Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.05.2023, Az. 29 W (pat) 29/21

29. Senat | REWIS RS 2023, 3535

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2021 104 994.2

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 17. Mai 2023 durch die Vorsitzende [X.]in [X.], die [X.]in [X.] und den [X.] Posselt

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 40 des [X.] vom 24. Juni 2021 aufgehoben.

2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

2

[X.]log

3

ist am 23. März 2021 zur Eintragung als Wortmarke in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister für die nachfolgend aufgeführten Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 35: Geschäftsführungsberatung im Bereich Transport und Auslieferung; Geschäftsführung im Bereich Transport und Auslieferung; Lieferkettenmanagement; Unternehmensberatung im Bereich Transport und Auslieferung; Unternehmensverwaltung im Bereich Transport und Auslieferung;

5

Klasse 39: Beratungsdienste in Bezug auf Transport; Beförderung und Lagerung von Waren und Gütern; Computergestützte Versandplanung in Bezug auf Transport; Computergestützte Versandauskünfte in Bezug auf Transport; Dienstleistungen in Bezug auf Organisation von Transporten; Einsammeln von wiederverwertbaren Gütern [Transport]; Güterumschlag für Im- und Export; Kontrolle von Gütern vor dem Transport; Lagerung; Lagerdienstleistungen; Lagerung von Waren; Lagerung von Waren und Gütern; Lagerung von Waren und Gütern in Zolllagern; Lagerung und Auslieferung von Waren; Organisation von Transport auf dem Land-, Luft- und Seeweg; Transportdienstleistungen; Transportlogistik; Transportservice; Transportwesen; Transport- und Lagerungsdienstleistungen; Transport und Lagerung von Waren und Gütern; Transport und Lieferung von Waren und Gütern; Umschlag- und Verfrachtungsdienste; Vermittlung von Transporten; Vermietung von Flächen, Gestellen, Einheiten und Containern für Lagerung und Transport; Vermietungsdienste in Bezug auf Transport und Lagerung; Vermietung von Recyclingcontainern; Verpacken von Artikeln zum Transport; Verpackung und Lagerung von Waren und Gütern; Zurverfügungstellen von Lagerdienstleistungen und -räumlichkeiten;

6

Klasse 40: Recyclingdienstleistungen, Recycling von Wertstoffen, Recycling von Kleiderbügeln.

7

Mit Beschluss vom 24. Juni 2021 hat die Markenstelle für Klasse 40 des [X.] die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, „das aus den Wörtern ‚[X.]‘ und ‘log‘ bestehende Zeichen“ sei mit „[X.]aufgaben der Logistik“ zu übersetzen. Die Zusammenfügung von [X.] und [X.] Wörtern sei [X.], wobei es auf die lexikalische Nachweisbarkeit nicht ankomme. Die angesprochenen Verkehrskreise, insbesondere Fachkreise aus der Logistikbranche, würden das Zeichen „corelog“ im Kontext mit den beanspruchten Dienstleistungen als eng beschreibend dahingehend verstehen, dass die beanspruchten Tätigkeiten geeignet seien, dem [X.]geschäft der Logistik zu dienen, Teil des [X.]geschäfts der Logistik zu sein bzw. dafür eingesetzt zu werden. „[X.]“ sei im Zusammenhang mit Logistik als Angabe des zum [X.] gehörenden Geschäfts [X.] und als zum Grundwortschatz gehörig auch den inländischen Verkehrskreisen geläufig. Bei sämtlichen beanspruchten Dienstleistungen handele es sich um solche, die mit Logistiktätigkeiten zu tun haben könnten und geeignet seien, Teil des [X.] zu sein, weshalb „[X.]log“ in einem engen beschreibenden Bezug zu diesen Dienstleistungen stehe. Dies gelte auch für [X.], wobei man von „Entsorgungslogistik“ spreche, was ebenfalls zum [X.]bereich der Logistik gehöre. Ob die Begriffe „[X.]“ und „log“ noch andere Bedeutungen hätten, sei unerheblich, solange der Fachkreis es in dem genannten Sinne verstehe.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

9

den Beschluss des [X.]s vom 24. Juni 2021 aufzuheben und die [X.] zu erstatten.

