Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.05.2014, Az. XII ZR 6/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5188

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 6/13
Verkündet am:

28. Mai 2014

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 556 Abs. 3 Satz 2 und 3, 556 Abs. 3 Satz 5 und 6, 782
Bei einem Mietverhältnis über Gewerberaum rechtfertigt allein die Übersendung der Betriebskostenabrechnung und der vorbehaltlose Ausgleich einer sich [X.] ergebenden Nachforderung durch den Mieter nicht die Annahme eines [X.] [X.], das einer nachträglichen Korrektur der Betriebskostenabrechnung entgegensteht (im [X.] an Senatsurteil vom 10.
Juli 2013 -
XII
ZR 62/12
-
NJW 2013, 2885).

[X.], Urteil vom 28. Mai 2014 -
XII ZR 6/13 -
OLG Koblenz

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Mai 2014
durch den
Vorsitzenden
Richter Dose,
die Richterin
Weber-Monecke und [X.] Klinkhammer, Dr. Günter
und Guhling
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.]s Koblenz
vom 13. Dezember
2012
wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließ-lich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Klägerin.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der [X.] Nachzahlung von Heizkosten aus einem Mietverhältnis
über Gewerberäume.
Die
Parteien sind durch einen Mietvertrag über gewerblich genutzte Räumlichkeiten miteinander verbunden, in dem
sich die Beklagte
zur anteiligen Übernahme von
Heiz-
und Nebenkosten
verpflichtete.
Am
13. Dezember 2010 erteilte
die
Klägerin
die Heiz-
und Nebenkosten-abrechnung für die
Jahre
2006 bis 2009
und bat die Beklagte um Überprüfung und Ausgleich. Nachdem die
Beklagte die Umlage der Position "Erstellung [X.]"
beanstandet hatte, übersandte
die
Klägerin
am 27.
Januar
2011
eine um diese Position bereinigte
Abrechnung
an die Beklagte, die unter Be-1
2
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3
-
rücksichtigung eines
Guthabens der [X.] für das [X.]
insgesamt einen Nachforderungsbetrag in Höhe von 8.568,01

, den die Beklagte am 7. Februar 2011 ohne weitere Beanstandungen an die Klägerin überwies.
Nachdem ein anderer Mieter die Heizkostenabrechnung für das [X.] beanstandet hatte, ergab die nachfolgende Überprüfung
einen von der Streithelferin zu vertretenden Abrechnungsfehler, der sich bei der Nebenkos-tenabrechnung vom 13. Dezember 2010 zugunsten der [X.] ausgewirkt hatte. Mit Schreiben vom 8. Juni 2011 übermittelte
die Klägerin der [X.]
unter Hinweis auf den Abrechnungsfehler
eine berichtigte Heiz-
und Nebenkos-tenabrechnung, die eine Nachforderung bezüglich der Heizkosten für das [X.] in Höhe von 6.670,81

auswies. Die Beklagte verweigerte die Zahlung, weil die Klägerin aufgrund eines deklaratorischen [X.] diese Forderung nicht mehr geltend machen könne.

Das [X.] hat die auf den vorgenannten Betrag nebst Zinsen ge-richtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der
Klägerin
hat das [X.] der Klage stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision möchte
die
Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Ur-teils erreichen.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.

