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PDF anzeigen[X.]:[X.]:[X.]:2017:181017BXII[X.]525.16.0
BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII [X.]
525/16
vom
18.
Oktober
2017
in der Abstammungssache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
EGBGB Art. 19, 20; BGB § 1600 Abs. 2
Zur Anfechtung der [X.]chaft durch den biologischen Vater bei bestehender sozial-familiärer Beziehung
des Kindes zum rechtlichen Vater.
[X.], Beschluss vom 18. Oktober 2017 -
XII [X.] 525/16 -
[X.] [X.]
[X.]
-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 18.
Oktober
2017
durch den
Vorsitzenden
Richter Dose und [X.]
Dr.
[X.], Schilling, Dr.
Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss
des 2.
Senats für Familiensachen des [X.] vom 14.
Oktober 2016 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewie-sen.
Wert: 2.000
Gründe:
I.
In der vorliegenden Abstammungssache ficht der Antragsteller ([X.] zu
2) als biologischer Vater die [X.]chaft des Beteiligten zu
4
zu dem im Oktober
2013 geborenen Kind (Beteiligter
zu
1) an
und begehrt die Feststel-lung, selbst rechtlicher Vater zu sein.
Der Antragsteller, ein [X.] Staatsangehöriger, hatte während der gesetzlichen Empfängniszeit eine intime Beziehung zu
der Kindesmutter und ist ausweislich
eines
außergerichtlich durchgeführten Abstammungstests
der biologische Vater des Kindes. Der Beteiligte
zu
4, der die [X.] Staatsangehörigkeit besitzt, erkannte die [X.]chaft zu dem Kind im Oktober 2014 an. Er lebt mit der Mutter zusammen. Aus der Beziehung ist ein im Okto-ber 2015 geborenes Kind hervorgegangen.
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Das Amtsgericht hat den Anfechtungsantrag wegen Bestehens einer [X.] Beziehung zwischen dem Beteiligten zu
4 als rechtlichem Vater und dem Kind zurückgewiesen. Das [X.] hat die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde ver-folgt er sein Anfechtungsbegehren weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde
hat keinen Erfolg.
1. Das [X.] hat seine in juris veröffentlichte Entscheidung damit begründet, dass zwischen dem Beteiligten zu
4 und dem Kind eine sozial-familiäre Beziehung bestehe, die die Anfechtung ausschließe. Der Beteiligte
zu
4 lebe schon länger mit dem Kind in häuslicher [X.] zusammen und trage tatsächliche Verantwortung für das Kind. Die gesetzliche Regelung sei auch verfassungsgemäß.
2.
Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Anfechtung durch den [X.] scheitert daran, dass zwischen dem Beteiligten
zu
4 als rechtlichem Vater und dem Kind eine sozial-familiäre Beziehung besteht (§
1600 Abs.
2 BGB).
a) Das [X.] ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegan-gen, dass der vorliegende Anfechtungsantrag nach [X.] Recht zu beur-teilen ist.
aa) Bei der Qualifizierung der Anfechtung der [X.]chaft durch den leib-lichen Vater ist zu beachten, dass diese aus zwei Komponenten besteht, indem sie im Erfolgsfall die bestehende rechtliche [X.]chaft beseitigt und zugleich 3
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zur Feststellung des Antragstellers als (rechtlichem) Vater des Kindes führt
(§
182 Abs.
1
FamFG). Dementsprechend richtet sich die Beurteilung der Beseitigung
der bestehenden rechtlichen [X.]chaft nach Art.
20 EGBGB, während die Feststellung der [X.]chaft nach Art.
19 EGBGB
zu beurteilen ist
(vgl. Senatsurteil vom 23.
November 2011
XII
ZR
78/11
FamRZ
2012, 616 Rn.
14
ff.
zur qualifizierten [X.]chaftsanerkennung).
bb) Nach diesen Maßstäben kann die Abstammung gemäß Art.
20 Satz
1 EGBGB
nach jedem Recht angefochten werden, aus dem sich ihre Vo-raussetzungen ergeben. Die Vorfrage der Abstammung bestimmt sich dabei nach
Art.
19 EGBGB und führt nach Art.
19 Abs.
1 Satz
1 EGBGB aufgrund des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes zum [X.] Recht und der Vater-schaft des Beteiligten
zu
4 gemäß §
1592 Nr.
2 BGB.
Dass auf die [X.]chaftsanfechtung in der vorliegenden Konstellation wahlweise auch eine weitere Rechtsordnung (etwa das Heimatrecht des [X.]s oder des Beteiligten
zu
4) Anwendung finden könnte
und diese zu-dem an den Erfolg der Anfechtung geringere Voraussetzungen stellen würde, ist von keinem der Beteiligten vorgebracht worden. Auch die Rechtsbeschwerde erhebt insoweit keine Beanstandungen. Das [X.] ist daher ent-sprechend dem Vorbringen des Antragstellers zutreffend von der [X.] des [X.] Rechts ausgegangen.
