Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2015, Az. VIII ZR 249/14

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9612

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BUNDESGERIC[X.]TS[X.]OF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 249/14
Verkündet am:

17. Juni 2015

Vorusso,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 312d Abs. 4 Nr. 6 (Fassung vom 2. Dezember 2004)
Bei Fernabsatzverträgen über die Lieferung von [X.]eizöl ist das Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht nach §
312d Abs.
4 Nr.
6 [X.] ausgeschlossen, denn kennzeichnend für diese Ausnahmevorschrift ist, dass der spekulative Charakter [X.] des Geschäfts ausmacht. [X.] weist der Ankauf von [X.]eizöl durch den Verbraucher jedoch nicht auf.

[X.], Urteil vom 17. Juni 2015 -
VIII ZR 249/14 -
[X.]

[X.]

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Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2015 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.]
Achilles und [X.], die Richterin [X.] sowie [X.]
Kosziol

für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden
das Urteil der 6. Zivil-kammer des [X.] vom 31. Juli 2014 aufgehoben und das Urteil des [X.] vom 21. Februar 2014 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin, die einen Brennstoffhandel betreibt, bietet [X.]eizöl unter an-derem über die Internetplattform "[X.].

.de" an. Am 25. Februar 2013 be-stellte die Beklagte, die Verbraucherin ist, auf diesem Weg 1.200 Liter [X.]eizöl zu eiselben Tag bestätigte. Die von der Klägerin um diese [X.] verwendeten [X.] Geschäftsbedingungen, die unstreitig Vertragsbestandteil wurden, se-hen unter anderem vor:
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"§ 2 Vertragsschluss/Widerruf

[X.]eizöl-/Dieselbestellungen kein allgemeines 14-tägiges Widerrufsrecht für private Verbraucher. Der vereinbarte Literpreis gilt bis zur Lieferung des [X.]eizöls/Diesels. Egal, wie sich der Ölpreis in der Zwischenzeit ent-

§ 6 Nachträgliche Stornierung rechtsgültiger Lieferverträge beim Part-nerhändler
Sofern der Käufer bei seitens eines Partnerhändlers bereits bestätigten Aufträgen den Vertrag storniert, hat der jeweilige [X.] auf angemessene Entschädigung. Diese beläuft sich pro stor-niertem Auftrag auf 15 % vom Warenwert, mindestens jedoch 95,00

k-lich gestattet, nachzuweisen, dass im konkreten Fall ein Schaden nicht entstanden ist oder der Schaden wesentlich geringer ist als die vorgese-hene Pauschale.

Da die Beklagte die Belieferung ablehnte, verlangte die Klägerin mit Schreiben vom 18. März 2013 Schadensersatz in [X.]öhe von 1

nebst Umsatzsteuer). Mit Anwaltsschreiben vom 4. April 2013 erklärte die [X.] den Widerruf ihrer auf Abschluss des Kaufvertrages gerichteten Erklä-rung.