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4
-

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in [X.], 121 ff. veröffentlichten
Entscheidung ausgeführt:
Die Klägerin sei nicht unter
dem Gesichtspunkt eines deklaratorischen [X.] daran gehindert, ihren der Höhe nach unbestrittenen Anspruch auf Nachzahlung rückständiger Heizkosten aus der Abrechnung für das [X.] geltend zu machen.
Die Abrechnung von Betriebskosten durch den Vermieter und die [X.] des Saldos oder die Entgegennahme eines Guthabens durch den Mieter stellten
für sich genommen kein
deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar. Ein solches Schuldanerkenntnis setze
voraus, dass die Vertragsparteien das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der [X.] entziehen wollten und sich dahingehend einigten. Die erforderliche Eini-gung könne
nur angenommen werden, wenn sich ein entsprechendes Angebot sowie dessen Annahme feststellen ließen. Eine generelle Vermutung dafür, dass die Parteien ein bestätigendes Schuldanerkenntnis vereinbaren wollten, gebe
es nicht. Seine Annahme sei
vielmehr nur dann gerechtfertigt, wenn die Beteiligten dafür unter den konkreten Umständen einen besonderen Anlass hat-ten, der nur dann
bestehe, wenn zuvor Streit oder zumindest eine (subjektive) Ungewissheit über das Bestehen der Schuld oder über einzelne rechtliche Punkte geherrscht
habe.
Insoweit sei
anerkannt, dass die Prüfung einer Rechnung, die Bezahlung einer Rechnung oder auch die Bezahlung nach Prüfung für sich genommen nicht erlaubten, ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis anzunehmen. Der 7
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Umstand, dass eine Rechnung vorbehaltlos beglichen werde, enthalte
über sei-nen Charakter als Erfüllungshandlung hinaus keine Aussage des Schuldners, zugleich den Bestand der erfüllten Forderung insgesamt oder in einzelnen Be-ziehungen außer Streit stellen zu wollen. Zwar werde
es nicht als ausgeschlos-sen angesehen, der vorbehaltlosen Begleichung einer Rechnung zugleich eine Anerkenntniswirkung hinsichtlich der zugrunde liegenden Forderung [X.]. Dies erfordere
aber stets ein Vorliegen weiterer Umstände, die geeignet seien, eine derartige Wertung zu tragen.
Danach hätten
die Parteien im vorliegenden Fall kein Schuldanerkennt-nis abgeschlossen. Es fehle
sowohl an einem Vertragsangebot als
auch an dessen Annahme. Besondere Umstände des Einzelfalls, die im vorliegenden Fall die Annahme eines deklaratorischen [X.] rechtfertigen würden, seien
nicht ersichtlich.
Die Abrechnungsschreiben der Klägerin vom 13.
Dezember 2010 und
vom 27.
Januar 2011 hätten nach der gebotenen Auslegung vom Horizont ei-nes objektiven Erklärungsempfängers aus nicht den Erklärungswert, dass die Klägerin auf etwaige spätere Nachforderungen aufgrund einer -
im Zeitpunkt der Abrechnung noch nicht erkannten
-
Unrichtigkeit der Abrechnung hätte [X.] wollen.
Der Abrechnung von Betriebskosten komme
kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zu. Sie sei
lediglich ein Rechenvorgang im Sinne des §
259 BGB. Die Übermittlung einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung an den Mieter diene
dazu, die Fälligkeit des sich hieraus ergebenden Saldos, also einer eventuellen Nachforderung des Vermieters oder eines Guthabens des Mieters, herbeizuführen. Ein etwaiger Verzichtswille sei
den Übersendungsschreiben der Klägerin vom 13.
Dezember 2010 und vom 27.
Januar 2011 auch im Übrigen 11
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nicht zu entnehmen. Dieser
folge
auch nicht daraus, dass die Klägerin das Gut-haben der [X.] aus der Abrechnung für das [X.] mit [X.] der Klägerin für die [X.], 2007 und 2009 verrechnet habe. Auch hierbei handele
es sich um einen reinen Rechenvorgang, der lediglich der Er-mittlung eines [X.] für die Abrechnungsjahre 2006 bis 2009 gedient
