Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 03.02.2021, Az. 2 C 4/19

2. Senat | REWIS RS 2021, 8978

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Gegenstand

Reichweite der Wissenschaftsfreiheit eines Universitätsprofessors der Medizin im Bereich der Krankenversorgung


Leitsatz

Die Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) gewährleistet einem Universitätsprofessor, dem als Mediziner auch Aufgaben in der Krankenversorgung an einem Universitätsklinikum übertragen worden sind, die Beibehaltung dieser Aufgaben nur insoweit, als sie - quantitativ wie qualitativ - als Anschauungs- und Betätigungsmaterial eine notwendige Voraussetzung für die angemessene Vertretung seines Faches in Forschung und Lehre darstellen. Dazu gehören Leitungsfunktionen nicht.

Tenor

Das Urteil des [X.] vom 21. Februar 2019 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist [X.]sprofessorin für das Fach Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie. Sie wendet sich gegen die Änderung ihres Aufgabenbereichs in der Krankenversorgung.

2

Die Klägerin wurde unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit mit Wirkung vom 1. Juni 2005 für die Dauer von sechs Jahren zur [X.]sprofessorin (Besoldungsgruppe [X.]) an einer [X.] [X.], der Beigeladenen zu 2., ernannt. In der Planstelleneinweisung vom Mai 2005 wird als Funktionsbeschreibung die Stellenausschreibung zugrunde gelegt; in der Stellenausschreibung war u.a. ausgeführt worden, dass mit der Professur die angemessene Vertretung des Faches in Forschung, Lehre und Krankenversorgung verbunden sei und es sich um eine eingeordnete Professur, integriert in zwei Kliniken, handele, die mit der fachaufsichtlichen Leitung der gastroenterologischen Funktions- und Bettenbereiche in mehreren Kliniken verbunden sei. Die Klägerin wurde für den Zeitraum ab Juli 2005 dem [X.], der heutigen Beigeladenen zu 1., zur Dienstleistung zugewiesen. Diese beschloss Anfang März 2011 eine Neustrukturierung des klinischen Bereichs, in dem die Klägerin tätig war.

3

Nachdem der Dekan des Fachbereichs Medizin (des Beigeladenen zu 3.) hierdurch Belange von Forschung und Lehre berührt sah und die Anrufung der [X.] angekündigt hatte, fand am 31. März 2011 ein Gespräch u.a. zwischen dem Präsidenten der [X.], dem Dekan des Fachbereichs und dem damaligen Vorsitzenden der Geschäftsführung des [X.]s statt, bei dem Letzterer die Neustrukturierung erläuterte. Mit Schreiben vom Folgetag an den Präsidenten und den Dekan sicherte er den Umfang der künftigen Befugnisse der Klägerin zu. In einem über das Gespräch vom 31. März 2011 von einer Bediensteten der Beigeladenen zu 2. erstellten Aktenvermerk vom 4. April 2011 wurde festgehalten, dass die [X.] und der Fachbereich Medizin nach den Erläuterungen der Beigeladenen zu 1. davon ausgingen, dass die Aufgaben der Klägerin in Forschung und Lehre durch die Neustrukturierung nicht beeinträchtigt werden. Zu der ursprünglich angekündigten Anrufung der [X.] kam es in der Folgezeit nicht.

4

[X.] ernannte die Klägerin am 26. April 2011 mit Wirkung zum 1. Juni 2011 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zur [X.]sprofessorin (Besoldungsgruppe [X.]). Mit Schreiben vom 27. April 2011 teilte der [X.]spräsident der Klägerin u.a. mit, dass Art und Umfang ihrer durch die ursprüngliche Einweisungsverfügung vom Mai 2005 festgelegten [X.] im Hinblick auf die Neustrukturierung des klinischen Bereichs "vorsorglich mit sofortiger Wirkung - soweit erforderlich unter ausdrücklicher Anpassung der ursprünglichen Funktionsbeschreibung" dem neuen klinischen Aufgabenprofil angepasst werden müssten. In demselben Schreiben wurde die Klägerin in eine freie Planstelle der Besoldungsgruppe [X.] eingewiesen; dabei wurde auf die angepasste Funktionsbeschreibung Bezug genommen.

