Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2002, Az. I ZB 29/02

I. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 228

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[X.]in der [X.]:ja[X.]Z : [X.]: [X.] § 91 Abs. 2 Satz 1Beauftragt eine [X.], die im eigenen Gerichtsstand klagt oder verklagt wird, mitihrer Vertretung einen auswärtigen Rechtsanwalt, der beim Prozeßgericht zwarpostulationsfähig, aber nicht zugelassen ist, handelt es sich bei dem dadurch an-fallenden Mehraufwand regelmäßig nicht um Kosten, die für eine zweckentspre-chende Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig sind. Dies gilt auch dann,wenn der auswärtige Anwalt bereits vorprozessual in derselben Angelegenheit tä-tig war.[X.], [X.]. v. 12. Dezember 2002 [X.] [X.] OLG [X.] 2 -Der I. Zivilsenat des [X.] hat am 12. Dezember 2002 durchden Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und [X.] v. Ungern-Stern-berg, Prof. [X.], Prof. [X.] und [X.]:Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uß des [X.] [X.] vom 8. Juli 2002 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 83,18 e-setzt.Gründe:[X.] bis Juli 2000 in [X.] im [X.]sbezirk [X.]und danach in [X.] ansässige [X.] wurde vor dem [X.] [X.]mit Klage vom 5. Januar 2000 auf Unterlassung in Anspruch genommen. Mit ihrerVertretung beauftragte sie die Rechtsanwälte einer u.a. in [X.] ansässigenüberörtlichen Sozietät, die sie ständig vertreten und auch in dieser Sache bereitsaußergerichtlich für sie tätig geworden waren. Die beiden [X.] dem [X.] [X.] nahm für sie ein [X.]er Rechtsanwalt dieserSozietät wahr, der beim [X.] [X.] nicht zugelassen ist. Nach demrechtskräftigen Urteil des [X.]s [X.] hat die Klägerin die Kosten [X.] zu [X.] 3 -Die [X.] hat u.a. die Festsetzung folgender Kosten für die Wahrneh-mung der beiden Verhandlungstermine vor dem [X.] [X.] durch [X.] begehrt:Termin vom 18.10.2000:Fahrtkosten gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 [X.] (142 km × 0,52 DM)73,84 DMParkgebühren gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 [X.]8,00 [X.] gemäß § 28 Abs. 3 [X.]60,00 [X.] vom 2.5.2001:Fahrtkosten gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 [X.] (142 km × 0,52 DM)73,84 [X.] gemäß § 28 Abs. 3 [X.] 30,00 [X.] hat das [X.] lediglich einen Betrag in Höhe von 42,44 83 DM) zuerkannt. Dies entspricht den Kosten, die der [X.] im Falle der Be-auftragung eines [X.]r Rechtsanwalts für eine Informationsreise entstandenwären (Fahrtkosten: 20 km × 0,40 DM/km + Verdienstausfall: 3 St. × 25 DM/St.).Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der [X.] zurück-gewiesen.Hiergegen richtet sich die [X.] vom Beschwerdegericht zugelassene [X.] Rechts-beschwerde der [X.], mit der sie ihren Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlichder nicht zuerkannten Reisekosten in Höhe von 83,18 162,68 DM) nebst Zin-sen weiterverfolgt.I[X.] Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.1.Das Beschwerdegericht hat die Mehrkosten, die im Streitfall durch [X.] eines [X.]er statt eines [X.]r Rechtsanwalts entstandensind, als nicht erstattungsfähig angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:Auch wenn seit dem 1. Januar 2000 nach § 78 Abs. 1 ZPO jeder bei einem [X.] 4 -gericht zugelassene Rechtsanwalt bei jedem anderen [X.] postulationsfä-hig sei, seien nur die Kosten zu erstatten, die zur zweckentsprechenden Rechts-verteidigung notwendig gewesen seien. Denn die Erweiterung des örtlichen Tätig-keitsbereichs der Rechtsanwälte habe nichts daran geändert, daß [X.] § 91 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nur im Rahmen des Notwendigen zu erstat-ten seien. Die Zuziehung eines in [X.] ansässigen statt eines [X.]rRechtsanwalts sei in diesem Sinne nicht notwendig gewesen. Daran ändere auchder Umstand nichts, daß die mit der Prozeßvertretung