Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.08.2014, Az. 8 AZR 619/13

8. Senat | REWIS RS 2014, 3333

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(Betriebsübergang - mehrere Betriebsübergänge - Adressat des Widerspruchs nach § 613a Abs 6 BGB)


Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 23. April 2013 - 1 [X.]/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Frage, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis nach mehreren [X.] und mehreren Widersprüchen der Klägerin gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses besteht.

2

Die Klägerin war 1991 in die Dienste der Rechtsvorgängerin der [X.] getreten, sodann arbeitete sie ab 1995 bei der [X.], einem bundesweit tätigen [X.]elekommunikationsunternehmen, dort zuletzt im Callcenter [X.] Ihre monatliche Bruttovergütung betrug damals ca. 3.300,00 Euro.

3

Der Beschäftigungsbetrieb der Klägerin ging am 1. September 2007 von der [X.] auf die „[X.]“ ([X.]) über. Darüber war die Klägerin durch ein Unterrichtungsschreiben der [X.] vom 26. Juli 2007 informiert worden. Die Klägerin erhob damals keinen Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses. Sie arbeitete nach dem Betriebsübergang für die [X.], mit der sie weder einen neuen Arbeitsvertrag noch andere [X.]ereinbarungen geschlossen hat.

4

Mit Datum vom 25. Oktober 2008 wurde die Klägerin von der [X.] und einer [X.] ([X.]) über einen weiteren Betriebsübergang von der [X.] auf die [X.] unterrichtet, der am 1. Dezember 2008 stattfand. Auch diesem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die [X.] widersprach die Klägerin zunächst nicht. Sie unterschrieb am 30. Dezember 2009 einen ihr von [X.] vorgelegten neuen Arbeitsvertrag, demzufolge sich ihre Arbeitsbedingungen änderten. Die [X.]ergütung wurde abgesenkt, die wöchentliche Arbeitszeit erhöht und die Zusage zur betrieblichen Altersversorgung wurde zurückgenommen. In § 1 des neuen Arbeitsvertrages wird ua. bestimmt:

        

„Dieser Arbeitsvertrag regelt abschließend und vollständig die individualrechtlichen Rechte und Pflichten zwischen den Parteien mit Wirkung ab dem 01.01.2010. Er löst die bis dahin bestehenden individuellen Regelungen vollständig ab, insbesondere gelten in dem Arbeitsverhältnis seit dem 01.01.2010 keine tarifvertraglichen Regelungen kollektivrechtlich oder individualrechtlich.“

5

Mit Urteil vom 26. Mai 2011 (- 8 [X.] -) entschied der Senat zu einem wortgleichen Unterrichtungsschreiben der [X.], ebenfalls vom 26. Juli 2007, aber ein anderes Arbeitsverhältnis betreffend, dass die Unterrichtung fehlerhaft war.

6

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2011 an die Beklagte ließ die Klägerin Widerspruch gegen den „Betriebsübergang des Arbeitsverhältnisses von der Kundenniederlassung bzw. der [X.] auf die [X.] gemäß Betriebsübergang vom 01.09.2007“ einlegen. Sie berief sich dabei auf die durch die Senatsentscheidung vom Mai 2011 festgestellte Fehlerhaftigkeit der diesbezüglichen Unterrichtung.

7

Ebenfalls unter dem 20. Oktober 2011 ließ die Klägerin durch ein weiteres, an [X.] gerichtetes Schreiben Widerspruch gegen den zweiten Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der [X.] auf die [X.] einlegen. Sie erhob gegen [X.] Klage auf Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis mit [X.] „über den [X.] hinaus“ bestehe. Die Klage wurde abgewiesen, das Urteil wurde rechtskräftig ([X.], Urteil vom 1. August 2012 - 7 [X.]/12 -).

8

Zudem forderte die Klägerin mit einem dritten, auf den 20. Oktober 2011 datierten Schreiben die [X.] auf, die bei der [X.] gültigen [X.]arifverträge anzuwenden:

        

„Außerdem sind ab sofort auch die [X.]arifverträge der [X.] auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden, d.h. das Arbeitsverhältnis ist danach zu leben. Danach beträgt die Arbeitszeit wöchentlich 34 Stunden, die Erholungszeiten sind zu gewähren, die Zuschläge sind zu berücksichtigen, etc.

