Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.10.2018, Az. EnVR 32/17

Kartellsenat | REWIS RS 2018, 3079

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Gegenstand

Anspruch eines Stromnetznutzers auf Einräumung eines individuellen Nutzungsentgelts: Begriff der Nutzung der Betriebsmittel; Erstreckung der Gleichstellung auf die Identität des Netzbetreibers - Chemiepark


Leitsatz

Chemiepark

1. Genutzt im Sinne von § 19 Abs. 3 Satz 1 StromNEV werden alle Betriebsmittel, die eingesetzt werden, um die Entnahmestelle mit der vorgelagerten Netzebene zu verbinden.

2. Die Gleichstellung in § 19 Abs. 3 Satz 4 StromNEV erstreckt sich nicht auf die Identität des Netzbetreibers im Sinne von § 17 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 StromNEV.

Tenor

Die Rechtsbeschwerden gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des [X.] vom 15. März 2017 werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur tragen die Antragsgegnerin zwei Drittel und die Antragstellerin ein Drittel.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 770.000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

A. Die Antragstellerin betreibt in U.    und [X.]     jeweils einen Chemiepark einschließlich des dazu gehörenden [X.]. Die Netze sind an beiden Standorten zum Teil direkt und zum Teil über Betriebsmittel, die im Eigentum der Antragsgegnerin stehen, mit dem von der Beigeladenen betriebenen Übertragungsnetz verbunden.

2

Bis Ende 2013 hatte die Antragstellerin die der Antragsgegnerin gehörenden Betriebsmittel gepachtet. Die Beigeladene rechnete die Netzgebühren für die zum jeweiligen Standort gehörenden Entnahmestellen [X.] ab. Nach Kündigung der Pachtverträge machte die Antragsgegnerin geltend, sie sei ab 1. Januar 2014 an beiden Standorten als Betreiberin eines vorgelagerten Netzes anzusehen; deshalb sei ein Pooling nicht mehr möglich. Sie weigerte sich zudem, der Antragstellerin ein Entgelt für die singuläre Nutzung von zwei mit 110 Kilovolt betriebenen Verbindungsleitungen einzuräumen.

3

In dem daraufhin eingeleiteten Missbrauchsverfahren nach § 31 [X.] stellte die [X.] mit Beschluss vom 2. November 2015 fest, dass die Antragsgegnerin gegen § 19 Abs. 3 Satz 1 [X.] verstößt, indem sie der Antragstellerin für die Nutzung der Transformatoren 11 und 13 sowie der 110-kV-Verbindungsleitungen kein individuelles Netzentgelt einräumt und die betroffenen Entnahmestellen nicht mit der Preisstellung für die Umspannung von Höchst- zu Hochspannung abrechnet. Zugleich verpflichtete sie die Antragsgegnerin, die Netzentgelte unverzüglich in entsprechender Weise zu berechnen. Den weitergehenden Antrag wies sie zurück.

4

Die dagegen eingelegten Beschwerden der Antragstellerin, der Antragsgegnerin und der Beigeladenen sind erfolglos geblieben. Mit ihren vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerden verfolgen die Antragstellerin und die Antragsgegnerin ihr ursprüngliches Begehren in vollem Umfang weiter. Die [X.] tritt beiden Rechtsmitteln entgegen.

5

B. Beide Rechtsmittel sind zulässig, aber unbegründet.

6

I. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

7

Zu Recht habe die [X.] einen Anspruch der Antragstellerin auf Vereinbarung eines individuellen Netzentgelts für die Betriebsmittel in U.    bejaht. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin seien nicht nur die in ihrem Eigentum stehenden Transformatoren 11 und 13 als singulär genutzte Betriebsmittel anzusehen, sondern auch die beiden 110-kV-Leitungen. Außer der Antragstellerin entnähmen keine weiteren Nutzer Elektrizität aus diesen Leitungen.