5

Der Widerspruch der Klägerin "gegen die Planstelleneinweisungsverfügung vom 27.04.2011" blieb erfolglos.

6

Ein Ende März 2011 von der Klägerin gegen die Beigeladene zu 1. angestrengtes Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Neustrukturierung blieb ohne Erfolg ([X.], Beschluss vom 12. Juli 2011 - 1 B 12046/11 - NVwZ-RR 2012, 201). Ein Hauptsacheverfahren schloss sich nicht an.

7

Die erstinstanzlich teilweise erfolgreiche Klage auf Aufhebung des Bescheids vom 27. April 2011, "insoweit hierdurch die Funktionsbeschreibung der Stelle der Klägerin vom 19.05.2005 eingeschränkt wird", ist in der Berufungsinstanz in vollem Umfang abgewiesen worden. Das [X.] hat dieses - das erste - Berufungsurteil auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin aufgehoben und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen (BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2017 - 2 B 107.15 - [X.] 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 141).

8

Der Verwaltungsgerichtshof hat nunmehr - in seinem zweiten Berufungsurteil - die Änderung der Funktionsbeschreibung im Bescheid vom 27. April 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids aufgehoben. Dabei ist er von einer statthaften Anfechtungsklage ausgegangen, weil die angegriffene Änderung der Funktionsbeschreibung ein Verwaltungsakt sei. Zwar gehe es um eine teilweise Beschränkung der Aufgaben der Klägerin in der Krankenversorgung und damit - lediglich - bei einer Zusatzaufgabe zu Forschung und Lehre. Andererseits könne bei medizinischen Hochschullehrern kein scharfer Trennungsstrich zwischen diesen Bereichen gezogen werden. Veränderungen des Aufgabenzuschnitts im Bereich der Krankenversorgung seien eher als Umsetzung einzuordnen. Allerdings bestehe im Fall der Klägerin die Besonderheit, dass ein Teil der von ihr im Bereich der Krankenversorgung wahrzunehmenden Aufgaben - die fachaufsichtliche Leitung gastroenterologischer Funktions- und Bettenbereiche in mehreren Kliniken - in der ursprünglichen Funktionsbeschreibung ausdrücklich aufgeführt sei. Diese ausdrückliche Festlegung vermittele der Klägerin ein subjektives Recht an dem so beschriebenen [X.]. Das folge aus dem Wesen der Funktionsbeschreibung. Die Bestimmung der dienstlichen Aufgaben in der Funktionsbeschreibung habe im Hinblick auf die Wissenschaftsfreiheit grundrechtssichernde Bedeutung. Die Klage sei auch begründet, weil die Änderung der Funktionsbeschreibung bereits formell rechtswidrig sei. Der Präsident der Hochschule sei hierfür nicht zuständig. Die Änderung einer Funktionsbeschreibung sei keine beamtenrechtliche, sondern eine hochschulrechtliche Entscheidung gewesen. Für sie sei das Präsidium der Hochschule zuständig.

9

Hiergegen richten sich die bereits vom Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revisionen des beklagten [X.] und der Beigeladenen zu 1., mit denen diese jeweils beantragen,

das Urteil des [X.] vom 21. Februar 2019 und das Urteil des [X.] vom 28. November 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. zurückzuweisen.

Die Beigeladenen zu 2. und 3. haben keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

Die Revisionen des beklagten [X.] und der Beigeladenen zu 1. sind mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Funktionsbeschreibung ist § 68 Abs. 1 des [X.] ([X.]) in der hier maßgeblichen Fassung vom 14. Dezember 2009 (GVBl. [X.] 666).

Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 [X.] richten sich Art und Umfang der Aufgaben, die Angehörige des wissenschaftlichen Personals nach den §§ 61 bis 67 desselben Gesetzes wahrnehmen, nach der Ausgestaltung des Dienstverhältnisses sowie nach der Funktionsbeschreibung der Stelle. Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 [X.] steht diese Festlegung unter dem Vorbehalt einer Überprüfung in angemessenen Abständen. Neben der selbstständigen Wahrnehmung ihres Fachs in Wissenschaft, Kunst, Lehre und Forschung (§ 61 Abs. 1 Satz 1 [X.]) kann es zu den wahrzunehmenden Aufgaben der Professoren gemäß § 61 Abs. 1 Satz 3 [X.] auch gehören, in medizinischen und anderen Einrichtungen mitzuwirken, die mittelbar Forschung und Lehre dienen. Dem entsprechend umfasste die ursprüngliche, der [X.] erteilte Funktionsbeschreibung wie nun die streitgegenständliche, abgeänderte Funktionsbeschreibung vom 27. April 2011 gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] auch Art und Umfang der Aufgaben der Klägerin im Bereich der Krankenversorgung, die sie aufgrund ihrer auf § 123a Abs. 2 des Beamtenrechtsrahmengesetzes (BRRG) und § 25a Abs. 5 Satz 4, Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 des Gesetzes für die [X.] [X.]skliniken (UniKlinG [X.]) vom 15. Dezember 2005 (GVBl. [X.] 843) gestützten Zuweisung zur Dienstleistung an die Beigeladene zu 1. bei dieser erfüllt.

1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die ausschließlich den Bereich der Krankenversorgung betreffende Änderung der der [X.] erteilten Funktionsbeschreibung sei als Verwaltungsakt zu qualifizieren - mit der Folge, dass die Klage der Klägerin als Anfechtungsklage statthaft ist -, überspannt die Tragweite der Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und verletzt deshalb Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

a) Für die Reichweite der Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG bei auch in der Krankenversorgung tätigen Professoren der Hochschulmedizin gelten die in der Rechtsprechung des [X.] entwickelten Grundsätze (grundlegend Beschluss vom 8. April 1981 - 1 BvR 608/79 - [X.] 57, 70 <95 ff.>; vgl. auch Beschluss vom 24. Juni 2014 - 1 BvR 3217/07 - [X.] 136, 338 Rn. 55):

aa) Hiernach liegen die Hauptaufgaben der Hochschulen - und damit auch des dort tätigen wissenschaftlichen Personals - auf dem Gebiet der Forschung und Lehre. Daneben können nach den Hochschulgesetzen der Länder den Hochschulen damit zusammenhängende weitere Aufgaben übertragen werden. Die Krankenversorgung ist eine derartige, der [X.] zusätzlich übertragene staatliche Aufgabe. Dies hat rechtliche Folgen für die Stellung der Hochschullehrer, die in der Krankenversorgung an der [X.] tätig werden. Soweit sie Kranke in [X.]skliniken behandeln, sind sie nicht in erster Linie akademische Forscher und Lehrer. Vielmehr ist die Krankenversorgung auch für den einzelnen medizinischen Professor eine Zusatzaufgabe, die neben seine Aufgabe, die medizinische Forschung und Lehre zu betreiben, tritt.

Aus dieser besonderen Stellung der Krankenversorgung sowohl im Aufgabenbereich der [X.] als auch im Tätigkeitsfeld des einzelnen medizinischen Hochschullehrers ergibt sich, dass der Bereich der Krankenversorgung nicht ohne weiteres den verfassungsrechtlichen Garantien unterliegt, welche im Bereich der Selbstverwaltung wissenschaftsrelevanter Angelegenheiten und im Rahmen der Tätigkeit des Hochschullehrers in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre Geltung beanspruchen. Das Grundrecht des an der [X.] tätigen Wissenschaftlers aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG betrifft zunächst nur dessen wissenschaftliche Arbeit und Entfaltung in den der [X.] gestellten, den Kernbereich akademischer Selbstverwaltung bildenden Aufgaben in Forschung und Lehre. So wie die [X.] als solche im Bereich der Krankenversorgung eine staatliche Aufgabe wahrnimmt, ist auch die Stellung des medizinischen Hochschullehrers bei der Krankenversorgung nicht diejenige des rein wissenschaftlich tätigen akademischen Forschers und Lehrers, sondern die eines neben anderen Ärzten in die ärztliche Krankenhausorganisation eingegliederten Mediziners.