        

Wir haben Sie aufzufordern, die [X.]arifverträge der [X.] anzuwenden und den vergangenen Zeitraum wie angesprochen abzurechnen.“

9

Mit Schriftsatz vom 30. Juli 2012 wertete die Klägerin dieses Schreiben als Anfechtung des mit [X.] geschlossenen Arbeitsvertrages vom 30. Dezember 2009. Sie sei durch Drohung und [X.]äuschung zum Abschluss bewegt worden. Die Bestimmungen des [X.]ertrages seien intransparent, was gleichfalls zur Unwirksamkeit führe.

Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 28. August 2013 wurde die [X.] umfirmiert in „[X.] O GmbH“, was am 3. September 2013 in das Handelsregister eingetragen wurde (HRB des [X.]). Über deren [X.]ermögen wurde nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters unter dem 10. Oktober 2013 am 16. Januar 2014 das Insolvenzverfahren eröffnet ([X.]).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, wegen der fehlerhaften Unterrichtung vom 26. Juli 2007 über den ersten Betriebsübergang von der [X.] auf [X.] habe die Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht zu laufen begonnen. Eine [X.]erwirkung komme nicht in Betracht, weil es jedenfalls an dem erforderlichen Umstandsmoment fehle. Auf den Abschluss des Arbeitsvertrages mit der [X.] könne sich die Beklagte insoweit nicht berufen, da jener [X.]ertrag angefochten und auch aus anderen Gründen unwirksam sei. Im Übrigen habe die Beklagte von diesem [X.]ertrag keine Kenntnis gehabt. Eine Zurechnung des Wissens des in der Kette von [X.] letzten Arbeitgebers komme mit Blick auf die Beklagte als ersten Arbeitgeber nicht in Betracht.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass zwischen den Parteien über den 1. September 2007 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht.

Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte vor allem damit begründet, das Widerspruchsrecht der Klägerin sei verwirkt. Zudem habe sich die Klägerin widersprüchlich verhalten, indem sie alle drei potenziell in Betracht kommenden Arbeitgeber, also die Beklagte, [X.] und [X.], zeitgleich mit eigenständigen Ansprüchen konfrontiert und sich dabei darauf berufen habe, jeweils zum Anspruchsgegner in einem Arbeitsverhältnis zu stehen. Nach rechtskräftiger Abweisung ihrer Feststellungsklage gegen die [X.] sei es der Klägerin verwehrt, dem früheren Übergang des Arbeitsverhältnisses von der [X.] auf die [X.] zu widersprechen. Durch rechtskräftiges Urteil sei die [X.] als ihr alleiniger Arbeitgeber bestätigt worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte vor dem [X.] keinen Erfolg. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet. Einen Widerspruch gegen den früheren Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der [X.] auf die [X.] konnte die Klägerin, deren Arbeitsverhältnis mittlerweile mit [X.] besteht, nicht mehr einlegen, § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB.

A. Das [X.] hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Klage sei zulässig. Es bestehe ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der von ihr behaupteten Rechtsbeziehung zur [X.]. Jedoch sei die Klage unbegründet. Zwar sei der Widerspruch der Klägerin vom 20. Oktober 2011 gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der [X.] auf die [X.] nicht verfristet gewesen, weil das diesen Betriebsübergang betreffende Unterrichtungsschreiben, wie vom Senat anderweitig entschieden, fehlerhaft gewesen sei und die Frist zur Erklärung des Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses nicht in Lauf zu setzen vermocht habe.

Die Klägerin habe aber ihr Recht zum Widerspruch verwirkt. Nach 51 Monaten könne durchaus von einer [X.]erwirklichung des Zeitmoments ausgegangen werden. Mit dem Abschluss des neuen Arbeitsvertrages zu Sanierungszwecken sei das Arbeitsverhältnis mit [X.] auf eine neue Grundlage gestellt worden. Dadurch habe die Klägerin mit dem nächsten Übernehmer eine Disposition über das Arbeitsverhältnis als Ganzes getroffen und das Umstandsmoment verwirklicht. Die Disposition gegenüber dem Zweiterwerber des Betriebes müsse einer Disposition gegenüber dem Ersterwerber gleichstehen. Dies müsse insbesondere bei „Kettenübergängen“ gelten, obwohl zwischen [X.]eräußerer und Zweiterwerber keine [X.]erantwortungsgemeinschaft bestehe. Denn eine [X.]erabsolutierung des [X.]ertrauensmerkmals führe dazu, dass mit dem [X.] eine [X.]erwirkung entweder dauerhaft ausgeschlossen oder von der zufälligen Information des Erstveräußerers abhängig gemacht werde. Es genüge daher die Abkehr vom bisherigen Arbeitsverhältnis unabhängig von der Kenntnis des ursprünglichen Arbeitgebers davon.

