7. Senat | REWIS RS 2011, 1251
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Rückruf einer Überweisung auf gekündigtes Konto
Überweist das Finanzamt eine Steuererstattung auf ein früheres, inzwischen von der Bank gekündigtes Kontokorrentkonto des Steuerpflichtigen, obwohl dieser ihm dafür ein anderes Konto benannt hat, kann es den Erstattungsbetrag auch dann nicht von der Bank zurückfordern, wenn diese denselben mit einem fortbestehenden Schuldensaldo auf dem betreffenden Konto verrechnet hat.
I. Herr [X.]. ([X.]) unterhielt mit der Klägerin und [X.] (Klägerin), einer Bank, Geschäftsverbindungen. [X.]. war für ihn ein Girokonto eingerichtet, das als Geschäftskonto seiner Einzelfirma fungierte. Die Klägerin hatte mit Schreiben vom 15. Mai 2009 den [X.] und die Geschäftsverbindung mit [X.] mit Wirkung zum 9. Juli 2009 bzw. zum 15. [X.]ugust 2009 gekündigt. Zu diesen Zeitpunkten bestanden fällige Verbindlichkeiten des [X.] gegenüber der Klägerin, u.a. ein [X.] auf dem Kontokorrentkonto in Höhe von etwa ... €.
[X.]uf dieses Konto, das [X.] zunächst gegenüber dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) angegeben hatte, überwies das [X.] ein Guthaben aus einem Steuererstattungsanspruch in Höhe von ... €, obwohl ihm [X.] zuvor für die Erstattung eine neue Kontoverbindung bei einer anderen Bank mitgeteilt hatte. Die Klägerin verrechnete nunmehr die Gutschrift mit einem Teil des zu diesem Zeitpunkt bestehenden [X.]s. Nachdem das [X.] die fehlerhafte Überweisung bemerkt hatte, erließ es gegen die Klägerin am 8. Oktober 2009 einen Rückforderungsbescheid über ... €.
Das Finanzgericht ([X.]) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt und hob den Rückforderungsbescheid auf. Zur Begründung führte es (unter Hinweis auf die [X.] vom 30. [X.]ugust 2005 [X.], [X.], 219, [X.], 353, und vom 10. November 2009 [X.], [X.], 360, [X.], 255) im Wesentlichen aus, die Klägerin sei durch die Überweisung des [X.] zustehenden Steuererstattungsbetrages auf dessen früheres Konto nicht Leistungsempfängerin i.S. des § 37 [X.]bs. 2 der [X.]bgabenordnung ([X.]) geworden. Daran ändere auch nichts, dass die Klägerin den Erstattungsbetrag auf das gekündigte, aber noch nicht abgerechnete Girokonto des [X.] verbucht habe. Unerheblich sei, ob die Klägerin mit eigenen [X.]nsprüchen habe aufrechnen dürfen. Sie bleibe auch dann lediglich Zahlstelle, während [X.] als Leistungsempfänger anzusehen sei. Entscheidend sei, dass der für die streitige Überweisung vom 29. September 2009 noch geltende § 676f des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) auch bei einem durch Kündigung erloschenen [X.] "in dessen Nachwirkung" [X.]nwendung finde (Hinweis auf das Urteil des [X.] --BGH-- vom 5. Dezember 2006 [X.], [X.], 121, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2007, 914). Für den Giroverkehr stelle diese Regelung eine Spezialregelung zum allgemeinen Herausgabeanspruch des § 667 BGB dar, mit der die Zuordnung des Überweisungsbetrages zum [X.] des (früheren) Kontoinhabers erfolge. Soweit, wie im Streitfall, ein schlichter Rückruf des angewiesenen Betrages durch das [X.] nach § 676a BGB nicht mehr möglich sei, schließe der durch die Gutschrift entstandene Herausgabeanspruch des (früheren) Kontoinhabers zivilrechtlich einen Bereicherungsanspruch (nach § 812 BGB) des [X.] gegen die die Gutschrift vornehmende [X.] (hier also gegen die Klägerin) aus. Da ein Rückzahlungsanspruch nur gegenüber einem Leistungsempfänger --[X.]-- in Betracht komme, sei die Klägerin durch den Rückforderungsbescheid in ihren Rechten verletzt.
