Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2013, Az. III ZR 323/12

III. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 3997

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 323/12

Verkündet am:

18. Juli 2013

B o t t

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

BGB § 839 A, [X.]; [X.] ([X.]: 14. April 1998) § 111 Abs. 4, § 117; [X.] §
1
a)
Aus der [X.] des Staates können sich auch gegenüber einem kommunalen (Vor-)Zweckverband Amtspflichten zur sachgemäßen Ausübung die-ser Aufsicht ergeben (im [X.] an Senatsurteil vom 12. Dezember 2002 -
III ZR 201/01, [X.], 198). Die sich aus einer Verletzung dieser Pflichten erge-benden Amts-
oder Staatshaftungsansprüche eines [X.] gehen auf den Zweckverband über, sobald dieser wirksam entstanden ist.
b)
Diese Haftungsgrundsätze gelten auch für [X.] Zweckverbände, sofern sich das Fehlverhalten der [X.] während der Geltungsdauer (bis 30. Dezember 2002) des § 117 [X.] in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. April
1998 ereignet hat.
c)
Ist das Landratsamt als untere staatliche Behörde für die [X.] zu-ständig, so hängt in [X.] die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit (Landkreis oder Land), sofern sich das Fehlverhalten der [X.] während der Geltungsdauer (bis 30. Dezember 2002) des § 111 [X.] in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.
April 1998 ereignet hat, davon ab, wer [X.] des handelnden Amtsträgers ist.
[X.], Urteil vom 18. Juli 2013 -
III ZR 323/12 -
OLG [X.]

[X.]
-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
18.
Juli 2013
durch den Vizepräsidenten [X.] sowie die Richter Dr.
Herrmann, [X.],
[X.] und Dr. Remmert

für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 18.
September 2012 auf-gehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger ist ein Zweckverband zur Abwasserentsorgung im Freistaat [X.].
Am 18.
Juni 1992 vereinbarten mehrere Gemeinden eine Verbands-satzung für den Kläger,
die nach Maßgabe einer (eingeschränkten)
Genehmi-gung durch das Landratsamt am 29. Januar 1993 bekannt gemacht wurde. Der
Kläger nahm
im [X.] daran seine Tätigkeit auf. Die Satzung wurde [X.] geändert, zuletzt im Dezember 1996. Nachdem die Verbandsgründung
in der Folgezeit
in mehreren verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen als [X.] angesehen worden war, teilte das [X.] Innenministerium
mit Schrei-1
-

3

-

ben vom 29.
August 2002
-
gerichtet an den Abwasserzweckverband
-
mit, das Verfahren zur Gründung des Verbands müsse "aus [X.]"
wiederholt werden. Im Rahmen des erneuten [X.] genehmigte das Landratsamt unter dem 6.
Dezember 2002 die
im Dezember 1996 be-schlossene Verbandssatzung
wiederum,
die es im Amtsblatt des [X.] vom 18.
Dezember 2002 nebst der Genehmigung öffentlich bekannt machte. Der Kläger erließ sodann
Beitrags-
und Gebührensatzungen, auf deren Grund-lage
er
Beiträge und
Gebühren für von ihm erbrachte Leistungen
erhob.

Mit Urteil vom 28.
September 2009 erklärte das [X.] Oberverwal-tungsgericht die Verbandssatzung des [X.] im Rahmen eines [X.] wegen der in der Hauptsatzung des [X.] enthaltenen
unwirksamen
Bekanntmachungsregelung
ihr[X.]ts für unwirksam.

Das Gründungsverfahren wurde daraufhin nochmals wiederholt,
der Klä-ger wurde mit Wirkung vom 1.
Oktober 2009
ordnungsgemäß gegründet. Er begehrt nunmehr die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung des [X.] (im Folgenden: [X.]r), weil er durch die fehlerhafte Ver-öffentlichung seiner Verbandssatzung und
der Genehmigung der [X.] des [X.] S.

vom 18. Dezember 2002
nicht bereits zu diesem Zeitpunkt ordnungsgemäß entstanden ist. Der [X.] stellt eine vorwerfbare Pflichtverletzung in Abrede und hat die Einrede der [X.] erhoben.

Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung des [X.]n ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der [X.] seinen Klageabweisungsantrag weiter.
2
3
4
-

4

-

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision
ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der [X.] Entscheidung sowie zur Zurückverweisung der Sache an die [X.].

I.

Das
Berufungsgericht
hat
die Feststellungsklage als
zulässig
angesehen, insbesondere ein Feststellungsinteresse angenommen. Dabei sei zu berück-sichtigen, dass
der zunächst fehlerhaft gegründete Zweckverband
kein rechtli-ches "nullum"
sei, sondern
im öffentlichen Recht als körperschaftlich strukturier-ter, nicht rechtsfähiger Verband eigener Art behandelt
werde, der
zivilrechtlich
teilrechtsfähig und im Verwaltungsprozess beteiligtenfähig sei. Bislang erwor-bene zivilrechtliche Rechte und Pflichten
des fehlerhaften Verbands seien
ohne weiteres auf den als öffentlich-rechtliche Körperschaft
konstituierten Kläger
übergegangen. Nach seinem Vorbringen
sei die Wahrscheinlichkeit eines be-reits entstandenen und sich noch entwickelnden Schadens anzunehmen.

In der Sache seien
die Voraussetzungen eines Schadensersatzan-spruchs nach dem in [X.] geltenden Staatshaftungsgesetz gegeben. Die Haftung des [X.]n gründe sich darauf, dass die Voraussetzungen für eine wirksame [X.] und Genehmigung der [X.] durch den Landkreis als Aufsichtsbehörde unzureichend erfolgt sei. Die vor der [X.] notwendige Rechtsprüfung durch die
Rechtsaufsichts-behörde hätte
zur Versagung der Genehmigung aus Rechtsgründen und zur Unterlassung der [X.] führen müssen. Zwar sei die Veröffentli-5
6
7
-

5

-

chungsregelung der Hauptsatzung
des [X.] im Jahre 2002 nicht konkret Prüfungsgegenstand für das Landratsamt gewesen. Dem
[X.]n sei die rechtliche Problematik der Unwirksamkeit jedoch bekannt gewesen und er habe selbst eine Überprüfung "aus Gründen der Rechtssicherheit" initiiert.

In den Schutzbereich dieser
Verpflichtung zu sorgfältiger Prüfung der Bekanntmachungsvoraussetzungen sei auch
der Kläger einbezogen. Denn er
sei auch als Vorverband für den
zu vollziehenden konstitutiven Akt seines Ent-stehens als Körperschaft
des öffentlichen Rechts in eigenen Rechten geschützt. Bei dem
Erlass von Beitrags-, Vorauszahlungs-
und Leistungsbescheiden sei er
existenziell darauf angewiesen, dass seine Gründung wirksam zustande [X.]. Für den geltend gemachten Anspruch sei entgegen der Auffassung des [X.]n die Darlegung des handelnden Mitarbeiters oder Beauftragten des [X.]n nicht erforderlich. Denn er
hafte
für die objektive Rechtswidrigkeit des
im Jahr 2002 geschaffenen Zustands. Die Ansprüche des [X.] seien
auch
nicht verjährt.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1.
Die Ausführungen des
Berufungsgerichts
zur
Zulässigkeit der
erhobenen
Feststellungsklage werden von der Revision nicht beanstandet. Sie sind auch rechtsfehlerfrei.

