Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2016, Az. VII ZB 56/13

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 16440

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:100216B[X.]IZB56.13.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
[X.]I ZB 56/13
vom

10. Februar 2016

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 709 Satz 1, § 788
Die Kosten für eine Prozessbürgschaft zur Vollstreckung aus einer nur gegen Stel-lung einer Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärten Entscheidung gemäß §
709 Satz
1 ZPO sind Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des §
788 Abs.
1 ZPO.

[X.], Beschluss vom 10. Februar 2016 -
[X.]I ZB 56/13 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]I.
Zivilsenat des [X.] hat am
10. Februar 2016 durch [X.]
Eick, [X.], Dr.
Kartzke
und Prof.
Dr.
Jurgeleit und die Richterin
Wimmer
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den
Beschluss der 5.
Zivilkammer
des Landgerichts [X.] vom 22.
Mai 2013 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:
I.
Die [X.]en streiten um die Erstattungsfähigkeit von Kosten für eine Prozessbürgschaft.
Die Antragsgegnerin wurde durch Urteil des Amtsgerichts -
Familienge-richt -
E. vom 23. Juli Antragsteller verurteilt. Das Urteil war gegen Sicherheitsleistung vorläufig voll-streckbar. Der Antragsteller erbrachte die Sicherheit durch Übergabe einer
Pro-zessbürgschaft der [X.] und betrieb die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück der Antragsgegnerin durch die Eintragung einer Zwangshypo-thek. In der Rechtsmittelinstanz einigten sich die [X.]en mit Vergleich vom 7.
November 2007 darauf, dass umgekehrt der Antragsteller an die Antrags-.

1
2
-
3
-
Nunmehr begehrt der Antragsteller von der Antragsgegnerin Erstattung hatte er beim Amtsgericht -
Familiengericht
-
E. beantragt, diese Kosten im Rahmen der Kostenfestsetzung des ursprünglichen Hauptsacheverfahrens festzusetzen. Diesen Antrag wies das Amtsgericht -
Familiengericht -
E. jedoch mit der Begründung
zurück, es handele sich um Kosten der Zwangsvollstre-ckung nach § 788 ZPO. Dementsprechend hat der Antragsteller beim Amtsge-richt -
Vollstreckungsgericht -
beantragt, die [X.] in Höhe von 5.002,50

nebst Zinsen als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung festzusetzen.
Das Amtsgericht -
Vollstreckungsgericht -
hat antragsgemäß entschie-den. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Beschwerdegericht den Beschluss aufgehoben und den Festsetzungsantrag zurückgewiesen. [X.] wendet sich der Antragsteller mit seiner vom Beschwerdegericht zugelas-senen Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht meint, Kosten für die Beschaffung einer Bankbürgschaft, die die Zwangsvollstreckung aus einem nur gegen [X.] für vorläufig vollstreckbar erklärten Titel erst ermögliche, seien keine nach § 788 ZPO erstattungsfähigen Kosten. Die Beschaffung der Sicherheit sei ein Vorgang, der sich außerhalb des eigentlichen Verfahrens abspiele. In erster Linie hänge es von der Vermögenslage der [X.] ab, ob und wie sie Sicherheit leisten wolle. Die Kosten seien damit nicht unmittelbar durch die [X.], sondern durch eigene Entscheidung des Gläubigers verursacht wor-3
4
5
6
-
4
-
den, der
Einwendungen entgegen gehalten werden könnten. Zur Überprüfung solcher Ansprüche sei das summarische Kostenfestsetzungsverfahren weder vorgesehen noch geeignet.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nur im Ergebnis stand.
a) Das Beschwerdegericht nimmt zu Unrecht an, dass die Kosten für die Beschaffung einer Prozessbürgschaft, die für die Vollstreckung aus einem nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbaren Titel erforderlich ist, keine Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788
Abs.
1
ZPO sind.
[X.]) Dabei geht das Beschwerdegericht mit einer vereinzelt
in der Litera-tur vertretenen Meinung davon aus, dass
die Kosten für eine zur Ermöglichung der Zwangsvollstreckung beigebrachte Avalbürgschaft weder Verfahrens-
noch
Vollstreckungskosten sind und damit weder
dem Kostenfestsetzungsverfahren
nach §
103
ZPO noch nach
§
788
Abs.
1 ZPO unterliegen (vgl. [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 22. Aufl., § 788 Rn. 11).
bb) Diese Ansicht ist rechtsfehlerhaft. Der [X.] hat bereits entschieden, dass die Kosten für eine zur Ermöglichung der Zwangsvollstre-ckung beigebrachte Avalbürgschaft jedenfalls Verfahrenskosten im weiteren Sinne sind
([X.], Beschlüsse
vom 4. Oktober 2012

