Bundessozialgericht, Urteil vom 09.12.2010, Az. B 13 R 83/09 R

13. Senat | REWIS RS 2010, 547

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Leistungen zur Teilhabe - Arbeitsleben - Kraftfahrzeug - Kfz-Hilfe - Zuschuss - Beschaffung - behinderungsbedingter Bedarf - Verfügen - Verfügungsgewalt - Bedarfsdeckung - Ehegatte - Zulassung - Halter - Fahrzeugschein - Zulassungsbescheinigung - Firmenwagen - Berufsausübung - Dauerbezuschussung - Arbeitgeber - Angemessenheit - Wegstreckenentschädigung - Kilometerpauschale - Anschaffungskosten - Antrag - Kaufvertrag


Leitsatz

Ein Zuschuss zur Beschaffung eines behinderungsgerechten Kraftfahrzeugs kann als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben auch dann in Betracht kommen, wenn auf den behinderten Versicherten ein solches Kraftfahrzeug bereits zugelassen ist, das aber vom Ehepartner tatsächlich genutzt wird.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 19. März 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf einen Zuschuss zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs (Kfz) hat.

2

Der Kläger ist seit 1991 als Fachberater für Bäckereien im Außendienst tätig. Sein Arbeitgeber stellte ihm hierfür einen Firmenwagen (mit Schaltgetriebe) zur Verfügung, den er für 3000 km pro Jahr auch privat nutzen durfte. Zudem war auf den Kläger seit Dezember 2002 ein Pkw des Typs [X.] (mit Schaltgetriebe) zugelassen; diesen nutzte jedoch seinen Angaben zufolge seine ebenfalls voll berufstätige Ehefrau. Nach einem Motorradunfall im Juli 2003 wurden beim Kläger linksseitig eine Oberschenkelamputation sowie eine Hüftexartikulation vorgenommen. Er ist nunmehr mit einer [X.]prothese und einem [X.] versorgt und seit Februar 2004 als schwerbehinderter Mensch anerkannt ([X.]dB von 80 sowie Merkzeichen "[X.]" und "a[X.]"). Aufgrund seiner Behinderung benötigt er ein Kfz mit Automatikgetriebe, einem hohen Ein- und Ausstieg sowie einem auf die [X.]prothese abgestimmten orthopädischen Fahrersitz. Den Firmenwagen hat der Kläger im Oktober 2003 zurückgegeben; der vorhandene [X.] wurde im November 2003 durch ein Fahrzeug desselben Typs mit Automatikgetriebe ersetzt.

3

Am 3.8.2004 beantragte der Kläger bei der [X.] zur Beschaffung eines Kfz mit Automatikgetriebe und hohem Ein- und Ausstieg sowie einem behinderungsbedingt an den [X.] angepassten Fahrersitz. Am 23.8.2004 bestellte er einen solchen neuen Pkw (wiederum vom Typ [X.]), der am [X.] zugelassen wurde. Auf Nachfrage der Beklagten gab der Kläger an, der jetzige [X.] (dh der im November 2003 zugelassene [X.] mit Automatikgetriebe) werde künftig ausschließlich von seiner Ehefrau genutzt.

4

Die Beklagte lehnte mit [X.] vom 20.10.2004 die beantragte [X.] zunächst ab, weil der Kläger allein berufsbedingt zwingend auf ein Kfz angewiesen sei, übernahm später jedoch mit [X.]en vom 3.12.2004 Kosten in Höhe von 1564,65 Euro (zuzüglich Einbaukosten) für einen orthopädischen Fahrersitz und ferner 1280 Euro für ein Automatikgetriebe. Im Januar 2005 nahm der Kläger seine Arbeit wieder auf. Seinen Widerspruch wies die Beklagte zurück, soweit durch die [X.]e vom 3.12.2004 keine Abhilfe erfolgt war (Widerspruchsbescheid vom 5.8.2005). Der Kläger könne [X.] zur Beschaffung eines Fahrzeugs nicht beanspruchen, weil der Restwert des vorhandenen Altfahrzeugs die mögliche Zuschusshöhe überschreite und zudem eine Dauerbezuschussung durch seinen Arbeitgeber erfolge (monatlich pauschal 490 Euro zuzüglich 0,08 Euro je dienstlich gefahrenem Kilometer).