8
9
10
-

6

-

2.
Zutreffend und von der Revision unangegriffen ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger
Inhaber von möglichen [X.] aufgrund der
fehlerhaften Bekanntmachung und Genehmigung s[X.] Verbandssatzung
ist (Aktivlegitimation).

a) Der Kläger ist nach § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 1 des [X.] Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit
([X.]) vom 11. Juni 1992 (GVBl. S.
232)
in der Fassung
der Bekanntmachung vom 10. Oktober 2001 (GVBl.
[X.]) zwar erst am 1. Oktober 2009 wirksam entstanden.
Die ordnungsgemäße
öffentliche Bekanntmachung seiner Verbandssatzung und ihrer Genehmigung durch das Landratsamt als der nach § 118 Abs. 1 der [X.] Kommunalord-nung
([X.])
in der
Fassung
der Bekanntmachung vom 28. Januar 2003 (GVBl. S. 41),
§
44 Abs.
2 Nr. 3 [X.] hierfür zuständigen
Aufsichtsbehörde
ist erst zu diesem Zeitpunkt erfolgt. [X.] hat es dagegen, wie das [X.] Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 28. September 2009 ([X.] 2010, 285) festgestellt hat, (noch) nicht zu einer wirksamen Entstehung des [X.] kommen können. Gleichwohl hatte er bereits seit dem Jahr 1993
seine Tätigkeit als Abwasserzweckverband aufgenommen
und regelmäßig in den folgenden Jahren ausgeübt. Vor
seiner wirksamen Gründung bestand
der Kläger danach nur als
fehlerhafter
(Vor-)Zweckverband. Insoweit handelt es sich jedoch
nicht um ein rechtliches "nullum", sondern um einen
körperschaft-lich strukturierten, öffentlich-rechtlichen
Verband eigener Art, dem zumindest eine Teilrechtsfähigkeit zukommt (vgl. [X.], Urteil vom 25. Februar 2004
-
4 KO 703/01, juris Rn. 53 ff
mwN). Diese umfasst
jedenfalls
Ansprüche wegen möglicher,
durch die unwirksame Bekanntmachung verursachter
Schäden.

11
12
-

7

-

b) Ansprüche eines solchen
([X.] können, wie das [X.] ebenfalls zutreffend angenommen hat, nach der
erfolgten Geneh-migung der Verbandssatzung und der ordnungsgemäßen Bekanntmachung
sowie
der damit
wirksamen Entstehung des Verbands von ihm
geltend gemacht werden. Ebenso wie bei der
zivilrechtlichen
Haftung des ([X.] (vgl. [X.], Urteil vom 28.
März 1996 -
VII
ZR 228/94, NJW-RR 1996, 853)
ist auch bei
zivil-
oder öffentlich-rechtlichen
Ansprüchen
eine solche Annahme ge-rechtfertigt. Dabei kann dahinstehen, ob -
vergleichbar dem Verhältnis von Vor-GmbH zu GmbH (siehe dazu [X.], Urteil vom 26.
Oktober 1981 -
II
ZR 31/81, NJW 1982, 932, 933) -
eine Gesamtrechtsnachfolge anzunehmen ist oder aber von einer Funktionsnachfolge auszugehen ist (so
[X.], [X.] 2006, 191, 183).

3.
Als
Anspruchsgrundlage für den hier
geltend gemachten Schadenser-satzanspruch
hat das Berufungsgericht zutreffend § 1 Abs. 1 [X.]
in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Oktober 1998 (GVBl. S. 336)
herange-zogen. Danach
tritt für Schäden, die einer natürlichen oder juristischen Person hinsichtlich ihres Vermögens oder ihrer Rechte durch Mitarbeiter oder Beauf-tragte staatlicher oder kommunaler Organe in Ausübung staatlicher Tätigkeit rechtswidrig zugefügt werden, eine
verschuldensunabhängige Haftung des je-weiligen
Organs ein.

a) Anknüpfungspunkt für die Haftung
des beklagten [X.]
ist, dass die [X.] und Genehmigung der Verbandssatzung des [X.] im Jahr 2002 durch die
nach § 111 Abs. 2 und 4, § 117 Abs. 1, § 118 Abs.
1 Satz 1 [X.] (in der noch bis zum 30. Dezember 2002 geltenden Fassung
der Be-kanntmachung vom 14. April 1998, GVBl. S. 73), §
18 Abs. 1, § 19 Abs. 1, § 44 Abs. 1 Nr. 3 [X.]
zuständige Aufsichtsbehörde, nämlich das Landratsamt 13
14
15
-