[X.], NJW 2012, 3789
Rn.
8
und
vom 3.
Dezember
2007

II
ZB
8/07, NJW-RR 2008, 515 Rn.
6
ff.; Urteil vom 18.
Dezember
1973

[X.]
ZR
158/72, NJW 1974, 693, 694, juris Rn. 38 ff.).
cc) Ob [X.] für eine Prozessbürgschaft für eine
nur gegen Stel-lung einer Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärte Entscheidung
gemäß § 709
Satz 1, § 711 Satz 1 Halbsatz
3
ZPO als Kosten der [X.] nach § 788 Abs.
1 ZPO oder als Verfahrenskosten
nach
§§ 91, 103 7
8
9
10
11
-
5
-
ZPO einzuordnen sind, ist
umstritten. Der [X.] konnte diese [X.] bislang offen lassen (vgl. [X.], Beschlüsse
vom 4.
Oktober
2012

[X.]I
ZB
11/10, NJW 2012, 3789 Rn.
8; vom 3.
Dezember
2007

II
ZB
8/07, [X.] 2008, 515 Rn. 6; Urteil vom 18. Dezember 1973

[X.], NJW 1974, 693, 694, juris Rn.
40).
(1) Die ganz überwiegende Meinung in der Rechtsprechung der Instanz-gerichte und im Schrifttum geht davon aus, dass Beschaffungskosten für eine vom Gläubiger nach §
709 Satz
1 ZPO zu leistende Sicherheit Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 788 Abs.
1 ZPO sind (vgl. [X.], MDR
2004, 835, juris Rn.
6; [X.], Beschluss vom 12. November 2003

12
W 144/03, juris Rn. 3 f.; [X.], [X.] 2003, 47
f., juris Rn.
26; [X.], NJW-RR 2000, 517, 518, juris Rn.
6;
[X.]/Stöber, ZPO, 31.
Aufl., §
788 Rn.
5; Musielak/[X.], ZPO, 12. Aufl., §
788 Rn.
3; [X.]/Schütze/[X.], ZPO, 4.
Aufl., §
788 Rn.
62; [X.]/
[X.]/[X.], 4. Aufl., §
788 Rn. 14 -
unter Aufgabe der in der 2.
Auflage vertretenen Meinung; [X.]/Walker/[X.], Vollstreckung und Vorläu-figer Rechtsschutz, 5.
Aufl., §
788 ZPO Rn.
12; [X.] ZPO/[X.], Stand: 1.
Dezember
2015, §
788 Rn.
16
f.).

