Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2013, Az. XII ZR 62/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 4256

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BUNDES[X.]ERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII [X.]
Verkündet am:

10. Juli 2013

Breskic,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der [X.]eschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
B[X.]B §§
556 Abs.
3 Satz
2 und 3, 556 Abs.
3 Satz
5 und 6, 782
Auch bei einem Mietverhältnis über [X.]ewerberaum rechtfertigt allein die vorbehaltlose Erstattung eines sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden [X.]uthabens durch den Vermieter nicht die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnis-ses, das einer nachträglichen Korrektur der Betriebskostenabrechnung entgegen-steht (im [X.] an [X.] Urteil vom 12.
Januar 2011
VIII
ZR
296/09
NJW 2011, 843).
[X.], Urteil vom 10. Juli 2013 -
XII [X.] -
L[X.] [X.]

A[X.] [X.]

-
2
-
Der
XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10.
Juli 2013
durch den
Vorsitzenden
Richter Dose
und
die Richter
Weber-
Monecke, Schilling, Dr.
[X.]ünter
und Dr.
Botur
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird
das Urteil des [X.]

Zivilkammer
16

vom 24.
April 2012
aufgehoben.
Die Sache
wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die
[X.]en streiten über restliche Betriebskosten aus einem Mietver-hältnis
über [X.]ewerberäume.
Der Beklagte mietete
vom Kläger ein Ladengeschäft mit Stellplatz. In dem
Mietvertrag verpflichtete sich der Kläger, über die vom Beklagten zu zah-lenden Betriebskosten unter Berücksichtigung der geleisteten Vorauszahlungen jährlich abzurechnen.
Mit Schreiben vom 26.
September 2010 übersandte
der Kläger die Ne-benkostenabrechnung für das [X.] an den Beklagten. Die Abrechnung 1
2
3
-
3
-
schloss
mit einem [X.]uthaben des Beklagten in Höhe von 53,75

, welches der Kläger sofort an den Beklagten überwies.
Nachdem der Beklagte Einwendungen gegen die [X.] erhoben hatte, erstellte der Kläger am 25.
Oktober 2010 eine neue [X.], die unter Berücksichtigung einer
zuvor vom
Kläger
vergessenen
[X.]rundsteuerzahlung
eine vom Beklagten zu zahlende Differenz in Höhe von 375,76

.
Mit der Klage verlangt der Kläger den vorgenannten Betrag, die Rück-zahlung des bereits an den Beklagten
ausbezahlten
[X.]uthabens
in Höhe von
53,75

sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] ist erfolglos geblieben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Zahlungsansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt,
vor der Miet-rechtsreform habe
es ganz herrschender Ansicht
entsprochen, dass in der Übersendung der Betriebskostenabrechnung und der darauf folgenden [X.]ut-schrift des [X.]uthabens auf dem Konto des Mieters ein deklaratorisches Schuld-anerkenntnis des Vermieters zu sehen sei, welches spätere Korrekturen zu 4
5
6
7
8
-
4
-
Lasten des Mieters nicht mehr zulasse. Dieser Auffassung seien
Teile
der Lite-ratur und der Rechtsprechung nach Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes mit der Begründung entgegengetreten, die nunmehr normierte Einwendungsfrist gemäß §
556 Abs.
3 Satz
5 B[X.]B und die in §
556 Abs.
4 B[X.]B enthaltene Be-stimmung, dass abweichende Regelungen zu Lasten des Mieters unwirksam seien, ließen für
die Annahme eines deklaratorischen [X.] keinen Raum mehr. Dem sei der [X.] mit Urteil
vom 12.
Januar 2011 (VIII
ZR
296/09

