Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2018, Az. IV ZR 297/16

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 6632

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:040718UIVZR297.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 297/16
Verkündet am:

4. Juli 2018

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R:

ja

[X.] § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2; ZPO § 894 Satz 1

Die Verurteilung des Schuldners zur Abgabe einer Willenserklärung gemäß §
894 Satz 1 ZPO ersetzt nicht die nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 [X.] erforderliche Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters.

[X.], Urteil vom 4. Juli 2018 -
IV ZR 297/16 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch
den Richter [X.],
die Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterinnen [X.] und Dr. Bußmann
auf die mündliche Verhandlung vom 4.
Juli 2018

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.]

und unter Zurückweisung
des Rechtsmittels im Übrigen

wird
das Urteil des 7.
Zivil-senats des [X.] vom 21.
September 2016
im Kostenpunkt aufgehoben und im Weiteren
wie folgt geändert:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 8.
Zivil-kammer des [X.] vom 31.
Juli 2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte lediglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen hat.

Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH
(im Folgenden: Schuldnerin) Ansprüche aus einer Berufsunfähig-keits-Zusatzversicherung geltend.
1
-
3
-

Die Schuldnerin schloss diese als Versicherungsnehmerin mit der Beklagten zum
November 2006 mit einer Dauer bis November 2029 ab. Versicherte Person ist ein ehemaliger Geschäftsführer und Gesellschaf-ter der Schuldnerin (im Folgenden: Versicherter), der seit dem 1.
August 2010 berufsunfähig
ist. Die Berufsunfähigkeitsrente von 14.000

pro Jahr
ist vierteljährlich im Voraus zu zahlen.
Der
Versicherungsschein ist im Besitz der
Schuldnerin.

Diese
wurde durch Urteil des [X.] vom 26.
Juli 2012
verurteilt, der Übertragung des Bezugsrechtes aller Leis-tungen

aus der Versicherung auf den Versicherten zuzustimmen. Das [X.] wies die hiergegen gerichtete Berufung durch Beschluss vom 12.
Februar 2013 zurück. Der Beschluss, gegen den keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt wurde, wurde den da-maligen Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin
am 13.
Februar 2013 zugestellt.

Bereits
vor Erlass des genannten Beschlusses war der Kläger am 23.
Januar 2013 zum vorläufigen Insolvenzverwalter der Schuldnerin
be-stellt
worden. Das Insolvenzgericht hatte gleichzeitig unter anderem [X.], dass Verfügungen der Schuldnerin
nur mit Zustimmung des [X.] wirksam sind.

Mit Schreiben vom 13.
März 2013 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er der Übertragung des Bezugsrechts aller Leistungender Versicherung auf den Versicherten nicht zustimme, und bat sie um Überweisung der Berufsunfähigkeitsrente auf ein Insolvenzanderkonto.
Das Insolvenzverfahren wurde am
1.
April 2013 eröffnet.

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3
4
5
-
4
-

Seit April 2013 zahlt die Beklagte die Berufsunfähigkeitsrente nicht mehr an die Schuldnerin, sondern -
entgegen der wiederholten Aufforde-rung des [X.]
-
an den Versicherten. Sie meint, hierzu aufgrund des rechtskräftigen Urteils des
[X.] verpflichtet zu sein.

Der Kläger begehrt Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente ab April 2013 sowie Verzugszinsen auf die bis einschließlich Januar 2014 fällig gewordenen Forderungen. Das [X.] hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat im Wesentlichen Erfolg.

[X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Kläger zwar ak-tivlegitimiert.
Dies ergebe sich daraus, dass die Schuldnerin und die [X.] eine Versicherung für fremde Rechnung abgeschlossen hätten. Die Schuldnerin
habe über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag, deren Inhaber nach §
44 Abs.
1 [X.] der Versicherte sei,
gemäß §
45 Abs.
1 und Abs.
2 [X.] im eigenen Namen verfügen können.
Diese for-mell-materielle Verfügungsbefugnis sei durch die Eröffnung des [X.] auf den Kläger übergegangen.