Zur Begründung trägt sie vor, die angemeldete Bezeichnung sei lexikalisch nicht verzeichnet. Sie sei gedanklich aus drei Bestandteilen gebildet, nämlich aus „cor“, „e“, und „log“. Selbst wenn man nur von zwei Bestandteilen ausgehen würde, ergebe sich kein im Vordergrund stehender Begriffsgehalt. „Log“ habe verschiedene, gleichwertig nebeneinanderstehende Bedeutungen. Weder aus dem Online Wörterbuch [X.] noch aus der englischsprachigen Version von [X.] ergebe sich, dass „log“ als Abkürzung für „Logistik“ stehe. Die Website www.abkuerzungen.de, der [X.] oder [X.] führten eine solche Bedeutung nicht auf, ebenso wenig wie das Lexikon [X.], in dem „log“ als Abkürzung für „Logarithmus“ angegeben werde. Anhaltspunkte, aus denen man schließen könne, der Verkehr verstehe die Angabe trotzdem als beschreibende Abkürzung, lägen nicht vor. Die Markenstelle versuche, den lexikalisch nicht nachweisbaren Begriff aus der Zusammensetzung eines [X.] mit einem [X.] Wort herzuleiten, was inländische Verkehrskreise üblicherweise gedanklich nicht zu leisten in der Lage seien. Jedenfalls bedeute „[X.]log“ nicht „[X.]aufgaben der Logistik“. Dies würde man im [X.] als „core tasks of logistics“ bezeichnen. Selbst wenn man es so verstehen würde, stelle sich die Frage, welche Aufgaben in der Logistik zu den [X.]aufgaben zählten. Dazu gehörten allenfalls die unmittelbaren Aufgaben wie z. B. die „Beförderung und Lagerung von Waren und Gütern“, nicht aber Beratungsdienstleistungen, wie z. B. „Geschäftsführung“ und „[X.]“. Auch mit dem Recycling verbundene Dienstleistungen gehörten nicht dazu, sondern seien einem eigenen Bereich zuzuordnen.

Schließlich beruft sich die Beschwerdeführerin auf die Verletzung rechtlichen Gehörs durch die Markenstelle. Diese beziehe sich in ihrem Beschluss vom 24. Juni 2021 auf gänzlich andere Umstände und Quellen als in dem Bescheid vom 1. April 2021. Der Beschluss stütze sich auf Anlagen, die in dem Erstbescheid nicht genannt worden seien. Der Anmelderin sei keine Möglichkeit gegeben worden, hierzu vor der Beschlussfassung Stellung zu nehmen. Es sei dem Beschwerdeführer auch nicht zumutbar gewesen, sich die Anlagen zu dem Beschluss selbst zu beschaffen. In dieser Verletzung des rechtlichen Gehörs liege ein schwerer Verfahrensfehler, der die Rückzahlung der [X.] rechtfertige.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

[X.].

Die gemäß § 66 [X.] zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, da der Eintragung des Zeichens [X.]log keine absoluten Schutzhindernisse entgegenstehen.

Dem Zeichen fehlt weder die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] noch handelt es sich um eine freihaltebedürftige Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Der angegriffene Beschluss war daher aufzuheben.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren/ Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR 2015, 1198 Rn. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.] 2020, 411 Rn. 10 – #darferdas? [X.]; [X.], 301 Rn. 11 – [X.]; [X.], 934 Rn. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] GRUR 2010, 228 Rn. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] – #darferdas? [X.]; a. a. [X.] – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]). Die Prüfung selbst, ob das erforderliche ([X.] an Unterscheidungskraft vorliegt, darf sich dabei aber nicht auf ein Mindestmaß beschränken, sondern muss streng, vollständig, eingehend und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (vgl. [X.] GRUR 2019, 1194 Rn. 28 AS/[X.] – #darferdas? unter ausdrücklicher Bezugnahme auf [X.] GRUR 2003, 604 Rn. 59 – Libertel).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 2004, 428 Rn. 53 – [X.]; [X.] Rn. 15 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] 2013, 1143 Rn. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).

Ein Zeichen besitzt dann keine Unterscheidungskraft, wenn der angesprochene Verkehr ihm lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.] GRUR 2004, 674 Nr. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270 Rn. 11 - Link economy) oder wenn es aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache besteht, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. [X.] Rn. 12 - [X.]; a. a. [X.] Rn. 21 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] Rn. 12 - DüsseldorfCongress).

Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen verfügt das angemeldete Zeichen hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen noch über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft.

a) Die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35, 39 und 40 richten sich im Wesentlichen an Unternehmensinhaber und Angehörige der unternehmerischen Führungsebene, insbesondere aus der Transportbranche. Die Beförderung und Lagerung von Waren, sonstige Transportdienstleistungen, „Lagerdienstleistungen“ oder das „Zurverfügungstellen von Lagerdienstleistungen und -räumlichkeiten“ nimmt auch der Endverbraucher in Anspruch.

b) In dem angemeldeten Zeichen „[X.]log“ lassen sich – obwohl es sich um ein [X.] handelt – die Bestandteile „[X.]“ und „log“ erkennen. Für die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Trennung in drei Bestandteile (co – re – log) sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

Das Wort „[X.]“ stammt aus dem [X.] und bedeutet „[X.]“, „Innerstes“, „Mittelstück“, „Innenteil“, „Füllung“, „Reaktorkern“, „[X.]gehäuse (vgl. https://de.langenscheidt.com/englisch-deutsch/core; https://dict.leo.org/englisch-deutsch/corehttps://dict.leo.org/englisch-deutsch/core; vgl. auch [X.], Beschluss vom 18.07.2019, 30 W (pat) 534/18 - https://dict.leo.org/englisch-deutsch/core; vgl. auch [X.], Beschluss vom 18.07.2019, 30 W (pat) 534/18 - SMARTCORE).