NJW 2011, 843) gefolgt.
In dieser Entscheidung
habe
er klargestellt, dass mit der Einführung der ausschlussbewehrten Abrechnungs-
und Einwendungsfristen gemäß §
556 Abs.
3 Satz
2 und 3 sowie Satz
5 und 6 B[X.]B kein Raum für die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnis-ses mehr sei, da eine ausreichende Rechtssicherheit gewährleistet sei und in-nerhalb zumutbarer [X.] Klarheit über die Höhe der Betriebskosten erzielt [X.].
Diese Rechtsprechung lasse
sich aber nicht auf gewerbliche Mietverhältnis-se übertragen,
da die Ausschlussfristen des §
556 Abs.
3 B[X.]B nur für [X.] gälten, so dass die vom [X.] angeführte Begründung auf gewerbliche Mietverhältnisse nicht übertragen
werden könne. Die [X.]en eines Mietverhältnisses hätten ein offensichtliches Bedürfnis, in-nerhalb eines überschaubaren [X.]raums Klarheit über den Stand des Betriebs-kostenkontos zu haben und zu erfahren, ob die jeweils andere Vertragspartei den errechneten Saldo akzeptiere
oder aber Nachforderungen erhebe
bzw. [X.] geltend mache. Diesem Bedürfnis werde bei Mietverhältnissen über Wohnraum
durch die Regelung des §
556 Abs.
3 B[X.]B Rechnung getragen. Würde man bei gewerblichen Mietverhältnissen
von der bisher herrschenden Auffassung abweichen, müssten
Vermieter und
Mieter damit rechnen, Ansprü-chen
der jeweils anderen [X.] ausgesetzt zu sein, obwohl der
Mieter den Sal-do erhalten oder ausgeglichen habe. Bis zum Eintritt der Verjährung
wären bei-de [X.]en berechtigt, Ansprüche aus einem Jahre zurückliegenden Abrech--
5
-
nungszeitraum geltend zu machen, so dass sich die [X.]en eines gewerbli-chen Mietvertrages mit einer jahrelangen Ungewissheit abfinden müssten.
Der Umstand, dass der Beklagte nach Erhalt der Abrechnung andere Positionen als die in der Abrechnung vergessene [X.]rundsteuer gerügt habe, ändere
an der Annahme eines deklaratorischen Anerkenntnisses nichts, da der Vermieter, der ein [X.]uthaben des Mieters und damit einen Betrag zu seinen Lasten errechnet
habe, damit ausdrücklich anerkenne, diesen Saldo zu schulden. Der Mieter wiederum akzeptiere
durch die Annahme des [X.]uthabens, dass es ihm [X.] in der
vom Vermieter berechneten Höhe zustehe. Hierzu bedürfe
es keiner weiteren Erklärungen von seiner Seite, so dass er berechtigt sei, Einwendun-gen geltend zu machen und weitergehende Zahlungen zu verlangen.

II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht
stand.
Zu Unrecht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass durch den vor-behaltlosen Ausgleich des sich aus der ursprünglichen [X.] ergebenden [X.]uthabens durch den Kläger zwischen den [X.]en ein de-klaratorisches Schuldanerkenntnis zustande gekommen ist und
der Kläger [X.] die Betriebskostenabrechnung nicht mehr zu Lasten des Mieters korrigieren konnte.
1. Bis zum Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes vom 19.
Juni 2001
(B[X.]Bl.
I S.
1149)
wurde in der Rechtsprechung und im Schrifttum überwiegend die Auffassung vertreten, dass durch die Übersendung der Betriebskostenab-rechnung und den
vorbehaltlosen Ausgleich einer sich daraus ergebenden Nachforderung durch den Mieter zwischen den Mietvertragsparteien ein dekla-ratorisches
Schuldanerkenntnis zustande komme, das den errechneten Saldo 9
10
-
6
-
verbindlich werden lasse und spätere Nachforderungen des Mieters und auch des Vermieters ausschließe
(vgl. [X.]/[X.] B[X.]B [2010] §
556 Rn.
133 mit umfangreichen Nachweisen). [X.]leiches sollte gelten, wenn der Vermieter ein sich aus der Abrechnung ergebendes [X.]uthaben vorbehaltlos an den Mieter auskehrte
(so noch [X.] 5.
Aufl. Rn.
[X.] 198).
Im Hinblick auf die durch das Mietrechtsänderungsgesetz eingeführten ausschlussbewehrten Abrechnungs-
und Einwendungsfristen in §
556 Abs.
3 Satz
2
und
3 sowie
Satz
5
und
6 B[X.]B wurde im Schrifttum kein Bedürfnis mehr für die Annahme eines deklaratorischen [X.] durch den vor-behaltlosen Ausgleich des [X.] gesehen, weil durch die [X.]