5

Die auf Verurteilung der Beklagten zur [X.]ewährung von "Leistungen zur Teilhabe in Form von Kraftfahrzeughilfe" gerichtete Klage ist vor dem S[X.] ohne Erfolg geblieben (Urteil des S[X.] Stendal vom 27.3.2006). Das S[X.] hat die Klage als auf Neubescheidung zielend angesehen, jedoch einen entsprechenden Anspruch des [X.] verneint, weil dieser schon vor dem Unfall über ein auf ihn zugelassenes behindertengerechtes Fahrzeug verfügt und deshalb kein Rehabilitationsbedarf bestanden habe. Welches Familienmitglied das Kfz tatsächlich nutze, müsse im Hinblick auf möglichen Missbrauch zu Lasten der Versichertengemeinschaft unberücksichtigt bleiben.

6

Das LS[X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen (Urteil vom [X.] - Juris). Seinem Begehren auf eine Beihilfe zur Beschaffung eines Kfz stehe bereits § 4 Abs 1 [X.] ([X.]) entgegen, denn er habe zum Zeitpunkt seines Unfalls bereits über ein nach der Bauart für seine Behinderung geeignetes Kfz verfügt. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass auf den Kläger ein [X.] zugelassen gewesen sei. Dessen Behauptung, dieses Fahrzeug werde von seiner Ehefrau genutzt, ändere daran nichts. Ein Versicherter könne auch dann über ein Kfz im Sinne des § 4 Abs 1 [X.] verfügen, wenn seine Ehefrau als Halter eingetragen sei; dasselbe müsse erst recht gelten, wenn er selbst als Halter geführt werde. Bei dieser Sachlage könne offen bleiben, ob auch die Regelung in § 3 Abs 3 [X.] einem Anspruch des [X.] entgegenstehe.

7

Der Kläger rügt mit der vom Senat zugelassenen Revision sinngemäß eine Verletzung von § 4 Abs 1 [X.]. Maßgeblich für ein Verfügen über ein Kfz im Sinne dieser Vorschrift sei, ob der Bedarf des Versicherten durch das vorhandene Kfz tatsächlich gedeckt werde, dh ob eine tatsächliche Nutzungsmöglichkeit gemäß dem "[X.]" bestehe. Das sei nicht schon der Fall, wenn ein geeignetes Kfz auf den Versicherten zugelassen sei, sondern erst dann, wenn dieser das betreffende Fahrzeug konkret nutzen könne. Daran fehle es, wenn - wie beim Kläger - der Ehegatte das Fahrzeug für die eigene Berufstätigkeit benötige; in einer solchen Konstellation bestehe ein Anspruch auf Bezuschussung eines Zweitwagens. Im Übrigen habe die Ehefrau den von ihr genutzten, aber auf den Kläger zugelassenen Pkw selbst finanziert.

8

Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Urteile des [X.] vom 19. März 2009 und des [X.] vom 27. März 2006 sowie den [X.] der Beklagten vom 20. Oktober 2004 in der [X.]estalt des Widerspruchsbescheids vom 5. August 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Kraftfahrzeughilfe zu gewähren.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil des LS[X.] für zutreffend. Ein Anspruch auf Förderung eines Zweitwagens bestehe nicht, da dem Kläger die Benutzung des bereits vorhandenen und auf ihn zugelassenen behinderungsgerechten Fahrzeugs zumutbar sei.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 165 Satz 1 iVm § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 S[X.][X.]).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] hat in dem Sinne Erfolg, dass das Urteil des [X.] aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen ist (§ 170 Abs 2 Satz 2 [X.]). Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts erlauben es dem Senat nicht, abschließend über das [X.]lagebegehren zu entscheiden.