Erstattung vorgerichtlicher Kosten gerichteten Klage stattgegeben. Das [X.] hat die vom Amtsgericht zugelassene Berufung der Beklagten zurückge-wiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die [X.] ihren Klageabweisungsantrag weiter.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht ([X.], Urteil vom 31. Juli 2014 -
6 [X.],
juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch aus § 433 Abs.
2, § 280 Abs. 1 [X.], § 6 der brutto zu. Ein Kaufvertrag sei zwischen den Parteien auf dem Weg über die In-ternetplattform wirksam zustande gekommen. Die Beklagte sei nicht zum [X.] gemäß § 312d Abs. 1, § 355 [X.] aF berechtigt. Zwar sei das Widerrufs-recht nicht gemäß § 312d Abs. 4 Nr. 1 [X.] aF ausgeschlossen, weil der [X.] zu einem [X.]punkt widerrufen worden sei, als es noch zu keiner [X.] des bestellten [X.]eizöls mit demjenigen, welches sich noch im Tank der Beklagten befunden haben möge, gekommen sei.
Allerdings sei das Widerrufsrecht gemäß § 312d Abs. 4 Nr. 6 [X.] aF ausgeschlossen. Bei [X.]eizöl handele es sich um eine Ware, deren Preis auf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliege, auf welche der Unternehmer kei-nen Einfluss habe und die innerhalb der Widerrufsfrist von 14 Tagen in einem nicht unerheblichen Umfang auftreten könnten. Der Begriff des Finanzmarktes sei weit zu verstehen und umfasse auch [X.]. Die Tatsache, dass der Preis, zu dem Öl an der Börse gehandelt werde, innerhalb von 14 Tagen um mehrere Euro pro 100 Liter schwanken könne, könne als allgemein bekannt unterstellt werden.
Der Anwendbarkeit des § 312d Abs. 4 Nr. 6 [X.] aF stehe nicht entge-gen, dass die Klägerin das [X.]eizöl nicht unmittelbar an der
[X.] bezo-4
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gen habe. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergebe sich weder, dass der [X.] die Ware unmittelbar dort bezogen haben noch dass der [X.] durch den Finanzmarkt bestimmt werden müsse. Ausreichend sei nach dem Wortlaut vielmehr, dass die Ware grundsätzlich an der [X.] ge-handelt werde und der Preis dort Schwankungen innerhalb der Widerrufsfrist unterworfen sei, auf die ein Unternehmer, der mit dieser Ware handele, unab-hängig von der Bezugsquelle keinen Einfluss nehmen könne.
Nur eine solche Auslegung werde dem Sinn und Zweck der Vorschrift gerecht, die einseitige Überwälzung des spekulativen Risikos auf den [X.] während der Widerrufsfrist zu vermeiden. Ansonsten hätte es der [X.], der Öl zu einem bestimmten Preis bei einem Online-[X.]ändler bestellt, in der [X.]and, von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, wenn der Öl-preis an der Börse und damit auch der [X.] fällt, um sodann eine neue Ölbestellung zu einem günstigeren Preis bei einem anderen
[X.]ändler auf-zugeben.
Entgegen der Auffassung der Beklagten komme es nicht darauf an, ob die Klägerin -
wie von ihr behauptet -
das Öl für die [X.]eizölbestellungen ihrer Kunden kurzfristig zu jeweils an die Börsenwerte angepassten Preisen bezogen habe oder
ob sie durch Kontrakte mit ihren Vorlieferanten langfristige Festprei-se vereinbart habe. Ferner komme es nicht darauf an, ob die Klägerin -
wie von der Beklagten behauptet -

über Lagerkapazitäten für größere Ölvorräte verfü-ge. Auch wenn die Klägerin das Öl tatsächlich über längere [X.] für einen festen Preis bei Vorlieferanten beziehen könne, bleibe es dabei, dass der Ölpreis grundsätzlich auf dem Rohstoffmarkt starken Schwankungen innerhalb der [X.]sfrist unterliege, die den Verbraucher zum Spekulieren veranlassen könn-ten. Der Unternehmer sei hingegen an den mit dem Verbraucher vereinbarten 9
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Preis gebunden. Eine solche einseitige Risikotragung durch den Unternehmer solle die Vorschrift gerade verhindern.
Es komme nicht darauf an, ob zwischen den Parteien bereits ein fester Preis ausgehandelt worden sei, sondern darauf, dass der ausgehandelte bezie-hungsweise vereinbarte Preis sich mittelbar oder unmittelbar von einem Basis-wert ableite. Die Basiswertabhängigkeit präge maßgeblich den spekulativen Charakter der "Anlage". Anhand des von der Klägerin überreichten Ausdrucks aus dem Online-Portal ergebe sich bereits, dass die von ihr angebotenen Ver-kaufspreise einen Basiswert hätten, der sich aus dem aktuellen Börsenpreis für ein bestimmtes Tanklagergebiet berechne. [X.]inzu kämen die von der Klägerin selbst eingegebenen Parameter (Grundgebühr, Gebühr je [X.] sowie die [X.]andelsspanne der Klägerin).
Die in Rechtsprechung und Schrifttum vertretene Auffassung, wonach es darauf ankomme, dass der Preis der [X.]eizöllieferung fest vereinbart sei, vermö-ge nicht zu überzeugen. Wie ausgeführt, setze § 312d Abs. 4 Nr. 6 [X.] aF seinem Wortlaut nach nicht voraus, dass sich der vom Verbraucher zu zahlende Preis unmittelbar nach dem Börsenpreis bestimme. Auch wenn sich der mit dem Verbraucher vereinbarte Preis mittelbar an dem Börsenpreis orientiere, habe das Geschäft einen aleatorischen Charakter. Zwar stehe fest, welchen Preis der Verbraucher entrichten müsse. Allerdings sei es vom Zufall abhängig, ob sich dieser Preis
innerhalb der Widerrufsfrist aufgrund von Börsen-
und De-visenschwankungen gegebenenfalls als so ungünstig für ihn darstelle, dass er sich schließlich vom Vertrag löse.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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Der Klägerin steht der geltende gemachte (pauschalierte) [X.] gemäß § 280 Abs. 1 [X.], § 6 der [X.] nicht zu, weil die Beklagte ihre auf den Abschluss eines [X.] über die Lieferung von [X.]eizöl gerichtete Vertragserklärung vom 25. [X.] 2013 mit Anwaltsschreiben vom 4. April 2013 wirksam widerrufen hat. Das Widerrufsrecht folgt gemäß Art. 229 §
32 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 [X.][X.] aus §
312d Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 1 Satz 1 [X.] in der Fassung vor Inkrafttreten des seit dem 13. Juni 2014 geltenden Gesetzes zur Umsetzung der [X.] und zur Änderung des [X.] der [X.] vom 20. September 2013, [X.] I S. 3642 (nachfolgend: aF). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist aus § 312d Abs. 4 Nr. 6 [X.] aF nicht herzuleiten, dass dem Verbraucher bei Fernabsatzverträgen über die Lieferung von [X.]eizöl kein Widerrufsrecht zusteht.
Die vorgenannte Bestimmung wurde durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2.
Dezember 2004 ([X.] I S.
3102) mit Wirkung vom 8. Dezember 2004 einge-führt. Im [X.]inblick auf Waren geht die Regelung auf die Vorgaben von Art. 6 Abs. 3, 2. Spiegelstrich der Richtlinie 97/7/[X.] vom 20. Mai 1997 über den [X.]schutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz ([X.]. [X.] Nr. L 144/19; [X.]) zurück (vgl. BT-Drucks. 15/2946 [X.]).
[X.]insichtlich Fi-nanzdienstleistungen setzt sie Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen
(Richtlinie 2002/65/[X.] des [X.] und des Rates vom 23. September 2002 über den [X.] an Verbraucher und zur Änderung der [X.] 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/[X.] und 98/27/[X.], [X.]. [X.] Nr. L 271/16) um.