Die Klägerin habe den neuen Arbeitsvertrag mit [X.] nicht wirksam angefochten. Es fehle schon an einer hinreichend deutlichen Anfechtungserklärung, jedenfalls an einem Anfechtungsgrund. Der [X.]ertrag sei auch nicht aus anderen Gründen, etwa wegen eines [X.]erstoßes gegen das [X.]ransparenzgebot, unwirksam.

B. Der Senat folgt dem im Ergebnis. In Konstellationen wie der vorliegenden stellt sich die Frage der [X.]erwirkung des Widerspruchsrechts jedoch schon deswegen nicht, weil nach dem Gesetz die betroffenen Arbeitnehmer nicht Widerspruch gegen den Übergang ihres mittlerweile bei einem Nacherwerber bestehenden Arbeitsverhältnisses auf einen Ersterwerber einlegen können.

I. Die Klage ist zulässig, weil die Klägerin das notwendige Feststellungsinteresse iSv. § 256 ZPO hat. Das Feststellungsinteresse im [X.]erhältnis zur [X.] entfiel nicht deshalb, weil die Klägerin zwischenzeitlich und alternativ Dritte auf die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses in Anspruch genommen hat. Den von einem infrage stehenden Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmern steht es frei, den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses gegenüber den verschiedenen, in Betracht kommenden Arbeitgebern geltend zu machen ([X.] 10. Mai 2012 - 8 [X.] - Rn. 22). Das Feststellungsinteresse als Zulässigkeitsvoraussetzung ist insoweit unabhängig von der materiellen Rechtslage zu beurteilen, die zudem noch einer rechtlichen Klärung bedarf.

II. Ihren Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses am 1. September 2007 auf die [X.] hat die Klägerin unter dem 20. Oktober 2011 gegenüber der [X.] erklären lassen. Entgegen § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB erfolgte damit der Widerspruch nicht gegenüber dem „neuen Inhaber“ - [X.] - oder „dem bisherigen Arbeitgeber“ ([X.]), sondern gegenüber der [X.] als einer früheren Arbeitgeberin. Eine solche Widerspruchsmöglichkeit besteht nach dem Gesetz nicht.

1. Das Widerspruchsrecht nach § 613a BGB gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses infolge Betriebsübergangs ist zwar in der Richtlinie 2001/23/[X.] vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. [X.] vom 22. März 2001 S. 16) nicht ausdrücklich geregelt, jedoch in der Rechtsprechung des [X.] anerkannt (ua. [X.] 16. Dezember 1992 - C-132/91, [X.]/91 und [X.]/91 - [[X.] ua.] Rn. 30 ff. [X.], Slg. 1992, [X.]). Der Inhalt jenes Rechts ist unionsrechtlich nicht ausgestaltet; die Rechtsfolgen eines Widerspruchs für das Arbeitsverhältnis richten sich somit nach nationalem Recht (ua. [X.] 16. Dezember 1992 - [X.], [X.]/91 und [X.]/91 - [[X.] ua.] Rn. 37, aaO).

2. Der Widerspruch gegenüber einem ehemaligen Arbeitgeber ist nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht möglich. „Bisheriger“ Arbeitgeber in der Situation, in der sich die Klägerin im Oktober 2011 nach zwei Betriebsübergängen befand, wäre im Sinne des Gesetzes die [X.] gewesen. „Bisher/ig“ bedeutet: „bis jetzt“ ([X.] Deutsches Wörterbuch S. 703 [1980]); „von einem unbestimmten Zeitpunkt an bis zum heutigen [X.]ag“ ([X.] [X.] [X.] 3. Aufl. S. 607); „bislang/bis jetzt/bis heute/bis dato/bis zum heutigen [X.]age/bis zur jetzigen Stunde“ ([X.]). Bezogen auf einen Betriebsübergang also ist der „bisherige Arbeitgeber“ derjenige, der vor dem aktuellen Arbeitgeber den Betrieb innehatte. Die derzeitige Arbeitgeberin der Klägerin, die [X.], ist „neue Inhaberin“ iSd. § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB, da sie beim letzten Betriebsübergang den Betrieb erworben hat. Zur [X.] steht die Klägerin im Zeitpunkt der Erklärung ihres Widerspruchs nicht mehr in einer, auch nicht in einer durch § 613a Abs. 6 BGB vermittelten arbeitsrechtlichen oder sonstigen vertragsrechtlichen Beziehung. Die Beklagte war bei Zugang des Widerspruchs nicht „bisheriger“ Arbeitgeber, sondern hatte diese Eigenschaft lange vor dem Widerspruch am 1. Dezember 2008 durch den Betriebsübergang von [X.] auf [X.] (an [X.]) verloren. [X.] verlor durch diesen weiteren Betriebsübergang ihren Status als „neue Inhaberin“ und wurde zur „bisherigen Arbeitgeberin“.