8

Der Umstand, dass in diese Leitungen auch Strom aus dem an dieselbe Sammelschiene angeschlossenen Hochspannungsnetz der Antragsgegnerin ein- oder rückgespeist werde, führe nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Für die Frage der singulären Nutzung seien nicht alle Betriebsmittel der Hochspannungsebene maßgeblich. Vielmehr sei eine anschlussbezogene Betrachtung vorzunehmen, die allein auf die Nutzung der in Rede stehenden Leitungen abstelle. Dies ergebe sich aus dem in § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] normierten Grundsatz, dass die Netzentgelte nach dem transaktionsunabhängigen [X.] zu bilden seien, und aus § 17 Abs. 2 [X.], wonach sich das Entgelt pro Entnahmestelle berechne. Nach dem Sinn und Zweck dieser Regelungen sei der konkrete Lastfluss unerheblich. Entgeltpflichtig sei nur die Entnahme von Elektrizität aus dem Netz.

9

Die anschlussbezogene Betrachtung stehe in Einklang mit dem Sinn und Zweck von § 19 Abs. 3 Satz 1 [X.]. Diese Regelung solle einen doppelten Leitungsbau vermeiden. Eine Berücksichtigung anderer Betriebsmittel der Antragsgegnerin sei auch nicht unter dem Aspekt der Kostenverursachungsgerechtigkeit geboten. Dabei könne offen bleiben, ob die Einspeisung aus dem Netz der Antragsgegnerin auf die Sammelschiene für eine (n-1)-sichere Versorgung erforderlich sei. Die Herstellung einer solchen Versorgung liege in der Verantwortung der Antragsgegnerin.

Zu Recht sei die [X.] ferner zu dem Ergebnis gelangt, dass die Antragsgegnerin das Entgelt für die betroffenen Entnahmestellen nicht nach der Preisstellung für Hochspannung, sondern nach der Preisstellung für die Umspannung von Höchst- zu Hochspannung abzurechnen habe. Dem Sinn und Zweck von § 19 Abs. 3 Satz 1 [X.] entspreche es, den Letztverbraucher so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er die ausschließlich von ihm genutzten Betriebsmittel selbst errichten würde. Im Streitfall würde ein [X.] unter diesen Voraussetzungen in [X.] der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung erfolgen.

Ebenfalls zu Recht habe die [X.] eine [X.]e Abrechnung der Entnahmestellen an den beiden Standorten als unzulässig angesehen. Dabei könne offen bleiben, ob die Entnahmestellen sich auf derselben Spannungsebene befänden. Jedenfalls seien sie nicht mit dem Netz desselben Betreibers verbunden.

Nach § 19 Abs. 3 Satz 4 [X.] sei die Antragstellerin zwar an beiden Standorten abrechnungstechnisch so zu stellen, als befänden sich auch die Anschlüsse an das Netz der Antragsgegnerin in der von der Beigeladenen betriebenen Ebene der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung. Diese [X.] erstrecke sich aber nur auf die Netz- oder Umspannebene, nicht auf das in § 17 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 [X.] normierte Erfordernis, dass die Entnahmestellen mit dem Netz desselben Betreibers verbunden sein müssten.

Der insoweit eindeutige Wortlaut von § 17 Abs. 2a [X.] sei einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich. Dafür spreche auch die Verordnungsbegründung. Diese enthalte den Hinweis, dass in den Fällen des § 19 Abs. 3 [X.] die jeweilige Abrechnungsebene als Netzanschlussebene im Sinne von § 17 Abs. 2a Satz 1 Nr. 3 [X.] gelte. Hinsichtlich des Netzbetreibers finde sich ein entsprechender Hinweis nicht.

Eine Erstreckung der [X.] auf den Netzbetreiber sei auch nicht durch den Sinn und Zweck von § 17 Abs. 2a [X.] geboten. Diese Vorschrift diene anders als § 19 Abs. 3 Satz 4 [X.] nicht in erster Linie der Vermeidung unnötiger Doppelstrukturen. Ihr Zweck bestehe vielmehr darin, einen Nutzer durch alternative Entgeltbildung dafür zu entlohnen, dass der Netzbetreiber nur solche Netzstrukturen vorhalten müsse, die für die Summe der zu erwartenden Höchstlast aus den [X.]en Entnahmestellen zu erwarten sei. Solche Einsparmöglichkeiten träten aber nur ein, wenn es die [X.]situation physikalisch erlaube. Im Streitfall könne eine Kostenentlastung, wie auch die Antragstellerin einräume, nur im Netz der Beigeladenen eintreten.

