Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.11.2012, Az. XI ZR 439/11

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 963

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
XI [X.]
Verkündet am:
27. November 2012
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 312d Abs. 4 Nr. 6
Preis eines Finanzinstruments im Sinne des §
312d Abs.
4 Nr.
6 [X.] ist nicht nur ein unmittelbar auf dem Finanzmarkt gebildeter Börsenpreis, sondern auch ein den Marktpreis mittelbar beeinflussender Basiswert, der seinerseits Schwankungen auf dem Finanzmarkt unterliegt.
[X.], Urteil vom 27. November 2012 -
XI [X.] -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 27.
November 2012 durch [X.] [X.], die Richter Dr.
Joeres, Dr.
Ellenberger und Dr.
Matthias sowie
die Richterin Dr.
Menges

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 17.
Zivilsenats des [X.] vom 13.
September 2011 in der Fassung des Berichtigungsbe-schlusses vom 24.
Oktober 2011 wird auf ihre Kosten zu-rückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht ih-res Ehemannes im Revisionsverfahren noch
auf Rückabwicklung des [X.] von Finanzprodukten unter anderem
der inzwischen insolventen [X.] in Anspruch.
Der Ehemann der Klägerin, ein promovierter Diplom-Wirtschaftsingenieur der Fachrichtung Informatik (nachfolgend: Zedent),
unterhielt
seit Jahren ein Konto bei der Rechtsvorgängerin der
[X.] zu
1 (nachfolgend: Beklagte), über das er zahlreiche Wertpapiergeschäfte abwickelte. Seit 1988 verwaltete er das bei der [X.] in Aktien und Rentenfonds angelegte Vermögen seiner Großmutter. Beraten wurde er 1
2
-
3
-

bis Mai 2008 vom früheren [X.] zu
2,
später
vom früheren [X.] zu
3, beides Mitarbeiter der [X.]. Auf Empfehlung der [X.] er-warb der Zedent, der in keinem Fall über ein Widerrufsrecht belehrt wurde,
für sich:
1.
aufgrund eines Telefonats
vom 12.
Dezember 2006 am 13.
Dezember 2006 22 "D.

Zertifikate"
(

),
ab dem 7.
Dezember 2006 an die Entwicklung des [X.] EuroSTOXX 50 gebundene
aktienindexbasierte
Zertifikate
der [X.], für 22.090,20

i 2008 für 20.818,09

2. aufgrund einer E-Mail vom
30.
Januar 2007 und eines Telefonats
vom 6.
Februar 2007 am 7.
Februar 2007 10 "G.

"-Zertifikate
(

),
ab dem 6./7.
Februar 2007 an die
Entwicklung des [X.] EuroSTOXX 50, des Standard & Poor´s 500 sowie des [X.] 225
gebundene
aktienindexbasierte
Bonuszertifikate
der mittlerwei-le insolventen [X.], für 10.085,30

3. aufgrund eines Telefonats
vom 17.
April 2007 am 24.
April 2007 320
"D.

A.

"-Zertifikate
(

),
ab diesem Tag an die Entwicklung des [X.] EuroSTOXX Select
Dividend 30 Index und des [X.] Total Return Index gebundene
aktienindexverglei-chende
Zertifikate
der [X.], für 32.000

am 7.
Oktober 2008 für 21.728,49

verkaufte,
3
4
5
-
4
-

4. aufgrund zweier
E-Mails
vom 13.
Juli 2007 und 16.
Juli 2007 am 25.
Juli 2007 Fondsanteile
"Al.

", eines
in [X.], insbesondere Zertifikate,
investierenden
Fonds, für 31.500

März 2008 für
26.487,41

ufte,
5. aufgrund einer E-Mail vom
30.
Oktober 2007 und eines Telefo-nats
vom 5.
November 2007 am 8.
November 2007 100 "U.

"-Zertifikate
(

),
ab dem 26.
Oktober 2007
an die Ent-wicklung von vier im [X.] notierten Aktiengesellschaften
gebundene
ak-tienbasierte
Bonuszertifikate, für 10.223

er am 5.
November 2008 für 2.768,67

e,
6. aufgrund eines Telefonats
Ende Mai 2008 am 27.
Mai 2008 und 3.
Juni 2008 insgesamt
321 (richtig: 322)
"D.

E.

Zertifi-kate

"
(

),
ab dem 18.
April 2008 an die Entwicklung des [X.] EuroSTOXX 50 gebundene
aktienindexbasierte
Bonuszertifi-kate
der [X.], für insgesamt 33.034,02

16.
Oktober 2008 für 20.860,24

verkaufte,
7. aufgrund zweier E-Mails am 30.
Juli 2008 255 "D.