Die Geltendmachung der Ansprüche durch den Kläger sei aber treuwidrig (§
242 BGB). Die Ansprüche fielen nicht in die [X.], sondern seien treuhänderisch zu Gunsten des Versicherten gebun-den, der nach §
47 [X.] ihre Aussonderung verlangen
könne. Es sei we-6
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5
-

der vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass dem Kläger ein schützens-wertes Interesse an der Einziehung der Leistungen
zustehe. Ansprüche der Schuldnerin
gegen den Versicherten, die zur Befriedigung gemäß §
46 Satz
2 [X.] oder zur Aufrechnung berechtigen könnten, seien nicht geltend gemacht worden. Die Vorgehensweise des [X.] bringe der Insolvenzmasse keine Vor-, sondern allenfalls Nachteile, weil die treu-händerische Verwahrung der Versicherungsleistungen für und deren Auskehr an den Versicherten nur mit Aufwand und Kosten verbunden sei. Hingegen sei
der
Versicherte -
jedenfalls in Bezug auf die bereits an ihn gezahlten Versicherungsleistungen -
nach einer etwaigen Zahlung der Beklagten an den Kläger bereicherungsrechtlichen Ansprüchen aus-gesetzt. Da die Beklagte mit einer unmittelbaren Auszahlung an den
Ver-sicherten einverstanden sei, stelle sich die Ausnutzung der formalen Rechtsposition durch den Kläger als treuwidrig dar.
Insofern sei auch
zu berücksichtigen, dass dem Versicherten durch das rechtskräftige Urteil des [X.] ein eigenes Forderungsrecht gegen die Beklagte habe zugebilligt werden sollen, auch wenn dies mangels [X.] der Beklagten an dem dortigen Rechtsstreit nicht wirksam [X.] sei.

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Allerdings hat
das Berufungsgericht
im Ergebnis
zutreffend an-genommen, der Kläger sei zur Geltendmachung der Ansprüche befugt.

a) Das Berufungsgericht
ist, ohne Feststellungen zur Begründung seiner Annahme getroffen zu haben, davon ausgegangen, dass die Schuldnerin und die Beklagte eine Versicherung für fremde Rechnung im Sinne von § 43 Abs. 1 [X.] abgeschlossen hätten. Ob dies zutrifft, kann 11
12
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-

aber
offen bleiben. Der Kläger ist unabhängig davon befugt, die Zahlung der Versicherungsleistungen zu verlangen.

Falls hier eine Versicherung für fremde Rechnung abgeschlossen worden ist, kann der Versicherungsnehmer über die Rechte, die dem Versicherten aus dem Versicherungsvertrag zustehen, im eigenen Na-men verfügen (§
45 Abs.
1 [X.]). Ist die Versicherung dagegen für eige-ne Rechnung unter Angabe eines Dritten als Gefahrsperson geschlossen worden, steht dem Versicherungsnehmer neben der Verfügungsbefugnis auch der materielle Versicherungsanspruch zu, wenn

wie hier

kein Bezugsberechtigter für die Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zu-satzversicherung
bestimmt wurde.

Das Recht der Schuldnerin, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber
zu verfügen, ist gemäß § 80 Abs. 1 [X.] durch die
Eröffnung des
Insolvenzverfahrens
auf den
Kläger über-gegangen.
Selbst wenn hier eine Versicherung für fremde Rechnung [X.] wurde, gehört zu diesem Recht nach §§ 44 Abs. 2, 45 Abs. 1 [X.] auch die Geltendmachung der Rechte der versicherten Personen aus dem Versicherungsvertrag
(vgl. [X.]surteile
vom 5.
April 2017

IV
ZR 360/15, [X.], 683 Rn.
13; vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 88/13, [X.]Z 202, 122
Rn.
11).

b) Der Schuldnerin stand diese Verfügungsbefugnis jedenfalls zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch zu. Die zuvor ein-getretene Rechtskraft des Urteils des [X.] hat nicht dazu geführt, dass sie auf den Versicherten übergegangen wäre.
Das gilt unabhängig davon,
ob
die Schuldnerin durch das Urteil
-
wie das Berufungsgericht
angenommen hat
-
zur Übertragung der materiellen 14
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-
7
-

Rechtsinhaberschaft oder
-
wie die Revisionserwiderung meint
-
zur Übertragung der
Verfügungsbefugnis verurteilt wurde.