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Nach §
312d Abs. 4 Nr. 6 [X.] besteht das Widerrufsrecht, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nicht bei Fernabsatzverträgen, die die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben, deren Preis auf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliegt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können, insbesondere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien, Anteils-scheinen, die von einer
Kapitalanlagegesellschaft oder einer ausländischen [X.] ausgegeben werden, und anderen handelbaren Wertpa-pieren, Devisen, Derivaten oder Geldmarktinstrumenten.
1. In Rechtsprechung und Schrifttum wird nicht einheitlich beurteilt, ob sich der Ausschluss des Widerrufsrechts gemäß § 312d Abs. 4 Nr. 6 [X.] aF auch auf Fernabsatzverträge über die Lieferung von [X.]eizöl erstreckt.
a) Nach einer Auffassung, der auch das Berufungsgericht folgt, wird das Widerrufsrecht des Verbrauchers beim Fernabsatz durch diese Bestimmung ausgeschlossen, weil es sich bei [X.]eizöl um eine Ware handele, deren Preis auf dem Finanzmarkt täglichen Schwankungen unterliege, auf die der Unternehmer keinen Einfluss habe und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten könnten ([X.], Urteil vom 22.
Mai 2007 -
6 [X.], juris Rn. 18; wohl auch Erman/
[X.], [X.], 14. Aufl., §
312g Rn. 14). Dies gelte auch für den Fall, dass der Unternehmer mit dem Verbraucher einen Festpreis vereinbart habe, weil ein solcher dem Verbraucher überhaupt erst die Möglichkeit zur Spekulation [X.]. Denn die Vorschrift solle verhindern, dass der Verbraucher die Ware zu ei-nem (vermeintlich) günstigen Preis erwerbe und das Widerrufsrecht dazu nutze, sich für den Fall eines Preisverfalls von den Folgen eines für ihn nachteiligen Geschäfts zu befreien ([X.]ärting in Internetrecht, 5.
Aufl., Teil E: Fernabsatzrecht, Rn. 1066).