1. Streitgegenstand ist nur das Begehren des [X.] auf Bezuschussung der Beschaffung des von ihm im Dezember 2004 erworbenen Fahrzeugs. Dieses hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 5.8.2005 abgelehnt. Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist hingegen nicht die behinderungsbedingte Zusatzausstattung, denn insoweit hat die Beklagte dem Widerspruch abgeholfen und die Mehrkosten in voller Höhe übernommen. Mithin bedarf es hier keiner Erörterung, ob auch der Übernahme der [X.]osten für das Automatikgetriebe entgegengestanden hätte, dass auf den [X.]läger bereits seit November 2003 ein Automatik-Pkw zugelassen war.

2. Welches die zutreffende [X.]lageart ist - Bescheidungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1 Var 3 iVm § 131 Abs 2 Satz 2 und 3, Abs 3 [X.] oder unechte Leistungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1 Var 2 iVm [X.] [X.] -, hängt davon ab, ob der Beklagten auch nach vollständiger [X.]lärung der Sachlage noch ein Ermessensspielraum bei der Entscheidung über den Antrag des [X.] auf [X.] verbleibt (s hierzu [X.]-5765 § 7 [X.] Rd[X.]1). Das bedarf an dieser Stelle jedoch keiner Vertiefung. Denn im vorliegenden Fall kann im Revisionsverfahren bereits das Vorliegen wesentlicher Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung von [X.] nicht abschließend beurteilt werden, sodass nur eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht in Frage kommt (vgl [X.] vom [X.] - B 2 U 17/09 R - Juris Rd[X.]4, zur Veröffentlichung in [X.]-2700 § 200 [X.] vorgesehen).

3. Auf der Grundlage der bislang vom [X.] getroffenen Feststellungen lässt sich nicht beurteilen, ob der Bescheid vom 20.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.8.2005 rechtmäßig ist.

a) Der Anspruch auf Bezuschussung der Beschaffung eines [X.]fz setzt voraus, dass die allgemeinen persönlichen (§ 10 [X.]) und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 [X.]) für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben durch den Rentenversicherungsträger vorliegen, keiner der Ausschlussgründe nach § 12 [X.] einschlägig ist und zudem die zwingenden spezifischen (persönlichen und sachlichen) Voraussetzungen einer [X.] gemäß § 16 [X.] iVm § 33 [X.] und §§ 3, 4 [X.] gegeben sind (vgl [X.] vom [X.] RJ 8/00 R - Juris Rd[X.]3).

Die tatsächlichen Feststellungen des [X.] erlauben dem Senat keine abschließende Beurteilung. Denn das Berufungsgericht hat das Vorliegen der persönlichen, sachlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Zuschuss zur Beschaffung eines [X.]fz nicht im Einzelnen erörtert. Es hat sich vielmehr - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - ausschließlich darauf gestützt, dass die Anspruchsvoraussetzung gemäß § 4 Abs 1 [X.] nicht erfüllt sei, weil der [X.]läger bereits über ein behinderungsgerechtes [X.]fz verfügt habe. Diese Beurteilung des [X.] beruht jedoch auf einer Verletzung von Bundesrecht.

b) Der [X.]läger macht mit seiner Revision zu Recht geltend, das [X.] habe insoweit rechtsfehlerhaft allein darauf abgestellt, dass auf ihn bereits ein behinderungsgerechter Pkw zugelassen gewesen sei. Die vom Berufungsgericht ohne Ermittlung und Würdigung konkreter Umstände des Einzelfalls allein aus Rechtsgründen vorgenommene Gleichsetzung der straßenverkehrsrechtlichen Zulassung eines [X.]fz auf den Namen des [X.] mit dessen Verfügen über dieses [X.]fz wird der Bedeutung des Begriffs "verfügen" im Sinne der genannten Vorschrift nicht gerecht.

