Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.12.2021, Az. I R 30/19

1. Senat | REWIS RS 2021, 9783

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Gegenstand

(Ausschluss oder Beschränkung des nationalen Besteuerungsrechts ist kein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG)


Leitsatz

§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG ist nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass durch die unentgeltliche Anteilsübertragung auf den beschränkt Steuerpflichtigen das Recht Deutschlands zur Besteuerung der in den unentgeltlich übertragenen Anteilen ruhenden stillen Reserven ausgeschlossen oder beschränkt werden müsste.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 28.03.2019 - 15 K 2159/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Rechtsnachfolgerin ihres inzwischen verstorbenen Ehemannes [X.] Dieser übertrug mit notarieller Urkunde vom 30.09.2009 an den [X.], der die [X.] [X.]taatsbürgerschaft besaß und im Zeitpunkt der Übertragung in [X.] ansässig war, einen Geschäftsanteil in Höhe von ... € am --insgesamt ... € betragenden-- [X.]tammkapital einer GmbH mit [X.]itz im Inland. Das Vermögen der Gesellschaft bestand im Zeitpunkt der Übertragung überwiegend aus im Inland belegenem Grundvermögen. Die von [X.] zu erbringende Gegenleistung betrug ... €. In unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang hatte [X.] weitere Geschäftsanteile an der Gesellschaft in Höhe von nominal ... € an die Klägerin übertragen.

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --[X.]--) behandelte die vorstehenden Übertragungen auf [X.] und die Klägerin als teilentgeltliche Erwerbe und setzte für [X.] einen steuerpflichtigen Übertragungsgewinn in Höhe von ... € für die Übertragung auf [X.] und in Höhe von ... € für die Übertragung auf die Klägerin an.

3

Das [X.] war für den unentgeltlichen Teil der Übertragung auf [X.] der Auffassung, die Voraussetzungen für eine "Wegzugsbesteuerung" nach § 6 des Gesetzes über die Besteuerung bei [X.] ([X.]) in der im Jahr 2009 ([X.]treitjahr) geltenden Fassung (A[X.]tG) seien erfüllt. Es ermittelte auf der Grundlage eines gemeinen Wertes in Höhe von ... € einen (weiteren) Veräußerungsgewinn in Höhe von ... € und setzte die Einkommensteuer für [X.] im Rahmen einer getrennten Veranlagung nach § 26a des Einkommensteuergesetzes in der im [X.]treitjahr geltenden Fassung (E[X.]tG) mit Bescheid vom 08.12.2014 entsprechend fest.

4

Das zunächst von [X.] geführte Klageverfahren vor dem [X.] ([X.]) Köln wurde von der Klägerin als Alleinerbin fortgeführt. Mit in Entscheidungen der [X.]e ([X.]) 2019, 1361 veröffentlichtem Urteil vom 28.03.2019 - 15 K 2159/15 wies das [X.] die Klage als unbegründet ab.

5

Dagegen wehrt sich die Klägerin mit ihrer Revision, die sie auf die Verletzung materiellen Rechts stützt.

6

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den gegen den Rechtsvorgänger der Klägerin ergangenen Einkommensteuerbescheid 2009 vom 08.12.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.06.2015 dahingehend zu ändern, dass der Veräußerungsgewinn aus der Übertragung der Anteile an der GmbH um ... € gemindert wird.

7

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

8

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass § 6 Abs. 1 [X.]atz 2 Nr. 1 [X.] im [X.]treitfall erfüllt und nicht einschränkend auszulegen ist.

9

1. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war (§ 17 Abs. 1 [X.]atz 1 E[X.]tG). Veräußerungsgewinn i.[X.]. des § 17 Abs. 1 E[X.]tG ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt, wobei in den Fällen des Abs. 1 [X.]atz 2 an die [X.]telle des Veräußerungspreises der Anteile ihr gemeiner Wert tritt (§ 17 Abs. 2 [X.]atz 1 und 2 E[X.]tG).