3. Dem entspricht die Gesetzesbegründung (B[X.]-Drs. 14/7760 S. 20) für das Widerspruchsrecht. Mit der Würde des Menschen, dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und dem Recht auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 1, 2 und 12 GG) wäre es unvereinbar, wenn ein Arbeitnehmer verpflichtet würde, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hatte ([X.] 22. April 1993 - 2 [X.] -; [X.] 16. Dezember 1992 - [X.], [X.]/91, [X.]/91 - [[X.] ua.] Rn. 32, Slg. 1992, [X.]). Im Zeitpunkt des Widerspruchs konnte jedoch die Würde der Klägerin nicht mehr dadurch beeinträchtigt werden, dass sie für die [X.] zu arbeiten hatte, die sie nicht frei gewählt hat. Denn die Arbeitspflicht der Klägerin für die [X.] bestand nur bis zum 30. November 2008, seit 1. Dezember 2008 besteht sie gegenüber der [X.] infolge des weiteren Betriebsübergangs.

4. Auch systematische Überlegungen führen zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch nur gegenüber dem „bisherigen“ Inhaber oder „dem neuen Inhaber“, den letzten Übergang des Arbeitsverhältnisses betreffend, erklärt werden kann, nicht jedoch gegenüber vormaligen Arbeitgebern oder alten Inhabern wegen früherer Betriebsübergänge.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] und der herrschenden Auffassung im Schrifttum ist das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB ein Gestaltungsrecht in Form eines Rechtsfolgenverweigerungsrechts (vgl. zuletzt [X.] 16. April 2013 - 9 [X.] 731/11 - Rn. 29, [X.]E 145, 8; 6. Juli 2011 - 4 [X.] 501/09 - Rn. 80; 2. April 2009 - 8 [X.] 178/07 - Rn. 28; 19. Februar 2009 - 8 [X.] 176/08 - Rn. 22 [X.], [X.]E 129, 343). Gestaltet werden kann nur ein bestehendes Rechtsverhältnis, dh. das Arbeitsverhältnis, das bei Ausübung des Widerspruchs besteht. Im Falle des Widerspruchs durch die Klägerin war das das Arbeitsverhältnis mit [X.]. Mit [X.] war sie nur noch als „bisherige Arbeitgeberin“ verbunden. Mit anderen Worten: Die Klägerin hätte zwar einen Widerspruch an die [X.] in ihrer Eigenschaft als „bisherige Arbeitgeberin“ richten können, dieser hätte aber den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von [X.] auf [X.] betroffen. Die [X.] dagegen als „neue Inhaberin“ oder die Beklagte als „früheren Arbeitgeber“ mit der Ausübung eines Gestaltungsrechts zu konfrontieren geht ins Leere, weil die vormalige Rechtsbeziehung der Klägerin nach dem Betriebsübergang auf [X.] nicht mehr besteht.

b) Der Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass das Widerspruchsrecht als Gestaltungsrecht in Form eines Rechtsfolgenverweigerungsrechts durch Erklärung des Widerspruchs vorrangig inhaltlich zum Ausdruck bringt, dass der Arbeitnehmer nicht zum neuen Inhaber mit dem Arbeitsverhältnis wechseln will. Diesen Unwillen zu wechseln kann er auch gegenüber dem „bisherigen Arbeitgeber“ erklären, ohne damit zugleich zum Ausdruck zu bringen, dass er hinsichtlich eines vorausgegangenen ersten Betriebsübergangs einen Widerspruch nicht mehr erklären wird ([X.] 26. Mai 2011 - 8 [X.] 18/10 - Rn. 35). Hat die Klägerin mit dem am 20. Oktober 2011 erklärten Widerspruch somit gesagt: „Ich will nicht zur [X.] wechseln“, so ging diese Erklärung ins Leere, denn am 20. Oktober 2011 ist die Klägerin schon längst nicht mehr bei der [X.], sondern bei [X.] beschäftigt, und dies seit dem 1. September 2008, § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB.