aa) Nach § 4 Abs 1 [X.] setzt die Hilfe zur Beschaffung eines [X.]fz voraus, dass der behinderte Mensch nicht über ein [X.]fz verfügt, das die Voraussetzungen nach Abs 2 dieser Vorschrift (das sind die sich im Einzelfall aus der Behinderung ergebenden Anforderungen an Größe und Ausstattung des Pkw) erfüllt und dessen weitere Benutzung ihm zumutbar ist. Diese Regelung soll ausweislich der Begründung im Entwurf der Bundesregierung zur [X.] angesichts der weitgehenden Motorisierung der Gesellschaft, in der ein [X.]fz als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens zur Standardausstattung auch von Arbeitnehmerhaushalten mit durchschnittlichem Einkommen gehöre, eine Beschränkung der Hilfen auf den unabweisbaren behinderungsbedingten Bedarf sicherstellen ([X.] und [X.] f). Hilfe zur Beschaffung eines [X.]fz solle nur geleistet werden, wenn dies im Einzelfall notwendig sei; sie komme nicht in Betracht, wenn jemand bei Eintritt der Behinderung bereits über ein behinderungsgerechtes oder ohne unverhältnismäßigen Mehraufwand umzurüstendes [X.]fz verfüge. Allerdings müsse dem Behinderten die weitere Benutzung des Fahrzeugs unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zumutbar sein (aaO [X.]).

Diese Begründung des Verordnungsgebers lässt erkennen, dass das einen Anspruch auf [X.] ausschließende "Verfügen" über ein [X.]fz danach zu beurteilen ist, ob tatsächlich eine Verfügungsmöglichkeit über ein Fahrzeug besteht, dh ob der konkret bestehende Bedarf des behinderten Menschen faktisch gedeckt ist, weil ihm für die erforderlichen Fahrten ein [X.]fz zuverlässig zur Verfügung steht (vgl auch BR-Drucks 266/87 [X.] - Zu § 3 Abs 1 [X.]). Auch die bisherige Rechtsprechung des [X.] zu § 4 Abs 1 [X.] hat unter Bezugnahme auf die Begründung zu dieser Verordnung betont, dass sich der Bedarf bzw die Bedarfsdeckung "nach dem konkreten Ist-Zustand" richte; deshalb werde der behinderte Mensch "auf ein vorhandenes [X.]fz" verwiesen ([X.] [X.]-4100 § 56 [X.]). Dies rechtfertigt es, ein (faktisches) Verfügen über ein [X.]fz iS von § 4 Abs 1 [X.] auch dann anzunehmen, wenn das Fahrzeug zwar im Eigentum des Ehegatten steht bzw der Ehegatte als Halter eingetragen ist, aber nach den Umständen des Einzelfalls unzweifelhaft ist, dass es zuverlässig für den behinderten Menschen eingesetzt wird (vgl Trachte, [X.] 1988, 212, 215; [X.]ater in [X.] [X.]omm, [X.] 1 § 16 [X.] Rd[X.]3, Stand Einzelkommentierung Juli 2009; [X.] in Gemeinschaftskomm [X.], [X.]ang 5 zu § 33, § 4 [X.] Rd[X.], Stand Einzelkommentierung Februar 2010; [X.] in [X.]/[X.], [X.]I, [X.] § 40 Rd[X.]9, Stand Einzelkommentierung Februar 2007).

Aus dem Urteil des 8. Senats des [X.] ([X.]-5765 § 3 [X.] S 7) ergibt sich nichts Abweichendes. Soweit dort darauf abgestellt wird, dass der betreffende [X.]läger "im Rechtssinne über ein [X.]fz aufgrund des Erfüllungsanspruchs aus dem am 6.9.1991 abgeschlossenen [X.]aufvertrag (§ 433 Abs 1 [X.]B) verfügte", dienen diese Ausführungen nicht der Auslegung des § 4 Abs 1 [X.], sondern verdeutlichen das Erfordernis einer rechtzeitigen Antragstellung nach § 10 Satz 1 [X.].

bb) Die somit gemäß § 4 Abs 1 [X.] für den Anspruchsausschluss maßgebliche tatsächliche Verfügungsmöglichkeit über ein Fahrzeug im Sinne einer faktischen Bedarfsdeckung darf nicht allein deshalb als gegeben angesehen werden, weil ein an sich behinderungsgerechtes (oder ohne unverhältnismäßigen Aufwand umzurüstendes) Fahrzeug auf den behinderten Menschen zugelassen ist.