habe.
Zwischen den Parteien habe
weder
Streit noch
Ungewissheit über die
Höhe der [X.] "Heizkostenabrechnung" für das [X.]
be-standen. Zwar habe
die Beklagte mit Schreiben vom 28.
Dezember 2010 die Nebenkostenabrechnungen für die [X.] bis 2009 beanstandet. Diese Beanstandung habe sich
aber ausschließlich auf die Umlage der im Mietvertrag nicht vereinbarten Position "Erstellung [X.]"
bezogen. Die Klägerin habe
diese Beanstandung akzeptiert. Die
betreffende
[X.] weise
jedoch keinen Zusammenhang mit der Heizkostenabrechnung auf, über die die Streithelferin im Übrigen gesonderte Abrechnungen erteilt habe. [X.] habe
die Klägerin, für die Beklagte erkennbar, in ihrer korrigierten Abrechnung vom 27.
Januar 2011 die ursprünglichen Abrechnungen lediglich um die Position "Erstellung [X.]" bereinigt und die sonstige Abrech-nung einschließlich der Heizkostenabrechnung für das [X.] unverändert gelassen.
Es
habe
auch keine Ungewissheit über die Berechtigung der [X.] im Hinblick darauf
bestanden, dass ein anderer Mieter im Haus um eine Überprüfung der Heizkostenabrechnungen der letzten
zehn [X.] gebeten hatte. Es könne
dahinstehen, ob aufgrund dieser offenbar lediglich allgemein gehaltenen Beschwerde des Mieters für die Klägerin überhaupt [X.] bestanden habe, an der Richtigkeit der Heizkostenabrechnung für das [X.] zu zweifeln. Es handele sich jedenfalls nicht um eine gemeinsam zwi-14
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-
schen der Klägerin und der [X.] bestehende Ungewissheit. Die Beklagte habe unstreitig von der Beanstandung ihres Mitmieters keine Kenntnis
gehabt. Die korrigierte Abrechnung vom 27.
Januar 2011 habe
deshalb nicht dazu
ge-dient, eine zwischen den Parteien übereinstimmend erkannte Ungewissheit über die Berechtigung der Heizkostenabrechnung zu beseitigen.
Die Bezahlung des [X.], der sich aus der korrigierten [X.] vom 27.
Januar 2011 ergeben habe, sei
auch nicht als An-nahme eines Vertragsangebots zu werten. Die vorbehaltlose Zahlung des aus der Abrechnung ersichtlichen Nachforderungsbetrages sei aus der Sicht eines verständigen Vermieters lediglich als Erfüllung dieser Forderung ohne [X.] rechtsgeschäftlichen Erklärungswert zu werten.
Die widerspruchslose Annahme dieser Zahlung seitens der Klägerin ha-be
ebenfalls keinen rechtsgeschäftlichen Erklärungswert bezüglich eines etwai-gen [X.].
Ein anderes Ergebnis folge
auch nicht aus dem Urteil des Bundesge-richtshofs vom 12.
Januar 2011 (VIII
ZR 296/09
-
NJW
2011, 843). Aus dieser Entscheidung könne
nicht der Schluss gezogen werden, der [X.] gehe für [X.] davon aus, dass die vorbehaltlose [X.] des Mieters auf eine Nebenkostenabrechnung des Vermieters stets ein deklaratorisches
Schuldanerkenntnis
begründe.
Die Parteien von [X.] seien im Hinblick auf etwa-ige Unrichtigkeiten von Nebenkostenabrechnungen und sich daraus ergebende Nachforderungen des Vermieters oder Rückerstattungsansprüche des Mieters auch nicht in besonderer Weise schutzbedürftig, so dass
aus
diesem Gesichts-punkt allgemein ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis oder ein aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten herzuleitender Einwendungsausschluss anzuneh-16
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8
-
men wäre. Den Parteien eines Mietvertrages über Gewerberaum bleibe
es un-benommen, über die Verbindlichkeit einer vom Vermieter gestellten Betriebs-kostenabrechnung und einen entsprechenden Einwendungsausschluss für [X.] nicht bekannte Unrichtigkeiten der Abrechnung eine Vereinbarung zu tref-fen.
Die Klägerin sei
auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Verwirkung daran gehindert, hinsichtlich der Heizkostenabrechnung für das [X.] eine Nach-zahlung zu verlangen, weil es bereits am Zeitmoment
fehle.