Bei einer natürlichen Person, die insgesamt mindestens zehn Jahre nach § 1 Abs. 1 E[X.]tG unbeschränkt steuerpflichtig war und deren unbeschränkte [X.]teuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts endet, ist auf Anteile i.[X.]. des § 17 Abs. 1 [X.]atz 1 E[X.]tG im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten [X.]teuerpflicht § 17 E[X.]tG auch ohne Veräußerung anzuwenden, wenn im Übrigen für die Anteile zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind (§ 6 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.]). Der Beendigung der unbeschränkten [X.]teuerpflicht i.[X.]. des [X.]atzes 1 stehen die Übertragung der Anteile durch ganz oder teilweise unentgeltliches Rechtsgeschäft unter Lebenden oder durch Erwerb von Todes wegen auf nicht unbeschränkt steuerpflichtige Personen gleich (§ 6 Abs. 1 [X.]atz 2 Nr. 1 [X.]).

2. Es steht zwischen den Beteiligten nicht im [X.]treit, dass O die Anteile an der GmbH, an welcher er innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens 1 % beteiligt war, durch teilweise unentgeltliches Rechtsgeschäft auf seinen nicht unbeschränkt steuerpflichtigen [X.] übertragen und damit dem Wortlaut nach die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 [X.]atz 2 Nr. 1 [X.] erfüllt hat.

3. § 6 Abs. 1 [X.]atz 2 Nr. 1 [X.] ist entgegen der Auffassung der Klägerin weder aus teleologisch-historischen noch aus systematischen Gründen einschränkend dahingehend auszulegen, dass durch die unentgeltliche Anteilsübertragung auf den beschränkt [X.]teuerpflichtigen das Recht der [X.] ([X.]) zur Besteuerung der in den unentgeltlich übertragenen Anteilen ruhenden stillen Reserven ausgeschlossen oder beschränkt werden müsste.

a) Die Regelungen der sog. Wegzugsbesteuerung und der Ersatztatbestand des § 6 Abs. 1 [X.]atz 2 [X.] sollen sicherstellen, dass dem [X.] Fiskus durch den Wegzug oder den Ersatztatbestand der unentgeltlichen Übertragung in das Ausland kein im Inland entstandener Wertzuwachs entzogen wird. Deshalb erstreckt § 6 [X.] steuersystematisch den Anwendungsbereich des § 17 E[X.]tG auf [X.]achverhalte, in denen es jenseits einer transaktionsbedingten Realisierung der in den Anteilen angesammelten Wertzuwächse nach dem Willen des historischen Gesetzgebers einer vorgelagerten Abrechnung der stillen Reserven bedarf, um das [X.] Besteuerungsrecht hieran abzusichern ([X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], § 6 [X.] Rz 31, m.w.N.).

b) Zwar wurde mit Blick auf § 6 Abs. 1 [X.]atz 1 und [X.]atz 2 Nr. 1 bis Nr. 3 [X.] kritisiert, dass der [X.] u.a. deshalb zu weit reiche, weil er nicht voraussetzt, dass das [X.] Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile im Zuge der Übertragung ausgeschlossen oder zumindest beschränkt wird (vgl. etwa [X.] in [X.]/ [X.]/[X.] [Hrsg.], Unternehmensteuerrecht und Internationales [X.]teuerrecht, Gedächtnisschrift für [X.], 2006, [X.]. 295; [X.] in [X.]/ [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 6 [X.] Rz 38). Allerdings haben diese Erwägungen keinen Eingang in den Gesetzeswortlaut gefunden. Zwar hat der Gesetzgeber durch das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der [X.] und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom 07.12.2006 ([X.], 2782, [X.], 4) mit § 6 Abs. 1 [X.]atz 2 Nr. 4 [X.] einen weiteren Tatbestand in das Gesetz aufgenommen. Danach steht der Beendigung der unbeschränkten [X.]teuerpflicht i.[X.]. des [X.]atzes 2 der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts [X.]s hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile auf Grund anderer als der in [X.]atz 1 oder der in den Nr. 1 bis 3 genannten Ereignisse gleich. Der Gesetzgeber hat aber keinen Zweifel daran gelassen, dass er --wie auch bezogen auf andere Modifikationen des § 6 [X.] (s. [X.]enatsurteil vom 26.04.2017 - I R 27/15, [X.], 300, [X.], 1194)-- das geltende Recht im Übrigen fortbestehen lassen wollte.