Die Zulassung im Sinne des Straßenverkehrsrechts ist die behördliche Genehmigung für den Betrieb eines [X.]fz im öffentlichen Straßenverkehr; sie wird auf Antrag des Verfügungsberechtigten des Fahrzeugs erteilt, indem dem Fahrzeug ein amtliches [X.]ennzeichen zugeteilt wird (§ 1 Abs 1 Satz 1 und 2 Straßenverkehrsgesetz , § 6 Abs 1 und § 8 Abs 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung <[X.]>). Bei der Antragstellung sind Angaben zum Halter des Fahrzeugs (vgl § 7 StVG) zu machen, die in den [X.] gespeichert und auch in die [X.] I und [X.] (früher: Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief) übernommen werden (§ 6 Abs 1 Satz 2, §§ 11, 12 [X.]). Halter des [X.]fz im Sinne von § 7 StVG ist derjenige, der dieses nicht nur ganz vorübergehend für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die dafür erforderliche Verfügungsgewalt über das Fahrzeug besitzt (vgl [X.]HZ 87, 133, 135 - Juris Rd[X.]2; [X.]HZ 116, 200, 205 f - Juris Rd[X.]8). Gleichwohl darf aus der Eintragung einer bestimmten Person als Halter in den Fahrzeugpapieren nicht der Schluss gezogen werden, dass diese tatsächlich auch die Verfügungsgewalt über das [X.]fz hat. Den Eintragungen in den Fahrzeugpapieren kommt hierfür nach der Rechtsprechung des [X.]H ebenso wenig entscheidende Bedeutung zu wie dem Umstand, wer den [X.] [X.]fz-Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat (so schon [X.]HZ 13, 351, 358 - Juris RdNr 9; s auch [X.], Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl 2007, § 3 Rd[X.]76). Dies gilt, obwohl unrichtige Angaben über den Halter gegenüber der [X.]fz-Zulassungsbehörde eine Ordnungswidrigkeit darstellen können (§ 24 StVG iVm § 13 Abs 1 Satz 1 [X.] und [X.], § 48 [X.]2 [X.]).

Hiernach ist auch bei Ehegatten nicht allein die Eintragung in den Fahrzeugpapieren, sondern vielmehr die konkrete Ausgestaltung des Nutzungsverhältnisses an dem betreffenden [X.]fz maßgeblich dafür, welche Person die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Fahrzeug hat und somit als dessen Halter anzusehen ist (uU auch beide Ehegatten gemeinsam). Wird daher nach den Absprachen der Ehegatten das auf den Namen (nur) des einen zugelassene [X.]fz dem anderen tatsächlich zur völlig freien Verfügung überlassen, so ist letzterer Halter im straßenverkehrs- und haftungsrechtlichen Sinne (vgl [X.], aaO, Rd[X.]99; in diesem Sinne auch [X.]önig in [X.], Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl 2007, § 7 StVG Rd[X.]9; [X.]uckuk in [X.], Praxis des Straßenverkehrsrechts, 2001, Teil 4 RdNr 62).