II.
Diese Ausführungen
halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass allein durch die vorbehaltlose Zahlung der sich aus der Heiz-
und Nebenkostenab-rechnung vom 27. Januar 2011 ergebenden
Nachforderung zwischen den [X.] kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zustande gekommen ist.
a) Der Senat hat nach Erlass des
angefochtenen Urteils
entschieden, dass bei einem Mietverhältnis über Gewerberäume allein durch die Übersen-dung der Betriebskostenabrechnung und den vorbehaltlosen Ausgleich einer sich daraus ergebenden Nachforderung durch den Mieter zwischen den Miet-vertragsparteien für sich genommen kein
deklaratorisches
Schuldanerkenntnis zustande kommt,
das einer späteren Korrektur der Betriebskostenabrechnung
entgegensteht
(Senatsurteil vom 10.
Juli 2013 -
XII
ZR 62/12
-
NJW 2013, 2885 Rn.
12).
Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass,
von dieser Entscheidung ab-zuweichen.
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b) Zwar lässt sich dies -
anders als bei der Wohnraummiete
-
nicht damit begründen, dass seit der gesetzlichen Einführung der ausschlussbewehrten Abrechnungs-
und Einwendungsfristen gemäß §
556 Abs.
3 Satz
2, 3 und Satz 5, 6 BGB durch das Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001 kein Bedürfnis mehr für die Annahme bestehe, in der vorbehaltlosen Zahlung einer sich aus einer Betriebskostenabrechnung ergebenden Nachforderung allein oder in der bloßen vorbehaltlosen Auszahlung oder Gutschrift eines aus einer [X.] folgenden Guthabens ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu sehen (vgl. [X.] Urteil vom 12.
Januar 2011 -
VIII
ZR 296/09
-
NJW 2011, 843
Rn.
18).
Denn
nach der Rechtsprechung des Senats ist der Vermieter von Gewerberäumen zwar entsprechend
der in
§ 556 Abs. 3 Satz 2
BGB enthalte-nen Regelung verpflichtet, innerhalb eines Jahres nach Beendigung des [X.]szeitraums die Betriebskostenabrechnung zu erstellen, sofern die [X.] nichts anderes vereinbart haben oder der Vermieter die verspätete [X.] nicht zu vertreten hat (Senatsurteil [X.]Z 184, 117 = NJW 2010, 1065 Rn.
38). Die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 3
BGB findet dagegen bei der Gewerberaummiete keine Anwendung
(Senatsurteile [X.]Z 184, 117 = NJW 2010, 1065 Rn.
17 ff. und vom 17.
November 2010 -
XII
ZR 124/09
-
NJW 2011, 445 Rn.
12). Ebenso wenig gilt
die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB für die Möglichkeit des
Mieters, Einwendungen gegen die [X.] zu erheben, weil diese
Vorschrift nur auf
die Wohnraummiete anwendbar ist
(Senatsurteil vom 10.
Juli 2013 -
XII
ZR 62/12
-
NJW 2013, 2885 Rn.
13 mwN).
c) Gleichwohl kann auch bei gewerblichen Mietverhältnissen nicht ange-nommen werden, dass allein durch die vorbehaltlose Erstattung oder Zahlung des sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden Saldos ein deklarato-risches Schuldanerkenntnis zwischen den Mietvertragsparteien zustande kommt.
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-
aa) Zwar kann auch ein
konkludentes Verhalten der Mietvertragsparteien ein deklaratorisches
Schuldanerkenntnis begründen.
Allerdings setzt die [X.] einer rechtsgeschäftlichen Erklärung als Angebot zum Abschluss eines deklaratorischen
[X.]
regelmäßig voraus, dass die Vertrags-parteien das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Unge-wissheit der Parteien entziehen und sich dahingehend einigen wollen (Senats-urteil vom 10.
Juli 2013 -
XII
ZR 62/12
-
NJW 2013, 2885 Rn.
15
mwN).