[X.]o war für Fallsituationen mit Anwendung eines Abkommens zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung ("[X.]") im ursprünglichen Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom [X.] (BTDrucks 16/2710, [X.]. 21 f.) in § 6 Abs. 1 [X.]-E im [X.]inne eines allgemeinen Entstrickungstatbestands der Ausschluss oder die Beschränkung des [X.] Besteuerungsrechts an den Veräußerungsgewinnen als Tatbestandsvoraussetzung vorgesehen, während in § 6 Abs. 8 [X.]-E für Nicht-[X.] "zur [X.]icherung des [X.]teueraufkommens" die Wegzugsbesteuerung auch ohne Einschränkung des [X.] Besteuerungsrechts ausgelöst werden sollte. Der Gesetzgeber ging offenbar fälschlicherweise davon aus, dass in [X.]n das [X.] Besteuerungsrecht an den Veräußerungsgewinnen stets ausgeschlossen oder beschränkt werde (vgl. [X.], Internationales [X.]teuerrecht --[X.]-- 2019, 672, 674). [X.] durch die [X.]tellungnahme des [X.] ([X.] 542/06, [X.]. 11 ff.) und die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 08.11.2006 (BTDrucks 16/3315, [X.]. 48 ff.) nahm der Gesetzgeber davon aber wieder Abstand und fügte "in Fortführung des geltenden Rechts" § 6 Abs. 1 [X.]atz 2 Nr. 4 [X.] in das Gesetz ein. Er schuf insoweit neben dem Grundtatbestand in § 6 Abs. 1 [X.]atz 1 [X.] und den [X.] in § 6 Abs. 1 [X.]atz 2 Nr. 1 bis 3 [X.] mit der dortigen Nr. 4 einen Auffangtatbestand, der "alle sonstigen Fälle erfasst, in denen [X.] nach einem Doppelbesteuerungsabkommen den Veräußerungsgewinn freistellen oder die ausländische [X.]teuer anrechnen muss [...]" (BTDrucks 16/3369, [X.]. 14). Es ging dem Gesetzgeber insoweit um die "Abrundung der bisherigen Ersatztatbestände" (vgl. BTDrucks 16/3369, [X.]. 14). Damit wollte er erkennbar auch weiterhin Fälle in die Wegzugsbesteuerung einbeziehen, in denen es nicht zu einem Ausschluss oder einer Beschränkung des [X.] Besteuerungsrechts an den Veräußerungsgewinnen kommt ([X.], [X.] 2019, 672, 674).

c) § 6 Abs. 1 [X.]atz 2 Nr. 4 [X.] eröffnet insoweit nicht die Möglichkeit, das dortige Tatbestandsmerkmal des Ausschlusses bzw. der Beschränkung des Besteuerungsrechts [X.]s hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in die vorrangig zu prüfenden Tatbestände des § 6 Abs. 1 [X.]atz 1 und [X.]atz 2 Nr. 1 bis 3 [X.] hineinzulesen ([X.]/[X.]/[X.], § 6 [X.] Rz 29; [X.], [X.] --[X.]-- 2012, 509, 515; a.A. [X.] in [X.]/[X.]/ [X.]/[X.], a.a.[X.], § 6 [X.] Rz 156; Müller-Gosoge in [X.], [X.]/[X.], 3. Aufl., § 6 [X.] Rz 60; [X.], Unternehmensnachfolge und Wegzugsbesteuerung, 2013, [X.]. 42). Die Formulierung in § 6 Abs. 1 [X.]atz 2 Nr. 4 [X.], die dort beschriebene Besteuerungsfolge trete bei Ausschluss oder Beschränkung des Besteuerungsrechts [X.]s hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile "auf Grund anderer als der in [X.]atz 1 oder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Ereignisse" ein, legt gerade nicht nahe, dass die in § 6 Abs. 1 [X.]atz 1 oder in [X.]atz 2 Nr. 1 bis 3 [X.] genannten Ereignisse ebenfalls zu einem Ausschluss oder einer Einschränkung des [X.] Besteuerungsrechts führen müssten. Vielmehr geht es dem Gesetzgeber erkennbar um die Abgrenzung von den genannten Tatbeständen bzw. um deren Ergänzung.