8

-

S.

als untere staatliche Verwaltungsbehörde,
fehlerhaft war und der Kläger deshalb nicht zum Entstehen gelangen konnte. Dies beruhte nach der für die Zivilgerichte bindenden (vgl. nur Senatsurteil vom 9. Dezember 2004
-
III ZR 263/04, [X.]Z 161, 305, 309) Entscheidung des [X.] Oberverwal-tungsgerichts vom 28. September 2009
darauf, dass die Form der öffentlichen Bekanntmachung von Satzungen in der Hauptsatzung des [X.] (vgl. §
100 Abs.
1 Satz 2 [X.]
a.[X.];
§ 1 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 5 der
[X.] Bekanntmachungsverordnung vom 22. August 1994, GVBl. S. 1045) nicht wirk-sam geregelt war. Auf dieser Grundlage bekannt gemachte
Verbandssatzungen
waren danach
ebenfalls unwirksam.

b) Die Revision meint, es fehle
vorliegend schon deshalb
an einer Amts-pflichtverletzung des Landratsamts, weil für die Rechtmäßigkeitskontrolle der Hauptsatzung des [X.] nach § 118 Abs. 2, § 120 Abs. 1 [X.]
a.[X.]
allein das [X.]verwaltungsamt als Rechtsaufsichtsbehörde des [X.] zuständig gewesen sei, das die
Hauptsatzung
nicht beanstandet habe; deshalb sei das Landratsamt bei der Prüfung, ob die Verbandssatzung zu genehmigen sei,
nicht verpflichtet gewesen, auch die
Wirksamkeit der in der Hauptsatzung enthaltenen
Bekanntmachungsregelung
zu überprüfen. Dem kann nicht gefolgt werden.

Für die Haftung nach §
1 [X.]
ist im Ausgangspunkt allein maßgeb-lich, ob die in Rede stehende Maßnahme sachlich richtig ist und mit der objekti-ven Rechtslage übereinstimmt. Maßgeblich ist nicht ein etwaiges Handlungsun-recht, sondern allein das Ergebnis, nämlich die den gesetzlichen Anforderungen objektiv nicht entsprechende
Form der Bekanntmachung der Verbandsatzung und ihrer Genehmigung
(vgl. Senatsurteil vom 19.
Januar 2006 -
III
ZR 82/05, [X.]Z 166, 22 Rn.
11, 12).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze geht es 16
17
-

9

-

im Streitfall deshalb in erster Linie
um die Aufgabe des zuständigen Landrats-amts,
durch eine wirksame Bekanntmachung der Verbandssatzung und ihrer Genehmigung den Kläger als Körperschaft des öffentlichen
Rechts entstehen zu lassen. In diesem Zusammenhang kommt dem Umstand, dass das [X.] die Hauptsatzung nicht
nach § 120 Abs. 1 [X.] a.[X.]
bean-standet hat, keine maßgebliche Bedeutung zu. Dessen ungeachtet
war
das Landratsamt
nicht von der Pflicht
entbunden, die Grundlagen
für die von ihm zu treffenden Maßnahmen
in der Hauptsatzung selbständig einer Prüfung zu [X.], weil die Gesetzmäßigkeit eigenen Handelns stets zu überprüfen ist. Dies
galt vorliegend umso mehr, als aufgrund von zuvor
ergangenen
verwal-tungsgerichtlichen
Entscheidungen und anschließend erteilter "Handlungsemp-fehlungen"
des [X.] konkreter Anlass für eine eingehende Prü-fung auch und gerade der Frage der richtigen
förmlichen Bekanntmachung be-standen hat.