S.

Zertifikate"
(

),
ab dem 14.
Juli 2008 an die Entwick-lung des [X.]
EuroSTOXX 50 gebundene
aktienindexbasierte
Zerti-fikate
der [X.], für 26.124,75

Der
Zedent widerrief
am
15.
Juli 2011 seine auf Erwerb der Finanz-produkte gerichteten Willenserklärungen.
6
7
8
9
10
-
5
-

Die Klägerin hat
von der [X.] und teilweise von den früheren [X.] zu 2 und 3 als Gesamtschuldnern, ursprünglich auch im Wege des Schadensersatzes, Zahlung von insgesamt 82.522,96

Zug um Zug gegen Rückübertragung beim Zedenten noch vorhandener Indexzertifikate und Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt sowie die Feststellung begehrt, dass die [X.] der Klägerin entste-hende steuerliche Nachteile zu tragen hätten. Die Klage ist in den [X.] erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelasse-nen Revision
verfolgt die Klägerin nur noch ihr Zahlungsbegehren in Höhe von 72.394,37

der Rückgewähr erbrachter Leistungen weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht
hat zur Begründung seiner in [X.], 213
ff.
veröffentlichten Entscheidung, soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Rückgewähr erbrachter Leis-tungen wegen des vom
Zedenten erklärten Widerrufs zu. Ein Widerrufs-recht nach den für Fernabsatzverträge geltenden Regelungen sei [X.] gemäß §
312d Abs.
4 Nr.
6 [X.] ausgeschlossen. Die vom Zedenten 11
12
13
14
-
6
-

erworbenen Inhaberschuldverschreibungen und Fondsanteile
fielen in
den [X.] dieser Ausnahmebestimmung. §
312d Abs.
4 Nr.
6 [X.] finde
(schon dann) Anwendung, wenn
der Vertrag wesentlich von dem von beiden Parteien zu tragenden Risiko geprägt sei, dass die ihrer Preisfindung zugrunde liegende Einschätzung sich durch die Entwicklung am Markt als fehlerhaft erweise.
Dies sei hier der Fall. Das spekulative Risiko habe sich in einer Schwankung der
Basiswerte
manifestiert. Dass §
312d Abs.
4 Nr.
6 [X.]
-
wie im Übrigen Art.
6 Abs.
2 Buchst.
a der Richtlinie 2002/65/[X.] des Eu-ropäischen Parlaments
und des Rates vom 23.
September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der [X.] und 98/27/[X.] ([X.]. [X.] 2002 Nr.
L 271, S.
16, künftig: FinFARL)
-
auch solche Produkte erfasse, folge aus dem Umstand, dass die Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers -
anders als Credit Default Swaps
-
Equity Swaps miteinschließe. Bei einem zwischen der Bank und dem Kunden geschlossenen (dem Börsenhandel nicht zugänglichen) Equity Swap be-stimmten die Vertragspartner
die Konditionen. Die
Basiswertabhängigkeit solcher Swaps präge
maßgeblich den spekulativen Charakter der Anlage.
In dieser ungewissen und von den Vertragsparteien mit unter-schiedlichen Vorzeichen
antizipierten Entwicklung liege
die Ähnlichkeit zu Verträgen über Wett-
und Lotteriedienstleistungen, für die
§
312d Abs.
4 Nr. 4 [X.] auf der Grundlage paralleler Erwägungen die Anwendbarkeit der Bestimmungen über Fernabsatzverträge
ausschließe.
15
16
-
7
-

