Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2011, Az. 4 StR 576/10

4. Strafsenat | REWIS RS 2011, 9528

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 576/10 vom 10. Februar 2011 in der Strafsache gegen Nachschlagewerk: ja [X.]St: nein Veröffentlichung: ja BtMG § 29 Abs. 4 Hat der Täter Betäubungsmittel vorsätzlich eingeführt oder vorsätzlich damit Handel getrieben, scheidet eine tateinheitliche fahrlässige Einfuhr von oder ein tateinheitli-ches fahrlässiges Handeltreiben mit einer vom Vorsatz nicht erfassten Teilmenge dieser Betäubungsmittel durch dieselbe Handlung aus. § 29 Abs. 4 BtMG kommt dann nicht zur Anwendung. [X.], Urteil vom 10. Februar 2011 - 4 StR 576/10 - [X.] - 2 - wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. [X.] 3 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 10. Februar 2011, an der teilgenommen haben: Vorsitzender [X.] am [X.] [X.], [X.]in am [X.] Roggenbuck, [X.] am [X.] [X.], [X.], [X.]als beisitzende [X.], Staatsanwältin beim [X.]

als Vertreterin der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 4 - 1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 12. August 2010 wird verworfen. 2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Ausla-gen des Angeklagten hat die Staatskasse zu tragen. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Be-täubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln jeweils in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und das sichergestellte Heroin eingezogen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg. 1 I. 1. Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen: Am 19. April 2010 wollte sich der in [X.] lebende Angeklagte in [X.] einen zum Verkauf stehenden Pkw ansehen. Er machte sich mit einem VW-Kleintransporter und einem Anhänger zum [X.] auf den Weg. Bei einer Pause in der Nähe der [X.] wurde er von einem Unbekannten angespro-chen, ob er sich 5.000 • verdienen wolle. Er müsse etwas, das in die rechte Tür seines Fahrzeugs eingebaut werde, nach [X.] bringen. Angesichts der Höhe der Entlohnung erklärte sich der Angeklagte dazu bereit, obwohl er nicht ausschloss, dass er größere Mengen Drogen transportieren sollte. Der Einbau 2 - 5 - von 54 Paketen zu je ca. 250 g Heroin hinter der Beifahrertürverkleidung und von 146 Paketen zu je ca. 250 g Heroin im Frontbereich fahrerseitig erfolgte in seiner Abwesenheit. Am 20. April 2010 wurde der Angeklagte gegen 12.30 Uhr auf der Autobahn [X.] in der Nähe von [X.] kontrolliert und das [X.] wurde sichergestellt. Das [X.] hat bei der Strafzumessung die große Menge von [X.] 50 kg Heroin mit einem Wirkstoffgehalt von 70 % [X.], hat dem Angeklagten aber einschränkend zu [X.] gehalten, dass sich sein (bedingter) Vorsatz nur auf das in der Beifahrertür eingebaute Heroin, also etwa ein Viertel der Gesamtmenge, bezogen habe. 3 2. Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer Revision, dass das [X.] nicht geprüft habe, ob der Angeklagte hinsichtlich der 146 Pakete im [X.] fahrlässig gehandelt habe (§ 29 Abs. 4 BtMG), was zu einem höheren Schuldgehalt der Tat führe. Aber auch für eine auf 13,5 kg Heroin ge-richtete Vorsatztat sei die vom [X.] verhängte Strafe unvertretbar milde. [X.] Das vom [X.] nicht vertretene Rechtsmittel der [X.] hat keinen Erfolg. 