4.
Der Vor-Zweckverband, dessen Rechtsnachfolge
der Kläger angetreten hat, war auch in den Schutzbereich der
vom Landratsamt im Zusammenhang mit der Verbandsgründung zu beachtenden Amtspflichten einbezogen.

a) In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass Dritter im Sinne des
§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts sein kann. Dies gilt insbesondere im Verhältnis von Gemeinden zu den die Rechtsaufsicht in Selbstverwaltungsangelegenheiten ausübenden Behör-den: Die [X.] des Staates begründet den Gemeinden gegenüber Amtspflichten zur sachgemäßen Ausübung der Aufsicht, weil dadurch auch die Interessen der Gemeinden gefördert und geschützt werden sollen (vgl. nur Se-natsurteil vom 12. Dezember 2002 -
III
ZR 201/01, [X.], 198, 202 f mwN). 18
19
-

10

-

Diese Maßstäbe gelten auch im Anwendungsbereich des [X.] (Senat aaO S. 201).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist auch
vorliegend
von der Stellung des [X.] als Drittem auszugehen. Das Landratsamt
hatte als untere Auf-sichtsbehörde den Erfordernissen der Bekanntmachung und Genehmigung [X.] Verbandssatzung nach den Vorschriften des [X.] Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit Rechnung zu tragen. Die den (Vor-)Zweck-verband begünstigenden Maßnahmen der Genehmigung sowie der Bekannt-machung von Satzung und Genehmigung nach diesem Gesetz zur voll wirksa-men Entstehung des Verbands dienen nicht nur den Interessen
der
den Kläger bildenden Kommunen. Vielmehr sind sie auch in ihrer öffentlich-rechtlichen Verbundenheit in den Schutz einbezogen, denn sie sind von einer Unwirksam-keit der Verbandssatzung
gemeinsam betroffen. Als in den Schutzbereich ein-bezogen ist deshalb
auch der (Vor-)Zweckverband anzusehen. Die Tätigkeit
der Aufsichtsbehörde
soll dabei sicherstellen, dass der Zweckverband auf einer sicheren Grundlage entsteht und seine Aufgaben wirksam erfüllen kann. Beides schafft für den Verband in besonderer Weise einen Verlässlichkeits-
und [X.]
(vergleichbar einer Baugenehmigung, siehe Senatsurteil vom 19. Januar 2006
aaO), wonach er als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Rahmen seiner Aufgabe tätig werden kann.

Allerdings wurde
§
117 [X.] durch Art.
1 Nr.
60 des Gesetzes zur Änderung der [X.] Kommunalordnung und
anderer
Gesetze vom 18.
De-zember 2002
(GVBl. 2002, 467) dahin ergänzt, dass die Aufsicht "im staatlichen Interesse"
erfolge. Diese Gesetzesänderung, die zur "Klarstellung"
vorgenom-men wurde, dass die Rechtsaufsicht keine Schutzwirkung zugunsten der Kom-munen im Sinne des Haftungsrechts entfaltet (vgl. [X.]. 3/2206 [X.]), ist, 20
21
-

11

-

wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, vorliegend noch nicht zu be-rücksichtigen, weil dieses Gesetz erst am 31.
Dezember 2002 in [X.] getreten ist.

5.
Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass der Kläger erst aufgrund des Urteils des [X.] [X.] vom 28.
Sep-tember 2009 die nach § 4 Abs. 2 [X.] für den Beginn der (einjährigen) Verjährungsfrist erforderliche Kenntnis von der Unwirksamkeit der Verbands-satzung und damit der Rechtswidrigkeit seiner Bescheide erhalten
habe, ist vor dem Hintergrund, dass der [X.] selbst sich darauf berufen hat, dass die Entscheidung des [X.] sehr überraschend gekommen sei, nicht zu beanstanden.

6.
Das Berufungsurteil enthält
allerdings keine hinreichenden Feststellun-gen, aus denen sich die
haftungsrechtliche Verantwortung des beklagten [X.] ergibt.