bb) Mit der
Übersendung der Betriebskostenabrechnung gibt der [X.] aus der maßgeblichen Sicht des Mieters (§§
133,
157 BGB) keine auf den Abschluss eines deklaratorischen [X.]
gerichtete Willenser-klärung
ab. Die Betriebskostenabrechnung ist eine reine Wissenserklärung [X.] rechtsgeschäftlichen Bindungswillen ([X.] Urteil vom 28.
April 2010
-
VIII
ZR 263/09
-
NJW 2010, 1965 Rn.
8 mwN). Auch der Mieter, der eine [X.] vorbehaltlos erfüllt, erbringt damit eine reine [X.], ohne dass daraus geschlossen werden kann, er erkenne den [X.] endgültig für verbindlich an
(Senatsurteil vom 10.
Juli 2013
-
XII
ZR 62/12
-
NJW 2013, 2885 Rn.
16).

cc) Gegen die Annahme eines Rechtsbindungswillens
spricht zudem, dass der Vermieter selbst bei einem Mietverhältnis über Wohnraum
innerhalb der Jahresfrist des §
556 Abs.
3 Satz
2 BGB die Betriebskostenabrechnung auch zulasten des Mieters abändern kann
([X.] in [X.] Mietrecht 11.
Aufl. §
556 BGB Rn.
397). Würde er mit der Übersendung der Be-triebskostenabrechnung und der sofortigen Auszahlung eines Guthabens an den Mieter innerhalb der Abrechnungsfrist ein Angebot auf ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis abgeben, wäre er gemäß §
145 BGB daran gebunden, bis der Mieter das Angebot ablehnt oder die Frist zur Annahme (§
147 Abs.
2 BGB) verstrichen ist. Eine Korrektur der Abrechnung wäre für den Vermieter in dieser 26
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-
11
-
Zeit nicht möglich
(vgl. [X.], 606, 608). Verstünde
man den Aus-gleich einer sich aus der Abrechnung ergebenden Nachforderung durch den Mieter als dessen Annahme des Vertragsangebots, hätte der Vermieter sich allein durch die Übersendung der Betriebskostenabrechnung der Möglichkeit begeben, innerhalb der Jahresfrist die Abrechnung korrigieren
zu können. Ein entsprechender Wille des Vermieters kann jedoch ohne weitere Umstände nicht angenommen werden
(Senatsurteil vom 10.
Juli 2013 -
XII
ZR 62/12
-
NJW 2013, 2885 Rn.
17).

dd)
Schließlich
kann das Vorliegen
eines deklaratorischen Schuldaner-kenntnisses bei einem vorbehaltlosen Ausgleich des [X.] auch nicht mit der Erwägung begründet
werden, bei der Gewerberaummiete bestehe ein Bedürfnis der Parteien, innerhalb eines überschaubaren Zeitraums eine Verbindlichkeit des errechneten [X.] zu erlangen, das nur durch die Annahme eines deklaratorischen [X.] befriedigt werden könne
(ähnlich auch [X.], 980, 981; [X.] in [X.]/[X.]/Stellmann Geschäftsraummiete 3.
Aufl. Kap.
11 Rn.
233). Das Fehlen
des
Verweises
in §
578 Abs.
2 BGB auf §
556 Abs.
3 BGB zeigt, dass der Gesetzgeber nur im Bereich der Wohnraummiete ein Bedürfnis dafür gese-hen hat, durch die Schaffung von kurzen Fristen für die Erstellung der Betriebs-kostenabrechnung und für hiergegen gerichtete Einwendungen des Mieters alsbald eine Verbindlichkeit des errechneten [X.] herbeizufüh-ren. Diese Wertung kann bei der Prüfung, ob der vorbehaltlose Ausgleich des [X.] zu einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis führt, nicht unberücksichtigt bleiben
(Senatsurteil vom 10.
Juli 2013 -
XII
ZR 62/12
-
NJW 2013, 2885 Rn. 18).
2.
Soweit das Berufungsgericht
angenommen hat, dass im vorliegenden Fall auch keine sonstigen
Umstände vorliegen,
die die Annahme eines deklara-29
30
-
12
-
torischen [X.] rechtfertigen, ist dies aus Rechtsgründen
nicht zu beanstanden.
a) Auch wenn allein durch den vorbehaltlosen Ausgleich einer Nebenkos-tenabrechnung noch nicht auf ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis [X.] werden kann, bleibt es den Mietvertragsparteien
jedoch unbenom-men, im Einzelfall
hinsichtlich des Saldos aus der Betriebskostenabrechnung
ein deklaratorisches
Schuldanerkenntnis abzuschließen
und damit den Saldo für beide Seiten für
verbindlich
zu erklären. Sofern die Parteien hierzu keine ausdrückliche Vereinbarung treffen, bedarf es für die Annahme eines deklarato-rischen [X.]
allerdings
-
neben der bloßen Übersendung der Nebenkostenabrechnung und dem Ausgleich des Saldos
-
weiterer Umstände, aus denen auf einen entsprechenden Rechtsbindungswillen der [X.] geschlossen werden kann.
Die Vereinbarung eines deklaratorischen Schuldverhältnisses kann danach in Betracht kommen, wenn die Parteien [X.] über einzelne Positionen der Betriebskostenabrechnung gestritten ha-ben und dann der Saldo von einer der beiden Vertragsparteien ausgeglichen
wurde oder wenn die Parteien eine Ratenzahlungs-
bzw.
Stundungsvereinba-rung getroffen
haben
(Senatsurteil vom 10.
Juli
2013 -
XII ZR 62/12
-
NJW 2013, 2885 Rn.
20).