beauftragten Rechtsanwälteschon außergerichtlich für die [X.] tätig gewesen [X.] Beurteilung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.a)Die Erstattungsfähigkeit der im Streit befindlichen Reisekosten hängt [X.] davon ab, ob es für die [X.] notwendig war, einen Rechtsanwalt mit [X.] zu beauftragen, der nicht am Ort des Prozeßgerichts, sondern in[X.] ansässig ist (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO). Die Bestimmung des§ 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO, nach der die Reisekosten des beim Prozeßgericht zuge-lassenen, aber nicht am Ort des Prozeßgerichts ansässigen Rechtsanwalts [X.] nicht zu erstatten sind, findet im Streitfall [X.] entgegen einer in der [X.] und im Schrifttum vertretenen Ansicht (vgl. [X.] 2001,96, 97; [X.] NJW-RR 2001, 1001, 1002; Musielak/Wolst, [X.]., § 91 Rdn. 18; [X.], [X.], 1357, 1359) [X.] keine Anwendung. Wieder [X.] durch [X.]uß vom 16. Oktober 2002 ([X.], [X.] ff.) entschieden hat, steht der Wortlaut des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO ei-ner unmittelbaren Anwendung, das Fehlen einer Regelungslücke einer [X.] Anwendung entgegen.b)Für die Frage, ob die Zuziehung eines nicht beim Prozeßgericht zugelas-senen Rechtsanwalts im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO als zur- 5 -zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig [X.] ist, sind drei Fallkonstellationen zu unterscheiden. Der Streitfall zeichnetsich dadurch aus, daß die [X.] im eigenen Gerichtsstand in [X.] ver-klagt worden ist, mit ihrer Vertretung jedoch einen auswärtigen Rechtsanwalt [X.] hat, der zwar vor dem [X.] [X.] auftreten konnte (§ 78 Abs. 1ZPO), dort aber nicht zugelassen war. Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, indenen eine [X.] bei einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird, mit ihrerVertretung jedoch einen am Wohn- oder [X.] ansässigen [X.]. Die dritte Kategorie betrifft die Fälle, in denen eine [X.] bei einemauswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird und mit ihrer Vertretung [X.] beauftragt, der an einem dritten Ort [X.] also weder am Wohn- oder[X.] der [X.] noch im Bezirk des Prozeßgerichts [X.] ansässig ist.Für die zweite Fallkonstellation hat der [X.] bereits entschieden,daß die Zuziehung eines am Wohn- oder [X.] der auswärtigen [X.] an-sässigen Rechtsanwalts regelmäßig zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgungoder Rechtsverteidigung notwendig ist ([X.]. v. 16.10.2002 [X.] [X.], [X.] ff.). Diese Entscheidung sagt indessen nichts darüber aus, ob [X.] auch die Beauftragung eines auswärtigen, also nicht am Wohn- oder Ge-schäftssitz der [X.] ansässigen Rechtsanwalts als notwendig angesehen werdenkann. Diese Frage ist jedenfalls für die hier allein zu entscheidende erste Konstel-lation zu verneinen, in der die [X.] [X.] wie vorliegend [X.] im eigenen [X.] oder verklagt wird (ebenso [X.], 301, 302;OLG [X.] [X.] 2002, 202).aa)Bei der Prüfung, ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs- oder Rechtsver-teidigungsmaßnahme notwendig ist i.S. von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO,ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn,der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen [X.] 6 -steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezujedem Einzelfall mit [X.] darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer be-stimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstattensind oder nicht.bb)Als Regelfall kann davon ausgegangen werden, daß eine vernünftige,kostenbewußte [X.], die im [X.] am eigenen Sitz klagen möchte [X.] eigenen Sitz verklagt wird, einen beim Prozeßgericht zugelassenen Rechts-anwalt mit ihrer Vertretung beauftragt.In der Rechtsprechung des [X.]s ist anerkannt, daß die Be-auftragung eines Rechtsanwalts, der seine Kanzlei in der Nähe des Wohn- oder[X.]es der [X.] hat, in der Regel als notwendige Maßnahme [X.] oder -verteidigung anzuerkennen ist (vgl. [X.], [X.]