Daraus folgt, dass Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG dem beamteten medizinischen Hochschullehrer keinen Anspruch auf Beibehaltung einer bestimmten Tätigkeit im Bereich der Krankenversorgung vermittelt, erst Recht keinen Anspruch auf eine Leitungsfunktion. Veränderungen bei den wahrzunehmenden Aufgaben in der Krankenversorgung sind mangels Außenwirkung keine Verwaltungsakte, sondern nach den Grundsätzen der Umsetzung zu behandeln.

bb) Ein Anspruch auf Beibehaltung des bisherigen Aufgabenbereichs in der Krankenversorgung ergibt sich im Streitfall auch nicht aufgrund der vom Berufungsgericht angeführten (vermeintlichen) Besonderheiten des Falls der Klägerin.

Das Berufungsgericht verweist darauf, dass in der ausdrücklichen Festlegung eines bestimmten Aufgabenbereichs in der Krankenversorgung in der ursprünglichen Funktionsbeschreibung vom Mai 2005 eine Besonderheit zu sehen sei, die der Klägerin ein Recht am [X.] auch bezogen auf die Krankenversorgung vermittle. An diese Auslegung der erwähnten Funktionsbeschreibung durch das Berufungsgericht ist der Senat in tatsächlicher Hinsicht nicht gebunden (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO). Sie ist rechtsfehlerhaft, weil sie gegen Auslegungsgrundsätze verstößt und auf einer unvollständigen Würdigung der Tatsachen beruht (stRspr, vgl. zuletzt etwa [X.], Urteil vom 21. Februar 2019 - 2 C 50.16 - [X.] 230 § 126 BRRG Nr. 27 Rn. 15 m.w.N.). Die Bedeutung, die das Berufungsgericht der erwähnten Funktionsbeschreibung (auch) hinsichtlich der Aufgaben eines medizinischen Hochschulprofessors in der Krankenversorgung mit der Begründung ihrer grundrechtssichernden Funktion für die Wissenschaftsfreiheit beimisst, verkennt nicht nur den dargestellten Gewährleistungsgehalt des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Das Berufungsgericht hat zudem unberücksichtigt gelassen, dass die Funktionsbeschreibung vom Mai 2005 - entsprechend der gesetzlichen Regelung des § 68 Abs. 1 [X.] - einen Vorbehalt der Überprüfung in angemessenen Zeitabständen enthält. Dieser voraussetzungslose Überprüfungsvorbehalt schließt es aber gerade aus, dass ausnahmsweise ein Anspruch auf Beibehaltung eines einmal übertragenen Tätigkeitsbereichs im Bereich der Krankenversorgung entsteht. Ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont (§ 133 BGB analog) musste die Klägerin mit einer turnusmäßigen Überprüfung und damit Änderung des Aufgabenbereichs in der Krankenversorgung rechnen.

cc) Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass sich im Fachbereich Humanmedizin Forschung, Lehre, Ausbildung und Krankenversorgung überschneiden. In der täglichen Praxis lässt sich kein scharfer Trennungsstrich zwischen der wissenschaftlichen Tätigkeit eines medizinischen Hochschullehrers in Forschung und Lehre einerseits und seiner Arbeit in der Krankenbehandlung an seiner Klinik andererseits ziehen. Die Krankenversorgung ist der [X.] gerade deshalb als zusätzliche Aufgabe übertragen, weil sie in engem Zusammenhang mit der Entwicklung der medizinischen Wissenschaft steht. Die in der Krankenversorgung gewonnenen Erkenntnisse bilden eine wichtige Grundlage für die Forschung und Lehre im medizinischen Bereich, sowohl auf diagnostischem wie auf therapeutischem Gebiet; akademische Lehre in der Medizin lässt sich ohne Demonstration am Krankenbett kaum durchführen. In der täglichen Praxis des medizinischen Hochschullehrers werden sich daher seine wissenschaftlichen Aufgaben und seine Aufgaben in der Krankenversorgung oft vermischen.