anders als nach bisherigem Recht

eine rasche Abwicklung der Be-triebskosten gewährleistet werde. Deshalb könne weder allein in der [X.] Zahlung einer sich aus der Betriebskostenabrechnung
ergebenden [X.] durch den Mieter noch in dem vorbehaltlosen Ausgleich eines zu-gunsten des Mieters errechneten [X.]uthabens durch den Vermieter ein deklara-torisches Schuldanerkenntnis gesehen werden ([X.] in [X.]t-Futterer Mietrecht 11.
Aufl.
§
556 B[X.]B Rn.
404; [X.]/Sonnenschein/[X.] Miete 10.
Aufl.
§
556 B[X.]B Rn.
85; [X.] Mietrecht aktuell 4.
Aufl. Rn.
V
453; [X.]
in [X.]/[X.] Miete 3.
Aufl. §
556 B[X.]B Rn.
159; MünchKommB[X.]B/[X.] 6.
Aufl. §
556 Rn.
103; [X.]/Roth B[X.]B 3.
Aufl. §
556 Rn.
71
f; [X.]/Weidenkaff B[X.]B 72.
Aufl. §
556 Rn.
13; [X.] Betriebskosten-
und Heizkostenrecht 6.
Aufl. Rn.
H
231
f.; [X.] ZMR 2010, 81, 82; [X.], 606, 609; [X.], 497, 499; [X.] NZM 2008, 745, 751; aA [X.] in [X.]/[X.]/[X.] [X.]eschäfts-raummiete 3.
Aufl. Kap.
11 Rn.
233; [X.] in [X.] 3.
Aufl. Rn.
1973; [X.], 980, 981; [X.], 505, 508).
2. Der [X.] hat sich für den Bereich der Wohnraummiete dieser Auffassung angeschlossen ([X.] Urteil vom 12.
Januar 2011 11
-
7
-

VIII
ZR
296/09
NJW 2011, 843 Rn.
18; noch offen
gelassen in [X.] Urteil vom 18.
Januar 2006

