Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.07.2023, Az. 2 ARs 286/23

2. Strafsenat | REWIS RS 2023, 4117

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Gegenstand

Verfahrensverbindung in Strafsachen: Verbindung von Verfahren bei Gerichten unterschiedlicher Rangordnung; Abgabe an ranghöheres Gericht bei zu prüfender Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus


Tenor

Das beim [X.] anhängige Verfahren 29 [X.] Js 63/20-127/21 wird zu dem beim [X.] rechtshängigen Verfahren 118 KLs-950 [X.]/22-10/23 verbunden.

Gründe

1

Die Staatsanwaltschaft [X.] hat mit Anklageschrift vom 25. Mai 2021 gegen den Angeklagten wegen Nachstellung u.a. Anklage vor dem Amtsgericht – Schöffengericht – [X.] erhoben. Über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist noch nicht entschieden worden.

2

Die Staatsanwaltschaft [X.] hat gegen den Angeklagten wegen Nachstellung u. a. Anklage zum Landgericht [X.] erhoben und die Voraussetzungen für eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus dargelegt. Ausweislich der Anklageschrift befand sich der Angeklagte in diesem Verfahren vom 7. Dezember 2022 bis 28. März 2023 in Untersuchungshaft. Ab dem 28. März 2023 wurde er einstweilig untergebracht.

3

Das Amtsgericht [X.] hat die Sache dem [X.] zur Entscheidung vorgelegt.

4

1. Die Voraussetzungen einer Verbindung durch den [X.] gemäß § 4 Abs. 2 [X.] liegen vor.

5

a) Der [X.] ist gemeinschaftliches oberes Gericht im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 [X.] für das Amtsgericht [X.] (Bezirk des [X.]) und das Landgericht [X.] (Bezirk des Oberlandesgerichts [X.]).

6

b) Die Verfahrensverbindung ist gemäß § 4 Abs. 1 [X.] sowohl zulässig als auch zweckmäßig. Der [X.] hat in seiner Antragsschrift u.a. ausgeführt:

„Eine Verbindung von Verfahren gemäß § 4 Abs. 1 [X.] setzt voraus, dass zwischen den Strafsachen ein Zusammenhang im Sinne von § 3 [X.] besteht, die Sachen bei Gerichten unterschiedlicher Rangordnung anhängig gemacht worden sind und das Gericht höherer Ordnung das Hauptverfahren eröffnet hat (vgl. Senat, Beschluss vom 29. April 2021 – 2 [X.], BeckRS 2021, 9225 Rn. 3).

So liegt es hier: Zwischen den Verfahren vor dem Amtsgericht [X.] und dem Landgericht [X.] besteht ein persönlicher Zusammenhang, da sie sich jeweils gegen        [X.]       richten. Das Landgericht [X.], welches das Hauptverfahren bereits eröffnet hat, ist gegenüber dem Amtsgericht [X.] auch ranghöher. Nicht erforderlich ist, dass auch das Gericht niedrigerer Ordnung in der bei ihm anhängigen Sache das Hauptverfahren eröffnet hat, sofern die Staatsanwaltschaft, die ihre Anklage jederzeit wieder zurücknehmen könnte und deshalb ihre Dispositionsbefugnis über das Verfahren noch nicht endgültig verloren hat, – wie hier – die Abgabe selbst beantragt hat (vgl. Senat, a.a.O.).

Die Verbindung der Verfahren ist zweckmäßig, da die Tatzeiträume eng beieinander liegen und eine sachgerechte Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus eine Gesamtwürdigung aller gegen ihn erhobenen Tatvorwürfe erfordert.

Eine andere Bewertung ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass das Landgericht [X.] bereits für den 29. Juni 2023 einen Hauptverhandlungstermin bestimmt hat, denn selbst der Beginn der Hauptverhandlung stünde einer Verbindung nicht entgegen (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Dezember 2020 – 2 [X.] 337/20, juris Rn. 7). Außergewöhnliche nachteilige Auswirkungen einer Verfahrensverbindung (vgl. KK/Geilhorn, [X.], 9. Aufl., § 3 [X.] Rn. 3) sind nicht ersichtlich. Es steht zwar zu befürchten, dass die Verbindung zu einer gewissen Verfahrensverzögerung führen könnte. Dies erscheint indes mit Blick auf das überwiegende Interesse an einer sachgerechten Entscheidung über die Unterbringung als hinnehmbar.“

7

Dem tritt der Senat bei.Die Verbindung scheint im Interesse umfassender Aufklärung und Aburteilung auch deswegen sachdienlich, weil im Falle einer Verurteilung des Angeklagten eine Gesamtstrafenbildung vorzunehmen sein wird und überdies eine Unterbringung gemäß § 63 StGB in Betracht kommt, über die nur unter Gesamtwürdigung aller Taten sachgerecht entschieden werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Dezember 2021 – 2 [X.] 345/21, BeckRS 2021, 46548).

Franke     

  

Appl     

  

Zeng

  

Meyberg     

  

Grube     

  

Meta

2 ARs 286/23

05.07.2023

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARs

§ 3 StPO, § 4 Abs 1 StPO, § 156 StPO, § 63 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.07.2023, Az. 2 ARs 286/23 (REWIS RS 2023, 4117)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4117

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2 ARs 337/20

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