Aus dieser Verflechtung folgt, dass das Grundrecht des medizinischen Hochschullehrers aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG auf Wissenschaftsfreiheit auch bei seiner Tätigkeit in der Krankenbehandlung und -versorgung nicht gänzlich ausgeklammert werden darf (vgl. [X.], Beschluss vom 8. April 1981 - 1 BvR 608/79 - [X.] 57, 70 <98 f.>). Dies verlangt, dass Aufgaben in der Krankenversorgung, die einem Hochschullehrer übertragen werden, diesem hinreichendes Anschauungs- und Betätigungsmaterial bieten, das es ihm erlaubt, seine Rechte in Forschung und Lehre angemessen wahrzunehmen. Hierzu gehört ein für die angemessene Vertretung des Fachs in Forschung und Lehre - in quantitativer wie qualitativer Hinsicht - hinreichendes Maß an ärztlicher Tätigkeit in Diagnostik und Therapie, einschließlich der Befugnis zur Sichtung und Auswertung klinischer Daten. Dies betrifft zunächst die Art der übertragenen Aufgaben, d.h. die Aufgabenwahrnehmung in der die Professur betreffenden medizinischen Fachrichtung - etwa hier: Innere Medizin - und innerhalb der Fachrichtung in der jeweiligen Fachspezialisierung - hier: Gastroenterologie. Dasselbe gilt für das Spektrum der Aufgaben, d.h. die Bandbreite der Aufgaben des jeweiligen [X.] der medizinischen Fachrichtung. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 28. November 2013 ([X.] ff.) - zutreffend - auf eine Reihe von insoweit relevanten Gesichtspunkten hingewiesen: eine hinreichende Patientenzahl, eine hinreichende Anzahl von selbst vorzunehmenden Untersuchungen, den Zugang zu Patientendaten und den Zugang zu Patienten am Krankenbett, um diese für eine Aufnahme in den Forschungs- und Lehrbereich zu werben. Hingegen gehören Leitungsfunktionen von vornherein nicht zu diesem notwendigen Bereich; Forschung und Lehre im Sinne des oben beschriebenen grundrechtlich geschützten Gewährleistungsgehalts sind - jedenfalls grundsätzlich - unabhängig von der hierarchischen Einordnung des Hochschullehrers in die Organisation der Krankenversorgung möglich.