[X.]) Zwar kann der Versicherungsnehmer dem Versicherten die Verfügungsbefugnis über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag grundsätzlich rechtsgeschäftlich übertragen ([X.] [X.], [X.] 9.
Aufl. §
44 Rn.
19; HK-[X.]/[X.], 3.
Aufl. §
44 Rn.
10, §
45 Rn.
7; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 30.
Aufl. §
45 Rn.
28) oder ihm ein Bezugs-recht gemäß § 159 Abs. 1
[X.] einräumen.
Die hierzu erforderliche Er-klärung würde bei Zugrundelegung der Auffassung der Revisionserwide-rung durch die rechtskräftige
Verurteilung der Schuldnerin
als abgege-ben
gelten

894 Satz
1 ZPO).

[X.]) Die Übertragung
oder Begründung dieser Rechte
wäre aber gemäß §§
24 Abs.
1, 81 Abs.
1 Satz
1 [X.] unwirksam, weil sie dem vom Insolvenzgericht angeordneten Zustimmungsvorbehalt (§
21 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 Alt.
2 [X.]) unterfällt und der Kläger ihr nicht zugestimmt hat.

(1) Bei der rechtsgeschäftlichen Übertragung der Verfügungsbe-fugnis des Versicherungsnehmers auf den Versicherten
oder der Be-gründung von dessen Bezugsberechtigung
handelt es sich um eine Ver-fügung im Sinne des §
21 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 Alt.
2 [X.]. Diese Bestim-mung verwendet den Verfügungsbegriff des allgemeinen Zivilrechts
und meint Rechtsgeschäfte, durch die unmittelbar ein Recht begründet, über-tragen, belastet, aufgehoben oder sonstwie in seinem Inhalt verändert wird ([X.], Urteil vom 10.
Dezember 2009 -
IX ZR 1/09, WM
2010, 222 Rn.
26; vgl. auch [X.], Urteil vom 25.
Oktober 2007 -
IX ZR 217/06, [X.]Z 174, 84 Rn.
19; zur Erteilung einer Empfangsermächtigung gemäß §§
362 Abs.
2, 185 BGB: [X.],
Urteil vom 9.
Oktober 2014

IX ZR 41/14, 17
18
19
-
8
-

VersR 2014, 1444 Rn.
32; Beschluss vom 12.
Juli 2012

[X.], [X.], 1553 Rn.
7).

Etwas anderes ergibt sich im Streitfall nicht daraus, dass der Zu-stimmungsvorbehalt
nicht an den [X.], sondern an die [X.] anknüpft ([X.], Urteil vom 26.
April 2012 -
IX ZR 136/11, [X.], 1129 Rn.
10 ff.)
und die Schuldnerin eine solche nicht tatsächlich vorgenommen hat.
Denn §
894 Satz
1 ZPO fingiert
die [X.] der Erklärung durch die Schuldnerin (vgl. [X.], Urteile vom 24.
März 2016 -
I [X.], [X.], 1890 Rn.
12; vom 14.
Februar 2008 -
III ZR 145/07, juris Rn.
12; vom 19.
Mai 1989
-
V [X.], NJW-RR 1989, 1037 unter II 1 [juris Rn.
12]; siehe auch MünchKomm-[X.]/[X.], 3.
Aufl. §
89 Rn.
45).

(2) Der Kläger hat der Übertragung
oder Begründung der Rechte
nicht zugestimmt. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung
war seine Zustimmung nicht aufgrund der Wirkung des §
894 Satz
1 ZPO entbehrlich.

Eine Verurteilung gemäß §
894 Satz
1 ZPO fingiert zwar die [X.] der Willenserklärung des Schuldners in der für ihre Wirksamkeit not-wendigen Form ([X.], Urteil vom 14.
Februar 2008 -
III ZR 145/07, juris Rn.
12; [X.], 1118, 1120 [juris Rn.
22]), ersetzt
aber nicht die weiteren zur Vollendung des Rechtsgeschäfts erforderlichen Voraus-setzungen ([X.], Urteil vom 20.
November 1981 -
V [X.], [X.]Z 82, 292, 297 [juris Rn.
29]; BayObLG [X.]O [juris Rn.
19, 22]). [X.] wird die notwendige
Genehmigung des
Rechtsgeschäfts durch [X.] nicht entbehrlich (vgl. [X.]
[X.]O; [X.] in Musielak/[X.], ZPO 14.
Aufl. §
894 Rn.
12; [X.]/[X.], 5.
Aufl. §
894 Rn.
16; [X.] in [X.]/Gehrlein, ZPO 9.
Aufl. §
894 Rn.
12; [X.] in 20
21
22
-
9
-

Stein/Jonas, ZPO 23.
Aufl. §
894 Rn.
24; [X.] in [X.]/[X.], ZPO 38.
Aufl. §
894 Rn.
9; [X.] in [X.]/Schütze,
ZPO 4.
Aufl. §
894 Rn.
21;
[X.]/Stürner/[X.], Zwangsvollstreckungsrecht 13.
Aufl. §
41 Rn.
41.10; [X.], Zwangsvollstreckungsrecht 9.
Aufl. §
37 Rn.
1116; Gaul/[X.]/[X.], Zwangsvollstreckungsrecht 12.
Aufl. §
72 Rn.
23).