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b) Nach anderer Ansicht ist die Anwendung des § 312 Abs. 4 Nr. 6 [X.] aF bei [X.] über [X.]eizöl abzulehnen.
[X.] der mit dem Verbraucher vereinbarte Preis keinen Schwankungen, fehle es an dem notwen-digen aleatorischen Charakter des Geschäfts ([X.], Urteil vom 26.
April 2012 -
9 [X.]/10, juris Rn. 9). Andere Stimmen knüpfen an den Be-schaffungsvorgang des Unternehmers an und fordern bei [X.] eine unmittelbare, wesentliche Abhängigkeit von Preisschwankungen auf dem Finanzmarkt (MünchKomm[X.]/[X.], 6. Aufl., § 312d Rn. 46; [X.], [X.], 321, 325 f.). Es komme darauf an, ob die Ware am Finanzmarkt be-schafft werde ([X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2012, §
312d Rn. 76). Dies sei bei Fernabsatzverträgen über die Lieferung von [X.]eizöl zu Verbrauchszwe-cken nicht der Fall. Dabei finde keine drittbestimmte, sondern eine unterneh-merbestimmte Preisbildung statt (vgl. [X.] in jurisPK-[X.], 7. Aufl., §
312g Rn. 71).
2. Der [X.] entscheidet die Streitfrage dahin, dass sich der Ausschluss des Widerrufsrechts nach §
312d Abs. 4 Nr. 6 [X.] nicht auf [X.] über die Lieferung von
[X.]eizöl erstreckt.
a) Dies folgt allerdings nicht schon aus dem Gesetzeswortlaut. Soweit der Wortlaut der Vorschrift
auf Waren Bezug nimmt, deren Preis von [X.] auf dem Finanzmarkt abhängt, soll nach den Gesetzesmaterialien ins-besondere der [X.]andel mit Edelmetallen erfasst sein (BT-Drucks. 15/2946, S.
22). Der Begriff des "Finanzmarktes" umfasst daher Edelmetallbörsen, aber auch Waren-
und [X.] (vgl. [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., §
312d Rn. 48; zu §
312g Abs. 2 Nr. 8 [X.] nF siehe
Palandt/
[X.], [X.], 74.
Aufl., § 312g Rn. 11; [X.] in jurisPK-[X.], aaO, §
312g Rn. 68), so dass als ein an Börsen gehandelter Rohstoff unter anderem Erdöl in Betracht zu ziehen ist.
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Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, ob [X.]eizöl an Börsen gehandelt wird, sondern darauf abgestellt, dass sich die Klägerin das von ihr vertriebene [X.]eizöl nicht unmittelbar an einer Waren-
oder [X.] beschafft habe.
Das Berufungsgericht hat des Weiteren angenommen, dass der [X.]eizölpreis auf dem Börsenpreis von Erdöl als Basiswert beruhe, der wiederum von Schwankungen auf den Finanzmärkten abhänge, so dass das Widerrufs-recht des Verbrauchers ausgeschlossen sei. Das Berufungsgericht ist dabei
-
im Ausgangspunkt zutreffend -
im Einklang mit der Rechtsprechung des [X.] davon ausgegangen, dass
der Begriff des "Preises" in § 312d Abs. 4 Nr.
6 [X.] weit zu verstehen ist. Gemeint ist nicht nur ein unmittelbar auf dem Finanzmarkt gebildeter Börsenpreis, sondern auch ein den Marktpreis mittelbar beeinflussender Basiswert (zu
basiswertabhängigen Finanzinstrumen-ten siehe [X.], Urteile vom 27. November 2012 -
XI [X.], [X.]Z
195, 375 Rn. 22, sowie XI
ZR
384/11, [X.], 1223 Rn. 13; jeweils mwN).
b) Ein solcher, allein auf den Wortlaut des § 312d Abs. 4 Nr. 6 [X.] aF gestützter Ausschluss des Widerrufsrechts beim Fernabsatz von [X.]eizöl ließe jedoch außer [X.], dass es sich mit Rücksicht auf die Gesetzesmaterialien und namentlich auf den daraus hervorgehenden Sinn und Zweck der Bestimmung um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift handelt. Danach kann dem Verbraucher das Widerrufsrecht beim Fernabsatz von [X.]eizöl nicht generell verwehrt werden. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob auf den Rohölpreis als Basiswert abzustellen ist
oder ob [X.]eizöl unmittelbar an einer Waren-
oder Roh-stoffbörse gehandelt wird (vgl. dazu [X.], jurisPR-ITR 23/2014 unter [X.]inweis auf www.boerse-frankfurt.de/de/rohstoffe). Es ist auch nicht entscheidend, ob der Unternehmer das [X.]eizöl unmittelbar an einer
Börse erworben hat oder von einem Vorlieferanten. Maßgebend ist, dass Geschäfte über den Ankauf von [X.]eizöl durch den Verbraucher [X.] aufweisen.
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aa) Bereits die in Gesetzesmaterialien erfolgten Äußerungen zu §
312d Abs. 4 Nr. 1 [X.] sprechen gegen einen generellen Ausschluss des [X.] von [X.]eizöl. Nach dieser Vorschrift ist das Wider-rufsrecht unter anderem ausgeschlossen, wenn die Ware "aufgrund ihrer Be-schaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet" ist.