Vor diesem Hintergrund komme auch eine entsprechende Anwendung von § 17 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 [X.] auf die im Streitfall zu beurteilende [X.]konstellation nicht in Betracht.

II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.

1. Zu Recht ist das Beschwerdegericht zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der Berechnung des Nutzungsentgelts für den Standort U.    nicht nur die Transformatoren 11 und 13, sondern auch die Verbindungsleitungen von diesen zur Sammelschiene der Beigeladenen als singulär genutzte Betriebsmittel im Sinne von § 19 Abs. 3 [X.] anzusehen sind.

Nach § 19 Abs. 3 Satz 1 [X.] ist ein angemessenes Entgelt festzulegen, wenn ein Nutzer sämtliche in einer Netz- oder Umspannebene von ihm genutzten Betriebsmittel ausschließlich selbst nutzt. Diese Voraussetzungen liegen, wie das Beschwerdegericht zu Recht entschieden hat, am Standort U.    nicht nur hinsichtlich [X.] der Umspannung von Hoch- zu Mittelspannung vor, sondern auch hinsichtlich [X.] der Hochspannung. Die Antragstellerin darf deshalb für die Nutzung der Transformatoren 11 und 13 und der genannten Verbindungsleitungen gemäß § 19 Abs. 3 Satz 2 [X.] lediglich ein an den individuell zurechenbaren Kosten der genutzten Betriebsmittel orientiertes Entgelt in Rechnung stellen. Hinsichtlich der weiteren Entgeltbestandteile muss sie die Antragstellerin so stellen, als sei diese direkt an [X.] der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung angeschlossen.

a) Nach den Feststellungen des [X.] und dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten ist der Standort U.    in der nachfolgend dargestellten Weise an vorgelagerte Netze angeschlossen:

Abbildung

Danach nutzt die Antragstellerin am Netzknoten 2 die im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Transformatoren 11 und 13 für die Umspannung von Hoch- zu Mittelspannung (110/25 kV) und zwei ebenfalls der Antragsgegnerin gehörende, mit 110 Kilovolt betriebene Verbindungsleitungen zum [X.] an die im Eigentum der Beigeladenen stehende Sammelschiene und den mit dieser verbundenen Transformator 21 zur Umspannung von Höchst- zu Hochspannung (220/110 kV). An diese Sammelschiene sind weitere zum Hochspannungsnetz der Antragsgegnerin gehörende Betriebsmittel angeschlossen.

b) Damit nutzt die Antragstellerin alle von ihr genutzten Betriebsmittel in [X.] der Hochspannung ausschließlich selbst.

aa) Wie auch die Antragsgegnerin im Ansatz nicht verkennt, ist für die Frage, welche Betriebsmittel ein Kunde nutzt, auf die jeweilige Entnahmestelle abzustellen. Dies sind im Streitfall die auf der Seite der Mittelspannung liegenden Anschlüsse der Transformatoren 11 und 13.

Zur Verbindung dieser Entnahmestelle mit der Sammelschiene am Transformator 21 dienen die Transformatoren 11 und 13 und die beiden mit Hochspannung betriebenen Leitungen. Diese Betriebsmittel werden ausschließlich von der Antragstellerin genutzt.

bb) Den Umstand, dass an der Sammelschiene weitere Betriebsmittel der Antragsgegnerin angeschlossen sind, hat das Beschwerdegericht zu Recht als unerheblich angesehen. Diese Betriebsmittel werden von der Antragstellerin nicht genutzt.