[X.]ann aber schon nach Straßenverkehrsrecht nicht nur aufgrund der Eintragung in den Fahrzeugpapieren angenommen werden, dass die dort genannte Person tatsächlich als Halter die Verfügungsgewalt und wirtschaftliche Verantwortung für das Fahrzeug innehat, so ist dies auch bei der Anwendung von § 4 Abs 1 [X.] zu beachten. Allein der Umstand, dass der Versicherte als Halter eines [X.]fz in der Zulassungsbescheinigung eingetragen ist, vermag daher die Ablehnung von [X.] nicht zu rechtfertigen (ebenso [X.], [X.] [X.] 1989, 175, 178; s auch [X.]rasney in [X.]/[X.]/[X.]rasney/[X.]ruschinsky, [X.] <[X.]I>, § 40 Rd[X.]5, Stand Einzelkommentierung Juli 2007; [X.], [X.]ompass 1989, 152, 156 f; Trachte, [X.] 1988, 212, 215; [X.] in [X.], Gemeinschaftskomm zum [X.], § 16 [X.]ang 1 Rd[X.]1, Stand Einzelkommentierung März 2004; [X.], MittLVA [X.] 1989, 1, 5; [X.] in juris Praxis[X.]omm [X.]I, 2009, § 40 RdNr 31; [X.] in [X.], [X.] für die Praxis, Stand September 2010, § 40 [X.]I Rd[X.]1).

cc) Auf dieser Grundlage erweist sich die Schlussfolgerung des [X.] im angefochtenen Urteil, der [X.]läger habe iS von § 4 Abs 1 [X.] über ein behinderungsgerechtes [X.]fz verfügt, weil ein solches des Typs Vaneo auf ihn zugelassen gewesen sei, als rechtsfehlerhaft. Sonstige tatsächliche Umstände, aus denen der Senat Rückschlüsse auf die konkrete Ausgestaltung des Nutzungsverhältnisses an dem im November 2003 auf den [X.]läger zugelassenen Vaneo im Verhältnis zwischen ihm und seiner Ehefrau ziehen könnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dies gilt ebenso für solche Umstände, die einen familienrechtlichen Anspruch des [X.] auf vorrangige Nutzung des vorhandenen Pkw für seine Berufsausübung begründen könnten (vgl § 1356 Abs 2 Satz 2 [X.]B).

c) Feststellungen dazu, ob der [X.]läger (entgegen seinem Vorbringen) über einen behinderungsgerechten Pkw iS von § 4 Abs 1 [X.] tatsächlich verfügen konnte, sind für die Entscheidung über die Revision nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die Beklagte den Antrag auf [X.] zu Recht unter Berufung auf die Regelung in § 3 Abs 3 [X.] abgelehnt hätte; hiernach wird [X.] zur Ermöglichung der Berufsausübung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nur dann geleistet, wenn die Übernahme der [X.]osten durch den Arbeitgeber nicht üblich oder nicht zumutbar ist.

Das [X.] hat das Vorliegen dieser Umstände ausdrücklich offen gelassen und insofern lediglich seine Zweifel zum Ausdruck gebracht. Es hat im Tatbestand seiner Entscheidung allerdings die Feststellung getroffen, der [X.]läger erhalte von seinem Arbeitgeber "einen monatlichen Zuschuss für Benzin- und Reparaturkosten" ([X.] [X.], letzter Satz im vorletzten Absatz). Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass ein Zuschuss zu den [X.]osten der Beschaffung eines behinderungsgerechten [X.]fz gemäß § 3 Abs 3 [X.] ausgeschlossen wäre. Denn ein Zuschuss des Arbeitgebers (lediglich) zu den Benzin- und Reparaturkosten reduziert zwar die [X.]osten des laufenden Betriebs des [X.]fz, lässt aber die nach §§ 4, 5 [X.] förderfähigen [X.]osten der Beschaffung unberührt.