VIII
ZR
94/05

NJW 2006, 903, 904). Zur Begründung hat er darauf abgestellt, dass
die ausschlussbewehrten Abrechnungs-
und Ein-wendungsfristen in §
556 Abs.
3 Satz
2
und
3 sowie Satz
5
und
6 B[X.]B der [X.]ssicherheit dienen und Streit vermeiden sollen. Sie gewährleisten eine zeitnahe Abrechnung, damit der Mieter in einem überschaubaren zeitlichen Zu-sammenhang mit dem Abrechnungszeitraum entweder über ein sich bei der Abrechnung zu seinen [X.]unsten ergebendes [X.]uthaben verfügen kann
oder [X.]ewissheit darüber erlangt, ob und in welcher Höhe er mit einer Nachforderung des Vermieters rechnen muss.
Ebenso dienen die auf Anregung des [X.] im Interesse der Ausgewogenheit in das Mietrechtsreformgesetz aufge-nommene Frist für Einwendungen des Mieters gegen die Betriebskostenab-rechnung (§
556 Abs.
3 Satz
5 B[X.]B) und der durch §
556 Abs.
3 Satz
6
B[X.]B auch insoweit angeordnete Einwendungsausschluss nach Fristablauf zugleich der Rechtssicherheit, da dadurch in absehbarer [X.] nach einer Betriebskosten-abrechnung Klarheit über die wechselseitig geltend gemachten Ansprüche [X.].
Durch die gesetzlichen Regelungen ist damit umfassend gewährleistet, dass sich die Mietvertragsparteien zeitnah
über ihre Verpflichtungen aus einem abgeschlossenen Abrechnungszeitraum im Klaren sind. Ein Erfordernis für die Annahme eines bereits in einer vorbehaltlosen Zahlung oder einer vorbehaltlo-sen [X.]utschrift zu sehenden deklaratorischen [X.] besteht
deshalb jedenfalls nach derzeitiger Rechtslage nicht mehr.
3. Der Senat schließt sich auch für den Bereich des [X.]ewerberaummiet-rechts der Auffassung an, dass weder durch die vorbehaltlose Zahlung einer Betriebskostennachforderung durch den Mieter noch durch die vorbehaltslose Erstattung eines sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden [X.]utha-bens durch den Vermieter für sich genommen ein
deklaratorisches
Schuldaner-12
-
8
-
kenntnis
zustande kommt,
das einer späteren Korrektur der Betriebskostenab-rechnung
entgegensteht.
a) Das Berufungsgericht nimmt allerdings zutreffend an, dass die [X.], mit der der [X.] für die Wohnraummiete die Annahme eines deklaratorischen [X.] abgelehnt hat, für den Bereich des gewerblichen Mietrechts
nicht trägt. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Senats der Vermieter von [X.]ewerberäumen entsprechend
der in
§
556 Abs.
3 Satz
2
B[X.]B enthaltenen Regelung verpflichtet, innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Abrechnungszeitraums die Betriebskostenabrechnung zu er-stellen, sofern die [X.]en nichts anderes vereinbart haben oder der Vermieter die verspätete Abrechnung nicht zu vertreten hat (Senatsurteil [X.]Z 184, 117 =
NJW 2010, 1065 Rn.
38). Die Ausschlussfrist des §
556 Abs.
3 Satz
3
B[X.]B findet dagegen bei der [X.]ewerberaummiete keine Anwendung
(Senatsurteile [X.]Z 184, 117 =
NJW 2010, 1065 Rn.
17
ff. und vom 17.
November 2010

XII
ZR
124/09
NJW 2011, 445 Rn.
12). Ebenso wenig gilt
die Ausschlussfrist des §
556 Abs.
3 Satz
6 B[X.]B für die Möglichkeit des Mieters, Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung zu erheben, weil diese
Vorschrift nur für die Wohnraummiete gilt (vgl. [X.] in [X.]t-Futterer Mietrecht 11.
Aufl. §
556 B[X.]B Rn.
6). Die [X.]renze für die Korrektur einer [X.] ergibt sich daher im gewerblichen Mietrecht nur durch den Eintritt der [X.] oder in Ausnahmefällen aufgrund von Verwirkung (§
242 B[X.]B).

b) [X.]leichwohl kann auch bei gewerblichen Mietverhältnissen nicht ange-nommen werden, dass allein durch die vorbehaltlose Erstattung oder Zahlung des sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden Saldos ein deklaratori-sches Schuldanerkenntnis zwischen den Mietvertragsparteien zustande kommt.

13
14
-
9
-
aa) Es fehlt in diesem Fall bereits an den allgemeinen Voraussetzungen für das Entstehen eines wirksamen Vertrages. Das deklaratorische Schuldaner-kenntnis setzt
als vertragliches kausales Schuldanerkenntnis
(vgl. hierzu
[X.]
Urteil vom 11.
Januar 2007

VII
ZR
165/05

NJW-RR 2007, 530 Rn.
8)
das Vorliegen zweier
übereinstimmender
Willenserklärungen voraus
(§§
145
ff. B[X.]B). Zwar können diese
auch durch schlüssiges Verhalten
abgegeben [X.]n.
Voraussetzung hierfür ist, dass die Willensbekundungen der [X.]en
von dem Willen getragen sind, sich entsprechend vertraglich zu binden (vgl. MünchKommB[X.]B/[X.] 5.
Aufl. §
781 Rn.
4).
Nach der Rechtsprechung des [X.] setzt die Wertung einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Erklärung als Angebot zum Abschluss eines deklara-torischen
[X.]
regelmäßig voraus, dass die Vertragsparteien das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der [X.]en entziehen und sich dahingehend einigen wollen (st. Rspr. vgl. [X.] Urteile vom 11.
Januar 2007

