Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.11.2002, Az. V ZR 309/01

V. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 443

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:29. November 2002K a n i k,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: jaZGB § 55 Abs. 2Eine Funktionsvollmacht berechtigte nicht zur Vertretung eines Betriebes beimAbschluß eines beurkundungsbedürftigen Vertrages.[X.], Urt. v. 29. November 2002 - [X.]/01 - [X.] LG [X.]- 2 -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 29. November 2002 durch den Vizepräsidenten des [X.]Dr. [X.] und [X.] Dr. [X.], [X.], [X.] undDr. [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil [X.] Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 31. [X.] aufgehoben.Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der9. Zivilkammer des [X.]s [X.] vom 7. August 1997wird zurückgewiesen.Die Beklagten tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.Von Rechts [X.]:Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Kaufvertrags über [X.] -Die Beklagten bewohnten aufgrund Mietvertrags ein auf einem volksei-genen Grundstück errichtetes Einfamilienhaus in [X.]. [X.] war die Versorgungseinrichtung des [X.]([X.]). Im Dezember 1989 beschloß der Ministerrat, die Einfamilienhäuser, diesich in der [X.] der [X.] befanden, zu verkaufen. Mit [X.] vom 20. Februar 1990 kauften die Beklagten das vonihnen bewohnte Haus und beantragten die Verleihung eines Nutzungsrechtsan dem Grundstück. Die [X.] wurde in der Notarverhandlung von dem Leiterihrer Abteilung Recht und Grundstücksverkehr, [X.], vertreten. Zur [X.] des Vertrages nach der Grundstücksverkehrsverordnung, zur [X.] und zur Verleihung eines Nutzungsrechts andem Grundstück kam es bis zum 3. Oktober 1990 nicht. Die Beklagten berüh-men sich einer Antragsberechtigung nach § 3 Abs. 3 SachenRBerG.Durch Bescheid vom 26. Januar 1995 wurde das Eigentum an [X.] der Klägerin zugeordnet. Sie hält den Kaufvertrag vom 20. [X.] für unwirksam. Sie hat beantragt, die Unwirksamkeit des [X.]. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Das [X.] [X.] Berufung der Beklagten mit Urteil vom 21. Juli 1998 zurückgewiesen. [X.] hat der Senat durch Urteil vom 26. November 1999, [X.], [X.], 372 aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung [X.] an das [X.] zurückverwiesen. Mit dem nunmehr an-gefochtenen Urteil hat das [X.] der Berufung der Beklagten stattge-geben und die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der [X.] 4 -Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht meint, der Kaufvertrag vom 20. Februar 1990 [X.] gegen die Klägerin. Die [X.] sei beim Abschluß des Kaufvertrages mit [X.] zwar nicht wirksam vertreten gewesen, weil [X.] weder nachdem Geschäftsverteilungsplan der [X.] vertretungsberechtigt noch durch ge-siegelte Vollmacht bevollmächtigt gewesen sei. Nach [X.] und Glauben sei [X.] Klägerin jedoch verwehrt, sich auf die Nichtigkeit des Vertrages zu berufen.Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.II.Die Revision hat allerdings keinen Erfolg, soweit sie geltend macht, dasBerufungsgericht sei durch das Senatsurteil vom 26. November 1999 gem.