dd) Soweit Aufgaben in der Krankenversorgung über diesen für Forschung und Lehre notwendigen Bereich hinausgehen, gelten für einen beamteten Hochschullehrer keine anderen Regeln als für einen Beamten, der sich nicht auf die Wissenschaftsfreiheit, Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, berufen kann. Ihm steht ein auf sein Statusamt bezogener Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung zu, der von Art. 33 Abs. 5 GG geschützt ist. Der Beamte hat einen Anspruch auf Übertragung eines seinem Amt im statusrechtlichen Sinne entsprechenden funktionellen Amtes, eines "amtsangemessenen Aufgabenbereichs" ([X.], Beschluss vom 3. Juli 1985 - 2 BvL 16/82 - [X.] 70, 251 <266>; [X.], Urteile vom 11. Juli 1975 - 6 C 44.72 - [X.]E 49, 64 <67 f.>, vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 - [X.]E 150, 1 Rn. 25 und vom 19. Mai 2016 - 2 C 14.15 - [X.]E 155, 182 Rn. 21). Dementsprechend können Beamte verlangen, dass ihnen [X.] - zum einen ein abstrakt-funktionelles und zum anderen ein konkret-funktionelles Amt, d.h. ein entsprechender Dienstposten - übertragen werden, deren Wertigkeit ihrem Amt im statusrechtlichen Sinne entspricht ([X.], Urteile vom 22. Juni 2006 - 2 C 26.05 - [X.]E 126, 182 Rn. 9, vom 18. September 2008 - 2 C 8.07 - [X.]E 132, 31 Rn. 14 und vom 19. Mai 2016 - 2 C 14.15 - [X.]E 155, 182 Rn. 21). Zum Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung gehört ein Anspruch auf einen bestimmten Aufgabenkreis innerhalb des statusgemäßen Aufgabenspektrums, nicht aber auf hierin nicht zwingend angelegte Leitungsfunktionen. Dementsprechend steht dem Beamten auch kein Anspruch auf Beibehaltung seines Aufgabenbereichs zu und hat die Veränderung seines Aufgabenbereichs als Umsetzung auch keine regelnde Außenwirkung und damit keinen Verwaltungsaktcharakter (grundlegend: [X.], Urteil vom 22. Mai 1980 - 2 C 30.78 - [X.]E 60, 144).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen halten die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Verwaltungsaktqualität der Änderung der Funktionsbeschreibung aus dem [X.] betreffend die Aufgaben in der Krankenversorgung revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand. Das Berufungsgericht verkennt die Tragweite des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG dadurch, dass es die der [X.] übertragenen Aufgaben in der Krankenversorgung uneingeschränkt den aus der Wissenschaftsfreiheit folgenden Maßgaben unterstellt, also im Bereich der Krankenversorgung nicht zwischen dem für Forschung und Lehre unerlässlichen Mindestbestand und dem darüberhinausgehenden Bereich unterscheidet.

2. Auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen kann der Senat über das Klagebegehren nicht abschließend entscheiden, so dass die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden muss (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Für das erneute Berufungsverfahren weist der Senat darauf hin:

Das Begehren der Klägerin ist und war im gesamten gerichtlichen Verfahren auf Durchsetzung ihres Anspruchs auf amtsangemessene Beschäftigung als Hochschulprofessorin im Bereich der Krankenversorgung gerichtet, den sie durch die im [X.] vorgenommene Änderung der Funktionsbeschreibung von 2005 beeinträchtigt sieht (vgl. schon [X.], Beschluss vom 24. Januar 2017 - 2 B 107.15 - [X.] 11 Art 33 Abs. 5 GG Nr. 141 Rn. 10). Dieses Begehren, das von dem Klageantrag der Klägerin erfasst ist (§ 88 VwGO), ist mit der Leistungsklage zu verfolgen, gerichtet auf Verurteilung des beklagten [X.] zur Gewährleistung einer amtsangemessenen Beschäftigung im Bereich der Krankenversorgung, ggf. unter Aufhebung der Funktionsbeschreibung aus dem [X.], wenn und soweit diese dem Begehren entgegensteht.

Für dieses Begehren ist das beklagte Land passivlegitimiert, weil die Klägerin als Hochschullehrerin im [X.]dienst steht (§ 60 Abs. 1 Satz 1 [X.]) und die Verpflichtung zur amtsangemessenen Beschäftigung den Dienstherrn auch im Rahmen der Zuweisung an eine private Einrichtung (§ 123a Abs. 2 BRRG, § 25a Abs. 5 Satz 4 UniKlinG [X.]) trifft. Für den Dienstherrn handelt der Präsident der [X.], der Dienstvorgesetzter des Personals der Hochschule ist (§ 38 Abs. 1 Satz 2 [X.]), in Wahrnehmung seiner staatlichen Aufgabe in Personalangelegenheiten (§ 60 Abs. 1 Halbs. 2 [X.]).

Der Anspruch der Klägerin aus Art. 33 Abs. 5 GG auf amtsangemessene Beschäftigung als [X.]sprofessorin ([X.]) geht nicht weiter als ihr Anspruch aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG auf angemessene Vertretung ihres Faches in Forschung und Lehre, einschließlich der insoweit erforderlichen Aufgabenwahrnehmung bei der Krankenversorgung. Einem Hochschullehrer ist hiernach im Bereich der Krankenversorgung ein angemessener Tätigkeitsbereich zu garantieren, der nach Umfang und Inhalt eine hinreichende Grundlage an medizinischen Erkenntnissen dafür bietet, dass der Hochschullehrer sein Fach in Forschung und Lehre vertreten kann (vgl. oben Rn. 23).