Zudem liege eine wirksame [X.]ufrechnungserklärung der Klägerin vor. Mit der Verrechnung komme der Erstattungsbetrag [X.] tatsächlich auch zugute, weil er in Höhe des verrechneten Betrages von einer Verpflichtung gegenüber der Bank befreit werde. Die Klägerin sei bei dieser Sach- und Rechtslage nicht ungerechtfertigt bereichert i.S. des § 812 BGB. Bei der vom [X.] ([X.]) geforderten zivilrechtlichen Betrachtung scheide ein Rückzahlungsanspruch gegen die Klägerin deshalb auch dann aus, wenn man nicht (allein) auf die Gutschrift, sondern (auch) auf den Umstand der [X.]ufrechnung abstelle. Einer [X.]uszahlung des Überweisungsbetrages durch die Klägerin an [X.] bedürfe es in keinem Fall, um eine Rückforderung gegen die Klägerin auszuschließen.
Mit der Revision macht das [X.] geltend, die vom [X.] in Bezug genommenen Entscheidungen des [X.] seien im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Mit der [X.]ufrechnung habe die Klägerin eine eigene Zweckbestimmung der Leistung getroffen und nicht lediglich als Zahlstelle für [X.] fungiert. Dadurch sei sie selbst Leistungsempfängerin geworden.
[X.] Die Revision ist unbegründet. Das Urteil des [X.] entspricht Bundesrecht.
Der gegen die Klägerin erlassene Rückforderungsbescheid ist rechtswidrig. Das [X.] hat keinen Rückzahlungsanspruch gegen die Klägerin gemäß § 37 [X.]bs. 2 Satz 1 [X.]. Nach dieser Vorschrift hat derjenige, auf dessen Rechnung gezahlt worden ist, gegen den Leistungsempfänger einen [X.]nspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages, wenn ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist. Im Streitfall war nicht die Klägerin die Empfängerin der Leistung des [X.], sondern [X.] war --als Inhaber des [X.] i.S. des § 37 [X.]bs. 2 Satz 1 [X.].
1. Wie der Senat in seiner Entscheidung in [X.], 360, [X.], 255 ausgeführt hat, will das [X.] mit einer Überweisung auf ein vom Steuerpflichtigen angegebenes Konto nicht zu Gunsten des Kreditinstituts, sondern mit befreiender Wirkung gegenüber dem [X.]nspruchsberechtigten leisten, der das Konto angegeben hat. Das Kreditinstitut ist nicht Leistungsempfänger, sondern lediglich die vom Steuerpflichtigen bezeichnete Zahlstelle, und zwar selbst dann, wenn es das Konto vor der Überweisung des [X.] gekündigt hat. Der Senat hat sich damit der Rechtsauffassung des [X.] (Urteil in [X.]Z 170, 121, [X.], 914) angeschlossen, der in der Entgegennahme des Überweisungsbetrages und dessen Verbuchung auf dem intern weitergeführten Konto ein Handeln für den früheren Kontoinhaber --weiterhin als [X.] sieht. Denn die Bank ist in Nachwirkung des [X.] verpflichtet, Zahlungen, die sie [X.] sie befugt ist (vgl. [X.]-Beschluss vom 21. März 1995 [X.], Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und [X.] --ZIP-- 1995, 659, m.w.[X.] für den früheren Kunden entgegennimmt, auf dem bisherigen Konto entsprechend § 676f Satz 1 BGB zu verbuchen bzw. nach § 667 BGB herauszugeben. Mit der Gutschrift erfüllt sie demnach eine eigene nachvertragliche Pflicht, während sich die Leistung zwischen dem [X.], der die fehlgehende Zahlung veranlasst hat, und dem Überweisungsempfänger vollzieht (vgl. [X.]-Urteil vom 15. November 2005 [X.], [X.], 17, [X.] 1.).