VII
ZR
165/05
NJW-RR 2007, 530 Rn.
8 und vom 11.
November 2008

VIII
ZR
265/07
NJW 2009, 580 Rn.
11 jeweils mit umfangreichen Nachweisen).
bb) Kehrt der Vermieter nach Übersendung der [X.] vorbehaltlos ein errechnetes
[X.]uthaben an den Mieter aus, gibt er aus der maßgeblichen Sicht des Mieters (§§
133,
157 B[X.]B) keine auf den Abschluss eines deklaratorischen [X.]
gerichtete Willenserklärung
ab. Die Betriebskostenabrechnung ist eine reine Wissenserklärung ohne rechtsge-schäftlichen Bindungswillen ([X.] Urteil vom 28.
April 2010

VIII
ZR
263/09

NJW 2010, 1965 Rn.
8 mwN). Durch die Auszahlung des [X.]uthabens an den Mieter erbringt der Vermieter eine reine Erfüllungshandlung

363
B[X.]B), der kein weiterer rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zukommt. Insbesondere [X.] der Vermieter hiermit nicht, den sich aus der Abrechnung ergebenden
Sal-do unstreitig stellen zu wollen. Diese Bewertung steht auch im Einklang mit der 15
16
-
10
-
außerhalb des Mietrechts ergangenen Rechtsprechung des [X.] zum deklaratorischen Schuldanerkenntnis, wonach aufgrund der vorbehaltlosen Zahlung einer Rechnung für sich genommen nicht auf die Vereinbarung eines deklaratorischen [X.] geschlossen werden kann (vgl. [X.] Urteile vom 11.
November 2008