4. Die dem Revisionsbegehren entsprechende einengende Auslegung des § 6 Abs. 1 [X.]atz 2 Nr. 1 [X.] ist auch nicht aus verfassungsrechtlicher [X.]icht geboten (ebenso [X.], a.a.[X.]; Förster in [X.]/[X.]/[X.] [Hrsg.], Nationale und internationale Unternehmensbesteuerung in der Rechtsordnung, Festschrift für [X.], 2016, [X.]. 84; [X.], [X.] 2012, 509, 512; [X.], [X.] 2018, 73, 74; a.A. [X.] in [X.]/ [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 6 [X.] Rz 156; derselbe, [X.] 2011, 521, 522 f. und [X.] 2019, 672, 674; [X.], Wegzugsbesteuerung ohne Wegzug, 2019, [X.]. 183; [X.], a.a.[X.], [X.]. 35 f.; Krawitz/Kalbitzer in [X.]/Tipke/[X.] [Hrsg.], [X.] Rechtsberatung, Festschrift für [X.], 2009, [X.]. 845; [X.], [X.]teuer und Wirtschaft 2000, 369, 374; Müller-Gosoge in [X.], a.a.[X.], § 6 [X.] Rz 59). Denn eine verfassungskonforme Auslegung scheidet aus, wenn sie dem Wortlaut der auszulegenden Norm sowie dem klar erkennbaren Willen des Gesetzes widerspricht (s. z.B. [X.]enatsbeschluss vom 10.04.2013 - I R 80/12, [X.], 483, [X.], 1004).

Es kommt hinzu, dass die Norm zwar das die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit konkretisierende [X.] durchbricht, wonach Wertzuwächse grundsätzlich erst bei einer transaktionsbezogenen Gewinnrealisierung erfasst werden dürfen. Indessen ist eine Abrechnung der vorhandenen stillen Reserven ausnahmsweise bereits ohne Transaktion zulässig, wenn ein späterer [X.] ansonsten nicht mehr oder nur eingeschränkt möglich wäre. § 6 [X.] baut insoweit auf der Unterscheidung zwischen in- und ausländischen Einkünften auf, wie sie auch für andere Bereiche des [X.] Ertragsteuerrechts von Bedeutung ist (vgl. §§ 34c, 34d E[X.]tG, § 26 des Körperschaftsteuergesetzes). Die in § 6 Abs. 1 [X.] getroffene Regelung beschränkt die Besteuerung dabei auf jene stillen Reserven, die nach einem Wegzug bei beschränkter [X.]teuerpflicht im Falle einer Beteiligungsveräußerung als inländische Einkünfte i.[X.]. des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e E[X.]tG erfasst werden könnten, für die jedoch die Vorschriften der Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ([X.]) eine Besteuerung bei nur beschränkter [X.]teuerpflicht häufig ausschließen (vgl. Art. 13 Abs. 4 des Musterabkommens der [X.] [OE[X.]D-Musterabkommen --[X.]--]). § 6 Abs. 1 [X.] verlagert damit lediglich die Besteuerung zeitlich vor, die nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e E[X.]tG grundsätzlich vorgesehen ist ([X.]enatsbeschluss vom 17.12.1997 - I B 108/97, [X.], 30, [X.] 1998, 558; bestätigt durch [X.]enatsurteil vom 25.08.2009 - I R 88, 89/07, [X.], 296, [X.] 2016, 438).

Da nach den den [X.]enat nach § 118 Abs. 2 [X.]O bindenden Feststellungen des [X.] das Vermögen der GmbH, deren Anteile schenkweise übertragen wurden, überwiegend aus (inländischem) Grundvermögen bestand, verblieb das abkommensrechtliche Besteuerungsrecht durch die Art. 13 Abs. 4 des [X.] nachgebildete sog. Immobilienklausel des Art. 13 Abs. 2 Buchst. b des Abkommens zwischen der [X.] und den [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der [X.]teuerverkürzung auf dem Gebiet der [X.]teuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer [X.]teuern vom 29.08.1989 i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung vom 04.06.2008 ([X.], 612, [X.], 784) --[X.]-U[X.]A 1989/2008-- in [X.]. Abweichend zu einer in Art. 13 Abs. 5 [X.] getroffenen Zuweisungsentscheidung (dazu [X.]enatsbeschluss vom 23.09.2008 - I B 92/08, [X.], 73, [X.] 2009, 524) ginge [X.] im [X.]treitfall das [X.] Besteuerungsrecht an dem Gewinn aus einem späteren Verkauf der Anteile an der GmbH daher nicht verloren (vgl. [X.]/[X.], [X.] --[X.]-- 2020, 152, 153).