§ 565 Abs. 2 ZPO daran gehindert gewesen, die Berufung der Klägerin auf diemangelnde Vertretung der [X.] beim Abschluß des Vertrages vom 20. [X.] als durch [X.] und Glauben ausgeschlossen zu werten.Das Berufungsgericht hat im ersten Berufungsurteil ausgeführt, [X.] vom 20. Februar 1990 sei nichtig, weil die [X.] andem Grundstück vor dem Verkauf des Gebäudes auf den Rat des Stadtbezirks[X.] hätte übertragen werden müssen. [X.]habe das [X.] als Vertreter des [X.] verkaufen können. Das ist nach- 5 -dem Senatsurteil vom 26. November 1999 rechtsfehlerhaft. Allein insoweit wardas Berufungsgericht gebunden.Zu der nunmehr von dem Berufungsgericht entschiedenen Frage, ob derKlägerin die Berufung auf das Fehlen einer wirksamen Vertretung der [X.] inder Notarverhandlung versagt ist, enthält das Senatsurteil vom [X.] keine Aussage. Soweit der Senat sich im Verfahren [X.] an einerabschließenden Entscheidung gehindert gesehen hat, weil es zur Frage [X.] der [X.] beim Abschluß des [X.] weite-rer Feststellungen bedürfe, bedeutet die Zulässigkeit der Geltendmachung [X.] durch die Klägerin nur eine mittelbare Grundlage der Ent-scheidung. Derartige Grundlagen einer Entscheidung nehmen nach ständigerRechtsprechung an der Bindungswirkung eines aufhebenden Erkenntnissesnicht teil ([X.]Z 3, 321, 325 f; 22, 370, 373; Senatsurt. v. 7. Februar 1969,V [X.], NJW 1969, 661).II[X.] Berufungsgericht hat festgestellt, daß die [X.] in der [X.] nicht wirksam vertreten worden ist. Das ist nicht zu beanstanden.1. Eine organschaftliche Befugnis von [X.]zur Vertretung der [X.]bestand nicht. Nach § 9 Abs. 1 der Ordnung über die Stellung und die Aufga-ben der Versorgungseinrichtung des [X.]vom 16. Juli 1984 wurde die [X.]im Rechtsverkehr durch ihren Direktor, im Falle dessen Verhinderung durch- 6 -den beauftragten Stellvertreter des Direktors, vertreten. Gemäß § 9 Abs. 2 [X.] waren darüber hinaus "die Bereichsdirektoren, Abteilungsleiter undanderen Leiter berechtigt, die Versorgungseinrichtung entsprechend [X.] des [X.] zu vertreten". Die Stellung [X.] der Abteilung Recht und Grundstücksverkehr war in Ziff. 3.5. des [X.] der [X.] vom 1. Dezember 1987 geregelt. Nach demdritten Anstrich der Bestimmung oblag dem Leiter der Abteilung "die Vertretungder Einrichtung im Rechtsverkehr mit der Vollmacht des Direktors". Die [X.] der Bevollmächtigung ist in dem siebten Anstrich "für den Erwerbvon Grundstücken und Gebäuden" ausdrücklich wiederholt worden. Daß [X.] auch für die im folgenden Anstrich angesprochene Berechtigung [X.] vorgesehen ist, "auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen alleweiteren Rechtsgeschäfte in Grundstückssachen abzuschließen", bedeutetnicht, daß hierunter die Veräußerung von Gebäuden fiel, die auf Grundstückenin der [X.] der [X.] errichtet waren. Denn die Geschäftsord-nung der [X.] sah solche Verkäufe nicht vor.2. Eine Bevollmächtigung von [X.] zur Vertretung der [X.] in be-glaubigter oder gesiegelter Form (§§ 295 Abs. 2 Satz 2 , 297 Satz 2, 57 Abs. 2Satz 2 ZGB, Art. 231 § 8 Abs. 1 EGBGB) war entgegen der Meinung der Revi-sionserwiderung auch nicht deshalb entbehrlich, weil es zu den ständigen [X.] von [X.] gehört hätte, die [X.] beim Verkauf von Gebäuden aufden Grundstücken zu vertreten, die sich in ihrer [X.] befanden(§ 55 Abs. 2 Satz 1 ZGB). Auch soweit Mitarbeiter eines Betriebes oder einereinem Betrieb gleichgestellten Einrichtung (§ 11 Abs. 3 ZGB) in [X.] der [X.] damit betraut waren, Grundstücke und Gebäude ausdem Volkseigentum zu verkaufen, gehörte dies nicht zu den Aufgaben, die ei-- 7 -nem Mitarbeiter eines Betriebes üblicherweise übertragen waren und [X.] erfolgen konnten (vgl. [X.]