Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.03.2014, Az. 30 W (pat) 541/12

30. Senat | REWIS RS 2014, 7142

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "CP/C & P" – mögliche Dienstleistungsidentität – klangliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 032 346

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des [X.] Jacobi

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 45 des [X.] vom 19. Juli 2012 aufgehoben.

Die Löschung der Marke 30 2009 032 346 wegen des Widerspruchs aus der Marke 306 69 827 wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Die am 2. Juni 2009 angemeldete, am 27. Januar 2011 unter der Nummer 30 2009 032 346 eingetragene und am 4. März 2011 veröffentlichte Wortmarke

[X.]P

2

ist für „Juristische Dienstleistungen“ bestimmt.

3

Gegen die Eintragung ist am 25. März 2011 Widerspruch erhoben worden aus der am 15. November 2006 angemeldeten und am 14. März 2007 für die Dienstleistungen „Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen und Seminaren; Rechtsberatung und -vertretung“ eingetragenen Marke 306 69 827

4

[X.] & P

5

Die Markenstelle für Klasse 45 des [X.] hat mit Beschluss vom 19. Juli 2012 eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Dabei ist die Markenstelle von der Identität der Dienstleistungen „Rechtsberatung und -vertretung“ der Widerspruchsmarke mit den „juristischen Dienstleistungen“ der angegriffenen Marke sowie von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen. Begründend ist insbesondere ausgeführt, dass eine Verwechslung nur dann gegeben wäre, wenn das zwischen den Buchstaben der Widerspruchsmarke stehende kaufmännische „&“-Zeichen übersehen, überhört oder nicht mitgesprochen werde. Davon könne indessen nicht ausgegangen werden.

6

[X.]P auch wie „[X.] und P“ ausgesprochen werden könne, was zur klanglichen Identität mit ihrer wie „[X.] und P“ ausgesprochenen Widerspruchsmarke führe.

7

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

8

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 45 des [X.] vom 19. Juli 2012 aufzuheben und die angegriffene Marke 30 2009 032 346 zu löschen.

9

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

[X.]P weise kein Bindeglied auf, sondern stehe als Abkürzung für den Begriff „corporate partner“.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen (§§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]).

1. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. [X.] [X.], 1098, Nr. 44 - [X.]/[X.]; [X.], 933, Nr. 32 - [X.]; GRUR 2011, 915, Nr. 45 - [X.]; [X.], 1040, Nr. 25 - pjur/pure; [X.], 930, Nr. 22 - [X.]/[X.]; [X.], 64, Nr. 9 - Maalox/[X.]; [X.], 235, Nr. 15 - [X.]/[X.]). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. [X.], 833, Nr. 30 - [X.]ulinaria/Villa [X.]ulinaria; [X.], 1040, Nr. 25 - pjur/pure; [X.], 930, Nr. 22 - [X.]/[X.]; [X.], 64, [X.] - Maalox/[X.]; [X.], 1103, Nr. 37 - Pralinenform II; [X.] GRUR 2008, 343 Nr. 48 - [X.]/[X.]).

Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen zu besorgen.

a) Die Markenstelle ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Dienstleistungen „Rechtsberatung und -vertretung“ der Widerspruchsmarke mit den Dienstleistungen, für die die jüngere Marke eingetragen ist, nämlich „Juristische Dienstleistungen“, identisch sein können.

[X.] & P kommt entgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke von Haus aus normale Kennzeichnungskraft zu. Dass die [X.] eine sachbezogene Abkürzung darstellt und als solche zur Beschreibung der maßgeblichen Dienstleistungen dienen könnte, ist nicht erkennbar. Für eine gebräuchliche beschreibende Bedeutung des Buchstabens „[X.]“ oder von „& P" im Sinne von „und Partner“ hinsichtlich der maßgeblichen Dienstleistungen hat der Senat keinen Nachweis festgestellt und auch die Inhaberin der angegriffenen Marke hat dies nicht belegt (vgl. auch BPatG 24 W (pat) 539/10 - MB/MBP/MB&P, veröffentlicht auf der Homepage des Gerichts).

c) Bei dieser Ausgangslage hält die angegriffene Marke den zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke in klanglicher Hinsicht nicht ein.