5. Eine analoge Anwendung des § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB in Form auch eines gegenüber einem früheren Arbeitgeber bestehenden Widerspruchsrechts kommt nicht in Betracht. Es fehlt bereits an einer planwidrigen Regelungslücke (ausführlich dazu [X.] 10. Dezember 2013 - 9 [X.] 51/13 - Rn. 23). Nach der Zielsetzung des Gesetzes besteht keine Widerspruchsmöglichkeit im [X.]erhältnis zu einem „früheren Arbeitgeber“. Dem Gesetzgeber ist das Phänomen der in der Praxis nicht seltenen „Kettenbetriebsübergänge“ seit Langem bekannt. Gleichwohl hat er davon abgesehen, eine Widerspruchsmöglichkeit gegenüber vorangegangenen Arbeitgebern einzuräumen. Zudem gibt es kein Bedürfnis für eine Analogiebildung. Das Fehlen eines Widerspruchsrechts gegenüber einem „früheren Arbeitgeber“ verletzt weder den allgemeinen Gleichheitssatz, noch führt dies zu [X.] (vgl. [X.] 10. Dezember 2013 - 9 [X.] 51/13 - Rn. 23). Der Gesetzgeber hat den Arbeitnehmer zur Wahrung seiner (Grund-)Rechte darauf verwiesen, zunächst gegen den letzten Übergang seines Arbeitsverhältnisses vorzugehen. Unterlässt er dies oder erweist sich sein entsprechendes [X.]orgehen als fruchtlos, so hat er den in der Kette letzten Arbeitgeber im Sinne der Gesetzesbegründung „frei gewählt“, seine Privatautonomie wurde gewahrt. Jener [X.]ertragspartner ist ihm dann nicht mehr „aufgezwungen“ worden.

III. Die Klägerin kann sich vorliegend auch nicht darauf berufen, dass sie zeitgleich mit dem gegenüber der [X.] eingelegten Widerspruch auch dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von [X.] auf [X.] widersprochen habe. Denn dieser Widerspruch ist rechtskräftig für unwirksam befunden worden.

1. Zeitgleich mit dem gegenüber der [X.] erklärten Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf [X.] hat die Klägerin gegenüber [X.] auch Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf [X.] einlegen lassen. Sodann hat die Klägerin eine weitere Klage gegen [X.] auf Feststellung erhoben, dass ihr Arbeitsverhältnis mit [X.] „über den [X.] hinaus“ bestehe. Diese Klage wurde durch rechtskräftiges Urteil des [X.] abgewiesen (Urteil vom 1. August 2012 - 7 [X.]/12 -). Infolge dessen blieb das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei ihrem letzten Arbeitgeber, [X.]. Die an die Beklagte gerichtete Erklärung ging ins Leere.

2. Bei dieser Sachlage ist nicht zu entscheiden, ob die Klägerin bei Wirksamkeit ihres Widerspruchs gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf [X.] noch wirksam einen Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der [X.] auf [X.] - die in diesem Fall dann wieder „neue Inhaberin“ iSd. § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB geworden wäre - hat erklären können (vgl. [X.] 24. April 2014 - 8 [X.] 369/13 - Rn. 21). Der [X.]ersuch der Klägerin, mittels des weiteren Widerspruchs die Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses mit [X.] über den 1. Dezember 2008 hinaus zu bewirken und dieses Rechtsverhältnis gerichtlich feststellen zu lassen, ist rechtskräftig abschlägig beschieden worden. Dies muss die Klägerin gegen sich gelten lassen. Sie kann daher gegenüber der [X.] nicht behaupten, tatsächlich bestehe ihr Arbeitsverhältnis mit [X.] fort und im [X.]erhältnis zu dieser sei die Beklagte „bisherige Arbeitgeberin“ iSd. § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB.

I[X.]. Da der von der Klägerin erklärte Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der [X.] auf [X.] unbeachtlich ist, kommt es auf die Frage, ob und wodurch die Klägerin das Recht, einen solchen Widerspruch zu erklären, verwirkt haben könnte, nicht an.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Wroblewski    

        

    Wein    

                 

Meta

8 AZR 619/13

21.08.2014

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Gera, 18. September 2012, Az: 2 Ca 217/12, Urteil

§ 613a Abs 1 BGB, § 613a Abs 6 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.08.2014, Az. 8 AZR 619/13 (REWIS RS 2014, 3333)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 189 REWIS RS 2014, 3333

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

3 Sa 251/17

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.