umstände des vollständigen Nahrungsentzuges werden mit der Gedächtnisleistung eines Kindes kaum zu ermitteln sein. [X.] Häger [X.]

Meta

5 StR 92/07

17.07.2007

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.07.2007, Az. 5 StR 92/07 (REWIS RS 2007, 2874)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 2874

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