/[X.], [X.], 93, 95). Die Verkäufe von Gebäuden auf volkseigenen Grundstückedienten nicht der Erfüllung der allgemein einem Betrieb obliegenden Aufgaben,sondern erfolgten zur Privatisierung des [X.] in einer historischeinmaligen Situation. Die hierzu abgeschlossenen Verträge bedurften [X.] und staatlicher Genehmigung (§§ 295 Abs. 2 Satz 2, 297Satz 2 ZGB). Der Abschluß derartiger Verträge war kein übliches Geschäft, beidem der Geschäftspartner eines Betriebes der Notwendigkeit enthoben seinsollte, sich der Bevollmächtigung des für den Betrieb Handelnden zu versi-chern, und bei dem es umgekehrt von dem Betrieb hinzunehmen war, daß einMitarbeiter die ihm erteilte Vollmacht überschritt. Das "Handbuch für Notare [X.]" ging deswegen für beurkundungspflich-tige Rechtsgeschäfte auch von der Vertretung eines Betriebs durch den ge-setzlichen Vertreter aus (Handbuch S. 23 ff). Von dessen Befähigung zur Ver-tretung hatte sich der Notar vor der Beurkundung durch Einsichtnahme in dasjeweilige Register zu versichern und dies in der Urkunde zu vermerken (Ziff.3.2.2. der Ordnung über die [X.] des staatlichen Notariats).Im Falle der Vertretung durch einen rechtsgeschäftlichen Vertreter war dessenVollmacht nachzuweisen (Handbuch S. 27). Das ist mit der Annahme unverein-bar, die formlose Betrauung mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben ineinem Betrieb könne zu der Befugnis führen, beurkundungsbedürftige Verträgein Vertretung des Betriebs zu schließen.3. Ohne Erfolg wendet sich die Revisionserwiderung auch gegen [X.] des Berufungsgerichts, [X.] habe bei Abschluß des [X.] 20. Februar 1990 nicht aufgrund gesiegelter Vollmacht der [X.] gehan-- 8 -delt. Die insoweit gegen das Verfahren des Berufungsgerichts erhobenen Rü-gen hat der Senat geprüft. Sie greifen nicht durch. Von einer Darstellung wirdgem. § 565a ZPO a.F. abgesehen.- 9 -IV.Zu Unrecht meint das Berufungsgericht jedoch, der Klägerin sei unterdem Gesichtspunkt von [X.] und Glauben die Berufung auf die mangelndeVertretung der [X.] bei Abschluß des Kaufvertrags verwehrt. Zwar ist nach [X.] Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.], Urt. v. 10. Mai2001, [X.], [X.], 1723, 1725) bei der Frage, ob eine öffentlich-rechtliche Körperschaft trotz der Verletzung der für sie geltenden besonderenFormvorschriften auf Vertragserfüllung in Anspruch genommen werden kann,wegen der gleichartigen Interessenlage, wie sie bei der Mißachtung von allge-meinen Formvorschriften besteht, immer zu prüfen, ob der Grundsatz von [X.]und Glauben einer Berufung auf den Formmangel entgegensteht. [X.] kommt dies nur dann in Betracht, wenn die Nichtigkeitsfolge für den ande-ren Vertragsteil schlechthin untragbar ist oder wenn das für die [X.] den Abschluß des [X.] gebilligt hat. Diese Rechtsprechung betrifft aber nur die Verlet-zung von Formvorschriften, nicht dagegen den Mangel der Vertretungsmacht.Dieser Mangel kann im Ergebnis grundsätzlich nicht durch den Einwand [X.] gegen [X.] und Glauben außer [X.] gesetzt werden ([X.] aaOS. 1726). So verhält es sich hier. Der durch [X.] als vollmachtlosen [X.] abgeschlossene Kaufvertrag vom 20. Februar 1990 ist mangels Geneh-migung durch die [X.] unwirksam. Insoweit käme lediglich eine Verpflichtungvon [X.]auf Ersatz des [X.] gemäß § 59 Abs. 2 ZGB in- 10 -Betracht. Daß der Verkauf des Gebäudes an die Beklagten auf einen Beschlußdes [X.] zurückgeht, ist dagegen ebenso ohne Bedeutung [X.] Tatsache, daß der [X.] im Hinblick auf die Vertretungsmacht von[X.] einem Irrtum unterlegen ist. Beides führt nicht unter dem Gesichts-punkt [X.] und Glauben zu einer Beschränkung der Rechte der Klägerin.[X.] [X.] Klein Gaier Schmidt-Räntsch

Meta

V ZR 309/01

29.11.2002

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.11.2002, Az. V ZR 309/01 (REWIS RS 2002, 443)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 443

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