. v.16.10.2002 [X.] [X.], Umdruck S. 10 f.). Dies ist ausgesprochen worden fürdiejenigen Fälle, in denen eine [X.] vor einem auswärtigen Gericht klagenmöchte oder verklagt wird, gilt aber um so mehr für eine [X.], die einen Prozeßim eigenen Gerichtsstand führen möchte oder führen muß. Die Beauftragung ei-nes beim Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalts empfiehlt sich hier in allerRegel nicht nur wegen der geringeren Kosten, sondern auch im Hinblick auf dieeinfacheren Möglichkeiten der persönlichen Unterrichtung und [X.])Von der Regel, daß im allgemeinen allein die Beauftragung eines beimProzeßgericht zugelassenen, in seinem Bezirk ansässigen Rechtsanwalts not-wendig ist, kann es Ausnahmen geben. Im Streitfall liegt eine solche Ausnahmeaber nicht vor.Die Beauftragung eines spezialisierten auswärtigen Rechtsanwalts erscheintdann als notwendig, wenn ein vergleichbarer ortsansässiger Rechtsanwalt nicht- 7 -beauftragt werden kann (vgl. [X.].ZPO/[X.], 2. Aufl., § 91 Rdn. 27; [X.]/[X.], ZPO, 23. Aufl., § 91 Rdn. 13 Stichwort —Reisekosten des [X.].N.). Dagegen rechtfertigt der Umstand, daß die [X.] ständig mit dem [X.] auswärtigen Rechtsanwalt zusammenarbeitet, kein Abweichen von [X.]. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Einschätzung der Notwendigkeitin diesen Fällen stets subjektiv geprägt ist. Für eine [X.] mögen die [X.] unerheblich erscheinen, solange sie nur den Anwalt ihres Vertrauensbeauftragen kann. Doch muß sie in diesem Fall bereit sein, diese Zusatzkostenauch dann selbst zu tragen, wenn dem Gegner die Prozeßkosten auferlegt wordensind.Der Umstand, daß der mit der Prozeßvertretung beauftragte auswärtigeRechtsanwalt bereits für die [X.] in derselben Angelegenheit vorprozessual tätigwar, stellt ebenfalls keinen Grund dar, von der beschriebenen Regel abzuweichen(a.A. [X.] NJW-RR 2001, 998; NJW-RR 2001, 998, 999). Zwar ist [X.] einzuräumen, daß es im allgemeinen immer dann, wenn be-reits ein auswärtiger Anwalt eingeschaltet ist, kostengünstiger ist, diesen Rechts-anwalt auch mit der Prozeßvertretung zu beauftragen. Denn die bereits entstan-dene Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 [X.] wird auf die im gerichtli-chen Verfahren entstehende Prozeßgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ange-rechnet (§ 118 Abs. 2 Satz 1 [X.]), während bei Beauftragung eines anderenAnwalts beide Gebühren nebeneinander geschuldet werden. Doch ist für die [X.], ob eine bestimmte Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahmenotwendig ist, nicht erst auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der auswärtigeRechtsanwalt bereits vorprozessual tätig geworden ist. Vielmehr empfiehlt es sichaus der Sicht der vernünftigen und kostenorientierten [X.], schon vorprozessualeinen in ihrer Nähe befindlichen Rechtsanwalt einzuschalten (vgl. [X.].[X.], 301, 302). Im übrigen ist für die Frage der Notwendigkeit be-- 8 -stimmter Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahmen auch auf [X.] der Gegenseite abzustellen, die diese Kosten ganz oder teilweise zu tragenhat. Aus deren Sicht gibt es keine Kostenersparnis durch Beauftragung einesauswärtigen, bereits vorprozessual tätig gewesenen Anwalts, weil diese Kostennicht zu den Kosten des Rechtsstreits gehören und daher in keinem Fall erstat-tungsfähig sind.II[X.] Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.Ullmannv. Ungern-Sternberg[X.]BornkammSchaffert

Meta

I ZB 29/02

12.12.2002

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2002, Az. I ZB 29/02 (REWIS RS 2002, 228)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 228

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