Im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen wird der Bestandteil „log“, auch wenn er nicht in allen Abkürzungsverzeichnissen als Abkürzung für „Logistik“ aufgeführt ist und darüber hinaus noch weitere Bedeutungen hat, im Sinne von „Logistik“ verstanden werden (vgl. [X.], Beschluss vom 26.11.2008, 26 W (pat) 3/08 – [X.]). Im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen liegen die grundsätzlich bestehenden weiteren [X.] wie „Logik“ oder „Logarithmus“ ersichtlich fern (vgl. [X.], Beschluss vom 10.09.2003, 26 W (pat) 187/01 – FUTURELOG).

Die Kombination der Bestandteile „core“ und „log“ zu „corelog“ kann wörtlich mit „[X.]-Logistik“ übersetzt werden. Was darunter genau zu verstehen ist, erschließt sich jedoch nicht ohne weiteres. Der Begriff „[X.]logistik“ existiert ebenso wenig wie das Wort „corelogistic“. Lediglich als Firmenname konnten die Bezeichnungen „[X.] ([X.]) bzw. „[X.] Logistics“ (https://corelogistics.net/) ermittelt werden, wobei diese jeweils markenmäßig verwendet werden. Zu der von der Markenstelle angenommenen weitergehenden Bedeutung „[X.]aufgabe der Logistik“ gelangt der Verkehr erst nach mehreren gedanklichen Zwischenschritten, so dass daraus nicht auf die fehlende Unterscheidungskraft geschlossen werden kann (vgl. [X.] 2014, 565 Rn. 24 – smartbook).

Zunächst bedarf es der Überlegung, wie die Wörter „[X.]“ und „Logistik“ aufeinander bezogen sind. Wenn es sich bei dem Wort „Logistik“ um einen Genitiv handeln würde, müsste der Verkehr den Artikel „der“ ergänzen („[X.] ‚der‘ Logistik“) ([X.]). Dem Artikel kommt dabei eine wesentliche Funktion im Hinblick darauf zu, wie die beiden Wörter zueinander in Bezug stehen („[X.] der Logistik“/“Logistik des [X.]s“). Wird er weggelassen, bleibt dies und damit die Bedeutung der Wortkombination unklar. Es gibt keine Veranlassung dafür, dass der Verkehr, wenn ihm der Begriff „[X.]log“ begegnet, den Genitiv („der Logistik“) hinzudenkt. Komposita, in denen der Genitiv ohne Artikel ausgedrückt wird, werden üblicherweise ohnehin in umgekehrter Reihenfolge gebildet. Beispielhaft genannt seien „Lebenszweck = Zweck des Lebens“, „Tischkante = Kante des Tisches“, „Tageslänge = Länge des Tages“, „Rocksaum = Saum des Rockes“, „Terminsaufhebung = Aufhebung des Termins“. Das Genitivattribut steht hier immer an erster Stelle. Dass es üblich ist, den Genitivbezug in umgekehrter Reihenfolge darzustellen (also „[X.]“ oder „[X.]“ etc.) lässt sich nicht feststellen. Dem Anmeldezeichen vergleichbar gebildete Wortzusammensetzungen, aus denen sich ein entsprechendes Verkehrsverständnis ergeben würde, konnte der Senat nicht ermitteln.

Selbst wenn die angesprochenen Verkehrskreise eine entsprechende Ergänzung vornehmen und das Zeichen als „[X.] der Logistik“ auffassen würden, ist zudem nicht eindeutig, was darunter zu verstehen ist, insbesondere nicht, dass es sich – wie das [X.] unterstellt hat – um die [X.]aufgaben der Logistik handeln soll. Hier müsste der Verkehr ein Wort, nämlich „Aufgabe“, ergänzen. Für die Annahme, „[X.]“ würde ohne weiteres zu „[X.]aufgabe“ ergänzt werden, gibt es keinen Anlass. Dies umso weniger als „[X.]“ keine möglicherweise ergänzungsbedürftige Abkürzung (insoweit anders als bei „[X.]“ ([X.], [X.], 731 Rn. 22)), sondern ein eigenständiger mit Inhalt gefüllter Begriff ist. Selbst wenn es einen beschreibenden Anklang geben mag, kann dieser mit einem unmittelbar beschreibenden Inhalt nicht gleichgesetzt werden ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4. Auflage, § 14 Rn. 563). Eine bloße Assoziation, die dem Verkehr etwa durch ein sprechendes Zeichen einen Hinweis nicht nur auf die betriebliche Herkunft, sondern auch auf die gekennzeichnete Ware gibt, steht der Annahme einer Unterscheidungskraft nicht entgegen (vgl. [X.], [X.], 731 Rn. 22 – [X.]; GRUR 1999, 988, [X.] 1999, 988, 990 Rn. 25 - House of Blues).