Indessen bestand aber --was das [X.] zutreffend hervorgehoben hat-- die den sofortigen Besteuerungszugriff rechtfertigende abstrakte Gefahr, dass die GmbH --etwa durch Umschichtung ihres [X.] ihren [X.]harakter als Immobiliengesellschaft verlieren könnte, ohne dass hieran eine Besteuerung in [X.] geknüpft wäre (ebenso [X.], E[X.] 2019, 1362, 1363). Das [X.] [X.]teuerrecht sieht für diese Konstellation keine Entstrickungsnorm vor, weil § 6 Abs. 1 [X.]atz 2 Nr. 4 [X.] auf beschränkt [X.]teuerpflichtige nicht anzuwenden ist ([X.], [X.] 2019, 672, 675; [X.], [X.] 2019, 820, 821; [X.]/[X.], [X.] 2020, 152, 153, m.w.N.). Dem kann bezogen auf die konkrete Konstellation nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, [X.] sei als Anteilseigner der GmbH schon nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e Doppelbuchst. [X.] E[X.]tG in [X.] mit seinen Anteilen an der GmbH, die ihren [X.]itz und den Ort ihrer Geschäftsleitung im Inland hat, beschränkt steuerpflichtig und es sei schon deshalb das (spätere) [X.] Besteuerungsrecht an den Gewinnen aus der späteren Veräußerung der Anteile weder beschränkt noch ausgeschlossen (so aber [X.]/[X.], [X.] 2020, 152, 153; Krawitz/Kalbitzer, a.a.[X.]). Denn nach den Ausführungen im [X.]enatsbeschluss in [X.], 30, [X.] 1998, 558 wird die Besteuerung, die ansonsten nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e E[X.]tG einträte, durch § 6 [X.] zeitlich vorverlagert. Im Übrigen lässt sich auch nicht ausschließen, dass die [X.] Finanzverwaltung von einer späteren Umschichtung des Vermögens der GmbH, ungeachtet der die GmbH treffenden Pflicht zur Abgabe von [X.]teuererklärungen und Jahresabschlüssen, keine (oder erst verspätet) Kenntnis erlangen und deshalb das [X.] Besteuerungsrecht ggf. nicht mehr durchsetzen können würde. Zwar ist es insoweit zutreffend, dass die Veräußerung bzw. Übertragung inländischen Grundbesitzes für den beurkundenden Notar einen anzeigepflichtigen Vorgang i.[X.]. des § 18 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes darstellt ([X.], [X.] 2019, 820, 821 f.). Indessen kann sich eine Vermögensumschichtung auch derart vollziehen, dass dem Betriebsvermögen der GmbH nicht in Immobilien bestehendes Vermögen in einem Maße zugeführt wird, dass die Qualifikation nach Art. 13 Abs. 2 Buchst. b [X.]-U[X.]A 1989/2008 entfällt.

5. Die von der Revision befürwortete einengende Auslegung ist --jedenfalls im [X.]treitfall-- auch nicht unionsrechtlich geboten (so aber [X.] in [X.]/ [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 6 [X.] Rz 181, m.w.N.). Zwar besteht bei einer [X.]chenkung von Anteilen zunächst im Grunde kein Zweifel daran, dass insoweit die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 des [X.] [X.] i.d.F. des [X.] zur Änderung des [X.] [X.], der Verträge zur Gründung der [X.]en sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte --EG--, Amtsblatt der [X.]en 2002, Nr. [X.] 325, 1, jetzt Art. 63 des [X.] Arbeitsweise der [X.] i.d.[X.] zur Änderung des [X.] [X.] und des [X.] [X.] --A[X.]V--, Amtsblatt der [X.] 2008, Nr. [X.] 115, 47) einschlägig ist ([X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 6 [X.] Rz 181; [X.]/[X.], [X.] 2020, 152, 154). Indes ist damit im [X.]treitfall nicht die Folgerung verbunden, die Frage nach der Rechtfertigung der sofortigen Entstrickungsbesteuerung in § 6 [X.] in Fällen, in denen das [X.] Besteuerungsrecht weder ausgeschlossen noch beschränkt wird, nach Maßgabe der Grundsätze des Urteils des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) de Lasteyrie du [X.]aillant vom 11.03.2004 - [X.]-9/02 ([X.]:[X.]:2004:138), die der [X.] in der Rechtssache Wächtler (Urteil vom [X.] - [X.]-581/17, [X.]:[X.]:2019:138) wieder aufgegriffen hat, zu entscheiden (s. [X.], [X.] 2019, 820, 823; [X.], [X.] 2019, 672, 676; [X.]/[X.], [X.] 2020, 152, 154). Denn die sog. [X.]tandstill-Klausel des Art. 64 Abs. 1 A[X.]V ist erfüllt, da angesichts der Übertragung von 56 % der Anteile von O auf [X.] von einer Direktinvestition auszugehen ist und § 6 Abs. 1 [X.]atz 2 Nr. 1 [X.] bezogen auf [X.]chenkungen seit dem maßgebenden [X.]tichtag (31.12.1993) unverändert Bestandteil der Rechtsordnung war. Da die sukzessive Herabsetzung der maßgebenden [X.] angesichts der Ausführungen des [X.] in seinem Urteil X vom [X.] - [X.]-135/17 ([X.]:[X.]:2019:136, Rz 28 ff.) keine wesentliche Änderung der Rechtslage darstellt ([X.], [X.] 2019, 820, 823, m.w.N.; a.[X.], [X.] 2006, 296, 301; [X.], Außensteuergesetz, 2. Aufl., § 6 Rz 119 ff.), kann sich die Klägerin nicht auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen.