Soweit die Auffassung vertreten
wird, dass eine familien-
oder [X.] Genehmigung durch §
894 Satz
1 ZPO ersetzt [X.]
(BayObLG [X.] 1953, 561 f.; [X.] [X.]O Rn.
11; [X.] [X.]O Rn.
10; [X.] [X.]O Rn.
8; [X.] [X.]O; [X.] in [X.], ZPO 32.
Aufl. §
894 Rn.
8; [X.]/Stürner/[X.]
[X.]O; [X.]
[X.]O Rn.
1115), ist das auf die erforderliche Zustimmung des [X.] nicht übertragbar
(vgl. [X.] [X.]O Rn.
15; [X.] [X.]O Rn.
24a).
Dem steht der Schutzzweck des Zustimmungsvorbehalts entgegen (vgl. [X.]/Stürner/[X.]
[X.]O; [X.] [X.]O Rn.
1116).

Das Insolvenzgericht ordnet einen
Zustimmungsvorbehalt gemäß §
21 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 Alt.
2 [X.] an, um eine den Gläubigern nachtei-lige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten (§
21 Abs.
1 Satz
1 [X.]; [X.], Urteile vom 26.
April 2012 -
IX ZR 136/11, [X.], 1129 Rn.
13; vom 21.
Januar 2010 -
IX ZR 65/09, [X.]Z 184, 101 Rn.
33; BT-Drucks. 12/2443 S.
116). Hauptzweck der
vorläufigen Insolvenzverwaltung ist es, die Masse zum Nutzen der Gläu-bigergesamtheit gegen [X.] Zugriffe des Schuldners oder ein-zelner Gläubiger zu schützen ([X.],
Urteil vom 9.
Juni 2005 -
IX [X.], [X.] 1474 unter II 3 b [juris Rn.
18]).
Dieser Zweck wäre gefährdet, wenn der Schuldner den Zustimmungsvorbehalt dadurch um-gehen könnte, dass er sich in einem noch nicht gemäß §
240 ZPO unter-brochenen
([X.], Versäumnisurteil vom 16.
Mai 2013 -
IX ZR 332/12, 23
24
-
10
-

WM 2013, 1472 Rn.
12
m.w.N.)
Rechtsstreit zur Abgabe seiner für den
Eintritt des beabsichtigten [X.]es
notwendigen Erklärung verurteilen lässt.

Anders als die Revisionserwiderung meint, ist der genannte Schutzzweck im Streitfall betroffen. Wie der [X.] bereits entschieden hat, gehört die Verfügungsbefugnis des Versicherungsnehmers (§
45 Abs.
1 [X.]) zur Insolvenzmasse
([X.]surteile vom 5.
April 2017

IV
ZR 360/15, [X.], 683 Rn.
12 f.; vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 88/13, [X.]Z 202, 122 Rn.
11). Das gilt unabhängig davon, wem die Versicherungsleistung nach der zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherten getroffenen Vereinbarung zustehen soll.

2. Das Berufungsgericht hat seinem Urteil weiter richtig
zugrunde gelegt, dass die Ansprüche nicht in Höhe der von der Beklagten an den Versicherten geleisteten Zahlungen gemäß §
362 Abs.
1 BGB erloschen sind. Wie ausgeführt,
stand dem Versicherten
jedenfalls
die hierfür not-wendige Verfügungsbefugnis
nicht
zu.

3. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Annahme des Berufungsge-richts, die Geltendmachung der Ansprüche
durch den Kläger sei treuwid-rig (§
242 BGB). Falls die Versicherung auf eigene Rechnung der Schuldnerin genommen wurde, steht der Versicherungsanspruch ohnehin dem Versicherungsnehmer zu. Aber auch wenn man mit dem Berufungs-gericht
annimmt, der Kläger übe
nur seine Verfügungsbefugnis über ei-nen materiell der versicherten Person zustehenden Anspruch gemäß §
45 Abs. 1 [X.] aus, kann die Entscheidung insoweit keinen Bestand haben.