Wie die Antragsgegnerin im Ansatz zu Recht geltend macht, sind für die Frage, welche Betriebsmittel eines Netzes ein Kunde nutzt, allerdings nicht nur diejenigen Betriebsmittel relevant, die dem [X.] der jeweiligen Entnahmestelle an das betreffende Netz dienen. Genutzt im Sinne von § 19 Abs. 3 Satz 1 [X.] werden vielmehr alle Betriebsmittel, die eingesetzt werden, um die Entnahmestelle mit der vorgelagerten Netzebene zu verbinden.

Dazu gehören im Streitfall lediglich diejenigen Betriebsmittel, die die Entnahmestelle der Antragstellerin mit der Sammelschiene beim Transformator 21 verbinden. Folglich ist die Verbindung der Entnahmestelle zur vorgelagerten Netzebene schon durch die Transformatoren 11 und 13 und die beiden Verbindungsleitungen hergestellt. Die anderen an diese Sammelschiene angeschlossenen Betriebsmittel der Antragsgegnerin tragen dazu nicht bei.

Vor diesem Hintergrund hat es das Beschwerdegericht zu Recht als unerheblich angesehen, ob und in welchem Umfang über die anderen an die Sammelschiene angeschlossenen Betriebsmittel der Antragsgegnerin Strom in das Netz der Antragstellerin eingespeist wird und ob diese Möglichkeit erforderlich ist, um die gesetzlichen Anforderungen an die Versorgungssicherheit zu erfüllen. Selbst wenn solche Einspeisungen erfolgen und die betreffende Möglichkeit aus Gründen der Versorgungssicherheit unerlässlich ist, führt dies nicht dazu, dass die Antragstellerin die genannten Betriebsmittel nutzt. Die Einspeisung erfolgt nämlich jedenfalls über die Sammelschiene und damit über den Verbindungspunkt mit der vorgelagerten Netzebene. Ein Kunde, der in dieser Weise mit der vorgelagerten Netzebene verbunden ist, mag von Betriebsmitteln eines anderen Netzes, die solche Einspeisungen ermöglichen oder die erforderliche Versorgungssicherheit gewährleisten, profitieren. Dies reicht für eine Nutzung im Sinne von § 19 Abs. 3 [X.] indes nicht aus (dazu auch [X.], Beschlüsse vom 9. Oktober 2018 - [X.] 42/17 Rn. 13 ff.; [X.] 43/17 Rn. 12 ff.).

cc) Dieses Ergebnis steht in Einklang mit dem Sinn und Zweck von § 19 Abs. 3 [X.].

§ 19 Abs. 3 [X.] dient dem Zweck, einen doppelten Leitungsbau zu vermeiden und dem Grundsatz der Verursachungsgerechtigkeit der Netzentgelte zugunsten des [X.] zu tragen. Hierzu wird der Netznutzer so gestellt, als habe er eine eigene Anbindung an die nächsthöhere Netzebene; zugleich leistet er einen Beitrag zur Deckung der Kosten des Netzbetreibers für diese Spannungsebene ([X.], Urteil vom 15. Dezember 2015 - [X.] 70/14, [X.], 134 Rn. 20 - [X.] genutzte Betriebsmittel I; Beschluss vom 24. Januar 2017 - [X.] 36/15, [X.], 192 Rn. 19 - [X.] genutzte Betriebsmittel II).

Im Streitfall würde eine von der Antragstellerin errichtete Verbindungsleitung nach den Feststellungen des [X.] ebenfalls zur Sammelschiene beim Transformator 21 führen. Auch dann würde die Antragstellerin die weiteren an diese Sammelschiene angeschlossenen Betriebsmittel nicht nutzen - unabhängig davon, ob diese nur der Entnahme oder in bestimmten Situationen auch der Einspeisung dienen. Vor diesem Hintergrund entspricht es dem Grundsatz der Verursachungsgerechtigkeit, die Antragstellerin nur mit den Kosten für die Verbindung bis zur Sammelschiene zu belasten.