2. Entgegen der [X.]uffassung der Revision sind diese Erwägungen nicht nur auf den seinerzeit entschiedenen Fall anwendbar, in dem das Kreditinstitut den Überweisungsbetrag letztlich an den Insolvenzverwalter ausgekehrt hatte. [X.]us ihnen folgt vielmehr auch für die vorliegende Fallkonstellation, in der die Klägerin den eingebuchten Erstattungsbetrag mit dem [X.] auf dem Kontokorrentkonto verrechnet hat, dass sie mit der Einbuchung ihrer nachwirkenden Verpflichtung aus dem [X.] gegenüber [X.] nachgekommen ist. Denn nimmt eine Bank berechtigterweise eine Zahlung entgegen und verbucht sie auf dem vormaligen Kundenkonto, so verhält sie sich entsprechend ihrer nachwirkenden Verpflichtung aus der [X.], unabhängig davon, ob sich das Konto im Soll oder im Haben befindet.
3. Soweit der Senat in den Beschlüssen vom 28. Januar 2004 [X.]/03 ([X.] 2004, 762) und vom 6. Juni 2003 [X.]/02 ([X.] 2003, 1532, m.w.N.) eine andere [X.]uffassung vertreten hat, hält er daran nicht fest.
Wenn nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] die Bank eines Überweisungsempfängers im mehrgliedrigen Überweisungsverkehr regelmäßig nur als bloße Leistungsmittlerin, d.h. als Zahlstelle des Überweisungsempfängers handelt und als solche in keinerlei Leistungsverhältnis zu dem [X.] steht, kann von ihr unter keinen Umständen die Herausgabe einer [X.] verlangt werden, wenn sie den Überweisungsbetrag auf dem Konto des Überweisungsempfängers gutgeschrieben hat. [X.]usdrücklich formuliert der [X.]: "Wenn der Empfänger vom [X.] irrtümlich falsch bezeichnet wird, liegt ein Fehler im [X.] (d.h. zwischen dem [X.] und dem Überweisungsempfänger) vor, der grundsätzlich auch in diesem bereicherungsrechtlich abzuwickeln ist."
4. Indem die Klägerin im Streitfall --nach den für den Senat bindenden Feststellungen des [X.]-- den vom [X.] überwiesenen Betrag entsprechend dem Überweisungsauftrag auf dem Konto des [X.] verbucht und mit dem bestehenden [X.] verrechnet hat, hat sie für den früheren Kontoinhaber gehandelt und die Überweisung offenkundig nicht etwa als Zahlung an sich angesehen. Denn sie hat sich insoweit entsprechend ihren nachwirkenden Pflichten aus dem [X.] verhalten. Die Verrechnung der Gutschrift mit dem bestehenden [X.] ist in dem banküblichen --seinerzeit auch mit [X.] bestehenden-- Kontokorrentverhältnis begründet und stellt deshalb keine eigene Zweckbestimmung der Klägerin über die Verwendung der eingegangenen Überweisung dar. Ob die Klägerin im Innenverhältnis zu [X.] berechtigt war, die Gutschrift zu verrechnen oder ob [X.] aus einem abstrakten Schuldversprechen bzw. -anerkenntnis gemäß §§ 780 f. BGB oder unmittelbar aus §§ 667, 681 Satz 2, § 677 BGB einen --ggf. pfändbaren-- [X.]nspruch auf Herausgabe des Betrages hatte (vgl. [X.]-Urteil in [X.]Z 170, 121, [X.] 1. b bb, [X.], 914), ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich und bedarf deshalb keiner Erörterung.
5. Nicht zu entscheiden hat der Senat bei der gegebenen Fallgestaltung, ob das [X.] einen zivilrechtlichen Kondiktionsanspruch gegen die Klägerin hätte, wenn diese die eingegangene Überweisung etwa zur Tilgung eines noch valutierenden Darlehens verwendet hätte.
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22.11.2011
Urteil
vorgehend FG Münster, 24. März 2011, Az: 6 K 2439/10 AO, Urteil
§ 37 Abs 2 S 1 AO, § 676f S 1 BGB
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.11.2011, Az. VII R 27/11 (REWIS RS 2011, 1251)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 1251
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
Steuererstattung auf ein gekündigtes Kontokorrentkonto begründet keine Rückzahlungspflicht der Bank
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Rückforderung einer rechtsgrundlosen Zahlung des FA vom Kreditinstitut
XI ZR 265/04 (Bundesgerichtshof)
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