(2) Vereinzelt wird hingegen angenommen, dass es sich um Kosten zur Beschaffung des Titels und damit um
Kosten des Rechtsstreits, die nach §§
103
ff. ZPO festzusetzen sind, handelt (vgl. [X.], BeckRS 2010, 11399; [X.],
[X.] 1996, 430).
(3) Der Senat entscheidet diese Streitfrage nunmehr dahingehend, dass die Kosten einer
Prozessbürgschaft für eine
nur gegen Stellung einer Sicher-heitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärte Entscheidung gemäß §
709 12
13
14
-
6
-
Satz
1, § 711 Satz 1 Halbsatz
3
ZPO Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 788 Abs.
1 ZPO sind.
Kosten des Rechtsstreits auf Seiten
des klagenden Gläubigers sind die Kosten, die notwendig sind, um einen Titel zu erlangen.
Titel nach §
704
ZPO
sind unter anderem Endurteile, die für vorläufig vollstreckbar erklärt sind. Sind solche Titel nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, so stellt diese Sicherheitsleistung eine besondere Vollstreckungsvoraussetzung nach §
751 Abs.
2 ZPO dar. Kosten zur Erlangung dieser Sicherheit sind deshalb Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des §
788 Abs.
1 ZPO. Sie dienen nicht der Erlangung
eines Titels, sondern ermöglichen den Zugriff auf das [X.] bereits im Stadium der nur vorläufigen Vollstreckbarkeit zur Abwendung des Risikos der Insolvenz des Schuldners bei gleichzeitiger Absicherung des Schuldners für den Fall der
späteren
Aufhebung oder Abänderung der vorläufig vollstreckbaren Entscheidung im Rechtsmittelzug.
Solche Kosten sind auch die für eine Prozessbürgschaft anfallenden [X.] und -gebühren.
(4) Der Beschluss des [X.]. Zivilsenats vom 17. Januar 2006 ([X.] ZB 46/05, NJW-RR 2006, 1001) steht dem nicht entgegen, da er die Einordnung von [X.] für eine Bankbürgschaft betrifft, die nicht wie im Streitfall der Gläu-biger zur Ermöglichung der Zwangsvollstreckung, sondern der Schuldner zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aufgebracht hat.
b) Der angegriffene Beschluss stellt sich aber
aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar, §
577 Abs.
3 ZPO.
[X.]) Aus § 788 Abs. 3 ZPO folgt, dass ein Gläubiger nach Ersetzung des vorläufig vollstreckbaren Titels durch ein Urteil oder einen Prozessvergleich die Kosten der Zwangsvollstreckung nicht mehr gegen den Schuldner geltend ma-chen kann, soweit der Verurteilung die materiell-rechtliche Grundlage entzogen 15
16
17
18
-
7
-
wird (vgl. [X.], Beschluss
vom 9. Juli 2014

[X.]I ZB 14/14, NJW-RR 2014, 1149 Rn.
13).
§ 788 Abs. 3 ZPO beruht auf dem allgemeinen Rechtsgedanken, dass der Gläubiger aus einem noch nicht endgültigen Titel auf eigene Gefahr voll-streckt ([X.], Beschlüsse
vom 9.
Juli
2014
-
[X.]I
ZB
14/14, [X.]O; vom 5.
Mai
2011

[X.]I ZB 39/10, NJW-RR 2011, 1217
Rn. 10). Danach sind die
Kos-ten einer
im Ergebnis zu Unrecht erfolgten Zwangsvollstreckung aus einem vor-läufig vollstreckbaren Titel nach dessen Aufhebung oder Abänderung nicht nur nach §
788 Abs. 3 ZPO zu erstatten, sondern dürfen bereits im [X.] gemäß §
788 Abs.
2, §
103
ZPO keine Berücksichtigung finden
([X.], Beschluss vom 9.
Juli
2014
-
[X.]I ZB 14/14, [X.]O; Beschluss vom 7.
September 2011

[X.]II ZB 27/09, NJW-RR
2012, 311 Rn. 8; Beschluss vom 5. Mai 2011
I ZB 39/10, [X.]O; [X.]/Stöber, ZPO, 31.
Aufl., §
788 Rn.
14).
bb) So liegt der Fall hier.

Die Kosten für die Zwangsvollstreckung aus dem vorläufig vollstreckba-ren Urteil des Amtsgerichts -
Familiengericht
-
E. vom 23. Juli 2004
können nicht mehr festgesetzt werden, da deren
Festsetzungsfähigkeit durch den von den [X.]en in der Rechtsmittelinstanz
geschlossenen Vergleich vom 7.
November 2007 entfallen ist. In diesem Vergleich hat sich der hiesige An-tragsteller in Umkehrung der vom Amtsgericht

Familiengericht

E. ausgespro-chenen Zahlungsverpflichtung verpflichtet, an die hiesige Antragsgegnerin [X.] den
Vergleich ist der bereits durch-geführten Vollstreckung die materiell-rechtliche Grundlage entzogen, was im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen ist.

19
20
-
8
-
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

Eick
[X.]
Kartzke

Jurgeleit

Wimmer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.02.2013 -
17 M 59/12 -

LG [X.], Entscheidung vom 22.05.2013 -
5 [X.]/13 -

21

Meta

VII ZB 56/13

10.02.2016

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2016, Az. VII ZB 56/13 (REWIS RS 2016, 16440)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16440

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