2. Ebenfalls zu Recht ist das Beschwerdegericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für eine [X.]e Abrechnung nach § 17 Abs. 2a [X.] an keinem der beiden Standorte erfüllt sind.

a) Nach den Feststellungen des [X.] ist das Netz der Antragstellerin an beiden Standorten zum Teil an das Netz der Beigeladenen und zum Teil über singulär genutzte Betriebsmittel an das Netz der Antragsgegnerin angeschlossen.

aa) Am Standort U.    , dessen [X.]situation bereits oben wiedergegeben wurde, ist der Netzknoten 1 an das Netz der Beigeladenen und der Netzknoten 2 an das Netz der Antragsgegnerin angeschlossen.

bb) Der Standort [X.]    ist in der nachfolgend dargestellten Weise angeschlossen:

Abbildung

Danach ist das Netz an den Netzknoten 1 und 3 an das Netz der Beigeladenen angeschlossen, und zwar am Netzknoten 1 auf [X.] der Umspannung von Höchst- zu Mittelspannung (220/25 kV) und am Netzknoten 3 auf [X.] der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung (220/110 kV). Am Netzknoten 2 ist es an das Hochspannungsnetz der Antragsgegnerin angeschlossen, und zwar über zwei singulär genutzte Verbindungsleitungen, die auf [X.] der Umspannung von Höchst- zu Hochspannung (teils 220/110 kV, teils 380/110 kV) mit dem Netz der Beigeladenen verbunden sind.

cc) Damit fehlt es, wie auch die Antragstellerin nicht verkennt, aus technischer Sicht an beiden Standorten an der nach § 17 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 [X.] erforderlichen Verbindung aller Entnahmestellen mit dem Netz desselben Betreibers.

b) Zu Recht ist das Beschwerdegericht zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Gleichstellung in § 19 Abs. 3 Satz 4 [X.] nicht auf die Identität des Netzbetreibers im Sinne von § 17 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 [X.] erstreckt.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dieses Ergebnis bereits zwingend aus dem Wortlaut der beiden Vorschriften oder aus der Begründung zu § 17 Abs. 2a [X.] abzuleiten ist. Es folgt jedenfalls aus einer Gesamtschau aller für die Auslegung der Vorschrift relevanten Umstände.

aa) Nach dem Wortlaut von § 17 Abs. 2a Satz 1 [X.] setzt eine [X.]e Abrechnung voraus, dass alle Entnahmestellen mit dem Netz desselben Betreibers verbunden sind.

Dies spricht gegen ein Pooling von Entnahmestellen, die an die Netze unterschiedlicher Betreiber angeschlossen sind, schließt aber nicht ohne weiteres aus, ergänzend andere Vorschriften heranzuziehen, die vorsehen, dass dieses Tatbestandsmerkmal unter bestimmten Voraussetzungen auch dann als erfüllt anzusehen ist, wenn die betroffenen Netze von zwei unterschiedlichen Unternehmen betrieben werden.

Dass der Verordnungsgeber dies nicht anders gesehen hat, ergibt sich aus der Regelung in § 17 Abs. 2a Satz 1 Nr. 3 [X.]. Danach ist eine [X.]e Abrechnung nur dann möglich, wenn sich alle Entnahmestellen auf der gleichen Netz- oder Umspannebene befinden. Nach der Begründung zum Entwurf dieser Vorschrift ist in den Fällen des § 19 Abs. 3 [X.] aber nicht diejenige Netz- oder Umspannebene maßgeblich, in der sich der [X.] tatsächlich befindet, sondern [X.], die nach § 19 Abs. 3 Satz 4 [X.] als Abrechnungsebene zu Grunde zu legen ist ([X.]. 447/13 (Beschluss) S. 10 Abs. 2).

bb) Nach dem Wortlaut von § 19 Abs. 3 Satz 4 [X.] bezieht sich die Gleichstellung auf die Netz- oder Umspannebene. Eine Gleichstellung in Bezug auf den Netzbetreiber ist nicht ausdrücklich vorgesehen.

Eine Gleichstellung in Bezug auf den Netzbetreiber widerspräche auch der Systematik von § 19 Abs. 3 [X.]. Diese Vorschrift sieht für den Fall einer singulären Nutzung von Betriebsmitteln lediglich eine besondere Methode zur Berechnung des Entgelts vor, nicht aber die Zahlung des Entgelts an einen anderen Netzbetreiber.

cc) Die Ausführungen in der Begründung zum Entwurf von § 17 Abs. 2a [X.] stehen damit in Einklang.

