Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2016, Az. IV ZR 122/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 13979

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[X.]:[X.]:BGH:2016:230316UIVZR122.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 122/14

Verkündet am:

23. März 2016

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 2.
März
2016
eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerseite wird das Urteil der 8.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 26.
März 2014
aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1.517,81

festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin: im Folgenden d. [X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Lebensversicherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d. [X.] mit [X.] zum 1.
Dezember 1999 nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
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erhielt d. [X.] mit dem Versicherungsschein ein Begleitschreiben, das ei-ne Belehrung über das Widerspruchsrecht nach §
5a [X.] a.F.
enthielt. Im Juli 2008 kündigte d. [X.] den Vertrag;
der Versicherer zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 14.
August 2009
erklärte d. [X.] den Widerspruch nach §
5a [X.] a.F.

Mit der Klage verlangt d. [X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.], insgesamt 1.517,81

Nach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des -
gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden
-
§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. habe der [X.] noch erklärt werden können.

Der Versicherer hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. [X.] das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung verneint.

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Die Widerspruchsbelehrung
im Begleitschreiben entspreche nicht den Voraussetzungen des §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. Sie enthalte kei-nen Hinweis auf das Erfordernis der Vorlage der Verbraucherinformation nach §
10a Versicherungsaufsichtsgesetz ([X.]). Die Verweisung auf die "unten angeführten Verbraucherinformationen"
führe nicht weiter. Die Verbraucherinformation nach §
10a [X.] sei in den am Ende des Be-gleitschreibens benannten Anlagen
nicht mit aufgeführt. Da die [X.] inhaltlich nicht gesetzmäßig sei, könne dahinstehen, ob sie in drucktechnisch deutlicher Form erfolgt sei. Ein etwaiges [X.]srecht habe d. [X.] verwirkt.
Der Versicherer habe nicht damit rechnen müssen, dass d. [X.] ein Jahr nach der Kündigung und der Aus-zahlung des Rückkaufswertes noch den wirksamen Abschluss des [X.] in Abrede stellen werde.

[X.] Die Revision ist begründet.

1. Ein -
mit der Revision allein weiterverfolgter
-
Anspruch aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB
kann d. [X.] mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht versagt werden.

a) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs d. [X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der [X.] war -
ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. normierten Jahresfrist
-
rechtzeitig.

aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden [X.] belehrte der Versicherer d. [X.] nicht ord-nungsgemäß im Sinne von
§
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. über das Wider-9
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spruchsrecht. Entgegen der Auffassung
der Revisionserwiderung ist die Belehrung im Begleitschreiben inhaltlich unzureichend, weil die [X.] nicht genannt wird und damit die fristauslösenden [X.] unvollständig bezeichnet sind. Wie das Berufungsgericht zutref-fend ausgeführt hat, genügt die Verweisung auf die "unten angeführten Verbraucherinformationen" nicht. Ob die am Ende des Begleitschreibens genannten Unterlagen -
"Tabelle der Rückkaufswerte, ABL
98, [X.], [X.], Zertifikat, Steuermerkblatt, Satzung, Datenschutzmerkblatt"
-
al-le in
der Anlage Teil D
Abschnitt I zu §
10a [X.] a.F. aufgeführten
Infor-mationen enthalten, kann anhand der von der [X.] zu den Akten gereichten Reproduktion des Begleitschreibens nicht nachvollzogen wer-den.
Demnach ist auch nicht ersichtlich, ob,
wie die Revisionserwiderung meint, die Belehrung über die Anforderungen des Gesetzes hinaus als Voraussetzung für den Beginn der Widerspruchsfrist das Vorliegen zu-sätzlicher Unterlagen nennt (vgl. dazu Senatsurteil vom 14.
Oktober 2015

IV ZR 155/14, [X.], 594 Rn.
12).
Soweit die Revisionserwide-rung auf das Verfahren [X.] (Senatsbeschluss vom 30.
Juli 2015,
juris) verweist, war der zugrunde liegende Sachverhalt nach den ge-troffenen tatrichterlichen Feststellungen anders gelagert.

bb) Für einen solchen Fall einer nicht ordnungsgemäßen [X.] bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.

Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der [X.] und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.
Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.], [X.], 101 Rn.
17-34) ent-14
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schieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinien-konform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwen-dungsbereich der Zweiten und der [X.] keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens-
und Rentenver-sicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grund-sätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. [X.] -
wie hier
-
nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingun-gen nicht erhalten hat.

cc) Entgegen der Ansicht des
Berufungsgerichts hat d. [X.] das Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Es fehlt hier jedenfalls am [X.]. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann der Versicherer schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil er
die Situation selbst herbeigeführt hat, indem er d. [X.] keine ordnungsgemäße Widerspruchs-belehrung erteilte (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
39 m.w.N.).

2. Aus der Erklärung des Widerspruchs folgende bereicherungs-rechtliche Ansprüche waren bei [X.] nicht ver-jährt. Die maßgebliche regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des §
195 BGB konnte erst mit Schluss des Jahres 2009 beginnen, da d. [X.] erst in diesem Jahr den Widerspruch erklärte (vgl. Senatsurteil vom 8.
April 2015 -
IV ZR 103/15, [X.], 700 Rn.
19
ff.).

3. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes 16
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7
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kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).

Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46)
und dabei die Vorgaben der Senatsurteile vom 29.
Juli 2015 ([X.], [X.], 1101 Rn.
36
ff.; [X.], [X.], 1104 Rn.
34
ff.) sowie vom 11.
November 2015 ([X.], [X.], 33 Rn.
32
ff.) zu beachten haben.

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.03.2012 -
3 C 72/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 26.03.2014 -
8 [X.]/12 -

19

Meta

IV ZR 122/14

23.03.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.03.2016, Az. IV ZR 122/14 (REWIS RS 2016, 13979)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13979

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Zitiert

IV ZR 155/14

IV ZR 63/13

IV ZR 76/11

IV ZR 103/15

IV ZR 384/14

IV ZR 448/14

IV ZR 513/14

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