GRUR 1999, 988, 990 Rn. 25 - House of Blues).

Dem Anmeldezeichen kann nach alledem für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis nicht abgesprochen werden.

2. Ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ist wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen ebenfalls nicht gegeben. Ausreichende Anhaltspunkte für eine im Anmeldezeitpunkt vernünftigerweise zu erwartende zukünftige beschreibende Verwendung sind nicht erkennbar.

3. Der Antrag der Anmelderin auf Rückzahlung der [X.] war zurückzuweisen, da die Voraussetzungen für eine Rückzahlung nach § 71 Abs. 3 [X.] nicht vorliegen.

4. § 71 Abs. 3 [X.] nicht vorliegen.

Die Entscheidung über die Rückzahlung stellt eine Billigkeitsentscheidung dar. Die Rückzahlung erfolgt nur ausnahmsweise dann, wenn es aufgrund besonderer Umstände unbillig wäre, die Gebühr einzubehalten. Als solche Gründe kommen insbesondere wesentliche Verfahrensfehler seitens des [X.] in Betracht. Unabhängig von der Frage, ob ein Fehlverhalten der Markenstelle vorliegt, ist eine Gebührenrückzahlung aus Billigkeitsgründen aber nur veranlasst, wenn zwischen dem Fehlverhalten der Markenstelle und der Beschwerdeeinlegung ein kausaler Zusammenhang der Art besteht, dass ohne den Verfahrensfehler die Einlegung der Beschwerde unnötig gewesen wäre (vgl. [X.] in Ströbele/[X.]/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 71 Rn. 31 ff. m. w. N.).

Ausgehend hiervon ist eine Anordnung der Rückzahlung der [X.] nicht veranlasst. Zwar hat die Markenstelle zum einen ihre Entscheidung auf Anlagen gestützt, ohne der Beschwerdeführerin durch vorherige Übersendung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Zum anderen waren die genannten Anlagen 1 bis 8 zum Beschluss vom 24. Juni 2021 diesem offensichtlich nicht beigefügt. Erst mit Schreiben vom 19.07.2021 wurden sie nachgereicht. Ob der darin bestätigte „Neubeginn der Rechtsmittelfrist“ wirksam erklärt werden konnte, kann dahingestellt bleiben, da die am 2. August 2021 eingelegte Beschwerde innerhalb der nach Zustellung des Beschlusses am 5. Juli 2021 in Gang gesetzten Frist rechtzeitig erhoben worden ist. Auch wenn die Anlagen nicht beigefügt waren, enthielt der Beschluss eine genaue Aufzählung aller Anlagen mit Nennung der jeweiligen Internetadressen bzw. der Aktenzeichen zu den genannten Entscheidungen des [X.], die über die Webseite des Gerichts allgemein zugänglich sind. Soweit hierin trotzdem eine Verletzung rechtlichen Gehörs zu sehen ist, so wurde diese jedenfalls im vorliegenden Beschwerdeverfahren geheilt, da die Beschwerdeführerin zwischenzeitlich Gelegenheit zur Äußerung hatte.

Meta

29 W (pat) 29/21

17.05.2023

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.05.2023, Az. 29 W (pat) 29/21 (REWIS RS 2023, 3535)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3535

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

30 W (pat) 522/12 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "CORE RANGE" – fehlende Unterscheidungskraft –


29 W (pat) 58/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "FULLMEX (Wort-Bild-Marke)" – Konkretisierung des Dienstleistungsverzeichnisses im Beschwerdeverfahren – Beseitigung formeller Mängel - …


29 W (pat) 57/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "FULLMEX" – Konkretisierung des Dienstleistungsverzeichnisses im Beschwerdeverfahren – Beseitigung formeller Mängel - Unterscheidungskraft …


24 W (pat) 522/12 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "PV LOG" – keine Unterscheidungskraft


30 W (pat) 505/14 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "RAL 3020 (rot) [abstrakte Farbmarke]" – keine Unterscheidungskraft


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

30 W (pat) 534/18

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.