In der Begründung zu § 17 Abs. 2a [X.] wird hervorgehoben, dass ein Pooling von Entnahmestellen, die an Netze unterschiedlicher Betreiber angeschlossen sind, und ein Pooling über verschiedene Netz- oder Umspannebenen hinweg ausgeschlossen sind. Dass hierbei § 19 Abs. 3 Satz 4 [X.] zu berücksichtigen ist, wird demgegenüber nur in Bezug auf die Netz- oder Umspannebene erwähnt.

Die Nichterwähnung in Bezug auf den Netzbetreiber könnte zwar theoretisch auch auf einem Versehen beruhen. Ein solches erscheint im Hinblick auf die aufgezeigte Systematik aber eher fernliegend.

dd) Eine Gleichstellung nur in Bezug auf die Netz- oder Umspannebene entspricht darüber hinaus dem Sinn und Zweck von § 17 Abs. 2a [X.].

(1) Wie auch das Beschwerdegericht nicht verkannt hat, kann § 17 Abs. 2a [X.] je nach Fallgestaltung allerdings auch dem Zweck dienen, einen doppelten Leitungsbau zu vermeiden.

Nach der Verordnungsbegründung soll die im Vergleich zu den zuvor maßgeblichen Festlegungen der [X.] vereinfachte Weiterführung des Pooling nach § 17 Abs. 2a [X.] unter anderem erhebliche zusätzliche Kosten vermeiden, die durch ansonsten erforderlich werdende Änderungen der Messtechnik und Netzausbaumaßnahmen, insbesondere durch den Einbau zusätzlicher paralleler Sammelschienen oder sonstiger kundenseitiger galvanischer Verbindungen entstünden ([X.]. 447/13 (Beschluss) S. 6 oben). Dies stimmt mit der Zielsetzung von § 19 Abs. 3 [X.] überein.

Für eine Gleichstellung auch in Bezug auf den Netzbetreiber könnte in der Konstellation des Streitfalls zudem sprechen, dass die Antragstellerin mit derselben [X.] - nämlich einer eigenen Verbindung zwischen ihren Entnahmestellen und dem Netz der Beigeladenen - sowohl eine Reduzierung in der in § 19 Abs. 3 [X.] vorgesehenen Größenordnung als auch eine [X.]e Abrechnung nach § 17 Abs. 2a [X.] herbeiführen könnte.

(2) Zu Recht ist das Beschwerdegericht jedoch davon ausgegangen, dass sich der Zweck von § 17 Abs. 2a [X.] nicht in der Vermeidung eines doppelten Leitungsbaus erschöpft. Einem Nutzer sollen die Vorteile einer [X.]en Abrechnung vielmehr nur dann zugute kommen, wenn die Verteilung auf mehrere Entnahmestellen dem Netzbetreiber eine Kosteneinsparung ermöglicht.

Das in § 17 Abs. 2a Satz 2 [X.] angeordnete grundsätzliche Verbot der [X.]en Abrechnung soll dem Grundsatz der Kostenverursachungsgerechtigkeit Rechnung tragen ([X.]. 447/13 (Beschluss) S. 5). Nach diesem Grundsatz können Besonderheiten der [X.]situation nur dann zu einer Reduzierung des Nutzungsentgelts führen, wenn sie dem Netzbetreiber die Möglichkeit einer Kosteneinsparung eröffnen. Diese Möglichkeit besteht bei der Einspeisung über mehrere Entnahmestellen typischerweise nur dann, wenn alle Tatbestandsvoraussetzungen von § 17 Abs. 2a Satz 1 Halbsatz 2 [X.] erfüllt sind. Dann muss der Betreiber des vorgelagerten Netzes nicht für jede betroffene Entnahmestelle die gesamte zeitungleiche Netzkapazität vorhalten, sondern nur die an den Entnahmestellen insgesamt benötigte zeitgleiche Netzkapazität. Dadurch kann er im Ergebnis Netzkosten einsparen ([X.]. 447/13 (Beschluss) S. 13).

ee) Die zuletzt genannten Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des [X.] im Streitfall hinsichtlich des Netzes der Antragsgegnerin nicht erfüllt.