Die Gesetzesbegründung führt als Anwendungsfall dieser Bestimmung ausdrücklich [X.]eizöl an, welches den hierfür festgelegten [X.]en entsprechen müsse, um als [X.]eizöl ver-trieben werden zu können. Durch Vermischung mit im Tank des Kunden vor-handenem [X.]eizöl
könne es -
je nach dessen Zustand -
die nach der [X.] erforderlichen Eigenschaften verlieren. Deshalb könne ein Widerrufsausschluss unter Umständen auch bei Fernabsatzverträgen über die Lieferung von [X.]eizöl eingreifen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/2658, S.
44). Nach der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates hat die Bundesregierung keine Möglichkeit gesehen, [X.]eizölliefe-rungen ganz vom Widerrufsrecht auszunehmen; vielmehr sei im Einzelfall zu prüfen,
ob Vermischung eingetreten sei (BT-Drucks. 14/2920, S. 13; zu §
312g Abs. 2 Nr. 4 [X.] nF siehe auch [X.]. 817/12, [X.]; BT-Drucks. 17/12637, S.
56). Bereits im Gesetzgebungsverfahren ist daher deutlich gewor-den, dass für den Fernabsatz von [X.]eizöl keine generelle Ausnahme vom [X.]srecht gelten sollte ([X.]sbeschluss vom 18. März 2009
-
VIII
ZR
149/08, [X.], 309 Rn.
11).
bb) Gegen einen generellen Ausschluss des Widerrufsrechts bei [X.] über die Lieferung von [X.]eizöl spricht insbesondere auch der Sinn und Zweck des §
312d Abs. 4 Nr. 6 [X.]. Dieser besteht darin, das Risiko eines wenigstens mittelbar finanzmarktbezogen spekulativen Geschäfts nicht einseitig dem Unternehmer aufzubürden, sondern mit seinem Abschluss in glei-cher
Weise auf beide Parteien zu verteilen ([X.], Urteile vom 27. November 2012 -
XI [X.], aaO Rn. 24 und XI
ZR
384/11, aaO Rn.
15; jeweils mwN). 24
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Kennzeichnend für den Ausnahmetatbestand des § 312d Abs. 4 Nr. 6 [X.] aF ist im Wesentlichen, dass der spekulative Charakter [X.] des Geschäfts ausmacht ([X.], Urteile vom 27. November 2012 -
XI [X.], aaO Rn. 25 und [X.], aaO Rn. 16; siehe auch BT-Drucks. 14/2658, S. 44; BT-Drucks. 15/2946, [X.]). Ein Widerrufsrecht des Verbrauchers, der nicht auf Kosten des Unternehmers spekulieren soll, ist unter solchen Umständen für den Unternehmer nicht zumutbar. Nach dieser Maßgabe hat der [X.] durch die vorgenannten Urteile entschieden, dass kein Widerrufsrecht bei [X.] über basiswertabhängige Finanzinstrumente besteht.
Diese Beurteilung ist auf Fernabsatzverträge über die Lieferung von [X.]eizöl nicht übertragbar. Der Erwerb von [X.]eizöl durch den Verbraucher weist [X.] auf. Das Geschäft
dient dem Verbraucher nicht dazu, durch Weiterveräußerung einen finanziellen Gewinn zu erzielen, sondern richtet sich typischerweise auf Eigenversorgung durch Endverbrauch der Ware. Zwar ermöglicht das Widerrufsrecht dem Verbraucher, sich von dem Fernabsatzver-trag -
vorbehaltlich des §
312d Abs. 4 Nr. 1 [X.] -
zu lösen, wenn der [X.]eiz-ölpreis innerhalb der Widerrufsfrist fällt. Diese Risikoverteilung ist jedoch im Gesetz angelegt und deshalb hinzunehmen (vgl. [X.]surteil vom 19. März 2003 -
VIII ZR 295/01, [X.]Z 154, 239, 243).
3. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war der am 4. April 2013 erfolgte Widerruf nicht verfristet. Mangels Widerrufsbelehrung ist der Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden (§ 312d Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 1, 2 [X.]).
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III.
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben; es ist aufzuhe-ben (§
562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] entscheidet in der Sache selbst, da es [X.] weiteren Feststellungen bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Abände-rung der erstinstanzlichen Entscheidung und zur Abweisung der Klage.
[X.]
Dr. Achilles
[X.]

[X.]
Kosziol
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.02.2014 -
23 [X.]/13 -

[X.], Entscheidung vom 31.07.2014 -
6 [X.] -

28

Meta

VIII ZR 249/14

17.06.2015

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2015, Az. VIII ZR 249/14 (REWIS RS 2015, 9612)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9612

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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