Auszugehen ist von einem aufmerksamen Publikum, das sich zusammensetzt aus Fachkreisen und Endverbrauchern.

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (z. B. [X.], 833, Nr. 45 - [X.]ulinaria/Villa [X.]ulinaria; [X.], 1040, Nr. 25 - pjur/pure; [X.], 930, Nr. 22 - [X.]/[X.]; [X.], 64, Nr. 15 - Maalox/[X.]; [X.], 729 Nr. 23 - [X.]). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen (vgl. [X.]/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 211). Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, ([X.] und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. [X.] [X.], 413, Nr. 19 - [X.]/SIR; GRUR 2005, 1042, Nr. 28 - [X.] LIFE; [X.]. 2004, 843, Nr. 29 - [X.]; BGH [X.], 235, Nr. 15 - [X.]/[X.]; [X.], 484, Nr. 32 - [X.]; [X.], 60, Nr. 17 - coccodrillo; [X.], 779, 781 - Zwilling/[X.]). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr. vgl. z. B. BGH [X.], 235, Nr. 18 - [X.]/[X.] m. w. N.; vgl. [X.]/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 224 m. w. N.).

[X.] & P ist die Aussprache eindeutig, nämlich „[X.]e und Pe“. Denn dem Verkehr ist die Bedeutung des Symbols „&“ sowie seine Aussprache als „und“ geläufig.

[X.]P kommen dagegen mehrere Möglichkeiten der mündlichen Wiedergabe in Betracht. Soweit die Marke unmittelbar betrachtet oder eindeutig erinnert wird, ist von einer Aussprache als „[X.]e Pe“ auszugehen. Das ändert sich jedoch bei einem undeutlichen Erinnerungsbild (vgl. zur Maßgeblichkeit einer undeutlichen Erinnerung Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 220 m. w. N.) oder wenn der Adressat des gesprochenen Zeichens dieses wegen seiner Kürze und des fehlenden Wortcharakters nicht hinreichend sicher verstanden hat und nachfragt. In derartigen - markenrechtlich ebenfalls relevanten - Situationen ist nicht auszuschließen, dass die angegriffene Marke zur Verdeutlichung als „[X.]e und Pe“ benannt wird. So ist auch bei aus einem Einzelbuchstaben gebildeten Marken anerkannt, dass diese in der Regel nicht nur mit ihrem Einzellautwert, sondern mit spezifizierenden Zusätzen benannt werden ([X.], 930, Nr. 47 - [X.]/[X.]). Außerhalb der Wahrscheinlichkeit dürfte eine solche Wiedergabe unter Verwendung des [X.] „und“ erst bei Marken liegen, die aus drei oder mehr Einzelbuchstaben bestehen, da derartige Marken über eine hinreichend selbständige Lautstruktur verfügen, die eine weitere Spezifizierung entbehrlich macht.

Stehen sich danach klanglich in relevantem Umfang zum Vergleich „[X.]e und Pe“ und „[X.]e und Pe“ gegenüber, so werden die Vergleichsmarken insoweit identisch wahrgenommen.

In der Gesamtabwägung führt dies vorliegend zu dem Ergebnis, dass die angegriffene Marke den notwendigen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht einhält und jedenfalls in klanglicher Hinsicht Verwechslungsgefahr besteht.

Der angefochtene Beschluss konnte daher keinen Bestand haben.

3. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], da [X.] für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen wurden noch ersichtlich sind.

Meta

30 W (pat) 541/12

13.03.2014

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.03.2014, Az. 30 W (pat) 541/12 (REWIS RS 2014, 7142)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7142

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