Die Einspeisung über mehrere Entnahmestellen eröffnet zwar der Beigeladenen die Möglichkeit, die insgesamt benötigte zeitgleiche Netzkapazität auf die Gesamtheit der Entnahmestellen zu verteilen. Hierdurch entstehen der Antragsgegnerin nach den nicht angefochtenen Feststellungen des [X.] indes keine Kostenvorteile. Diese muss die zu ihrem Netz gehörenden Entnahmestellen so auslegen, dass sie für die dort auftretende maximale Last ausreichen. Ihr entsteht kein Kostenvorteil, wenn die maximale Belastung an anderen, zum Netz der Beigeladenen gehörenden Entnahmestellen zu anderen Zeitpunkten auftritt.

Dies gilt nicht nur für die Kosten der zum Netz der Antragsgegnerin gehörenden Betriebsmittel - die gemäß § 19 Abs. 3 Satz 2 [X.] ohnehin von der Antragstellerin zu tragen sind -, sondern auch für die Kosten der vorgelagerten Netze. Letztere richten sich nach der maximalen Belastung, die an den Entnahmestellen der Antragsgegnerin entsteht. Diese wird nicht dadurch verringert, dass das Netz der Antragstellerin auch über andere, nicht zum Netz der Antragsgegnerin gehörende Entnahmestellen gespeist wird.

ff) Ob der aufgezeigte Zweck des § 17 Abs. 2a [X.] in dem von der Antragstellerin gebildeten fiktiven Beispielsfall, in dem ein Netz an zwei Standorten über singulär genutzte Betriebsmittel desselben Netzbetreibers mit den vorgelagerten Netzen von zwei unterschiedlichen Betreibern verbunden ist, eine teleologische Reduktion der Vorschrift gebietet, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, ergäbe sich daraus nicht, dass die Vorschrift in der im Streitfall zu beurteilenden Konstellation entgegen ihrem Zweck über ihren Wortlaut hinaus Anwendung findet.

gg) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin steht das gefundene Ergebnis nicht in Widerspruch zu der vom Beschwerdegericht in einem anderen Fall getroffenen Entscheidung, wonach das in § 17 Abs. 2a Satz 1 Nr. 4 Fall 2 [X.] normierte Erfordernis einer galvanischen Verbindung auch dann als erfüllt angesehen werden kann, wenn eine vergleichbare Lastverteilung auf anderem Wege erreicht wird.

Die in Rede stehende Entscheidung des [X.] ([X.], Beschluss vom 18. Januar 2017 - 3 Kart 183/15, [X.], 214, juris Rn. 46 ff.) beruht auf der Erwägung, dass die dort zu beurteilende [X.]situation mit der Zielsetzung des § 17 Abs. 2a [X.] in Einklang steht. Daran fehlt es im Streitfall.

c) Zu Recht hat das Beschwerdegericht vor diesem Hintergrund auch eine entsprechende Anwendung von § 17 Abs. 2a Satz 1 [X.] abgelehnt. Eine solche ist mit der aufgezeigten Zielsetzung der Vorschrift nicht vereinbar.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 2 [X.], die Festsetzung des [X.] auf § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG und § 3 ZPO.

[X.]     

      

Grüneberg     

      

Bacher

      

Sunder     

      

Deichfuß     

      

Meta

EnVR 32/17

09.10.2018

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Düsseldorf, 15. März 2017, Az: VI-3 Kart 197/15 (V), Beschluss

§ 17 Abs 2a S 1 Nr 2 StromNEV, § 19 Abs 3 S 1 StromNEV, § 19 Abs 3 S 4 StromNEV, § 31 EnWG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09.10.2018, Az. EnVR 32/17 (REWIS RS 2018, 3079)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 3079

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