Auch wenn die - vom [X.]läger zu keinem Zeitpunkt in ihrer Richtigkeit bestrittenen - Angaben im Widerspruchsbescheid zugrunde gelegt würden, dass sein Arbeitgeber eine monatliche Pauschale von 490 Euro zuzüglich 0,08 Euro je dienstlich gefahrenem [X.]ilometer zahle, ergibt sich daraus allein noch nicht, dass der [X.]läger nach § 3 Abs 3 [X.] keine Hilfe zur Beschaffung eines [X.]fz beanspruchen kann. Zwar wird vertreten, dass eine [X.]ostenübernahme durch den Arbeitgeber im Sinne der genannten Norm auch dann vorliege, wenn dieser für die berufliche Nutzung des privaten [X.]fz eine angemessene Abgeltung in Form einer Dauerbezuschussung zahle (Trachte, [X.] 1988, 212, 215; [X.], [X.]ompass 1989, 152, 156; [X.], MittLVA [X.] 1989, 1, 5; Arbeitsanweisung der [X.] zur [X.], Stand 25.6.2004, [X.]). Als angemessen und nur dann zu einem Ausschluss der Bezuschussung der Beschaffung des [X.]fz führend wird vielfach eine [X.]ilometerpauschale angesehen, die mindestens den Sätzen nach dem [X.] (BR[X.]G) entspricht. Dabei kommt nur die sog "große Wegstreckenentschädigung" als Vergleichsmaßstab in Frage, denn nur insoweit sind die im Rahmen der [X.] relevanten Anschaffungskosten sowie die Abnutzung des Pkw berücksichtigt (vgl § 6 Abs 2 Halbs 2 BR[X.]G in der bis zum [X.] geltenden Fassung - anders [X.] in [X.], Gemeinschafts[X.]omm zum [X.], § 16 [X.]ang 1 Rd[X.]5, Stand Einzelkommentierung März 2004: "mindestens" die kleine Wegstreckenentschädigung gemäß § 6 Abs 1 BR[X.]G aF iHv 0,22 Euro/km, im Übrigen aber die im Steuerrecht berücksichtigungsfähigen Beträge; dagegen will Trachte, [X.] 1988, 212, 215, nur die steuerrechtliche [X.]ilometerpauschale heranziehen). Diese betrug in den Jahren 2004/2005 0,30 Euro/km (§ 6 Abs 2 BR[X.]G aF bzw - ab [X.] - § 5 Abs 2 BR[X.]G idF vom [X.], [X.]Bl I 1418) und unterschied sich somit nicht von dem im Steuerrecht für eine [X.]fz-Nutzung maßgeblichen Pauschalbetrag (vgl § 3 [X.]6 iVm § 9 Abs 1 Satz 3 [X.] und [X.] EStG sowie Schreiben des [X.] vom 11.1.2001, BStBl I 541). Ob der [X.]läger eine Dauerbezuschussung seines Arbeitgebers in diesem Umfang erhielt, lässt sich dem [X.]-Urteil nicht entnehmen, da es keine Feststellungen zu den vom [X.]läger im Rahmen seiner Berufsausübung monatlich zurückgelegten Wegstrecken enthält.

Auch der Hinweis des [X.] am Ende seines Urteils, § 3 Abs 3 [X.] könne dem Anspruch des [X.] entgegenstehen, weil dem Arbeitgeber möglicherweise die Beschaffung eines behinderungsgerechten Firmenwagens für den [X.]läger zumutbar gewesen sei, macht die Zurückverweisung des Rechtsstreits nicht entbehrlich. Das [X.] verweist in diesem Zusammenhang lediglich darauf, dass der Arbeitgeber nach den Angaben des [X.] "nunmehr" - also wohl im zeitlichen Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] im März 2009 - einen geeigneten Dienstwagen für ihn angeschafft habe; Streitgegenstand ist hier jedoch der Anspruch auf Bezuschussung des vom [X.]läger im Jahr 2004 zur Wiederaufnahme seiner Berufstätigkeit beschafften behinderungsgerechten [X.]fz vom Typ Vaneo. Die finanzielle Beteiligung des Arbeitgebers an einem solchen Fahrzeug erfolgte gemäß den damals maßgeblichen betriebsinternen Regelungen (vom [X.] eingeholte [X.] vom 13.12.2006) nur über die oben erwähnte Aufwandsentschädigung, deren Angemessenheit hier nicht abschließend beurteilt werden kann (zur Verbindlichkeit einer sog "Car-Policy" des Arbeitgebers vgl [X.] vom 13.4.2010 - 9 AZR 113/09 - DB 2010, 1943).