Nach diesen Maßgaben wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob der in der Funktionsbeschreibung aus dem [X.] festgelegte Tätigkeitsbereich der Klägerin im Bereich der Krankenversorgung der Beigeladenen zu 1. nach Inhalt und Umfang eine hinreichende Grundlage dafür bietet, dass sie ihr Fach Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie in Forschung und Lehre angemessen vertreten kann. Für die Beurteilung dieser Frage bedarf es als Grundlage der rechtlichen Bewertung (auch) medizinischer Sachkunde, über die die Gerichte regelmäßig nicht verfügen, so dass es hier wohl eines Sachverständigengutachtens bedarf.

Sollte sich ergeben, dass die Änderung der Funktionsbeschreibung im [X.] einer amtsangemessenen Beschäftigung der Klägerin entgegensteht, weil die dort vorgesehenen Aufgaben in der Krankenversorgung hinter dem für Forschung und Lehre Notwendigen zurückbleiben, müsste das Berufungsgericht die Änderung der Funktionsbeschreibung insoweit aufheben. Sollte sich ergeben, dass die Änderung der Funktionsbeschreibung im [X.] einer amtsangemessenen Beschäftigung der Klägerin nicht entgegensteht, die praktische Umsetzung aber hinter dem Geregelten zurückbleibt, müsste ggf. - auf einen dies aufgreifenden Antrag der Klägerin - zur entsprechenden Umsetzung verurteilt werden. Der Präsident der [X.] müsste dann mit den ihm zustehenden Befugnissen die Umsetzung dieser Verpflichtung sicherstellen.

Der Senat weist weiter darauf hin, dass er mit Blick auf die den an dem Gespräch vom 31. März 2011 beteiligten Vertretern von Hochschule und Fakultät gegebenen Erläuterungen nebst nachfolgender schriftlicher Zusicherung der Beigeladenen zu 1. und mit Blick auf die sodann unterbliebene Anrufung der [X.] davon ausgeht, dass bei der Umstrukturierung des klinischen Bereichs im [X.] alle für den vorliegenden Streitgegenstand erforderlichen hochschulrechtlichen Beteiligungserfordernisse erfüllt worden sind. Gegen das in tatsächlicher Hinsicht anzunehmende Einvernehmen des Fachbereichs Medizin hat die Klägerin auch nicht um gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht, weder mit einem gegen den Fachbereich gerichteten Eilverfahren gemäß § 123 VwGO noch in der Hauptsache mit einer allgemeinen Leistungsklage gemäß § 43 Abs. 2 VwGO. Ihr Ende März 2011 gestellter Eilantrag richtete sich allein gegen die Beigeladene zu 1.

Schließlich weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht die zwischen zwei Senaten des [X.] streitige Frage der Einordnung der Änderung der Funktionsbeschreibung als beamtenrechtliche oder als hochschulrechtliche Entscheidung - sollte sie aus der Sicht des Berufungsgerichts weiterhin entscheidungsrelevant sein - jedenfalls nicht mit der Begründung des im vorliegenden Revisionsverfahren angegriffenen und nunmehr aufgehobenen Berufungsurteils offen lassen kann, dass eine Anrufung des Großen Senats des [X.] deshalb entbehrlich sei, weil letztlich das [X.] entscheide. Das wird der gesetzlichen Vorgabe des § 12 i.V.m. § 11 Abs. 2 VwGO ersichtlich nicht gerecht.

Meta

2 C 4/19

03.02.2021

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 21. Februar 2019, Az: 1 A 710/17, Urteil

Art 33 Abs 5 GG, Art 5 Abs 3 S 1 GG, § 68 Abs 1 HSchulG HE

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 03.02.2021, Az. 2 C 4/19 (REWIS RS 2021, 8978)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8978

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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