b) Einer Überprüfung an diesen Maßstäben hält die tatrichterliche Würdi-gung des Berufungsgerichts stand.
Insbesondere ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der Abrechnungsschreiben der Klägerin vom 13.
Dezember 2010 und
vom 27.
Januar 2011 aus Rechtsgründen nicht zu [X.], wonach diesen Schreiben nicht der Erklärungswert zukomme, dass die Klägerin auf etwaige spätere Nachforderungen aufgrund einer -
im Zeitpunkt der Abrechnung noch nicht
erkannten
-
Unrichtigkeit der Abrechnung hätte [X.] wollen.
31
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13
-
aa) Die Auslegung von Willenserklärungen ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und unterliegt der Prüfung des [X.] lediglich darauf, ob anerkannte Auslegungsgrundsätze, gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze und Erfahrungssätze verletzt sind oder ob sie auf Verfahrensfeh-lern beruht, etwa indem unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften wesentli-ches Auslegungsmaterial außer [X.] gelassen wurde (vgl. Senatsbeschluss
vom 6.
November 2013 -
XII ZB 434/12
-
FamRZ 2014, 98 Rn.
19 mwN). Sol-che revisionsrechtlich relevanten Auslegungsfehler vermag die Revision
nicht aufzuzeigen.
bb) Entgegen der Auffassung der Revision bestand zwischen den [X.] im Zeitpunkt der Erstellung der korrigierten Nebenkostenabrechnung vom 27.
Januar 2011 keine Ungewissheit über die Berechtigung der von der Kläge-rin geltend gemachten Nachforderung von Heizkosten.
Bis zu diesem Zeitpunkt stritten die Parteien
allein über die Umlagefähigkeit der in der Nebenkostenab-rechnung vom 13.
Dezember 2010 enthaltenen Position "[X.]". Der entsprechenden Beanstandung durch die Beklagte kam die Klägerin mit der Erstellung und Übersendung der berichtigten Nebenkostenabrechnung nach.
Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin durch das Schreiben vom 27. Ja-nuar 2011
die Nebenkostenabrechnung nun insgesamt für verbindlich ansehen wollte, konnte das Berufungsgericht diesem Schreiben nicht entnehmen. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Ob der Klägerin bereits
zum Zeit-punkt der Erstellung der berichtigten Nebenkostenabrechnung die Auswirkun-gen auf die von der [X.] zu tragenden Heizkosten bewusst waren, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
Das Schreiben der Streithelferin vom 31.
Januar 2011, mit dem diese mitteilte, dass die für das gesamte Mietobjekt erstellte Heizkostenabrechnung für das [X.] fehlerhaft sei, erhielt die Klä-gerin erst nach der Erstellung der korrigierten Nebenkostenabrechnung. Jeden-33
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-
14
-
falls aber hatte die Beklagte bei Erhalt des Abrechnungsschreibens vom 27.
Januar 2011
keine Kenntnis von der fehlerhaften Ermittlung der Heizkosten für das [X.];
schon aus diesem Grund bestand zwischen den Mietver-tragsparteien weder
Streit noch
Ungewissheit über die Berechtigung der von der Klägerin geltend gemachten Nebenkostenforderung. Gegen die vom [X.] vorgenommene Auslegung des Schreibens vom 27. Januar 2011
ist deshalb rechtlich nichts zu erinnern.

Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich auch nichts
anderes daraus, dass angesichts der Komplexität von Heizkostenabrechnungen spätere Streitigkeiten über die Berechtigung einer Nachforderung nie auszuschließen
sind.
Durch diese allgemeine Erwägung, die auch für andere Nebenkostenarten herangezogen werden könnte, kann die Prüfung der Voraussetzungen für die Annahme eines deklaratorischen [X.] im konkreten Einzel-fall nicht ersetzt werden.

Dose Weber-Monecke

Klinkhammer

Günter Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.04.2012 -
9 O 338/11 -

OLG Koblenz, Entscheidung vom 13.12.2012 -
6 [X.] -

36

Meta

XII ZR 6/13

28.05.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.05.2014, Az. XII ZR 6/13 (REWIS RS 2014, 5188)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5188

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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