b) Nach den Feststellungen des [X.]s
besteht zwischen dem Beteiligten
zu
4 und dem Kind eine sozial-familiäre Beziehung, welche die Anfechtung ausschließt.
aa) Nach §
1600 Abs.
2 BGB setzt die Anfechtung durch den leiblichen Vater voraus, dass zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater keine [X.] Beziehung besteht oder im [X.]punkt seines Todes bestanden hat. 9
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In zeitlicher Hinsicht kommt es abgesehen vom Fall, dass der rechtliche Vater verstorben ist, für das Bestehen der sozial-familiären Beziehung auf den [X.] der Beschwerdeinstanz als der letzten Tatsacheninstanz an (vgl. Se-natsurteil
[X.]Z
170, 161 =
[X.], 538, 539; [X.] FamRZ 2015, 817
f.;
aA noch [X.] Karlsruhe FamRZ 2010, 1174, 1175; [X.]/[X.] BGB [2011] §
1600 Rn.
41a).
bb) Der Beteiligte
zu
4
hat nach den Feststellungen der Vorinstanzen tat-sächliche Verantwortung für das Kind übernommen und lebt mit diesem wie auch mit seinem im Oktober 2015 geborenen leiblichen Kind und der Kindes-mutter bereits längere [X.] zusammen. Dagegen ist in rechtlicher Hinsicht nichts zu erinnern. Von
der Rechtsbeschwerde werden insoweit auch keine Bean-standungen
erhoben.
cc) Die bestehende gesetzliche Regelung ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verfassungsgemäß.
Mit der durch das Gesetz zur Ände-rung der Vorschriften über die Anfechtung der [X.]chaft und das Umgangs-recht von Bezugspersonen des Kindes vom 23.
April
2004 ([X.]
I S.
598) [X.] und
am
30.
April 2004 in [X.] getretenen Regelung hat der [X.] sich an den Vorgaben des [X.] in seiner Ent-scheidung vom
9.
April
2003 ([X.], 816) orientiert. In dieser Entschei-dung hat das [X.] hervorgehoben, dass
dem leiblichen Vater die Möglichkeit zu eröffnen sei, die rechtliche Vaterposition zu erlangen, wenn dem der Schutz einer familiären Beziehung zwischen dem Kind und sei-nen rechtlichen Eltern nicht entgegensteht ([X.] [X.], 816, 819
f.). Dem entspricht es, dass der Gesetzgeber der
in einer
sozial-familiären Bezie-hung gelebten
Elternschaft des rechtlichen [X.] den Vorrang vor dem grund-rechtlich geschützten Interesse des leiblichen [X.] eingeräumt hat, seiner-seits in die rechtliche Elternstellung einzurücken. Das Bundesverfassungs-13
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gericht hat in der Folgezeit in ständiger Rechtsprechung
eine Verfassungswid-rigkeit der gesetzlichen Regelung verneint
([X.] FamRZ 2015, 817
f.
mwN). Damit übereinstimmend hat auch der Senat keine verfassungsrechtlichen Be-denken gegen die gesetzliche Regelung erhoben
(Senatsurteil [X.]Z 170, 161 =
[X.], 538, 540
f.).
Die
Gesetzeslage ist auch mit Art.
8 EMRK vereinbar
(vgl. [X.] FamRZ
2015, 817).
Der [X.] hat die vom [X.] Gesetzgeber getroffene Entscheidung in mehreren Entschei-dungen als im Rahmen des nationalen [X.] zulässig ange-sehen
(vgl. [X.] FamRZ 2012, 691
f.; [X.], 1257
f.
und [X.], 437). Zwar prüft der [X.] die Gesetzeslage bezogen auf den zur Entscheidung stehenden Einzelfall, was nicht ausschließt, dass die gesetzliche Regelung in Anwendung auf einen ande-ren Fall Bedenken auslösen könnte. Insofern zeichnet sich der vorliegende Fall indessen nicht durch wesentliche Besonderheiten
aus, sondern entspricht viel-
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mehr der
regelmäßig anzutreffenden allgemeinen Konkurrenz zwischen leibli-chem und rechtlichem Vater. Der Gesetzgeber hat diesen Konflikt im Rahmen des ihm zustehenden [X.] zugunsten des in einer sozial-familiären Beziehung zum Kind stehenden rechtlichen [X.] aufgelöst. Die weitergehende Frage, ob dies auch zukünftig noch rechtspolitisch wünschens-wert erscheint oder ob den
Interessen des leiblichen [X.] ein höherer Stel-lenwert gebührt (vgl. [X.] Abschlussbericht des [X.]] S.
52
f.;
Frank FamRZ 2017, 386
f.), fällt in die alleinige [X.] des Gesetzgebers.
Dose
[X.]
Schilling
Nedden-Boeger
Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.11.2015 -
6 [X.]/14 -
[X.] [X.], Entscheidung vom 14.10.2016 -
10 UF 17/16 -
Meta
18.10.2017
Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2017, Az. XII ZB 525/16 (REWIS RS 2017, 3737)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 3737
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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