II.
Diese Ausführungen
halten revisionsrechtlicher Prüfung stand.
1. Der revisionsgerichtlichen
Überprüfung unterliegt allein die [X.], ob der Klägerin ein [X.] aufgrund des vom Zedenten erklärten Widerrufs seiner auf Abschluss der auf den Erwerb der Finanz-produkte gerichteten Willenserklärung nach den Regeln über Fernabsatz-geschäfte zusteht. Die Klägerin hat ihr Rechtsmittel auf solche Ansprüche
beschränkt. Diese
Beschränkung ist wirksam, da sie sich auf
einen ab-grenzbaren und rechtlich selbständigen Teil des Streitstoffs bezieht
(vgl. [X.],
Urteil vom 16.
September 2009 -
VIII
ZR
243/08, [X.]Z
182, 241 Rn.
11).
2.
Das Berufungsgericht
hat Ansprüche der Klägerin aus §
312d Abs.
1 Satz
1, §§
355, 357 Abs.
1 Satz
1, §
346
Abs.
1 [X.] zu Recht un-ter Verweis auf §
312d Abs.
4 Nr.
6 [X.] verneint. Es ist rechtsfehlerfrei
mit der obergerichtlichen Rechtsprechung und der mehrheitlich in der Lite-ratur vertretenen Auffassung ([X.], ZIP
2012, 419, 420; [X.], [X.], 1893; Beschluss vom 26.
Mai 2011 -
19
U
51/10, ju-ris Rn.
1
ff.; [X.], Urteil vom 15.
Februar 2012
-
13
U
124/11
n.v.; [X.], [X.], 1412, 1413; [X.], Beschluss vom 27.
Januar 2012 -
5
U
70/11, juris Rn.
39 f.; [X.], [X.] §
312d [X.] 2.11; Kropf, [X.], 1268, 1270
f.; [X.]/
[X.], [X.], 41, 45 [zu [X.]]; [X.]/
[X.], [X.], 71.
Aufl., §
312d Rn.
14; [X.], [X.], 37, 38; [X.] in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3.
Aufl., §
10 Rn.
83; [X.], EWiR 2011, 801, 802; [X.]/[X.], [X.], [X.], §
312d Rn.
76; dagegen Schick, AG
2011, R
73, R
74; 17
18
19
-
8
-

[X.], [X.], 9, 10; [X.], [X.], 321, 325 ff.; LG
Krefeld, [X.], 32, 35
f.; wohl auch [X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl., §
312d Rn.
27;
MünchKomm[X.]/Wendehorst, 6.
Aufl., §
312d Rn.
46; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
312d Rn.
57) zu dem [X.] gelangt, ein Recht zum Widerruf habe nicht bestanden, weil Gegen-stand der Verträge
die Verschaffung von Finanzdienstleistungen gewesen sei, deren
"Preis"
innerhalb der Widerrufsfrist -
dem Einfluss der [X.] entzogenen
-
Schwankungen unterlegen habe.
Dabei kommt
es nicht darauf an, ob und ab wann die vom Zedenten erworbenen Finanzprodukte
an der Börse notierten. Ausreichend war nach der Systematik, dem
Sinn und Zweck und der Gesetzgebungsge-schichte des §
312d Abs.
4 Nr.
6 [X.], dass die vom Zedenten erworbe-nen Index-
und Basketzertifikate (künftig: Zertifikate) den Anspruch des Inhabers gegen den Emittenten auf Zahlung eines vom Stand der zugrun-deliegenden Basiswerte (oder Underlyings) abhängigen Geldbetrages verbrieften (vgl.
Senatsurteil vom 27.
September 2011 -
XI
ZR
182/10, [X.]Z 191, 119 Rn.
26 mwN) und ihre Werthaltigkeit von Beginn an
an die Entwicklung der in Bezug genommenen Indizes geknüpft war bzw. der Wert der am 25.
Juli 2007 erworbenen Fondsanteile maßgeblich von [X.] Wertentwicklungen abhing.
a) "Preis"
im Sinne des §
312d Abs.
4 Nr.
6 [X.] ist nicht nur das Entgelt für ein Finanzprodukt, sondern auch ein wertbestimmendes
Un-derlying.
aa) Dass mit dem Begriff des "Preises"
in §
312d Abs.
4 Nr.
6 [X.] nicht (nur) ein unmittelbar
auf dem Finanzmarkt gebildeter Börsenpreis, sondern auch ein den Marktpreis mittelbar beeinflussender Basiswert ge-20
21
22
-
9
-

meint ist, der seinerseits
Schwankungen auf dem Finanzmarkt unterliegt, ergibt sich systematisch und historisch aus der Aufnahme von "Derivaten"
in den [X.] des §
312d Abs.
4 Nr.
6 [X.]. Dieser Begriff fasst nach dem Willen des Gesetzgebers die in Art.
6 Abs.
2 Buchst.
a FinFARL
genannten ([X.]) "Swaps, Futures und Optionen"
zusammen (BT-Drucks.
15/2946, S.
23; vgl. auch Siedler, Fernabsatzgesetz [X.], 2.
Aufl., Rn.
198). Insbesondere Equity Swaps nehmen
-
anders als etwa Credit Default Swaps, die in Art. 6 Abs.
2 Buchst.
a Fin-FARL nicht erwähnt sind und als deren Referenzwerte vertraglich festge-legte, nicht marktbeeinflusste Kreditereignisse wie Insolvenz, Aufsage
oder Verzug des Referenzschuldners fungieren [X.] in Schimansky/
Bunte/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
114 Rn.
25; [X.] in [X.]/[X.], Bank-
und Kapitalmarktrecht, 4.
Aufl., Rn.
19.232; [X.] in [X.]/[X.], Strafrechtliche Nebengesetze, 188.
Ergänzungslieferung, §
30j WpHG Rn.
2)
-
auf marktbestimmte Ba-siswerte Bezug, nach
denen sich ausweislich der jeweiligen
von den [X.] vereinbarten Tauschbedingungen die Zahlungspflichten [X.], ohne selbst einem Börsenhandel zu unterliegen.
Daraus folgt, dass über die Einordnung in §
312d Abs.
4 Nr.
6 [X.] nicht (nur) die Mechanismen
entscheiden, die unmittelbar zur Bildung ei-nes Handelsentgelts führen, sondern auch die sonstigen maßgeblich wertbestimmenden Faktoren. Entsprechend kommt es für die Subsumtion unter die Ausnahme des §
312d Abs.
4
Nr.
6 [X.] nicht darauf an, ob Zer-tifikate der hier maßgeblichen Art bzw. eines in solche Zertifikate und [X.] investierenden Fonds (schon
oder überhaupt) an einer Börse gehan-delt werden und in welchem Umfang der Emittent -
oder die Bank im Zuge 23
-
10
-