VIII
ZR
265/07
NJW 2009, 580 Rn.
12 und vom 11.
Januar 2007

VII
ZR
165/05
NJW-RR 2007, 530 Rn.
9).
Auch der Mieter, der zunächst vorbehaltlos eine Betriebskostennachforderung begleicht, erbringt damit eine reine Erfüllungshandlung, ohne dass daraus geschlossen werden kann, der Mieter erkenne den [X.] endgültig für verbind-lich an.
[X.]) Außerdem
spricht gegen die Annahme eines [X.]ns, dass der Vermieter selbst bei einem Mietverhältnis über Wohnraum
innerhalb der Jahresfrist des §
556 Abs.
3 Satz
2 B[X.]B die Betriebskostenabrechnung auch zulasten des Mieters abändern kann
([X.] in
[X.]t-Futterer Mietrecht 11.
Aufl. §
556 B[X.]B Rn.
397). Würde er mit der Übersendung der Be-triebskostenabrechnung und der sofortigen Auszahlung eines [X.]uthabens an den Mieter innerhalb der Abrechnungsfrist ein Angebot auf ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis abgeben, wäre er gemäß §
145 B[X.]B daran gebunden, bis der Mieter das Angebot ablehnt oder die Frist zur Annahme (§
147 Abs.
2 B[X.]B) verstrichen ist. Eine Korrektur der Abrechnung wäre für den Vermieter in dieser [X.] nicht möglich
(vgl. [X.], 606, 608). Verstünde
man den Aus-gleich einer sich aus der Abrechnung ergebenden Nachforderung durch den Mieter als dessen Annahme des Vertragsangebots, hätte der Vermieter sich allein durch die Übersendung der Betriebskostenabrechnung der Möglichkeit begeben, innerhalb der Jahresfrist die Abrechnung noch korrigieren
zu können. Ein entsprechender Wille des Vermieters kann jedoch ohne weitere Umstände nicht angenommen werden. Nimmt der Mieter seinerseits ein vom Vermieter erstattetes [X.]uthaben ohne weitere Erklärung entgegen, kann diesem Verhalten 17
-
11
-
ebenfalls
kein [X.] entnommen werden. Der Mieter ist in [X.] untätig, so dass daran nicht die Wertung geknüpft werden kann, der Mieter wolle die Betriebskostenabrechnung als verbindlich ansehen
(vgl. [X.], 606, 608).
Die Annahme eines stillschweigend abge-schlossenen [X.] würde nämlich auch in diesem Fall dazu führen, dass der Mieter durch die bloße Entgegennahme der Zahlung die Mög-lichkeit verlieren würde, noch Einwendungen gegen die Abrechnung zu erhe-ben.
dd)
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
kann das Vorliegen
eines deklaratorischen [X.] bei einem vorbehaltlosen Aus-gleich des [X.] auch nicht mit der Erwägung begründet
[X.]n, die Beschränkung des Anwendungsbereichs der Ausschluss-
und Einwen-dungsfristen des §
556 Abs.
3 B[X.]B auf die Wohnraummiete führe bei gewerbli-chen Mietverhältnissen dazu, dass die Mietvertragsparteien andernfalls bis zum Eintritt der Verjährung damit rechnen müssten, weiteren Ansprüchen der jeweils anderen [X.] ausgesetzt zu sein. Auch bei der [X.]ewerberaummiete bestehe jedoch das Bedürfnis der [X.]en, innerhalb eines überschaubaren [X.]raums eine Verbindlichkeit des errechneten [X.] zu erlangen, das nur durch die Annahme eines deklaratorischen [X.] befriedigt werden könne
(ähnlich auch [X.], 980, 981; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] [X.]eschäftsraummiete 3.
Aufl. Kap.
11 Rn.
233). Das Berufungsgericht verkennt
dabei, dass das durchaus anerkennenswerte Inte-resse der [X.]en eines gewerblichen Mietverhältnisses, zeitnah
Rechtssicher-heit über den [X.] zu erlangen, nicht die Prüfung der nach [X.] [X.]rundsätzen notwendigen Voraussetzungen für einen wirksamen Vertragsschluss ersetzen kann. Der fehlende Verweis in §
578 Abs.
2 B[X.]B auf §
556 Abs.
3 B[X.]B zeigt zudem, dass der [X.]esetzgeber nur im Bereich der Wohnraummiete ein Bedürfnis dafür gesehen hat, durch die Schaffung von [X.]
-
12
-
zen Fristen für die Erstellung der Betriebskostenabrechnung und für hiergegen gerichtete Einwendungen des Mieters alsbald eine Verbindlichkeit des errech-neten [X.] herbeizuführen. Diese Wertung kann bei der [X.], ob der vorbehaltlose Ausgleich des [X.] zu einem dekla-ratorischen Schuldanerkenntnis führt, nicht unberücksichtigt bleiben.
ee) Deshalb kann sich eine andere Beurteilung auch nicht aus [X.]ründen des Vertrauensschutzes ergeben (so aber [X.] in [X.]/[X.]/[X.] [X.]eschäftsraummiete 3.
Aufl. Kap.
11 Rn.
233). Nur aufgrund des Umstandes, dass der Mieter die Erstattung eines zu seinen [X.]unsten bestehen-den [X.] vorbehaltlos entgegennimmt, kann der Vermieter nicht darauf vertrauen, dass der Mieter den [X.] als verbindlich hinnehmen will