25
26
27
-
11
-

a) Welche Anforderungen sich im Einzelfall aus dem in §
242 BGB verankerten
Prinzip von Treu und Glauben ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden, wobei die Interessen aller an einem bestimmten Rechtsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigten sind ([X.], Urteil vom 12.
Juli 2016 -
XI [X.], [X.]Z 211, 123 Rn.
43 m.w.N.). Diese Bewertung vorzunehmen,
ist Sache des Tatrichters und [X.] in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob sie auf [X.] tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichts-punkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder [X.] verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht ([X.] [X.]O m.w.N.).

b) Einer
Prüfung an diesem Maßstab hält das Berufungsurteil nicht stand. Der Kläger verhält sich nicht treuwidrig.

[X.]) Das gilt zum einen insoweit, als er Zahlung der zukünftigen, von der Beklagten noch nicht an den Versicherten geleisteten [X.] verlangt.

Hier
stellt sich sein Begehren nicht deswegen als treuwidrig dar, weil er nach Auffassung des Berufungsgerichts zur Herausgabe der [X.] an den Versicherten verpflichtet ist
(vgl. [X.], 1155, 1156 [juris Rn.
36]; [X.] VersR 1988, 30). Bei der Versicherung für fremde Rechnung entspricht es dem gesetzlichen Regelfall, dass der Versicherungsnehmer dem Versicherten die [X.] muss (vgl. [X.]surteile vom 20.
Juli 2011 -
IV ZR 238/10, [X.], 1435 Rn.
12; vom 12.
Dezem-ber 1990 -
IV ZR 213/89, [X.]Z 113, 151, 154
f. [juris Rn.
14 ff.]; vom 28
29
30
31
-
12
-

7.
Mai 1975 -
IV ZR 209/73, [X.]Z 64, 260, 264 ff. [juris Rn.
12 ff.]). Es stünde in Widerspruch zu der Entscheidung des Gesetzgebers, die [X.] über die Rechte aus dem Versicherungsvertrag dem Versicherungsnehmer zuzuordnen, wenn diese in Fallgestaltungen, die dem gesetzlichen Regelfall entsprechen, wegen vermeintlicher Treuwid-rigkeit nicht ausgeübt werden könnte. Dass die Verfügungsbefugnis im Streitfall gemäß §
80 Abs.
1 [X.]
auf den Kläger übergegangen ist, [X.] keine andere Beurteilung.

[X.]) Es gilt zum anderen aber auch für die Forderungen, auf welche die Beklagte bereits Zahlungen an den Versicherten geleistet hat.

Insoweit hat das Berufungsgericht schon nicht berücksichtigt, dass der Kläger die
Beklagte bereits vor der ersten Zahlung an den Versicher-ten aufgefordert
hatte, die Versicherungsleistung nicht an diesen zu [X.], sondern die Berufsunfähigkeitsrente auf ein [X.] zu überweisen;
diese Aufforderung hat er vor der Klageerhebung noch zweimal wiederholt. Die Notwendigkeit, die an den Versicherten geleiste-ten Zahlungen gegebenenfalls rückabwickeln zu müssen, kann ein treu-widriges
Verhalten des [X.] daher nicht begründen.

4. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht die Klage nur insoweit abgewiesen, als der Kläger Verzugszinsen von mehr als fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangt hat. Auf § 288 Abs. 2 BGB lässt sich der vom [X.] zugesprochene Zinssatz von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nicht stützen, da der Anspruch des [X.] auf Versicherungsleistungen keine Entgeltforderung im [X.] dieser Vorschrift ist. Gemäß § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB stehen ihm deshalb Zinsen
nur in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basis-32
33
34
-
13
-

zinssatz zu, so dass das landgerichtliche Urteil auf die Berufung der [X.]n diesbezüglich abzuändern war.

Dem
steht nicht entgegen, dass die Beklagte den [X.] mit ihrer Berufung nicht gesondert angegriffen hat. Erfasst ein substanti-ierter Angriff

wie hier -
die gesamte Hauptforderung, so hat das [X.], wenn der Klage ganz oder teilweise stattzugeben ist,
ohne weitere Rüge auch den Zinsanspruch von sich aus zu prüfen (vgl. [X.], Urteil vom 17. März 1994

[X.], NJW 1994, 1656
unter III 2
[ju-ris Rn. 29]).

[X.] [X.] [X.]

[X.] Dr. Bußmann

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 31.07.2014 -
8 [X.]/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 21.09.2016 -
7 [X.] -

35

Meta

IV ZR 297/16

04.07.2018

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2018, Az. IV ZR 297/16 (REWIS RS 2018, 6632)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6632

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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