d) Eine Zurückverweisung des Rechtsstreits zur Feststellung weiterer entscheidungserheblicher Tatsachen ist schließlich nicht deshalb entbehrlich, weil sich die klagabweisende Entscheidung des [X.] aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 170 Abs 1 Satz 2 [X.]). Dies käme hier allerdings in Frage, folgte man der Rechtsmeinung, dass ein Anspruch auf Bezuschussung des [X.]aufpreises eines [X.]fz bereits dann ausgeschlossen sei, wenn der Versicherte die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über seinen Antrag nicht abwarte, sondern schon vorher den [X.]aufvertrag über das Fahrzeug abschließe (so [X.] Berlin-Brandenburg vom 20.12.2004 - L 16 U 4/04 - Juris Rd[X.]0).

Der genannten Rechtsmeinung ist jedoch nicht zu folgen, denn sie entbehrt einer normativen Grundlage. In § 10 Satz 1 [X.] ist vielmehr ausdrücklich geregelt, dass die Leistungen vor dem Abschluss eines [X.]aufvertrags über das [X.]fz beantragt werden "sollen". Daraus ergibt sich, dass nur der Abschluss eines [X.]aufvertrags vor Antragstellung in der Regel förderungsschädlich sein soll; selbst dann sind jedoch Ausnahmen möglich (vgl BR-Drucks 266/87 [X.]8 - Zu § 10). Darüber hinaus hat der Verordnungsgeber in der Begründung zu § 4 Abs 3 [X.] festgehalten, dass einer Hilfe der Umstand nicht entgegenstehe, dass ein Behinderter aus besonderen Gründen, insbesondere bei sich hinziehendem Verfahren, "nach Antragstellung, jedoch vor der Entscheidung des Trägers" ein [X.]fz erwerbe (BR-Drucks 266/87 [X.] - Zu § 4 Abs 1).

4. Das [X.] wird mithin feststellen müssen, ob der seit November 2003 auf den [X.]läger zugelassene und (abgesehen vom Fahrersitz) auch behinderungsgerechte Pkw ihm ab dem Zeitpunkt der erneuten Arbeitsaufnahme tatsächlich zur weiteren Nutzung zur Verfügung stand oder ob dessen Vortrag zutrifft, dass dieses [X.]fz von seiner Ehefrau finanziert und im Rahmen ihrer Berufstätigkeit genutzt wurde. Sollte Letzteres der Fall sein, wird das [X.] zu erwägen haben, ob der [X.]läger aufgrund familienrechtlicher Vorschriften von seiner Ehefrau verlangen konnte, dass diese ihm das grundsätzlich behinderungsgerechte [X.]fz zur Ausübung seiner Berufstätigkeit zur Verfügung stellt und sich erforderlichenfalls selbst ein anderes Fahrzeug beschafft. Wenn sich ein "Verfügen" des [X.] über ein behinderungsgerechtes [X.]fz auch hiermit nicht begründen lässt, wird das [X.] zudem (ggf auch alternativ hierzu) entscheiden müssen, ob § 3 Abs 3 [X.] eine Förderung der Beschaffung des [X.]fz ausschließt, weil entweder bereits die vom Arbeitgeber geleisteten monatlichen Zahlungen auch die [X.]osten für Anschaffung und Abnutzung hinreichend berücksichtigt haben oder aber dem Arbeitgeber eine entsprechend erhöhte Leistung zumutbar gewesen wäre.

5. Das [X.] wird auch über die [X.]osten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Meta

B 13 R 83/09 R

09.12.2010

Bundessozialgericht 13. Senat

Urteil

Sachgebiet: R

vorgehend SG Stendal, 27. März 2006, Az: S 6 R 195/05, Urteil

§ 16 SGB 6, § 33 SGB 9, § 3 Abs 3 KfzHV, § 4 Abs 1 KfzHV, § 4 Abs 2 KfzHV, § 10 S 1 KfzHV

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 09.12.2010, Az. B 13 R 83/09 R (REWIS RS 2010, 547)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 547

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9 AZR 113/09

2 U 17/09

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