und keine weiteren Nachforderungen mehr geltend machen wird. Der Mieter nimmt, insbesondere wenn die Erstattung durch Überweisung auf sein Konto erfolgt, nur eine Zahlung entgegen und bleibt im Übrigen schlicht untätig. Aus diesem Verhalten des Mieters kann bereits deshalb nicht abgeleitet werden, er erkenne den errechneten Saldo als verbindlich an
und verzichte auf die [X.]eltendmachung von Einwendungen, weil er bei einem gewerblichen Miet-verhältnis gerade nicht verpflichtet ist, innerhalb einer gesetzlich vorgesehenen Frist Einwendungen zu erheben. [X.]leiches gilt für den Vermieter von [X.]ewerbe-raum. Da auch er für die Abrechnung der Betriebskosten nicht an die Aus-schlussfrist des §
556 Abs.
3 Satz
3 B[X.]B gebunden ist, bringt er durch die Übersendung der Betriebskostenabrechnung nicht zum Ausdruck, auf eine nachträgliche [X.]eltendmachung weiterer Betriebskosten zu verzichten. Im Übri-gen bleibt es den [X.]en eines gewerblichen Mietvertrages unbenommen, den [X.]punkt der Verbindlichkeit der Betriebskostenabrechnung vertraglich zu [X.]. §
556 Abs.
4 B[X.]B, der für Mietverträge über Wohnraum entsprechende vertragliche Regelungen zum Nachteil des Mieters verbietet, findet bei der [X.]e-werberaummiete keine Anwendung.
19
-
13
-
ff) Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Mietvertragsparteien im
Einzelfall
hinsichtlich des Saldos aus der Betriebskostenabrechnung
ein dekla-ratorisches
Schuldanerkenntnis abgeben und damit den Saldo für beide Seiten als verbindlich
ansehen wollen. Hierzu bedarf es jedoch weiterer Umstände, aus denen auf einen entsprechenden [X.]n der [X.] geschlossen werden kann.
Die Vereinbarung eines deklaratorischen Schuldverhältnisses kann danach in Betracht kommen, wenn die [X.]en [X.] über einzelne Positionen der Betriebskostenabrechnung gestritten ha-ben und dann der Saldo von einer der beiden Vertragsparteien ausgeglichen
wurde oder wenn die [X.]en eine Ratenzahlungs-
bzw.
Stundungsvereinba-rung getroffen
haben
(vgl. auch [X.] in
[X.]t-Futterer Mietrecht 11.
Aufl. §
556 B[X.]B Rn.
406).
c) Auf dieser rechtlichen [X.]rundlage ist das Berufungsgericht rechtsirrig vom Vorliegen eines deklaratorischen [X.] zwischen den [X.]en ausgegangen.
Der Kläger hat nach Erstellung der ursprünglichen Betriebskostenab-rechnung das [X.]uthaben an den Beklagten überwiesen. Erst danach hat der Be-klagte
seinerseits Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung erho-ben. Die anschließend vom Kläger korrigierte Betriebskostenabrechnung ist [X.]egenstand des vorliegenden
Rechtsstreits, so dass außer der vorbehaltlosen Überweisung des zunächst errechneten [X.]uthabens an den Beklagten vom [X.] keine weiteren Umstände festgestellt worden sind, die auf den Abschluss eines deklaratorischen [X.] zwischen den [X.]-en schließen ließe.
4. Danach kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Es stellt sich auch nicht aus anderen [X.]ründen als richtig dar (§
561
ZPO). Weitere Umstän-20
21
22
23
-
14
-
de, die einer Korrektur der Betriebskostenabrechnung entgegenstünden, erge-ben sich aus den getroffenen Feststellungen nicht. Der Kläger hat die [X.] noch während der laufenden Jahresfrist korrigiert. Damit kann der Beklagte der geltend gemachten Nachforderung auch nicht den [X.] der Verwirkung entgegenhalten
(vgl. hierzu [X.] in
[X.]t-Futterer Mietrecht 11.
Aufl. §
556 B[X.]B Rn.
523
f.).
Da die [X.]en auch über die Berechtigung einzelner Positionen der gel-tend gemachten Nebenkosten streiten, ist die Sache noch nicht entscheidungs-reif (§
563 Abs.
1 und 3 ZPO). Der Rechtsstreit ist daher an das Berufungsge-richt zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Dose
Weber-Monecke

Schilling

[X.]ünter

Botur
Vorinstanzen:
A[X.] [X.], Entscheidung vom 02.11.2011 -
44 [X.] -

L[X.] [X.], Entscheidung vom 24.04.2012 -
316 [X.]/11 -

24

Meta

XII ZR 62/12

10.07.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2013, Az. XII ZR 62/12 (REWIS RS 2013, 4256)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4256

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

20 U 79/15

Zitiert

XII ZR 62/12

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