Zu
Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, es sei unerheblich, ob der beim Landratsamt handelnde Mitarbeiter [X.]beamter oder Bediens-teter des [X.] gewesen ist. Die Frage, welche Körperschaft, Landkreis oder Land, bei Pflichtverletzungen von Amtsträgern zu haften hat, beantwortet sich -
soweit nicht der Landrat persönlich gehandelt hat
beziehungsweise
keine besonderen gesetzlichen Regelungen bestehen
-
grundsätzlich nicht nach der Natur der Aufgabe (hier: [X.] als Aufgabe des [X.]), sondern danach, welche Körperschaft den
handelnden Mitarbeiter angestellt hat
(vgl. Senatsurteile vom 14.
Dezember 2006 -
III
ZR 74/06, [X.], 497 Rn.
7
f und
vom 15.
Januar 1987 -
III
ZR 17/85, [X.]Z 99, 326, 330
f
mwN).

22
23
24
-

12

-

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass nach § 111 Abs. 4 Satz 4 [X.] bei der Ausübung der Aufgaben der unteren staat-lichen Verwaltungsbehörde das Land das Haftungsrisiko trägt. Dabei hat es an dieser Stelle übersehen, dass
vorliegend -
da die Genehmigung der Satzung am 6.
Dezember 2002 und ihre Bekanntmachung am 18.
Dezember 2002 er-folgt waren -
für die Beurteilung
der Frage der Passivlegitimation noch
die [X.] Kommunalordnung in der bis zum 30. Dezember 2002 geltenden Fas-sung
zugrunde zu legen
ist. Aus § 111 Abs. 4 Satz 1 [X.] a.[X.] ist zunächst zu entnehmen, dass das Land (unter anderem) zur Wahrnehmung der Aufgabe der staatlichen Aufsicht über die Gemeinden und die Zweckverbände jedem Landratsamt einen [X.]beamten mit der Befähigung
zum höheren Verwal-tungsdienst oder zum Richteramt zuweist; das übrige
Personal stellt der [X.]. Gemäß § 111 Abs. 4 Satz 4 [X.] a.[X.] haftet das Land, wenn der Landrat oder die [X.]bediensteten in Ausübung der staatlichen Aufgaben schuldhaft die ihnen einem anderen gegenüber obliegenden Amtspflichten [X.]. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss -
in Übereinstimmung mit den all-gemeinen [X.] -, dass dann, wenn Kreisbedienstete staatliche Aufgaben fehlerhaft wahrnehmen, stets der Landkreis zu haften hat.

Dass vorliegend der Landrat persönlich oder gegebenenfalls ein dem Landkreis zugewiesener [X.]beamter des höheren Dienstes für die Geneh-migung der Verbandssatzung und die anschließende Bekanntmachung verant-wortlich zeichnete, ist nicht festgestellt und versteht sich nicht von selbst.

25
26
-

13

-

7.
Das Berufungsurteil
kann daher keinen Bestand haben. Da zur Frage der Passivlegitimation des [X.]n noch keine ausreichenden Feststellungen ge-troffen worden sind, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

[X.]
Herrmann
[X.]

[X.]
Remmert
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.07.2011 -
10 O 1377/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 18.09.2012 -
4 [X.] -

27

Meta

III ZR 323/12

18.07.2013

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2013, Az. III ZR 323/12 (REWIS RS 2013, 3997)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3997

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZR 323/12 (Bundesgerichtshof)

Amtshaftungsanspruch eines kommunalen Zweckverbands zur Abwasserentsorgung in Thüringen wegen eines Fehlverhaltens der Kommunalaufsicht während der …


III ZR 74/06 (Bundesgerichtshof)


4 A 142/16 (Verwaltungsgericht Halle)


II ZR 385/98 (Bundesgerichtshof)


II ZR 384/98 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

III ZR 323/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.