Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2002, Az. X ZR 175/01

X. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 863

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BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSSX ZR 175/01vom5. November 2002in der [X.] Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden[X.] [X.], die [X.] Prof. Dr. Jestaedt und Scharen, die [X.]inMühlens und den [X.] [X.] 5. November 2002beschlossen:Das Gesuch der [X.], den gerichtlichen [X.]. [X.] wegen Besorgnis der Befangenheit abzu-lehnen, wird für unbegründet erklärt.Gründe:[X.] Die Beklagte ist Inhaberin des [X.] 540, dasein Verfahren und eine Vorrichtung zum Umhüllen von Stückgut mit einerStretchfolienhaube sowie eine hiermit zu bildende Verpackungseinheit betrifft.Die Klägerin hat Nichtigkeitsklage erhoben. Das [X.] hat dasPatent teilweise für nichtig erklärt und die Klage im übrigen abgewiesen.Im Berufungsverfahren hat der [X.]at Beweiserhebung durch [X.] Sachverständigengutachtens angeordnet und Prof. [X.] zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. Mit Schriftsatz vom22. August 2002 hat die Beklagte unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Par-- 3 -allelprozeß [X.] den gerichtlichen Sachverständigen wegen [X.] Befangenheit abgelehnt.Die Klägerin wurde zu dem Ablehnungsgesuch gehört. Sie hält es fürverspätet und im übrigen für unbegründet.I[X.] [X.] ist nicht begründet.1. Es kann dahinstehen, ob der Befangenheitsantrag bereits deshalb ab-zulehnen ist, weil er nicht gemäß § 406 Abs. 2 ZPO binnen zwei Wochen nachZustellung des Beschlusses über die Ernennung des gerichtlichen Sachver-ständigen gestellt worden ist und die Beklagte nicht glaubhaft gemacht hat, daßsie ohne ihr Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltendzu machen.2. Der Antrag der [X.] auf Ablehnung des gerichtlichen Sachver-ständigen scheitert jedenfalls daran, daß ein Grund zur Besorgnis der Befan-genheit nicht vorliegt.Nach § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus densel-ben Gründen, die zur Ablehnung eines [X.]s berechtigen, abgelehnt werden.Für die Besorgnis der Befangenheit kommt es nicht darauf an, ob der vom [X.] beauftragte Sachverständige parteiisch ist oder ob das Gericht Zweifel anseiner Unparteilichkeit hat. Vielmehr rechtfertigt bereits der bei der [X.] erweckte Anschein der [X.]lichkeit die Ablehnung wegen Besorgnis [X.], wenn vom Standpunkt der ablehnenden [X.] aus genügendGründe vorhanden sind, die in den Augen einer verständigen [X.] geeignetsind, Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu erregen ([X.].[X.]. [X.], [X.], 507 - Schulterpolster; [X.].Beschl. [X.] -13.1.1987 - [X.], [X.] 1987, 350 - Werkzeughalterung; [X.].Beschl. [X.] - [X.]; [X.].Beschl. v. 4.12.2001 - [X.]/00, [X.] [X.] - Sachverständigenablehnung). Dies kann insbesondere dann der Fall sein,wenn der Sachverständige in näherer Beziehung zu einer der [X.]en steht(vgl. [X.].Beschl. v. 11.7.1995 - [X.]). Dagegen wurde es als die Ableh-nung nicht rechtfertigend angesehen, wenn der Sachverständige vor längererZeit für einen am Verfahren nicht beteiligten Konkurrenten auf gleichem Gebiettätig war ([X.].Beschl. v. 11.7.1995 - [X.]).Solche Gründe hat die Beklagte nicht vorgetragen.a) Die Beklagte kann nicht mit Erfolg geltend machen, der gerichtlicheSachverständige sei nicht ausreichend sachkundig, wie sich aus dem in [X.] [X.] vorgelegten Gutachten vom Oktober 2001 ergebe; er habeals Leiter des Arbeitsbereichs Konstruktionstechnik 1 der [X.] ... und ausweislich den Angaben seiner persönlichen Homepage zu derdem [X.] zugrundeliegenden Technologie der Stretchfolienverpackungkeine Berührungspunkte.Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeit mögendas Gutachten entwerten, rechtfertigen für sich allein aber nicht die Ablehnungdes Sachverständigen wegen [X.]) Ebensowenig kann sich die Beklagte darauf berufen, der Sachver-ständige sei entgegen seiner dem [X.]at am 19. Januar 2000 vor seiner Be-stellung erteilten Auskunft als Beirat in drei Unternehmen im ... Raum tätig ge-wesen bzw. tätig, und zwar bis 1988 bei der [X.], , seit 1989 beider Firmengruppe [X.] /[X.] , und seit 1993 bei der [X.], ; die [X.]befasse sich u.a. mit der Herstellung von [X.] -schlagautomaten für Palettenladungen und ihre Tochter, die [X.]. [X.] ,biete [X.] zum Stretchen sowie Folienhaubenschrumpfgeräte an.Die Beklagte hat nicht dargelegt, ob und wie weit die Tätigkeit des Sach-verständigen als Beirat bei der [X.] und der [X.] geeignet seinkönnte, dessen Unparteilichkeit bei der Erstattung des Gutachtens in der vorlie-genden Sache überhaupt in Frage zu stellen. Sie hat nicht einmal behauptet,daß diese Unternehmen Wettbewerber der [X.] sind.Zu seiner Tätigkeit als Beirat bei [X.] hat der gerichtli-che Sachverständige glaubhaft ausgeführt, er habe auf die Anfrage des [X.]atsmit Schreiben vom 19. Januar 2000 wahrheitsgemäß dargelegt, er habe keineunmittelbaren Beziehungen zu einer [X.] oder ihren Vertretern, die Zweifel anseiner Unbefangenheit als Gutachter begründen könnten. Er habe darauf [X.], daß er als Beirat für ein Unternehmen arbeite, das in der Vergan-genheit Systeme der [X.]rdertechnik hergestellt und vertrieben habe. [X.] Unternehmens seien Palettieranlagen und Faßabfüllungsanlagen gewesen.Bei der Lieferung von Systemen seien auch Verpackungsmaschinen angebotenund geliefert worden, die nicht selbst hergestellt, sondern als Fertigproduktezugekauft worden seien. Die [X.] habe den Geschäftszweig[X.]rdertechnik 1996 im Rahmen einer Bereinigung der Angebotspalette [X.] und der Konzentration auf das Kerngeschäft der Schiffsausrü-stung abgegeben. Er, der Sachverständige, sei seit vielen Jahren nicht mehrmit dem Geschäft der [X.]H. befaßt gewesen. Ende 2000 sei er aus dem Beiratder [X.]ausgeschieden.Damit hat der Sachverständige zwar bestätigt, als Beirat ein Unterneh-men beraten zu haben, das sich auch mit Produkten aus dem dem [X.]zugrundeliegenden technischen Bereich der Stretchfolienverpackung [X.] -Er hat aber deutlich gemacht, daß sich das von ihm beratene Unternehmen [X.] 1996 von diesem Geschäftsbereich trennte, er zumindest seit dieser Zeitnicht mehr in diesem Rahmen beratend tätig war und daß er selbst seit [X.] aus dem Beirat des Unternehmens ausgeschieden ist und damit zumZeitpunkt der Erstellung des in der Sache [X.] vorgelegten Gutachtensnicht mehr als Beirat bei [X.]tätig war. Eine beratende Tätigkeit für einen nichtam Verfahren Beteiligten, der seine Geschäftstätigkeit auf gleichem Gebiet fünfJahre vor Erstattung des Gutachtens aufgegeben hat, kann bei der [X.] Betrachtungsweise nicht als ausreichend angesehen werden,Mißtrauen gegen die Objektivität des Sachverständigen zu erregen. Die [X.] der Befangenheit kann bei der hier gegebenen Sachlage bei [X.] vernünftiger Betrachtung um so weniger für begründet angesehen werden,als Hochschullehrer an Technischen Universitäten üblicherweise- 7 -erst aufgrund einer erfolgreichen einschlägigen Tätigkeit in der Industrie beru-fen werden und sie auch in der Folgezeit auf einen fachspezifischen [X.] in Beiräten entsprechender Unternehmen angewiesen sind.[X.]

Meta

X ZR 175/01

05.11.2002

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2002, Az. X ZR 175/01 (REWIS RS 2002, 863)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 863

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