eines Festpreisgeschäfts
-
Gewinnmargen in den Verkaufspreis einrech-nen.
bb) Nur ein weites Verständnis des "Preises"
im Sinne des §
312d Abs.
4 Nr.
6 [X.]
wird Sinn und Zweck der Regelung gerecht ([X.], [X.], 213, 216; 1860, 1862; [X.],
Beschluss vom 27.
Januar 2012 -
5
U
70/11, juris Rn.
40; Kropf, [X.], 1268, 1271; [X.], [X.], 37, 38; [X.], EWiR 2011, 801, 802; a.[X.], BKR
2011, 32, 35
f.; [X.], [X.], 321, 327). Dieser besteht
darin, das Risiko eines wenigstens mittelbar finanzmarktbezogen spekulativen Geschäfts mit seinem Abschluss in gleicher Weise auf beide Parteien zu verteilen ([X.], [X.]
§
312d [X.] 2.11; [X.], Die Umsetzung der [X.] im [X.] und [X.] Recht, 2006, S.
62; [X.], [X.] an [X.], 2004, Rn.
134; Kropf, [X.], 1268, 1270
f.; [X.], Die Fernabsatz-Richtlinie für Finanzdienstleistungen an Verbraucher, 2003, S.
201; [X.], [X.], 2009, S.
61; [X.], [X.] an Verbraucher, 2006, [X.]; [X.], BB
2005, 53, 59
f.; vgl. außerdem die Begründung der [X.] zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des [X.] und des Rates über den Fernabsatz von Finanzdienst-leistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der [X.] und 98/27/[X.], KOM(1998)
468
endg., S.
14).
Definierte man "Preis"
eng (nur) als Kauf-
oder Handelspreis, verschöbe sich das Risiko einer negativen Wertent-wicklung einseitig zulasten des Unternehmers, da der Verbraucher einen drohenden Verlust aufgrund fallender Basiswerte innerhalb der [X.]
-
11
-

rufsfrist durch Ausübung des Widerrufsrechts auf den Unternehmer [X.] könnte.
Von Fällen, in denen Vertragsgegenstand die Lieferung von Waren ist, deren Wert mittelbar von Preisschwankungen auf Rohstoffmärkten ab-hängt, etwa der Wert eines
Goldrings von der Entwicklung des Goldprei-ses (vgl. [X.], [X.], 9, 10;
[X.], BKR
2010, 321, 326; [X.]/
[X.], [X.], 13.
Aufl., §
312d Rn.
27; MünchKomm[X.]/Wendehorst,
6.
Aufl., §
312d Rn.
46), und die ersichtlich nicht von §
312d Abs.
4 Nr.
6 [X.] erfasst sind, unterscheidet sich der Handel mit basiswertabhängigen Finanzinstrumenten entscheidend dadurch, dass der spekulative Charak-ter [X.] des Geschäfts ausmacht und individuelle wertbildende [X.], etwa die Qualität der Verarbeitung, für die Preisbildung keine Rolle spielen.
cc) Das Gebot, §
312d Abs.
4 Nr.
6 [X.] im Einklang mit dem durch die Bestimmung umgesetzten [X.] Sekundärrecht zu interpretie-ren, steht der Gleichsetzung des "Preises"
mit dem Basiswert nicht entge-gen (vgl. [X.], [X.]
§
312d [X.] 2.11; Kropf, [X.], 1268, 1271). Im Gegenteil
lässt sich Art.
6 Abs.
2 Buchst.
a FinFARL die-ser Gleichlauf ohne weiteres entnehmen, ohne dass für den Senat -
wie in der Revisionsverhandlung
gefordert
-
Anlass bestünde, dem [X.] die Frage nach der Reichweite dieser Bestim-mung zu unterbreiten.
(1) Zwar ist der Senat gemäß Art.
267 Abs.
3 AEUV als innerstaat-lich letztinstanzlich entscheidendes Gericht grundsätzlich verpflichtet, eine Vorabentscheidung des
Gerichtshofs einzuholen, wenn [X.]s-recht auszulegen ist. Die Vorlagepflicht letztinstanzlicher Gerichte der Mit-25
26
27
-
12
-