5 1. Der Schuldspruch hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Eine tatein-heitliche Verwirklichung des § 29 Abs. 4 BtMG mit den §§ 30 Abs. 1 Nr. 4 und 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht. 6 Dieselbe Tathandlung kann bei Verletzung desselben Rechtsguts nicht gleichzeitig als vorsätzliche und als fahrlässige angesehen werden ([X.], 129; [X.], Beschluss vom 16. Juni 1997 [X.] 2 StR 231/97, [X.], 493). [X.] - 6 - satz und Fahrlässigkeit schließen einander schon begrifflich aus, sie stehen allerdings in einem normativ-ethischen Stufenverhältnis ([X.], Beschluss vom 18. August 1983 [X.] 4 StR 142/82, [X.]St 32, 48, 57), so dass bei unklarer Be-weislage nach dem Grundsatz —in [X.] pro reofi wegen Fahrlässigkeit verurteilt werden kann (Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil Band I, 4. Aufl. § 24 Rn. 79). Eine Idealkonkurrenz zwischen vorsätzlichem und fahrlässigem Verhalten ent-steht bei einer Handlung nicht dadurch, dass der Täter die Folgen des [X.] nur teilweise gewollt und teilweise fahrlässig herbeigeführt hat ([X.], 129). Selbst bei einem zweiaktigen Tatgeschehen ist die fahrlässige Begehung eines Delikts gegenüber der am selben Objekt begangenen vollendeten vor-sätzlichen im Schuldspruch nicht zum Ausdruck zu bringen. Vielmehr ist die fahrlässige Begehungsform subsidiär ([X.], Urteil vom 30. März 1993 [X.] 5 StR 720/92, [X.]St 39, 195, 199; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB, 28. Aufl. [X.]. §§ 52 ff. Rn. 119; vgl. auch [X.], Urteil vom 31. März 1955 [X.] 4 StR 51/55, [X.]St 7, 287, 289 [Tatmehrheit]). Ist die Einfuhr von oder das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln durch eine Handlung vorsätzlich vorgenommen worden, scheidet eine durch Fahrläs-sigkeit herbeigeführte Einfuhr von oder ein fahrlässiges Handeltreiben mit [X.] durch diese Handlung aus. § 29 Abs. 4 BtMG kommt dann nicht zur Anwendung. 8 Im vorliegenden Fall liegt bezüglich der Gesamtmenge des in dem Transporter versteckten Rauschgifts lediglich eine Handlung des Angeklagten vor: Er hat den Wagen unverschlossen abgestellt und ist später mit dem darin von anderen eingebauten Rauschgift nach [X.] gefahren. Diese Hand-lung lässt sich nach dem oben Ausgeführten nicht deshalb in zwei tateinheitli-che Delikte aufspalten, weil der Angeklagte hinsichtlich der Menge des [X.] Rauschgifts teilweise vorsätzlich und teilweise fahrlässig gehandelt 9 - 7 - hat. Zwar können sich verschiedene Straftatbestände des [X.] auf Teilmengen einer Gesamtrauschgiftmenge beziehen, etwa beim Er-werb von Rauschgift zum Eigenkonsum und zum Handeltreiben. Im vorliegen-den Fall kämen aber nicht hinsichtlich der Tathandlung verschiedene [X.], sondern nur solche zur Anwendung, die sich allein in der Schuldform unterscheiden. Insoweit scheidet eine Aufteilung aus. Für eine Ausurteilung des fahrlässig verursachten zusätzlichen Erfolges im Schuldspruch besteht auch kein kriminalpolitisches Bedürfnis. Bei der Strafzumessung kann die Einfuhr einer größeren Menge, als der Täter sich vorgestellt hat, im Falle fahrlässigen Handelns ohnehin strafschärfend berücksichtigt werden ([X.], Urteil vom 6. September 1995 [X.] 2 StR 310/95, [X.], 90; Urteil vom 21. April 2004 [X.] 1 [X.]). 2. Auch die Strafzumessung weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Der im Rahmen der Strafzumessung verwendeten Formulierung ist zu [X.], dass das [X.] die Gesamtmenge des Heroins berücksichtigt, der vom Vorsatz umfassten Menge aber besonderes Gewicht beigemessen hat. Dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen ist auch zu entnehmen, dass der Angeklagte hinsichtlich des im Frontbereich versteckten Heroins zumindest fahrlässig gehandelt hat ([X.], Urteil vom 6. September 1995 [X.] 2 StR 10 - 8 - 310/95, [X.], 90; Urteil vom 21. April 2004 [X.] 1 [X.]). Schließlich ist die verhängte Strafe aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundes-anwalts vom 12. November 2010 noch nicht unvertretbar milde. Ernemann Roggenbuck [X.] Mutzbauer Bender

Meta

4 StR 576/10

10.02.2011

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2011, Az. 4 StR 576/10 (REWIS RS 2011, 9528)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9528

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