6. Es liegt auch kein Verstoß gegen Art. 24 Abs. 1 [X.]-U[X.]A 1989/2008 vor. Die Norm verbietet es zwar jedem Vertragsst[X.]t, [X.]t[X.]tsangehörige des jeweils anderen Vertragsst[X.]ts unter ansonsten gleichen Verhältnissen höher als seine eigenen [X.]t[X.]tsangehörigen zu besteuern. Dieses Verbot greift jedoch im [X.]treitfall schon deshalb nicht ein, weil die [X.]teuerpflicht des O nicht etwa an die [X.]t[X.]tsangehörigkeit, sondern ausschließlich an den Wohnsitz und den gewöhnlichen Aufenthalt des [X.] als Erwerber anknüpft. Dem [X.] ist daher beizupflichten, dass die Besteuerung unter ansonsten gleichen Verhältnissen in derselben Weise erfolgen würde, wenn [X.] nicht [X.]t[X.]tsbürger der U[X.]A wäre, sondern (ausschließlich) die [X.] [X.]t[X.]tsangehörigkeit hätte.

7. Nichts anderes folgt aus Art. XI des Freundschafts-, Handels- und [X.]chifffahrtsvertrags vom 29.10.1954 zwischen der [X.] und den [X.] ([X.] 1956, 488), der ebenfalls auf die [X.]t[X.]tsangehörigkeit abstellt. Der Anwendung dieser Regelung auf den [X.]treitfall steht bereits entgegen, dass nach Art. 1 Abs. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb [X.]-U[X.]A 1989/2008 die Bestimmungen eines anderen Abkommens nur dann für eine Besteuerungsmaßnahme gelten, wenn die zuständigen Behörden übereinkommen, dass die Maßnahme nicht in den Geltungsbereich von Art. 24 [X.]-U[X.]A 1989/2008 fällt. Demnach bildet Art. 24 [X.]-U[X.]A 1989/2008 im Verhältnis der Vertragsst[X.]ten untereinander die einzige Rechtsgrundlage für die Geltendmachung von Ansprüchen auf diskriminierungsfreie Behandlung im Anwendungsbereich des [X.]-U[X.]A 1989/2008 (vgl. [X.]enatsurteil vom 03.09.2020 - I R 80/16, [X.], 353, [X.] 2021, 237).

8. [X.] folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

9. Die Entscheidung ergeht im schriftlichen Verfahren (§ 121 [X.]atz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 [X.]O).

Meta

I R 30/19

08.12.2021

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 28. März 2019, Az: 15 K 2159/15, Urteil

§ 6 Abs 1 S 2 Nr 1 AStG, § 6 Abs 1 S 2 Nr 4 AStG, Art 13 Abs 2 Buchst b DBA USA 1989/2008, Art 24 DBA USA 1989/2008, Art 63 AEUV, Art 56 EG, Art 11 FreundschVtr USA, § 17 Abs 1 S 1 EStG 2009, § 17 Abs 2 EStG 2009, Art 3 Abs 1 GG, EStG VZ 2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.12.2021, Az. I R 30/19 (REWIS RS 2021, 9783)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9783

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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