gliedstaaten entfällt jedoch, wenn die richtige Anwendung des [X.] derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum mehr bleibt ([X.], Slg.
1982, 3415 Rn.
16;
Slg.
2005, [X.] Rn.
33).
Das innerstaatliche Gericht darf nur dann davon ausgehen, dass ein solcher Fall vorliegt, wenn es davon überzeugt ist, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Gerichtshof die gleiche Ge-wissheit bestünde ([X.], Slg.
1982, 3415 Rn.
16). Bei der Beurteilung dieser Frage sind die Eigenheiten
des [X.]srechts, die besonde-ren Schwierigkeiten seiner Auslegung und die Gefahr abweichender Ge-richtsentscheidungen innerhalb der [X.] zu berücksichtigen ([X.], Slg.
2005, [X.] Rn.
33). Dabei ist auch den gleichermaßen ver-bindlichen verschiedenen Sprachen der anzuwendenden [X.] ([X.], Slg.
1982, 3415 Rn. 18;
Slg.
1996, I-5403
Rn. 28), wobei allerdings die maßgebliche Bestimmung nicht in jeder der offiziellen Sprachen der [X.] zu prüfen ist. [X.] ist die gemeinschaftsrechtliche Vorschrift in ihrem Zusammenhang zu sehen und im Lichte des gesamten [X.]srechts, seiner Ziele und seines Entwicklungstandes zur [X.] der Anwendung auszulegen ([X.], Beschluss vom 26.
November 2007 -
NotZ
23/07, [X.]Z
174, 273 Rn.
34).
Ob nach Maßgabe dieser Kriterien die richtige Anwendung des [X.]srechts derart offenkundig ist und keinem vernünftigen Zwei-fel unterliegt,
dass eine Vorlage an den Gerichtshof verzichtbar ist, bleibt allerdings allein der Beurteilung des nationalen Gerichts überlassen ([X.], Slg.
2005, [X.] Rn. 37; vgl. auch
BVerfGK 13, 256, 261
f.).
28
29
-
13
-

(2) Bei Anlegung dieses Maßstabs ist es zur Überzeugung des Se-nats offenkundig und unterliegt keinem vernünftigen Zweifel, dass Art.
6 Abs.
2 Buchst.
a FinFARL unter "Preis"
auch den Basiswert fasst. Das ergibt sich unmissverständlich
aus dem Umstand, dass dort als "[X.], deren Preis auf dem Finanzmarkt Schwankungen unter-liegt", unter anderem "Zins-
und Devisenswaps sowie Swaps auf Aktien-
oder Aktienindexbasis ('equity swaps')"
definiert sind. Darin unterscheidet sich die [X.] nicht von anderen Sprachfassungen des Art.
6 Abs.
2 Buchst. a
FinFARL (englisch: "financial services whose price depends on rate, currency and equity swaps", französisch: "aux services financiers
swaps
ou à des equity swaps]"). Der gemeinschaftsrechtliche Begriff des "Preises"
schließt mithin unzweideutig den Basiswert ein.
30
-
14
-

b) Das Berufungsgericht ist weiter zutreffend davon ausgegangen, der Preis im Sinne des §
312d Abs.
4 Nr.
6 [X.] sei von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängig
gewesen, die außerhalb der Herrschafts-sphäre der [X.] gelegen hätten und die innerhalb der Widerrufsfrist hätten auftreten können. Die Bindung an die in Bezug genommenen Un-derlyings bestand
durchgängig. Dass die Beklagte die Entwicklung der Basiswerte
in ihrem Sinne habe beeinflussen können, ist weder vorgetra-gen noch sonst ersichtlich.

[X.]
Joeres
Ellenberger

Matthias
Menges

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.04.2010 -
8 O 282/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 13.09.2011 -
17 [X.] -

31

Meta

XI ZR 439/11

27.11.2012

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.11.2012, Az. XI ZR 439/11 (REWIS RS 2012, 963)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 963

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