Bundessozialgericht, Beschluss vom 26.03.2012, Az. B 5 R 454/11 B

5. Senat | REWIS RS 2012, 12674

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - gerügtes Fehlen der Voraussetzungen für eine Entscheidung des LSG im vereinfachten Beschlussverfahren


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 9. November 2011 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Beschluss vom 9.11.2011 hat das [X.] einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde zum [X.] eingelegt. In der Beschwerdebegründung werden Verfahrensmängel und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 [X.] [X.]G).

4

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

        

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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 [X.]),

        

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das Urteil von einer Entscheidung des [X.], des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO [X.]) oder

        

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ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO [X.]).

5

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 [X.] [X.]G dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 [X.] iVm § 169 [X.]G zu verwerfen.

6

I. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 [X.] Halbs 1 [X.]G), so müssen bei der Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 [X.] [X.]G) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des [X.] ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht.

7

Eine Verletzung des § 153 Abs 4 [X.] [X.]G ist nicht hinreichend bezeichnet. Nach dieser Vorschrift kann das [X.], außer in den Fällen des § 105 Abs 2 [X.] [X.]G, die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Wenn die Klägerin geltend macht, diese Voraussetzungen seien "im vorliegenden Fall jedoch gerade nicht gegeben" gewesen, hätte sie zumindest darlegen müssen, dass das [X.] entweder durch Gerichtsbescheid (§ 105 [X.]G) entschieden oder die erforderliche Einstimmigkeit gefehlt oder die notwendige Überzeugung, eine mündliche Verhandlung sei entbehrlich, in Wahrheit nicht vorgelegen habe. Hieran fehlt es.

8

Soweit die Beschwerdebegründung rügt, das [X.] habe nicht im vereinfachten Beschlussverfahren entscheiden dürfen, weil "der Sachverhalt nicht … abschließend aufgeklärt" gewesen sei, gilt Folgendes: Wer seinen Einwand, das Gericht habe ermessensfehlerhaft keine mündliche Verhandlung durchgeführt, auf mangelnde Sachaufklärung stützt, muss sich auf einen Beweisantrag beziehen, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 [X.] Halbs 2 iVm § 103 [X.]G). Diese engen Voraussetzungen der Sachaufklärungsrüge darf der Beschwerdeführer keinesfalls dadurch leer laufen lassen oder umgehen, indem er auf andere Verfahrensrügen ausweicht (vgl Senatsbeschlüsse vom [X.] R 376/11 B - BeckR[X.]012, 65977, vom 22.10.2008 - [X.] KN 1/06 B - Juris RdNr 15 und vom 26.11.1975 - 5 [X.] - [X.] 1500 § 160 [X.]). Deshalb hätte die Klägerin in der Beschwerdeschrift zumindest Fundstelle und Wortlaut eines prozessordnungskonformen Beweisantrags wiedergeben und darlegen müssen, sie habe im Rahmen der Anhörung nach § 153 Abs 4 [X.] [X.]G einen derartigen Beweisantrag - im hier maßgeblichen Sinn der ZPO - erstmals gestellt oder wiederholt. Andernfalls ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sich ein schriftsätzlich gestellter Beweisantrag erledigt hat ([X.] [X.] 3-1500 § 160 [X.]1 S 52). Wenn die Beschwerdebegründung in diesem Zusammenhang geltend macht, aus den Ausführungen im Schriftsatz vom 22.3.2011 ergebe sich "zwingend, dass die Klägerin weitere Sachverhaltsaufklärung in Form eines fundierten Gutachtens, erstellt von einem anerkannten und auf dem Gebiet der Borreliose-Behandlung und -forschung auch tätigen (!) [X.]" gewünscht habe, werden damit jedenfalls nicht die einzelnen das Beweisthema bestimmenden Punkte (vgl § 118 Abs 1 [X.] [X.]G iVm § 403 ZPO) bezeichnet.

9

II. Auch die Grundsatzrüge hat keinen Erfolg. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]4 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, [X.]G, 2009, § 160a RdNr 41).

Die Beschwerdebegründung wird schon dem ersten Erfordernis nicht gerecht. Denn die Klägerin hat keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zum Anwendungsbereich einer konkreten revisiblen ([X.] (vgl § 162 [X.]G) gestellt, die der Senat mit "ja" oder "nein" beantworten könnte (vgl Senatsbeschlüsse vom [X.] - [X.] R 8/10 B - BeckR[X.]010, 68786 [X.] und vom [X.] - [X.] R 154/10 B - BeckR[X.]010, 72088 [X.]; [X.] Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 [X.]/07 B - BeckR[X.]009, 50073 [X.] sowie [X.], 52 RdNr 5 f). Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann ([X.], [X.]b 2007, 261, 265; [X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, [X.]). Keinesfalls gehört es zu den Aufgaben des [X.], den Vortrag daraufhin zu untersuchen, ob sich aus ihm evtl eine entsprechende Rechtsfrage herausfiltern ließe (vgl [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]6 S 48).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 [X.] Halbs 2 [X.]G).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 [X.]G.

Meta

B 5 R 454/11 B

26.03.2012

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Heilbronn, 30. Juni 2009, Az: S 5 R 3976/06, Urteil

§ 103 SGG, § 105 SGG, § 153 Abs 4 S 1 SGG, § 153 Abs 4 S 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 26.03.2012, Az. B 5 R 454/11 B (REWIS RS 2012, 12674)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 12674

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